Wie Führungskräfte optimale Bedingungen für mehr Flow im gesamten Unternehmen schaffen
Was bremst Flow aus?

Wie Führungskräfte optimale Bedingungen für mehr Flow im gesamten Unternehmen schaffen

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Innovationen entwickeln, Vorhaben vorantreiben, zufriedene Kunden, Erfolge feiern: Das ist es, was Entscheider im Unternehmen erreichen möchten; allzu oft wird aber der Flow im Unternehmensalltag gebremst. Die schlimmsten Flow-Bremser zu kennen und Rahmenbedingungen für mehr Flow im Unternehmen zu schaffen, führt zu Agilität und Effizienz.

Flow bedeutet, dass Projekte voranschreiten, die Arbeit fertig wird, und dass alle Beteiligten dabei Erfolgserlebnisse haben und sich als ganzer Mensch in ihre Arbeit einbringen können. In einer Umfrage wurden hunderte von Menschen befragt, was ihren Flow bei der Arbeit bremst. Die Umfrage ergab ein kohärentes Bild dessen, was Unternehmen in allen Branchen auf dem Erfolgskurs im Wege steht.

Die schlimmsten Flow-Bremser sind in allen Teams, Abteilungen und ganzen Organisationen ähnlich.

  •  Ständige Ablenkung und Unterbrechungen
  •  Vertagen und Aufschieben
  •  Perfektionismus
  •  Unklarheit und Missverständnisse
  •  Spannungen und Konflikte
  •  Angst und Unsicherheit
  •  Sinnlosigkeit
  •  Überforderung, zu viel auf einmal
  •  Dinge immer wieder aufs Neue anfassen müssen
  •  Nicht oder schlecht funktionierende Werkzeuge
  • „Firma spielen“

Ständige Ablenkungen und Unterbrechungen

Das ist die mit Abstand am häufigsten genannte Flow-Bremse. Wer ständig von Anrufen, E-Mails oder spontanen Besuchern am Arbeitsplatz oder durch zu viele Sitzungen unterbrochen wird, kann sich nicht auf die Projekte konzentrieren, die Aufmerksamkeit brauchen. Lärm, Push-Nachrichten auf dem Mobiltelefon, Meldungen auf allen Chatkanälen stören und lenken ebenfalls ab. Dabei wächst zudem die Gefahr, komplett von der aktuellen Aufgabe abzuschweifen.

Ablenkungen und Unterbrechungen bremsen jeden Flow. Grafik: Veronika Kaiping

Vertagen und Aufschieben

Dieser Flow-Bremser beruht meist auf Unsicherheit, Unklarheit oder Angst. Dies führt dazu, dass wir uns nicht entscheiden wollen, Aufgaben aufschieben, zusätzliche Personen einbeziehen oder weitere Abklärungen einleiten, was zu Verzögerungen oder sogar zum Stillstand führen kann.

Perfektionismus

Viele Menschen neigen dazu, ihre Arbeiten so oft zu überdenken und zu überarbeiten, bis sie absolut fehlerfrei sind oder sicherstellen, dass sie niemanden verärgern. Dies führt zu Verzögerungen und Frustration bei anderen Beteiligten. Perfektion zu erreichen ist äußerst zeitaufwendig. Um schnell eine Qualität von 80 Prozent zu erreichen, ist nicht viel Aufwand nötig; jedoch benötigt es in der Regel viermal so viel Zeit, um die letzten 20 Prozent zu erreichen. Dadurch wird der Flow unnötig verlangsamt.

Unklarheiten und Missverständnisse

Schlecht synchronisierte Teams, die aneinander vorbeireden oder agieren, stoppen den Flow deutlich. Unklarheiten führen unweigerlich zu weiteren Meetings und Absprachen, was die Komplexität und Unklarheit weiter erhöht.

Teams, die nicht richtig miteinander kommunizieren, sind schlecht für den Flow. Grafik: Veronika Kaiping

Spannungen und Konflikte

Spannungen in uns selbst und mit anderen sind alltäglich. Wenn wir Spannungen nicht ansprechen, können sie zu Irritationen führen und schließlich in Konflikten münden. Dies verursacht im Alltag ein Unbehagen, das die Kommunikation und Zusammenarbeit hemmt oder sogar verunmöglicht. Spannungen und Konflikte zählen zu den wirksamsten Flow-Bremsern.

Angst und Unsicherheit

Im Alltag stoßen wir oft auf Situationen, die uns überfordern, in denen wir Unsicherheit spüren oder Angst vor etwas oder jemandem haben. Wenn wir in solchen Momenten nicht auf die Unterstützung anderer zählen können, kann uns diese Angst lähmen und daran hindern, unser Potenzial zu entfalten. Wir fühlen uns dann oft unwohl, greifen auf wenig hilfreiche Verhaltensweisen zurück (wie „Firma spielen“ oder Selbstzensur) oder ziehen uns so weit wie möglich zurück. Aus Angst und Unsicherheit handeln wir meist entgegen dem, was wir eigentlich für richtig halten.

Wenn wir Angst haben, unsere Herausforderungen ins Team zu bringen, kann kein Flow entstehen. Grafik: Veronika Kaipling

Sinnlosigkeit

Es gibt zahlreiche Aufgaben oder Jobs, die wenig bis gar keinen Sinn ergeben oder deren Sinn für die ausführende Person nicht ersichtlich ist. Dazu zählen auch Tätigkeiten, bei denen die Person genau weiß, dass sie weder Nutzen noch Wirkung haben werden. Wer den Sinn der eigenen Arbeit nicht erkennt, kann keinen Beitrag zur Gesamtaufgabe leisten und erlebt erst recht keinen persönlichen Flow. Wenn die Organisation möchte, dass sich alle einbringen und zum Purpose beitragen, sollte sie dafür sorgen, dass die Menschen einer Arbeit nachgehen können, die Wirkung hat und die sie selbst als sinnvoll erachten.

Überforderung, zu viel auf einmal

Der Flow geht verloren, wenn wir zu viele Dinge gleichzeitig erledigen wollen oder müssen. Dann springen wir von einer Aufgabe zur nächsten, ohne wirklich etwas abzuschließen. Können wir uns nicht fokussieren oder selbst priorisieren, worauf und wie lange wir unsere Energie verwenden, kann dies im schlimmsten Fall zu einer völligen Blockade und schließlich zum Burnout führen.

Ständig zu viel zu tun zu haben, ist gefährlich. Grafik: Veronika Kaiping

Dinge immer wieder aufs Neue anfassen müssen

Es gibt Momente, in denen etwas überarbeitet werden muss, weil sich die Ausgangslage seit dem ersten Auftrag verändert hat. Es gibt jedoch auch viele Situationen, die zu Beginn zu wenig Aufmerksamkeit und Austausch erhalten haben, was dazu führt, dass wir sie mehrfach ändern, überarbeiten oder nochmals von vorne beginnen müssen, obwohl dies vermeidbar gewesen wäre. Dies führt zu Frust und zum Verlust von Flow.

Nicht oder schlecht funktionierende Werkzeuge

Wer sich nicht auf den eigenen Computer, die Büroeinrichtung, den Drucker, die Materialbeschaffung und vieles mehr verlassen kann und deshalb warten muss, wird nicht nur unproduktiv, sondern verliert auch erheblich an Flow. Diese Werkzeuge sind genauso wichtig wie die Werkzeuge im Handwerk. Oder hat schon einmal jemand von einer Küchenbrigade gehört, die mit stumpfen Messern einen Michelin-Stern gewinnen konnte? Die Kosten für hervorragende Werkzeuge stehen in keinem Verhältnis zu den eingesparten Arbeitsstunden und der gewonnenen Effizienz.

„Firma Spielen“

Viele gut gemeinte, professionelle Handlungen in Unternehmen tragen wenig zum Flow bei oder verhindern ihn sogar, da sie zu Ablenkungen führen. Diese Verhaltensmuster oder Glaubenssätze entstehen häufig aus Unsicherheit. Zielführender ist es, wenn sich Mitarbeitende sicher fühlen, ihre authentische Persönlichkeit einbringen und Prozesse hinterfragen können.

„Firma spielen“ bedeutet, Dinge zu tun, weil man glaubt, dass es in der Position so erwartet wird, ohne zu hinterfragen, ob es sinnvoll ist. Dabei geht verloren, was eigentlich wichtig ist: die Arbeit erledigen und mit Intuition handeln. „Firma spielen“ bremst den Flow und hindert alle daran, ihr Bestes zu geben.

Beispiele für „Firma spielen“ sind:

  • „Diese Entscheidung muss der Vorstand treffen, aber er trifft sich erst in drei Monaten.« »Dieser Fehler darf nicht mehr passieren, wir brauchen eine Checkliste.“
  • „Ich verstehe die Strategie nicht, aber die Chefin hat vor Wochen eine PowerPoint-Präsentation verschickt.“

Dieses Verhalten schafft kognitive Dissonanz. Es klingt wichtig, doch es führt nur zu Ablenkung, Unklarheit und Frust. Stattdessen sollte der Fokus auf Flow gelegt werden, was zu effizienter Zusammenarbeit und Erfolg führt. Flow sorgt dafür, dass alle ihre Fähigkeiten einbringen können, Aufgaben erledigt werden und alle gemeinsam weiterkommen.

Purpose und andere Flow-Bringer

Während vieles den Flow stoppt, gibt es auch klare Flow-Beschleuniger. Und die gute Nachricht ist: Diese lassen sich einrichten. Übergeordnete Flow-Bringer dienen vor allem der besseren Zusammenarbeit. Was bringt am meisten Flow?

  • Purpose: „Ich wünsche mir eine Aufgabe mit Sinn, die motiviert und mir die Möglichkeit gibt, mitzugestalten und mitzudenken, mit Spielraum und der Möglichkeit, zum Erfolg beizutragen. Und ich wünsche mir, dass das, was ich mache, funktioniert und Wirkung hat und keine Alibiübung ist.“
  • Fokus: „Ich wünsche mir Ruhe, Zeit und Fokus, weil mir dies ermöglicht, mich auf etwas zu konzentrieren und es einen großen Schritt weiterzubringen.“
  • Klarheit: „Ich wünsche mir klare Ziele, eine gemeinsame Vorstellung des Resultats, gesunden Zeitdruck und gute Instrumente, um meinen Auftrag zu erfüllen.“
  • Team: „Ich wünsche mir ein Team, in dem wir uns aktiv unterstützen, Arbeiten zusammen anpacken, einander wertschätzen und inspirieren und davon überzeugt sind, dass wir zusammen alles erreichen können.“
  •  Spaß: „Ich wünsche mir eine Arbeit, die mir und dem Team Freude bereitet, in der ich mich als Mensch mit all meinen Fähigkeiten einbringen kann, und die abwechslungsreich und vielfältig ist.“

Enorm wichtige Flow-Bringer sind Ruhe und Fokus, das Gegengift zum Flow-Bremser der ständigen Ablenkung. Ruhe und Fokus muss jedes Team, jede Person im Alltag einrichten können, damit diejenigen Dinge vorankommen, die dem Purpose und dem Flow wirklich dienen.

Für Flow sorgen ist Chefsache

Die richtigen Rahmenbedingungen für guten Flow zu schaffen, ist eine zentrale Aufgabe von Entscheidungsträgern in der Organisation. Sie können dafür sorgen, dass das Bewusstsein für Flow auf allen Ebenen der Organisation vorhanden ist und dass alle Mitarbeitenden und Bereiche über das Know-how und die Tools für mehr Flow in der Zusammenarbeit verfügen. Je breiter das Wissen über gute Zusammenarbeit im ganzen Unternehmen verankert ist, desto mehr Flow wird überall spürbar werden. Die Erfahrung zeigt, dass es effektiver ist, das Wissen dazu gleichzeitig zu allen zu bringen, als es top-down über die Hierarchie an die Basis zu vermitteln.

Wenn alle Mitarbeitenden gleichzeitig ermutigt werden, Flow-bringende Werkzeuge im eigenen Alltag auszuprobieren und anzuwenden, führt dies zu einer rascheren Transformation, die die ganze Firma von allen Seiten in den Flow bringt. Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass man nie wissen kann, wer in der Organisation die Transformation am ehesten mitgestalten und mittragen wird. Diese Personen können überall in der Firma sein, auf jeder Stufe. Indem alle die Möglichkeit erhalten, sich einzubringen, können unerwartete Talente und Mitgestaltende identifiziert werden, die entscheidend zum Erfolg der Transformation beitragen.

Bildnachweis: istockphoto.com/Butsaya

 

Über die Autoren

Laurent Burst Laurent Burst ist Stratege, Ideenentwickler und Projektgründer. Von 2000 bis 2007 saß er im Verwaltungsrat der BrainStore Ltd., einem internationalen Netzwerk von Innovations-Entrepreneuren. Bei "Project R" und dem Magazin www.republik.ch, zählt er zu den Gründungsmitgliedern. Er arbeitete im Management eines Industrieunternehmens, ist Start-up-Unternehmer und Fotograf. Heute bietet er Workshops, Onlinetrainings, Keynotes, Coachings und unternehmensweite Transformationsprojekte an. flow-zusammenarbeit.com
Zum Autorenprofil

Nadja Schnetzler Nadja Schnetzler ist in Mexico City und dem Appenzellerland aufgewachsen. Mit 19 Jahren absolvierte sie die Ringier-Journalistenschule. Sie ist Mitbegründern von "BrainStore", einem internationalen Netzwerk von Innovations-Entrepreneuren. Sie betreute mehr als 1.000 Projekte auf fünf Kontinenten in Sachen Innovationsmanagement. 2012 gründete Nadja Schnetzler ein eigenes Beratungsunternehmen mit Fokus auf die Themen Teams und Agilität. Sie bietet Workshops, Coachings und Onlinetrainings an, damit Teams und Unternehmen mehr Flow in ihre Zusammenarbeit bringen. flow-zusammenarbeit.com
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