Schwierige Kunden souverän meistern: Stress oder Wachstum?
Erwartungen abklären

Schwierige Kunden souverän meistern: Stress oder Wachstum?

Porträtfoto von dem Verkaufstrainer Oliver Schumacher
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Es gibt Kunden, die für manche Anbieter stressig sind und Ärger verursachen. Wichtig ist, dass Sie sich schon vorab Zeit für Ihre Kunden nehmen und zum Beispiel halbjährlich die gegenseitigen Erwartungen und eigenen Pläne sowie Optionen für die Zukunft erörtern. So sehen Sie, ob der Kunde wirklich zu Ihnen passt. Doch wie gehen Sie am besten mit einer Situation um, die nach Ärger "riecht"?

Es gibt Kunden, die bei manchen Anbietern für Stress sorgen. Es genügt, wenn deren Telefonnummer auf dem Display steht oder eine E-Mail eintrifft, dann verursacht dies beim Empfänger einen erhöhten Puls und destruktive Gedanken – von „Was will der denn jetzt?“ bis hin zu „Oje, was haben wir nun wieder falsch gemacht?“ Manchmal läuft eben etwas schief. Und merkwürdigerweise auch oft immer beim gleichen Kunden. Wie gehen Sie damit am besten um?

Klären Sie ab, ob ihr Kunde mit Absicht schwierig ist, einfach, weil er nicht anders kann und das Haar in der Suppe suchen muss? Oder zeigt er mit seinem Verhalten einfach nur auf, dass der Anbieter bei weitem nicht so professionell arbeitet, wie er eigentlich gerne für sich in Anspruch nimmt! Das heißt: Hält der Kunde mit seinem Verhalten dem Anbieter einfach nur den Spiegel der Unfähigkeit vor?

Nicht jeder Kunde passt zu jedem Unternehmen – und andersherum. Doch manchmal finden sich einfach die falschen, merken es bei Vertragsschluss jedoch nicht. Das Kernproblem ist, dass vor Beginn der Zusammenarbeit oft nicht eindeutig die gegenseitigen Erwartungen, Möglichkeiten und Gewohnheiten offen besprochen werden. Auch während der Zusammenarbeit entwickeln sich Anbieter und Kunden weiter – und nicht selten auseinander.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich viele Anbieter für ihre Kunden nicht genug Zeit nehmen (können/wollen), um beispielsweise halbjährlich die gegenseitigen Erwartungen und eigenen Pläne sowie Möglichkeiten für die Zukunft abzustecken. Hat der Kunde über einen längeren Zeitraum das Gefühl, dass sein Lieferant zunehmend gegen ihn statt für ihn arbeitet, dann ziehen so manche Kunden nicht gleich von sich aus die Reißleine und tauschen ihren Lieferanten aus, sondern beschweren sich zunehmend. Auch, wenn Anbieter das nicht immer gleich erkennen: Es gibt ihnen zumindest die Möglichkeit, im Gespräch zu bleiben!

Auftragsklärung oft mangelhaft

Die Basis aller Übel ist, dass sich zwei Vertragspartner aneinanderbinden, die denken, dass sie ideal zueinanderpassen – es aber nicht tun. Der Lieferant möchte gerne verkaufen, schließlich braucht er neue Kunden und Umsatz. Und der Kunde ist froh, dass er an einen Anbieter geraten ist, der sein Problem versteht – und es lösen möchte.

Aber: Diese Gespräche finden meist zu oberflächlich statt. Viel zu viele Kunden denken „Wenn der Anbieter das nicht könnte, würde er ja den Auftrag nicht annehmen“ und der Anbieter denkt „Prima, der Kunde will meine Leistung, dann will ich diese mal erbringen“. Fallen später Wunsch und Wirklichkeit auseinander, werden gegenseitig Vorwürfe erhoben: Von „Warum haben Sie das denn nicht eher gesagt?“ bis hin zu „Warum haben Sie mich denn nicht gefragt?“.

Unterstellungen an der Tagesordnung

Um zukünftig deutlich weniger unzufriedene Kunden zu haben, sollten Anbieter die Erwartungshaltungen ihrer Kunden vor Vertragsschluss klären – und von sich aus offener mit Informationen umgehen. Folgende Fragen können gestellt werden:

  • „Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit Anbietern unserer Branche gemacht?“
  • „Was haben Sie denn genau mit der angefragten Sache vor?“ und
  •  „Wie sind Sie zu der Erkenntnis gekommen, dass Sie Variante A brauchen und anfragen und nicht Variante B?“

Diese Fragen können helfen, entscheidende Motive des Kunden zu erfahren. Denn oberste Maxime ist es, den Kunden vor einem Fehlkauf zu schützen. Umso weniger Berührungspunkte der Kunde bisher mit dem Thema und der Branche hatte, desto größer ist die Gefahr. Arbeitet(e) ein Kunde schon sehr lange mit einem Mitbewerber des Lieferanten zusammen, sind zwingend die Wechselgründe herauszuarbeiten. Hat der Kunde Wechselabsichten, weil der Mitbewerber wirklich objektiv gesehen (nicht mehr) der ideale Anbieter ist, oder hat der Kunde utopische Vorstellungen, die sein bisheriger Lieferant nicht erfüllen kann/will?

Aber auch Kunden sollten mehr hinter- und nachfragen, um konkrete Antworten zu bekommen. Antwortet beispielsweise ein Dienstleister auf die Frage des Kunden „Wie rechnet ihr denn ab?“ mit „Offen und transparent“, dann ist der Kunde gut beraten, genauer zu werden: „Und das heißt?“. Bleibt der Anbieter nebulös mit seiner Antwort und erwidert „Nach Aufwand“, sollte jeder Kunde gewarnt sein, warum nicht wirklich offen und transparent mit Zahlen umgegangen wird.

Die Antwort einer Agentur, die Webseiten erstellt, könnte beispielsweise lauten: „Wir rechnen im 15 Minuten Takt ab. Wenn wir 18 Minuten für dich arbeiten oder auch mit dir sprechen, berechnen wir 30 Minuten. Und wenn wir 4 Minuten arbeiten oder mit dir sprechen, dann 15 Minuten.“ Weil aber viele Anbieter hier den offenen Dialog scheuen, kommt es später oft zu unnötigen Auseinandersetzungen und Enttäuschungen.

AGB kurz erklären

Statt die mehrseitigen AGB mit Worten wie „Ja, und etwas Bürokratie muss ja sein. Bitte bestätigen Sie hier noch mal kurz, dass Sie die AGBs erhalten haben“,  zum Vertragsbestandteil zu machen, sollten Anbieter, die es ehrlich mit ihren Kunden meinen, lieber sagen: „Wir haben hier 12 Seiten AGB. Ich möchte kurz auf die 3 wichtigsten Dinge zu sprechen kommen, damit Sie wissen, woran Sie mit uns sind. Schauen Sie hier: Hier steht, dass … Das bedeutet, wenn X passiert, dass …“

Kunden gehen oft in die Konsumentenhaltung

Auch wenn beide Seiten den Vertrag unterschreiben und damit Rechte und Pflichten eingehen, befinden sich Kunden meist in der Konsumentenhaltung. Selbst wenn sie nicht zufrieden sind, schweigen sie häufig. Oft mit der Erwartung, dass der Anbieter für die Geschäftsbeziehung verantwortlich ist. Statt beherzt zum Telefon zu greifen und seinen Unmut auszusprechen, ergreifen Kunden eher unterschwellige Maßnahmen zur „Lieferantenerziehung“:

  •  Der Kunde ist schwieriger zu erreichen.
  • Rechnungen werden später gezahlt.
  •  Es wird mehr reklamiert.
  •  Das Bestellvolumen wird reduziert.
  •  Sarkasmus übernimmt in Gesprächen die Oberhand.

Problematisch ist, dass viele Anbieter diese Signale nicht wahrnehmen. Oder wenn, dann nicht reagieren, bzw. unter dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“.

Zwischendurch mit Kunden reden

Der treudoofe Satz auf so manch einer Rechnung „Wenn Sie zufrieden waren, dann sagen Sie es bitte weiter. Wenn Sie nicht zufrieden sind, dann sagen Sie es bitte mir“, bleibt oft ein frommer Wunsch. Denn so manche Kunden resignieren mit: „Wenn mein Anbieter es hätte besser machen können, hätte er es ja gemacht! Folglich: Was soll ich reklamieren? Ich habe mir leider den falschen Lieferanten ausgesucht.“ Andere hingegen werden deutlich aktiver: „Jetzt ist der Lieferant doch nicht ideal. Dass ich das nicht rechtzeitig erkannt habe, ärgert mich. Na warte, die werde ich jetzt ‚erziehen‘, um doch das zu bekommen, was ich wollte.“

Erschwerend kommt hinzu, dass sich so manche Anbieter auch persönlich angegriffen fühlen, wenn Kunden auf Dinge hinweisen, die ihnen nicht gefallen. Darum sollten Lieferanten, denen die Zusammenarbeit mit ihren Kunden wichtig ist, regelmäßig von sich aus mit ihren Kunden das Gespräch suchen. Das bedeutet nicht nur dann, wenn es darum geht, diesen (wieder) etwas zu verkaufen, sondern auch gerne mal zwischendurch, um zu prüfen, ob beide Seiten noch an einem Strang ziehen. Ist dies nicht der Fall, sollte nicht nur geklärt werden, ob es noch ein gegenseitiges Interesse an einer Zusammenarbeit gibt, sondern auch, wie zukünftig besser miteinander gearbeitet werden kann.

Bildnachweis: istockphoto.com/ipopba

Über den Autor

Porträtfoto von dem Verkaufstrainer Oliver Schumacher

Oliver Schumacher Oliver Schumacher ist Sprechwissenschaftler (M.A.) und Diplom-Betriebswirt (FH). Schumacher ist Experte für Verkaufserfolge. Der Buchautor liefert inspirierende Vorträge, praxisorientierte Verkaufstrainings und motivierende Verkaufsbegleitungen. Seine Kunden schätzen seinen Pragmatismus, seine Leidenschaft für das Verkaufen und seine humorvolle Art und Weise, in der er durchaus komplizierte Sachverhalte anschaulich und umsetzbar präsentiert. www.oliver-schumacher.de
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