BCG-Matrix
Definition: Was ist die BCG-Matrix?
Die BCG-Matrix, auch als Boston-Matrix oder Boston-I-Portfolio bezeichnet, ist eine strategisches Analysetool, das von der Boston Consulting Group entwickelt wurde, um die langfristige Überlebensfähigkeit und Rentabilität von Produkten und Märkten zu bewerten. Zu den Kategorien gehören Cash Cows, Dogs, Stars und Question-Marks. Die Boston Matrix wird auch als „Marktanteil-Marktwachstums-Matrix“ oder als „Vierfelder-Portfolio-Matrix“ bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Die BCG-Matrix wurde 1970 vom Gründer der Boston Consulting Group, Bruce D. Henderson entwickelt, um mit deren Konzept einen Zusammenhang zwischen Produktlebenszyklus und Erfahrungskurve deutlich zu machen. Die Visualisierung der Daten erfolgt oft als Blasen- oder Streudiagramm, wobei die Fläche eines Kreises den Umsatz eines einzelnen Produkts darstellt.
Das Portfolio dient dem strategischen Management von Unternehmen, wobei die verschiedenen Produkte und Dienstleistungen in einer leicht übersichtlichen Matrix angeordnet werden. Die zwei Achsen des Koordinatensystems sind der relative Marktanteil auf der Abszisse und das Marktwachstum auf der Ordinate. Aus dieser Matrix lassen sich anschließend Normstrategien für das weitere Handeln entwickeln.
Anwendungsgebiete für die BCG-Matrix
Die BCG-Matrix eignet sich besonders für eine Analyse und eine anschließende Beurteilung strategischer Geschäftseinheiten bzw. Geschäftsfelder oder aber für einzelne Produkte auf unterschiedlichen Märkten. Wenn man noch den Lebenszyklusgedanken mit in die Überlegungen einbezieht, lässt sich auch ein Konzept in Bezug auf die Ausgewogenheit eines Portfolios erstellen. Dafür müssten sich allerdings ausreichend Question Marks im Produktportfolio des Unternehmens befinden, um zu Cash Cows mutierende Stars und zu Poor Dogs werdende Cash Cows im Sinne der Nachhaltigkeit auszugleichen.
Aufbau und Funktionsweise
Grundsätzliche Funktionsweise
Die BCG-Matrix enthält – wie bereits eingangs beschrieben – die vier Felder für Question Marks, Stars, Cash Cows und Poor Dogs. An Hand ihrer Werte kann das Unternehmen seine Produkte einem der Felder zuordnen, wobei jeder Bereich eine so genannte Normstrategie verkörpert, die eine stimmige Empfehlung für das weitere Vorgehen vorgibt. Zu Grunde gelegt wird der typische Lebenszyklus eines Produkts von der Gruppe der Question Marks über die Stars und Cash Cows hin zu den Poor Dogs – innnerhalb der Matrix im Uhrzeigersinn abzulesen.
Auch gibt es immer wieder Ausnahmen, denn nicht jedes Produkt durchläuft diesen Ideal-Zyklus. Handelt es sich um einen Flop, gelangt das Question Mark Produkt gar nicht erst in den Stars-Bereich. Andersherum kann ein imitierendes Produkt eventuell das Question Mark Segment überspringen und sofort zu einem Star werden.
1. Question Marks
Question Marks (Fragezeichen) sind neue Produkte im Portfolio eines Unternehmens. Zwar bietet der Markt für diese Artikel ein großes Wachstumspotenzial, allerdings haben die Geschäftseinheiten bisher nur geringe Marktanteile. Hier steht das Management vor der Frage, ob weiterhin in das Produkt investiert werden soll oder ob eine Aufgabe der bessere Weg ist. Soll eine Investition getätigt werden, sind liquide Mittel erforderlich, die von dem Produkt selbst noch nicht erwirtschaftet werden können. Eine typische Strategie empfiehlt in solchen Fällen eine Selektion, manchmal auch eine offensive Penetration, um die eigenen Marktanteile auszuweiten.
2. Stars
Als Stars gelten die vielversprechendsten Dienstleistungen oder Produkte eines Unternehmens. Sie sind Teil eines Wachstumsmarktes und haben bereits einen großen relativen Marktanteil. Sie sind deshalb in der Lage, den sich aus dem Wachstum ergebenden Investitionsbedarf aus ihrem eigenen Cash-Flow zu bestreiten. Als geeignete Strategie empfiehlt sich eine weitere Investition und eventuell eine Abschöpfungsstrategie, um ohne eine Gefährdung des Marktanteils die Deckungsbeiträge zu erhöhen.
3. Cash Cows
Bei den Cash Cows (Milch- oder Melkkühe) handelt es sich um Produkte, die einen hohen Marktanteil haben. Allerdings ist das Wachstum auf diesem Markt statisch oder nur noch sehr gering. Dafür sorgen sie für einen stabilen und hohen Cash-Flow. Sie können also ohne Folgeinvestitionen in aller Ruhe „gemolken“ werden, wobei eventuell eine Preiswettbewerbs- oder eine Festpreisstrategie angebracht ist.
4. Poor Dogs
Poor Dogs sind die „armen Hunde“, also die auslaufenden Produkte eines Unternehmens. Sie werden charakterisiert durch ein sehr niedriges Marktwachstum, manchmal sogar durch Marktschwund, bei gleichzeitig geringem relativem Marktanteil. Zur Anwendung kommt in solchen Fällen eine Desinvestitionsstrategie. Diese sieht vor, dass die Poor Dogs spätestens dann aus dem Portfolio genommen werden, wenn ihr Deckungsbeitrag negativ ausfällt.
Kritische Betrachtung sowie Vor- und Nachteile der BCG-Matrix
Die BCG-Matrix hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte zwar zu einer Standardmethode der Strategieplanung mit spezifischen Vorteilen entwickelt, trotzdem sollte sie mit kritischen Augen betrachtet werden, denn sie hat auch ihre Nachteile.
Ein wesentliches Problem mit der BCG-Matrix stellt die Definition des Marktes dar. Wird dieser zu eng gefasst, erscheinen die eigenen Produkte nicht selten als Marktführer. Umgekehrt werden die eigenen Geschäftseinheiten als zu schwach eingeschätzt, wenn der Markt zu weit gefasst ist.
Ein anderer Kritikpunkt ergibt sich aus der willkürlichen Festlegung der Trennlinien innerhalb der Matrix. Werden diese unter einem divergierenden Blickwinkel definiert, können sich Produkte in einen anderen Quadranten verschieben, was dann eine andere Normstrategie nach sich ziehen müsste. Aus diesem Grund lässt sich festhalten, dass die Strategieempfehlungen für eine Geschäftseinheit direkt abhängig sind von der Festlegung der Trennlinien.
Vorteile
Der naheliegendste Vorteil der BCG-Matrix ist die einfache Handhabung, weshalb sie sich als Strategieinstrument in vielen Unternehmen etabliert hat. Durch die simple und anschauliche grafische Aufbereitung wird ein komplexes Thema relativ leicht verständlich und zeigt deutlich die Schwächen und Stärken eines Produktportfolios auf. So ist eine grobe erste Positionierung möglich. Außerdem ist die Beschaffung relevanter Daten völlig unkompliziert.
Nachteile
Die Einfachheit hat aber auch ihre Nachteile, denn mit der BCG-Matrix wird ein komplexes Thema auf lediglich zwei Faktoren – Marktwachstum und relativer Marktanteil – reduziert, so dass einige andere Faktoren unberücksichtigt bleiben. Verbundeffekte werden ebenso wenig miteinbezogen wie Abhängigkeiten. Unsicherheit besteht auch dadurch, dass nicht jedes Produkt automatisch dem typischen Lebenszyklus folgt. Zudem hat sich ein Zusammenhang zwischen Unternehmenserfolg und relativem Marktanteil bisher nicht allgemeingültig bestätigt.
Ableitungen von Maßnahmen aus den erzielten Ergebnissen der BCG-Matrix
Mit der Einteilung in die vier Quadranten Question Marks, Stars, Cash Cows und Poor Dogs kann einerseits ein Überblick über die aktuelle Marktsituation eines Unternehmens gewonnen werden. Andererseits lassen sich aus ihr auch Strategien für das weitere Vorgehen in der Zukunft ableiten. Im Optimalfall gilt für jeden der vier Quadranten eine bestimmte Strategie. Diese sind Selektion, Investition, Abschöpfung und Desinvestition.
Insgesamt sollte das Produktportfolio möglichst ausgeglichen sein. Das gilt vor allem für die drei Quadranten Question Marks, Stars und Cash Cows. Beschränkt sich das Portfolio zum Beispiel auf Cash Cows, besteht die Gefahr, durch stagnierende Märkte auf lange Sicht in einen negativen Cash-Flow zu geraten. Liegt der Fokus sehr stark auf den Stars, ist der Cash-Flow für eine Weile sehr zufriedenstellend. Das kann sich aber schnell ändern, wenn nicht genügend finanzielle Mittel vorhanden sind oder die Stars direkt zu den Poor Dogs durchrutschen anstatt Cash Cows zu werden. Wenn die Question Marks im Portfolio überwiegen, bergen diese zwar sehr viel Potenzial für die weitere Zukunft, andererseits aber auch ein hohes Risiko, wenn der Konsument nicht darauf anspringt.
1. Die Selektionsstrategie
Diese Strategie bezieht sich auf die Question Marks, also Produkte, bei denen die kommende Marktentwicklung noch nicht sicher zu bestimmen ist. Hier ist eine Selektion erforderlich, welche Geschäftsbereiche den größten Erfolg versprechen. Um deren relativen Marktanteil zu erhöhen, bieten sich zusätzliche Investitionen an, denn die Question Marks haben das Potenzial, zu Stars des Unternehmens und in der Folge zu Cash Cows heranzuwachsen. Wird eine solche positive Entwicklung als eher unwahrscheinlich erachtet, sollte das entsprechende Produkt aus dem Portfolio gestrichen werden. Eventuell geplante Investitionen werden abgezogen oder vollständig aus dem Programm entfernt.
2. Die Investitionsstrategie
Die Stars verlangen nach einer Investitionsstrategie, um einen hohen relativen Marktanteil zu erreichen. Um für einen zukünftigen Cash-Flow zu sorgen, sind weitere Investitionen sowie eine Stärkung der Wettbewerbsvorteile notwendig.
3. Die Abschöpfungsstrategie
Die Cash Cows bringen reichlich Geld in die Unternehmenskasse, so dass Investitionen auf ein Mindestmaß reduziert werden können, um die einmal erlangte Marktposition zu sichern. Der Überschuss an finanziellen Mitteln, den die Cash Cows einbringen, kann für den weiteren Ausbau der Question Marks und Stars eingesetzt werden.
4. Die Desinvestitionsstrategie
Bei den Poor Dogs greift die Desinvestitionsstrategie. Aus diesem Quadranten werden sämtliche Investitionen abgezogen, um einen negativen Cash-Flow zu vermeiden, denn sie bringen keine erwähnenswerte Verbesserung mehr. Diese finanziellen Kapazitäten sind an anderer Stelle besser aufgehoben.
Häufig gestellte Fragen zur BCG-Matrix
1. Kann die BCG-Matrix eine Prognose für die weitere Unternehmensentwicklung bieten?
Nein. Die Matrix liefert eine momentane Bestandsaufnahme und kann deshalb nicht zu einer Prognose herangezogen werden. Sie bildet lediglich die Basis für weitere Überlegungen zur Strategieentwicklung.
2. Was ist der relative Marktanteil bei der BCG-Matrix und wie lässt er sich errechnen?
Der relative Marktanteil definiert den Abstand des eigenen Unternehmens zum größten Wettbewerber. Dafür nimmt man den eigenen Marktanteil in Prozent und teilt ihn durch den Marktanteil des Wettbewerbers. Ist das Ergebnis größer als eins, ist das eigene Unternehmen Marktführer in dem gewählten Segment.
3. Ist die Wachstumsrate in der BCG-Matrix ein gegebener Wert?
Nein, denn in der Realität kann ein Unternehmen beispielsweise durch sinnvolle Marketingmaßnahmen und entsprechende Investitionen das Marktwachstum für seine eigenen Produkte positiv beeinflussen. Die als gegeben betrachtete Wachstumsrate ist deshalb ein weiterer Kritikpunkt an der BCG-Matrix.
4. Kann die Relation zwischen Marktanteil und Rentabilität mit der BCG-Matrix sicher bestimmt werden werden?
Grundsätzlich nicht. Zwar hat die Studie des bekannten PIMS-Projekts (Profit Impact of Market Strategy) einen gewissen Zusammenhang bestätigt, andere Experten halten die Relation allerdings für fraglich, da eine positive Entwicklung des Marktanteils unter Umständen hohe Investitionen erfordern kann.
5. Lässt sich die BCG-Matrix um weitere Felder ergänzen?
Theoretisch ja, denn der ursprüngliche Ansatz der Matrix setzt ein besonderes Gewicht auf Marktwachstum, was zumindest fragwürdig ist. Zudem ignoriert er das Potenzial von rückläufigen Märkten. Man könnte also unterhalb der horizontalen Achse noch zwei weitere Felder einsetzen: eins für Underdogs (Unterlegene), die durch ein sinkendes Wachstum und einen geringen Marktanteil geprägt sind, und eins für Buckets (Verlierer), die bei hohem Marktanteil ein sinkendes Wachstum verzeichnen.
Ein Beispiel aus der Praxis
Der Elektronikhersteller ABC mit einem umfassenden Sortiment möchte vier seiner Produktreihen an Hand der BCG-Matrix analysieren. Es handelt sich dabei um Smart Watches, Smartphones, Drucker und Haushaltsgeräte.
Questions Marks – die Smart Watches
Die Smart Watches kommen in das Feld „Question Marks“. Sie sind in der aktuellen Situation ein Fragezeichen, da ihr Marktanteil zwar noch klein, insgesamt aber ein starkes Wachstum des gesamten Segments zu erwarten ist. Also kommt für dieses Produkt die Selektionsstrategie zur Anwendung. Die Führungsebene von ABC muss nun entscheiden, ob sie eine stärkere Offensive in diesem Bereich startet oder den Markt lieber aufgeben will. Teile einer Offensive könnten eine Preissenkung oder eine Erweiterung der Marketingmaßnahmen sein, um den Bekanntheitsgrad und den Absatz der Smart Watches zu erhöhen. Fällt die Entscheidung zu Gunsten einer Marktaufgabe aus, kann ein Abverkauf der Produkte und darauf folgend die Schließung diese Segments als Lösung in Frage kommen.
Stars – die Smartphones
Die Smartphones sind die unbestrittenen Stars im Portfolio von ABC. Ihr relativer Marktanteil und das Wachstum sind sehr hoch, so dass sich verstärkte Investitionen in die Weiterentwicklung lohnen, um den Gewinn noch weiter zu steigern.
Cash Cows – die Haushaltsgeräte
ABC ist bekannt und geachtet als Produzent von qualitativ hochwertigen Haushaltsgeräten und hat in diesem Segment einen relativ hohen Marktanteil. Allerdings ist der Bedarf der Verbraucher hier gleichbleibend und das Marktwachstum deshalb äußerst gering.
In diesem Fall bietet sich die Abschöpfungsstrategie an, sprich: ABC kann sich darauf beschränken, so viel Gewinn wie nur möglich zu erzielen, ohne große Investitionen auf den Weg zu bringen.
Poor Dogs – die Drucker
Der Druckermarkt ist weitgehend gesättigt, deshalb sind Wachstum und relativer Marktanteil in diesem Bereich niedrig. Es steht auch im Zeichen der fortlaufenden Digitalisierung nicht zu erwarten, dass die klassischen InkJet- und Laserdrucker in der Zukunft nochmal an größerer Bedeutung gewinnen. Hier hat ABC die Notbremse gezogen und bereits erfolgreich eine Desinvestitionsstrategie angewandt. Dies erfolgte durch den Verkauf der Druckersparte an den Wettbewerber XYZ.
Fazit zur BCG-Matrix
Die BCG-Matrix bildet mit ihrer Verbindung zum Lebenszyklus eines Produkts einen idealtypischen Verlauf, der sich in der Praxis jedoch ganz anders entwickeln kann, etwa wenn ein Question Mark nicht zum Star wird, sondern unmittelbar in die Kategorie Poor Dog abrutscht.
Auch können mögliche Maßnahmen und Handlungsschritte unterschiedlich ausfallen. Man sollte deshalb die Portfolio-Analyse an Hand der BCG-Matrix lediglich als Richtlinie und praktische Entscheidungshilfe für weitere Überlegungen heranziehen, und nicht als strikt zu befolgende Handlungsanweisung sehen.
Erklärvideo
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