Steuerplanung für Start-ups
Laut dem Institut für Mittelstandsforschung konnten in Deutschland 2023 rund 329.000 Gründungsprojekte verzeichnet werden. Um den Stein ins Rollen zu bringen, genügt jungen Entrepreneuren meist eine gute Idee. Oft konzentriert sich der Gründungsprozess dann auf die vermeintlich dringendsten Fragen des Unternehmensaufbaus – allen voran die Finanzierung. Das Thema Steuern findet dabei kaum Beachtung, dennoch sollte man von Beginn daran denken.
Bereits die Frage nach der Rechtsform birgt, im Hinblick auf künftige Zahlungen an den Fiskus, potenzielle Stolpersteine. Auch weiterführende Aspekte, die vermeintlich weit in der Zukunft liegen, wie die Aufnahme von Investoren oder ein eventueller Exit, sollten mitbedacht werden. Denn nur so lassen sich potenzielle steuerliche Gefahren für das junge Unternehmen clever managen und sogar ganz umgehen.
Erste Schritte meistern
Bei einem Start-up-Projekt gilt es verschiedene Etappen zu meistern. Neben der Idee und dem Erstellen eines Businessplans müssen auch der Markt und die Wettbewerber analysiert werden. Fühlen sich zukünftige Unternehmer mit ihrem Vorhaben sicher, müssen sie sich in der nächsten Phase mit den hierzulande möglichen Rechtsformen auseinandersetzen. Denn die gewählte Struktur kann wesentliche Grundlagen zu der mittel- und langfristigen Besteuerung festlegen und die Höhe der anfallenden Abgabenlast bestimmen. Unterscheiden lassen sich in der Regel vier verschiedene Unternehmensformen, die für eine Neugründung am häufigsten infrage kommen: Ein Einzelunternehmen, eine Kapitalgesellschaft (GmbH oder UG), eine Personengesellschaft und eine Holding. Für sie alle gelten unterschiedliche Steuerbelastungen und gesetzliche Richtlinien.
Alleine Neues wagen
Im Falle eines Einzelunternehmens geht die Tätigkeit in erster Linie nur von einer einzelnen, natürlichen Person aus. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass für den Unternehmer ein großes Risiko besteht. Schließlich haftet er grundsätzlich unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen. Allerdings benötigt diese Unternehmensform weder Mindestkapital noch Einlagen. Außerdem fallen für Gründungswillige nur wenige Formalitäten an. Aus diesen Gründen erweist sich das „Einzelunternehmen“ für Start-ups oft viel einfacher. Neben der Gewerbeanmeldung gilt es die neue Firma lediglich beim Finanzamt, bei der Berufsgenossenschaft und, wenn Personal vorhanden ist, bei der Agentur für Arbeit zu registrieren.
Ein weiterer Vorteil: Einzelunternehmer müssen keine Konflikte mit anderen Gesellschaftern fürchten und der Geschäftsinhaber profitiert als einziger von den Einnahmen. Dabei kann eine Neugründung ganz formlos mit den eben genannten Anmeldungen an den Start gehen. Vergrößert sich die Firma jedoch so weit, dass sie für die Führung einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigt, müssen Entrepreneure eine Eintragung im HGB vornehmen und die damit verbundene Veröffentlichung im Handelsregister vornehmen. Das Unternehmen wird dann künftig in der Rechtsform eines eingetragenen Kaufmanns (kurz: e. K.) geführt.
Abhängig von dem Einkommen müssen Einzelunternehmer zwischen 0 und 45 Prozent an Einkommensteuer und Gewerbesteuer entrichten. Für Gründer, die keinen großen Finanzbedarf haben und deren unternehmerisches Haftungsrisiko überschaubar und gering ist, eignet sich ein Einzelunternehmen besonders.
GbR, OHG oder KG?
Daneben bietet sich Neugründern auch eine der Personengesellschaften an. Dazu gehören beispielsweise die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG). Unter der Voraussetzung, dass nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG eine Mitunternehmerschaft vorliegt, fallen auf diese Unternehmen Abgaben nach dem sogenannten Transparenzprinzip an. Bei der Einkommensbesteuerung sind laut dieser Regelung nicht die Personengesellschaften an sich das Subjekt für die Abgaben. Stattdessen werden die Gewinne anteilig den einzelnen Gesellschaftern zugerechnet. Handelt es sich bei den Mitunternehmern um natürliche Personen, unterliegen die Einkünfte der Einkommensteuer. Bei juristischen Personen fällt stattdessen Körperschaftsteuer an.
Aufgrund der Möglichkeiten der hybriden Eigenschaften kann auch die GmbH & Co. KG für Entrepreneure reizvoll erscheinen und bestimmte Vorteile bieten. So ermöglicht die gemischte Struktur beispielsweise die steuerliche Behandlung als Personengesellschaft, obwohl die Haftung wie bei einer Kapitalgesellschaft ausgestaltet werden kann.
Mit einer Kapitalgesellschaft zum Ziel
In den meisten Fällen erweist sich die Gründung einer GmbH für Start-ups als vorteilhaft. Denn diese Rechtsform bietet Firmen die Möglichkeit, ihre Gewinne steuerlich vorteilhaft zu reinvestieren, um weiterzuwachsen. Zusätzlich gelten die überschaubaren rechtlichen Verhältnisse, die Verantwortliche vertraglich weitgehend frei gestalten können, als der besondere Reiz. Nicht zuletzt hängt das mit der Haftungsbeschränkung zusammen. Mit dieser Rechtsform verantworten Gesellschafter lediglich das Stammkapital des Start-ups.
Daneben wissen kundige Gründer, dass das Kürzel GmbH auch eine große Rolle für die Höhe der anfallenden Abgaben spielt. Denn anders als bei Personengesellschaften oder Einzelunternehmen – hier werden jeweils die Einkommensteuer und Gewerbesteuer fällig (zwischen 0 und 45 Prozent) – ergibt sich bei einer GmbH eine Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent zuzüglich circa 1 Prozent Solidaritätszuschlag.
Hinzu kommt die von den örtlichen Gemeinden festgelegte Gewerbesteuer. Entschließen sich Entrepreneure beispielsweise dazu, die Firma in Köln aufzubauen, fällt eine Besteuerung von circa 16,6 Prozent an. Möchten sie zusätzlich den Jahresüberschuss an die Gesellschafter ausschütten, so wird zudem die Kapitalertragsteuer von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag fällig. Somit liegt die Höhe der anfallenden Abgaben in der Metropole am Rhein insgesamt bei circa 50 Prozent.
Auf günstige Alternativen ausweichen
Bereits der Aufbau eines Unternehmens benötiget einiges an Kapital. Neben administrativen Kosten, die unter anderem von der Rechtsform abhängig sind, erfordert beispielsweise die Gründung einer GmbH ein Stammkapital von mindestens 25.000 Euro. Dabei muss die tatsächliche Einlage die Hälfte des Stammkapitals betragen, das heißt ab 12.500 Euro. In den meisten Fällen besitzen Start-ups am Anfang allerdings nur beschränkte finanzielle Mittel. Können Entrepreneure diese Summe nicht aufbringen, möchten aber dennoch eine Gesellschaft auf die Beine stellen, besteht die Möglichkeit, eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (kurz: UG) aufzubauen. Diese kann nämlich ab 1 Euro an den Start gehen. Ähnlich wie die GmbH ist die UG eine Kapitalgesellschaft und eine juristische Person, somit ist sie aus steuerlicher Sicht unabhängig von ihren Gesellschaftern zu betrachten.
Dabei gilt die Gründung einer UG meist als ein Zwischenschritt zu einer GmbH. Während die Besteuerung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ähnlich verläuft wie bei einer GmbH, bildet die Thesaurierungspflicht den größten Unterschied zwischen den Rechtsformen. Denn UGs müssen laut § 5a Absatz 3 Satz 1 GmbHG 25 Prozent ihres jährlichen Einkommens in eine gesetzlich vorgeschriebene Rücklage einstellen. Die Verwendung der Rücklage ist zudem nur für stark begrenzte Zwecke zulässig. Diese Pflicht verfolgt das Ziel, die UG schnellstmöglich in eine GmbH zu wandeln.
Beinahe abgabenfrei
Auch eine Holding kann unter Umständen für Gründungswillige steuerlich reizvoll sein, da eine solche Struktur es gestattet, anfallende Steuern bei der Gewinnausschüttung, die Kapitalertragsteuer und auch den steuerlichen Ansatz von Geschäftsführergehältern gezielt zu gestalten. Mithilfe dieser Rechtsform wird die Beteiligung an operativen Unternehmen in einer speziell zu diesem Zweck aufgebauten Gesellschaft gehalten.
Am häufigsten profitiert eine Holding mit der Ausschüttung der Dividenden seitens des aktiven Betriebs – denn durch die Beteiligungsfreistellung können unter bestimmten Voraussetzungen 95 Prozent der Dividenden abgabenfrei sein. Lediglich 5 Prozent werden dann mit Gewerbe- und Körperschaftsteuer belastet. Da der Steuersatz in beiden Fällen bei etwa 15 Prozent liegt, fallen auf die Ausschüttung lediglich 1,5 Prozent Steuern an.
Allerdings kann diese vorteilhafte Besteuerung erst ab einer Beteiligungsquote von 15 Prozent in Anspruch genommen werden. Beläuft sich diese auf 10 bis 15 Prozent, bleiben die Dividenden bei der Körperschaftsteuer zu 95 Prozent steuerfrei, während die Gewerbesteuer in voller Höhe anfällt. Dies gilt auch für den Fall einer Veräußerung, denn der daraus entstehende Gewinn ist, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, zu 95 Prozent steuerfrei.
Gründungen im Ausland
Neugründungen lassen sich zudem immer häufiger im Ausland beobachten; dies gilt auch für Tochterunternehmen. Und auch Start-up-Projekte zieht es, angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation hierzulande und der damit verbundenen schwierigen Suche nach Investoren, in die Ferne. Inzwischen überlegt jeder dritte Neugründer, ein Unternehmen in einer der Steueroasen, wie Dubai, mit bereitwilligeren Förderern zu eröffnen.
Dabei greift meist die Hinzurechnungsbesteuerung. Sie soll verhindern, dass Unternehmer ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagern, um dort von geringen Steuersätzen zu profitieren und gleichzeitig der deutschen Besteuerung zu entgehen. Konkret bedeutet dies für Start-ups, die im Ausland operieren wollen, dass der Gewinn von Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen im Ausland dem deutschen Steuerrecht unterliegt und Abgaben nach hiesigen Gesetzen geleistet werden müssen.
Wachsen mit Investoren
Um nach dem erfolgreichen Aufbau des Unternehmens die eigene Position zu stärken und der Geschäftsidee möglichst viel Raum auf dem Markt zu verschaffen, richten viele Entrepreneure ihr Augenmerk auf neue Investoren. Schließlich besteht immer das Risiko, von finanziell stärkeren Konkurrenten mit ähnlichen Geschäftsideen in den Schatten gestellt zu werden. Für Start-ups empfiehlt es sich, bei diesem Schritt einen Steuerberater zurate zu ziehen, denn die Gestaltung der Aufnahme eines neuen Förderers kann unter Umständen Auswirkungen auf die langfristige Abgabenlast mit sich bringen.
Um eine erfolgreiche Einbindung von Investoren sicherzustellen, besteht die Option, Investoren mithilfe einer Kapitalerhöhung aufzunehmen. Für diesen Schritt gibt das Unternehmen neue Anteile an Anleger aus. Je nach Rechtsform gelten unterschiedliche juristische Rahmenbedingungen. Bei einer GmbH entscheidet die Gesellschafterversammlung. In Personengesellschaften erfolgt die Kapitalerhöhung in Form einer Einlage. Diese kann vertraglich flexibel gestaltet werden und ist von der jeweiligen Rechtsform (KG, OHG oder GbR) abhängig.
Eine andere Option stellen Unterbeteiligungen dar. Allerdings gilt es auch hier auf die abgabenrechtlichen Folgen zu achten, denn ein eventueller späterer Verkauf des Unternehmens kann die Mitbeteiligten steuerlich erheblich belasten.
Stattdessen besteht die Option in Form von Phantom Shares, einem beteiligungsbasierten Anreizsystem, den eigenen Mitarbeitern eine Teilhabe am Unternehmen anzubieten. Diese Möglichkeit erweist sich als besonders attraktiv, da Mitarbeiter indirekt am Erfolg des Unternehmens teilhaben. Ihren Gewinnanteil bekommen sie in Form von Boni ausgezahlt. Insbesondere für Start-ups haben Phantom Shares als indirekte Mitarbeiterbeteiligung eine große Bedeutung. Als Prämie genutzt, helfen sie dabei, Mitarbeiter in Schlüsselpositionen langfristig zu binden und die Attraktivität für Investoren zu steigern.
Zudem lassen sich so Abgaben sparen. Bei gesicherter Liquidität können Neugründer ihrer Firma erlauben, kräftig anzulegen, beispielsweise in Sachanlagen, Forschung und Entwicklung, Fortbildungen oder immaterielle Vermögenswerte. Da sie Geld ausgeben, verbuchen sie indirekt Verluste, die die Gewinnspanne, auf die es Steuern zu entrichten gilt, verringern. Wer vermehrt investiert, weist in der Bilanz am Ende einen Verlust aus. Dieser kann steuerlich in gewisser Weise als Guthaben angesehen werden, der hilft , in späteren Jahren Steuern zu sparen.
Mittlerweile lassen sich Kapitalgesellschaften sogar mit derart vorgetragenen Verlusten verkaufen, ohne dabei den Verlustvortrag zu verlieren. Diesen können Start-ups als ein gutes Argument anbringen, um einen höheren Verkaufspreis zu erreichen, vorausgesetzt das (finanzielle) Fundament ist solide.
Ein erfolgreicher Abschluss
Bestand von Anfang an das Ziel eines Exits, das heißt des Ausstiegs eines Gesellschafters aus einem Unternehmen, zeichnen sich die langfristigen Erfolge erst bei dem tatsächlichen Verkauf der Anteile ab. Auch hier verdient der Fiskus mit. So unterliegt der Erlös zu einem Drittel Steuern. Nun fällt erst recht auf, wie wichtig die steuerliche Optimierung für Start-ups vom ersten Schritt an ist. Denn wer es clever anstellt und auf die richtige Struktur setzt, belastet den Gewinn aus dem Verkauf des Unternehmens mit dem kleinen Prozentsatz von lediglich 1,5 und bleibt somit nach § 8b Absatz 2 Satz 1 KStG praktisch steuerfrei.
Depositphotos.com/Rawpixel
Kommentare