Vice President Wolters Kluwer Tax & Accounting

Stefan Wahle: „Deutsche Steuerberaterkanzleien kämpfen seit langem mit akutem Fachkräftemangel“

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Onpulson im Gespräch mit Stefan Wahle, Vice President & General Manager des Softwarehauses Wolters Kluwer Tax & Accounting Europe North, über den tiefgreifenden Wandel in der Steuerberatungsbranche. Dazu gehört, dass Routineaufgaben wie Buchhaltung und Steuererklärungen immer mehr durch KI und Software übernommen werden. Der Steuerberater wird somit immer wichtiger als strategischer Berater.

Name: Stefan Wahle

Geburtsjahr: 1967

Position: Vice President & General Manager, Wolters Kluwer Tax & Accounting Europe North

Vita: Stefan Wahle ist eine international erfahrene Führungskraft mit über 29 Jahren in strategischer Unternehmensentwicklung und Transformationsmanagement. Als VP und General Manager für Europa Nord steuert er die strategische Ausrichtung und das Wachstum, mit Fokus auf Deutschland, Schweden, Dänemark und Norwegen.

In seiner Laufbahn bei Unternehmen wie AT&T, Unisys und Diebold Nixdorf hat er durch gezielte Wachstumsstrategien und Restrukturierungen entscheidende Erfolge erzielt und EBITA-Margen signifikant gesteigert. Besonders stark ist er im Change Management, wo er zahlreiche Unternehmensprogramme geleitet hat, die Kundenzufriedenheit und Effizienz optimierten und cloudbasierte Innovationen vorantrieben.

Wahle verfügt über umfassende Erfahrung im Krisenmanagement und eine hohe interkulturelle Kompetenz, mit der er global verteilte Teams auf ein gemeinsames Ziel ausrichtet. Seine strategische Weitsicht und Führungsstärke machen ihn zu einem wesentlichen Treiber für Wachstum und Innovation in internationalen Märkten.

Lebensmotto: „Glück findet sich in der Balance zwischen Zielstrebigkeit und Gelassenheit”

Berufliches Motto: „Führen heißt, andere erfolgreich zu machen”

Über das Unternehmen

Wolters Kluwer Tax & Accounting Deutschland GmbH
Kammererstr. 39
71636 Ludwigsburg
Gründungsjahr: 1891
Mitarbeiter: 650
Telefon: +49 (0)7141 914-0

Onpulson: Wie ist das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?

Stefan Wahle: Wir sind weltweit führend bei Softwarelösungen und Services im Bereich Steuern, Lohn und Rechnungswesen. Für Deutschland bedeutet das, dass 15 % aller Jahresabschlüsse und Millionen von Gehaltsabrechnungen monatlich mit Software von Wolters Kluwer erstellt werden. Unsere online Lohn-Lösungen zur eAU und zu E-Dokumenten wurden mit zahlreichen Awards ausgezeichnet (Stevie Awards und NewWork Business Awards 2024).

Zusätzlich werden mehr als eine halbe Million kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland von Steuerkanzleien betreut, die ADDISON nutzen. Mit ADDISON OneClick haben wir eine der innovativsten Collaboration-Plattformen für die prozessorientierte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und ihren Steuerberatern.

Onpulson: Wie differenzieren Sie sich von Ihren Wettbewerbern?

Stefan Wahle: Unsere wichtigsten Wettbewerbsvorteile sind:

  • Kundenorientierte Prozesse: Wir denken unsere Prozesse konsequent vom Kunden her und passen uns flexibel an deren sich verändernde Bedürfnisse an.
  • Generationswechsel: Wir gestalten den Generationswechsel aktiv, um stets auf dem neuesten Stand zu bleiben und die Bedürfnisse aller Altersgruppen zu berücksichtigen.
  • Direkter Zugang zu Experten: Unsere App ermöglicht es den Kunden, direkt zum Experten zu springen, was schnellen und direkten Zugang zu Fachwissen bietet.
  • Kontextinformationen: Wir integrieren umfassende Kontextinformationen, um unseren Kunden stets die relevantesten und aktuellsten Informationen zur Verfügung zu stellen.

Diese Vorteile helfen uns, uns von unseren Wettbewerbern abzuheben und unseren Kunden einen herausragenden Service zu bieten.

Onpulson: Was war Ihre Motivation Unternehmer/Unternehmensmanager zu werden?

Stefan Wahle: In meiner Rolle als international tätiger Manager motiviert mich vor allem die Möglichkeit, in einem globalen Umfeld zu arbeiten und wertvolle internationale Erfahrungen zu sammeln. Ich schätze die Herausforderung, komplexe Probleme zu lösen und innovative Strategien zu entwickeln, die unser Unternehmen voranbringen. Die Aussicht auf berufliches Wachstum und die Chance, in einer Führungsposition echten Einfluss zu nehmen, sind ebenfalls starke Anreize für mich.

Onpulson: Welche unternehmerischen Ziele haben Sie für die nächsten 3 Jahre?

Stefan Wahle: Wir wollen die Abläufe stets konsequent aus der Sicht der Anwender denken. Deutsche Steuerberaterkanzleien kämpfen seit langem mit akutem Fachkräftemangel. Ziel muss es daher sein, die organisatorischen Prozesse weitgehend zu automatisieren. Gleichzeitig wollen wir mit unserer Software dazu beitragen, dass unsere Kunden flexibel auf wichtige Novellen reagieren können – etwa die E-Rechnung, die in Deutschland ab dem 1. Januar 2025 schrittweise eingeführt wird.

Auch der Generationswechsel, der in den Kanzleien stattfindet, bringt viele Veränderungen mit sich. Jüngere Mitarbeiter sind weniger loyal, die Software muss daher einfacher werden. Die Herausforderung, kontinuierliches Lernen für Mitarbeiter, Bewerber und sogar branchenfremde Personen zu ermöglichen, muss gelöst werden. Natürlich wird sich auch das gesamte Kundenerlebnis an die Präferenzen der neuen Generationen anpassen.

Onpulson: Mit welchen weiteren Herausforderungen hat Ihre Branche in den nächsten Jahren zu kämpfen?

Stefan Wahle: Die Steuerberaterbranche in Deutschland steht vor einem tiefgreifenden Wandel, getrieben von Digitalisierung, Automatisierung und veränderten Mandantenanforderungen. Routineaufgaben wie Buchhaltung und Steuererklärungen werden zunehmend durch KI und Software übernommen, wodurch der Steuerberater verstärkt als strategischer Berater gefragt ist. Dieser Wandel erfordert Investitionen in Technologie und die Schulung von Mitarbeitern, während der Fachkräftemangel und der Generationswechsel die Branche zusätzlich unter Druck setzen.

Neue Regulierungen, insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit und internationaler Besteuerung, sowie steigende Anforderungen an Compliance und Dokumentation erhöhen die Komplexität. Mandanten erwarten individuelle Beratung zu Themen wie Nachhaltigkeit, Unternehmensnachfolge und Digitalisierung, verbunden mit digitaler Kommunikation und Flexibilität. Auch Nachhaltigkeitsberichterstattung und ESG-Kriterien gewinnen an Bedeutung.

Gleichzeitig fordert die Globalisierung mehr Expertise im internationalen Steuerrecht. Hybride Arbeitsmodelle und Remote Work stellen weitere organisatorische und technologische Herausforderungen dar, besonders für kleinere Kanzleien. Um diese Entwicklungen zu meistern, muss die Branche Prozesse modernisieren, neue Beratungsfelder erschließen und sowohl Mitarbeiter als auch Mandanten aktiv auf den Wandel vorbereiten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Verbindung aus technologischer Innovation, persönlicher Beratung und strategischer Kompetenz.

Onpulson: Warum sollten Fach- und Führungskräfte sich bei Ihrem Unternehmen bewerben?

Stefan Wahle: Fach- und Führungskräfte sollten sich bei unserem Unternehmen bewerben, weil wir eine sehr gute Arbeitskultur basierend auf unseren vier zentralen Werten bieten: Focus on customer success, Aim high and deliver, Make it Better und Win as a team. Wir stehen für eine soziale und inklusive Kultur, die persönliches Wachstum fördert und soziales Engagement wertschätzt. Bei uns haben Sie die Möglichkeit, die Zukunft durch Innovation und Teamarbeit aktiv mitzugestalten. Unser Engagement für den Erfolg unserer Kunden, das Streben nach Exzellenz, die kontinuierliche Verbesserung und der Teamgeist machen uns zu einem attraktiven Arbeitgeber für ambitionierte Fach- und Führungskräfte.

Onpulson: Was ist Ihr Rezept zur Mitarbeitermotivation?

Stefan Wahle: Unser Rezept zur Mitarbeitermotivation basiert auf der Überzeugung, dass jeder Einzelne zum Erfolg des Unternehmens beiträgt und entsprechend daran beteiligt wird. Unter dem Motto „be the difference“ fördern wir gemeinsames Wachstum und setzen auf eine klare Strategie und Rahmenbedingungen, die Eigenverantwortung ermöglichen.

Ein positives Mindset ist uns ebenso wichtig wie Investitionen in top-ausgestattete Arbeitsplätze in ESG-konformen Büros. Wir legen großen Wert auf Diversity und Inklusion sowie auf interkulturelle Zusammenarbeit, die durch unsere Belegschaft aus 20 verschiedenen Nationen bereichert wird.

Unsere Mitarbeiter profitieren von vielfältigen Karriere-Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten in einem internationalen Umfeld. Zahlreiche Benefits, Zugang zu LinkedIn Learning, und Raum für Innovationen durch Code Games, Hackathons und GIA (Globael Innovation Award) fördern zusätzlich die Motivation. Flex Work rundet unser Angebot ab und ermöglicht eine flexible Arbeitsgestaltung.

Stefan Wahle, Vice President & General Manager von Wolters Kluwer Tax & Accounting Europe North, im Gespräch mit Kollegen. Bildnachweis: Wolters Kluwer TAA

Onpulson: Was war Ihr größter unternehmerischer Erfolg?

Stefan Wahle: Für mich liegt mein größter Erfolg darin, starke und leistungsfähige Managementteams aufzubauen, die mich in meiner Arbeit optimal unterstützen. Es ist mir gelungen, die richtigen Talente zu finden und ein Umfeld zu schaffen, in dem jede Führungskraft ihr Potenzial voll ausschöpfen kann. Das Zusammenspiel dieser Köpfe ist die Basis unseres gemeinsamen Erfolgs und ein wesentlicher Faktor für die nachhaltige Entwicklung des Unternehmens.

Onpulson: Was war Ihr größter unternehmerischer Misserfolg?

Stefan Wahle: Es gab eine Reihe von Misserfolgen, z.B. Technologien, bei denen man die kurzfristigen Aspekte überschätzt, aber die langfristigen Effekte unterschätzt hat. Oder im Bereich der Mitarbeitergewinnung, wo ich sicherlich in verschiedenen Situationen nicht schnell genug gehandelt habe. Misserfolge sind oft auf eine Kombination aus internen Schwächen und externen Herausforderungen zurückzuführen. Meiner Meinung nach kommt es darauf an, aus Fehlern zu lernen und schnell darauf zu reagieren. Ich rufe Mitarbeitende geradezu auf, Fehler zu machen, lieber heute als morgen.

Onpulson: Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister. Was würden Sie sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland bei ihm wünschen?

Stefan Wahle: Wenn ich den Bundeswirtschaftsminister treffen würde, würde ich mir vor allem wünschen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland durch gezielte Maßnahmen zukunftsfähig und wettbewerbsstark bleibt. Ein zentraler Punkt ist die Förderung der Digitalisierung: Der Ausbau der digitalen Infrastruktur muss deutlich beschleunigt werden. Gleichzeitig sollten digitale Bildung und Innova-tion stärker gefördert werden, um Unternehmen auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.

Ein weiterer wichtiger Wunsch wäre der Abbau von Bürokratie. Verwaltungsprozesse, insbesondere für mittelständische Unternehmen, sollten vereinfacht werden, um Ressourcen freizusetzen und Investitionen zu erleichtern. Ebenso entscheidend ist die Sicherung von Fachkräften. Hier bedarf es gezielter Maßnahmen wie einer erleichterten Einwanderung für qualifizierte Arbeitskräfte, der Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie umfangreicher Weiterbildungsmöglichkeiten.

Darüber hinaus ist die Stärkung von Nachhaltigkeit und Innovation von großer Bedeutung. Es ist essenziell, Start-ups und Zukunftstechnologien stärker in den Fokus zu rücken. Schließlich braucht es eine verlässliche Energiepolitik, die eine stabile, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung sicherstellt, um Unternehmen Planbarkeit und Sicherheit zu bieten. Diese Maßnahmen würden dazu beitragen, Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, Innovationen voranzutreiben und die Wirtschaft nachhaltig aufzustellen

Stefan Wahle, Vice President & General Manager von Wolters Kluwer Tax & Accounting Europe North, mit Kollegen

Stefan Wahle, Vice President & General Manager von Wolters Kluwer Tax & Accounting Europe North, wünscht sich von der Politik, dass Zukunftstechnologien mehr gefördert werden. Bildnachweis: Wolters Kluwer TAA

Onpulson: Bei welcher Person möchten Sie sich für Ihren unternehmerischen Erfolg besonders bedanken?

Stefan Wahle: In allen vier Unternehmen, für die ich bisher gearbeitet habe, habe ich großartige Vordenker und Unternehmer kennengelernt, denen ich viel zu verdanken habe. Ohne Namen nennen zu wollen, sind es diese Menschen, von denen ich ein Höchstmaß an Kundenorientierung, Struktur und Durchsetzungskraft gelernt habe. Besonders hervorheben möchte ich die Menschen, die in den 80er Jahren mit Heinz Nixdorf zusammengearbeitet haben und sein Wissen und Unternehmertum an nachfolgende Generationen weitergegeben haben. Auch ich habe davon profitiert.

Onpulson: Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal zum Dinner gehen und warum?

Stefan Wahle: Mit Barack Obama – er ist ein inspirierender Redner und eine globale Führungspersönlichkeit. Ich würde gerne über seine Erfahrungen in der internationalen Diplomatie und seine Vision für globale Zusammenarbeit sprechen.

Bildnachweis: istockphoto.com/Miodrag Kitanovic

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