Wie funktioniert der Ablauf eines Börsengangs im Unternehmen
Unter einem Börsengang, auch als Initial Public Offering (kurz: IPO) bezeichnet, versteht man das erstmalige Handeln der Unternehmensaktien am organisierten Kapitalmarkt. Im folgendem zeigen wir Ihnen, wie Sie Ihr Unternehmen an die Börse bringen.
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen
- Die Gründe für den Börsengang eines Unternehmens
- Ist mein Unternehmen reif für einen Börsengang?
- Checkliste: Ist Ihr Unternehmen reif für die Börse?
- Zeitpunkt für den Börsengang
- Die Kosten für den Börsengang
- Der Ablauf eines Börsengangs
- Der Beauty Contest des Börsengangs
- Die Roadshow des Börsengangs
- Weblink zum Thema
Grundlagen
Ein Börsengang ist eine wichtige Angelegenheit. Sein Erfolg oder Misserfolg ist entscheidend für die Zukunft des Unternehmens. Dieser Schritt sollte also nur dann getan werden, wenn das Unternehmen auch ausreichend dafür gerüstet und das Marktumfeld günstig ist.
Ist das Unternehmen personell und strukturell noch nicht gefestigt, kann die Vorbereitung des Börsengangs dazu führen, dass das operative Geschäft leidet und dadurch die Attraktivität des Unternehmens für den Anleger. Ein ungünstiges Marktumfeld führt dazu, dass der Erlös, den Sie durch den Börsengang machen können, geringer ausfällt als erwartet oder erhofft.
Die Gründe für den Börsengang eines Unternehmens
Aus Ihrer Sicht als Unternehmer spricht natürlich die Tatsache, dass Sie Geld brauchen, um das Wachstum Ihres Unternehmens zu finanzieren, für den Börsengang. Doch das allein reicht nicht aus beziehungsweise ist überhaupt kein Grund – schließlich braucht jeder Geld. Sie sollten also nicht nur mit den satten Mittelzuflüssen liebäugeln, die ein Börsengang einbringen kann, sondern sich sehr genau informieren und Ihr Unternehmen sowie sich selbst auf Herz und Nieren prüfen, bevor Sie diesen Schritt tun.
Es ist zwar inzwischen fast „in“, den Börsengang zu verschieben, aber positiv wirkt sich diese Hinhaltetaktik auf den Ruf des Unternehmens und das Vertrauen der potenziellen Anleger nicht aus. Deshalb ist es besser, sich vorher über Fördermittel und Venture-Capital zu finanzieren. Zumal sowohl Venture-Capital-Gesellschaften als auch Business Angels bei der mühsamen Professionalisierung eine unschätzbare Hilfe sind.
Darüber hinaus gibt es für die Börsenzulassung Fristen und Regeln, die eingehalten werden müssen. Sie unterscheiden sich für die verschiedenen Börsensegmente.
Der Börsengang ist empfehlenswert, wenn Ihr Unternehmen andere Finanzierungsschienen ausgereizt hat und trotzdem Geld für eine weitere Expansion braucht, sei es für den Zukauf anderer Firmen oder für die Expansion auf internationaler Ebene.
Venture-Capital-Gesellschaften und Business Angels wollen Ihre Anteile nicht für alle Ewigkeit halten, sondern sind an einem Ausstieg interessiert, mit dem sich für die Anteilseigner eine gute Rendite verdienen lässt. Mit einer Neuemission verbinden Anleger, Unternehmer und Venture-Capital-Geber sehr unterschiedliche Erwartungen.
Ist mein Unternehmen reif für einen Börsengang?
Die erste Frage, die Sie sich stellen müssen: Ist mein Unternehmen wirklich reif für einen Börsengang? Können wir das, was wir den Investoren versprechen, und auch das, was wir uns für unser Unternehmen versprechen, tatsächlich halten?
Wenn man bedenkt, dass früher zwischen Firmengründung und Börsengang fünf bis zehn Jahre lagen und es heute bereits in vielen Fällen nur noch ein Jahr ist, können Sie vielleicht ermessen, dass diese Frage enorm wichtig ist. Wer an die Börse gehen will, muss zuvor klar Schiff im Unternehmen machen. Ein Unternehmen in der Seed- oder Startup-Phase gehört nicht an die Börse. Die Professionalisierungsfrage sollte weitgehend gelöst sein, das Unternehmen über ein funktionierendes Controlling, Marketing und einen leistungsfähigen Vertrieb verfügen.
Von größter Bedeutung ist, dass das operative Geschäft auch dann funktioniert, wenn der Firmenchef beziehungsweise die obere Managementebene mit der Vorbereitung des Börsengangs beschäftigt ist. Diese Aufgabe wird mehr als 50 Prozent ihrer Zeit beanspruchen, in der heißen Phase kurz vor der Emission sogar die ganze Zeit. Deshalb müssen Leute bereit stehen, die in der Lage sind, das operative Geschäft und die Entwicklung der Geschäftsfelder während der Zeit der IPO-Vorbereitung und des IPOs voranzutreiben.
Die betreffenden Mitarbeiter müssen darauf ausreichend und frühzeitig vorbereitet werden. Es nützt nichts, wenn sich der Firmenchef dem IPO widmet und währenddessen das operative Geschäft vernachlässigt wird. Davon leben Sie und genau dort wollen Anleger und Investoren Erfolge sehen.
Die Börse macht den dort notierten Unternehmen bestimmte Auflagen, die Veröffentlichungspflichten und Investor Relations betreffen. Diese Maßnahmen dienen dazu, den Markt für Investoren transparenter zu machen und ihnen die Anlageentscheidung zu erleichtern. Dazu gehören zum Beispiel die Vorlage jährlicher Geschäftsberichte nach IAS oder US-GAAP, Quartalsberichte in deutscher und englischer Sprache und die Pflicht zu Ad-hoc-Meldungen, sobald sich etwas ereignet, das den Kurs der Aktie beeinflussen könnte.
Für Neuemittenten ist ein Emissionsprospekt Pflicht, der den Vorgaben des Regelwerks entsprechen muss. Außerdem müssen Analystenpräsentationen und die jährliche Hauptversammlung veranstaltet werden. In Ihrem eigenen Interesse liegt die Kontaktpflege zu Presse, institutionellen Investoren und Analysten.
Nicht nur vor dem Börsengang gibt es jede Menge Arbeit, sondern auch danach. Manager, die den Börsengang bereits hinter sich haben, sind erstaunt darüber, wie viel Arbeit danach noch anfällt. Im Grunde genommen müssen Sie nicht mehr nur Ihr Produkt verkaufen, sondern auch noch Ihr Unternehmen bzw. die Aktie. Dafür benötigen Sie Kompetenz, Zeit und Geld.
Können Sie beim IPO halten was Sie versprechen?
Viele junge Unternehmer schießen in ihrer Begeisterung etwas übers Ziel hinaus. Das heißt, ihre Umsatz-, Gewinn- und Wachstumserwartungen sind mitunter unrealistisch oder bestenfalls naiv. Eine Untersuchung der Berliner Gründerberatung Aera5F, für die 315 Businesspläne von jungen Unternehmern aus den Wachstumsbranchen ausgewertet wurden, zeigte zum Beispiel, dass 54 Prozent von ihnen mit utopischen Umsätzen und Erträgen kalkulierten. Der Umsatz vervielfacht sich nicht innerhalb eines Jahres, vor allem nicht permanent.
Noch kritischer wird es, wenn ein Unternehmenskonzept noch gar nicht markterprobt ist. Ein weiterer Schwachpunkt der Konzepte war, dass die meisten Jungunternehmer sich so gut wie gar nicht um die Erreichung schwarzer Zahlen kümmerten. Bei 60 Prozent der Businesspläne waren sie erst nach vier Jahren eingeplant.
Das ist für die meisten Investoren mittlerweile zu weit entfernt. Vor dem Börsengang sollte Ihr Unternehmen mit seinen Produkten bereits markterprobt sein. Optimal wäre die Marktführerschaft. Es sollten bereits zwei bis drei Jahre hinter Ihnen liegen, für die (vergleichbare) Geschäftsberichte erstellt wurden, die zeigen, wie sich das Unternehmen entwickelt hat und welche Gründe dafür maßgeblich waren. Darauf und auf der Markt- und Branchenlage sollten die Zahlen über die zukünftige Entwicklung basieren. Hüten Sie sich vor Fantasiezahlen, die nach kürzester Zeit makulatur sind. Auch wenn Sie noch so sehr an Ihren Erfolg glauben – die Investoren messen ihn an Zahlen.
Lassen Sie sich also auf keinen Fall auf einen Börsengang ein, wenn Sie dafür Ihre Zahlen schönen müssen. Das Ergebnis wäre fatal, der Schaden für das Unternehmen in der Regel nicht wieder gutzumachen. Beispiele dafür gab es im Jahr 2000 genug. Und – sehr wichtig: Die Einschätzung renommierter Banken ist kein Garant dafür, dass Sie mit Ihrem Unternehmen wirklich börsenreif sind und Ihr IPO zu einem Erfolg wird.
Checkliste: Ist Ihr Unternehmen reif für die Börse?
- Wer an die Börse geht, sollte der Startup-Phase bereits entwachsen sein.
- Die Professionalisierung sollte abgeschlossen sein. Besonders Controlling, Marketing und Vertrieb sollten mit Fachleuten besetzt sein.
- Das Unternehmen sollte innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre schwarze Zahlen schreiben.
- Ihre Prognosen über Unternehmens-, Umsatz- und Ertragswachstum sollten realistisch und nachvollziehbar sein.
- Das Produkt sollte markterprobt sein. Das Unternehmen sollte die Marktführerschaft innehaben.
- Der Nutzen bzw. Mehrwert des Produkts für den Kunden muss klar ersichtlich sein.
- Es sollte eine funktionierende Öffentlichkeitsarbeit geben.
- Investor-Relations-Aufgaben sollten entweder professionell vom Unternehmen aus wahrgenommen werden oder aber von einer kompetenten Agentur.
Zeitpunkt für den Börsengang
Der richtige Zeitpunkt für Ihren Börsengang wird von verschiedenen Faktoren bestimmt:
- Wann sind Sie bereit dazu?
- Sind Ihre Konsortialbanken überzeugt?
- Stimmt das Marktumfeld?
- Können Sie einen ausreichend hohen Kapitalzufluss erzielen?
Ebenso, wie Sie an der Börsenreife Ihres Unternehmens Bedenken haben können, können auch die beteiligten Banken solche Bedenken haben. Ein Beispiel dafür war die Softwarefirma Blaxxun. Der Börsengang wurde ursprünglich wegen des schlechten Marktumfelds verschoben. Beim zweiten Anlauf deutete sich sogar eine Überzeichnung der Emission an. Trotzdem blies die verantwortliche DG Bank den Börsengang mit dem Hinweis auf die schlechten Erfolgsaussichten ab.
Sicherlich haben Sie bemerkt, dass der jüngste Kurssturz an den Weltbörsen auch einen Rückgang bei der Zahl der IPOs zur Folge hatte. Viele Unternehmen haben Ihren Börsengang zwar angekündigt, aber sich dann doch für eine Verschiebung entschieden. Die Gründe dafür waren offensichtlich: Durch die starken Kurseinbrüche waren die Anleger verunsichert und investierten nur noch sehr zurückhaltend. Das hat für Sie negative Folgen:
- Sie erzielen nicht den Erlös aus dem Börsengang, den Sie sich erhofften. Wenn das Marktumfeld schlecht ist, wird der Emissionspreis erfahrungsgemäß niedriger angesetzt. Die Aktie kommt dann nicht für 20 Euro auf den Markt, sondern vielleicht nur noch für 8 Euro.
- Die Aktie ist von Anfang an belastet durch das Marktumfeld. Befindet sich der Markt in einem Abwärtstrend, kann sich dem in der Regel auch eine Neuemission nicht entziehen. Das heißt, der Kurs geht eher abwärts als aufwärts, was wiederum auf das Image Ihres Unternehmens zurückstrahlt, auch wenn die Gründe für den schlechten Kurs gar nicht im Unternehmen zu suchen sind.
Am empfehlenswertesten ist der Einstieg in einen Markt, der sich gerade in einer stabilen Aufwärtsbewegung befindet. Dann können Sie einerseits einen guten Emissionserlös erzielen, andererseits können die Anleger von Zeichnungsgewinnen profitieren und die Aktie ist auch für langfristig orientierte Anleger interessant, weil sie mit einem Aufwärtstrend des Kurses rechnen können. Eine positive Kursentwicklung ist außerdem gut für das Image Ihres Unternehmens.
Die Kosten für den Börsengang
Die Kosten für den Börsengang sind erheblich. Das belastet Sie zwar zunächst nicht, denn die meisten Kosten fallen erst an, wenn der Börsengang vollzogen ist und abgerechnet wird, aber die Kosten schmälern natürlich Ihren Erlös aus dem IPO. Trotzdem sollten Sie sich nicht dazu verleiten lassen „billig einzukaufen“. Natürlich sollten Sie Preisvergleiche ziehen und nicht der Bank den Zuschlag erteilen, die am meisten für ihre Dienste haben möchte. Andererseits sind die Kosten auch nicht alles.
Das IPO erfordert eine derart enge Zusammenarbeit aller Beteiligten, dass persönliche Abneigungen das ganze Projekt gefährden können. Deshalb sollten Sie neben der finanziellen Seite auch die persönliche Seite genau betrachten. Das allerwichtigste Kriterium ist sowieso die Kompetenz der Bank und der Agenturen, die sich am besten anhand ihrer Präsentation beim Beauty Contest und der Erfolgsbilanz bei vergangenen IPOs beurteilen lässt.
Bei einem IPO mit einem Emissionsvolumen von 200 Millionen Euro ist die Verdienstverteilung in etwa so:
- Konsortialbanken: 10.000.000 Euro
- Anwälte: 1.000.000 Euro
- Wirtschaftsprüfer: 200.000 Euro
- IPO-Berater: 500.000 Euro
- Medien- und Marketingleute: 500.000 Euro
- Börse: 20.000 Euro
Insgesamt wurden also 12,2 Millionen Euro des Emissionserlöses dafür verwendet, die Emission überhaupt durchzuführen. Das sind immerhin rund 6,25 Prozent.
Für welchen Posten wie viel ausgegeben wird, kann nicht allgemein festgelegt werden. Es kommt darauf an, welche Aufgaben das Unternehmen selbst kompetent erfüllen kann und wo die größten Schwierigkeiten auftreten. Je nachdem, aus welcher Branche das Unternehmen kommt, können einige Aufgaben teilweise oder ganz innerhalb des Unternehmens wahrgenommen werden. Allerdings sollten Sie dabei bedenken, dass die Leute, die das IPO vorbereiten, zumindest in den letzten Wochen vor der Emission zu 100 Prozent eingespannt sein werden. Das bedeutet, dass für die eigentliche Arbeit keine Zeit übrig bleibt.
Unternehmen, die niemanden im Haus haben, der sich in der Organisation und Durchführung eines IPOs auskennt, sollten sich auf jeden Fall frühzeitig nach einem IPO-Berater umschauen. Er erspart nicht nur viel Arbeit, sondern wahrscheinlich auch Geld. Ein erfahrener IPO-Berater kennt die Preise für die verschiedenen Dienstleistungen und ist durchaus in der Lage, bei Banken und Agenturen einen besseren Preis auszuhandeln, als Sie das vielleicht könnten.
Außerdem haben Sie mit ihm einen Partner, mit dem Sie jegliche Art von Problemen diskutieren können. Das ist besonders wertvoll, wenn es innerhalb des Emissionsteams Spannungen gibt, zum Beispiel zwischen Banken und Unternehmen oder zwischen Medienleuten und Unternehmen.
Der Ablauf eines Börsengangs
Ein Börsengang ist nicht nur eine personal- und kostenintensive Angelegenheit, sondern auch eine sehr zeitaufwändige. Von den ersten Schritten bis zum Emissionstag vergehen 12 bis 18 Monate, sehr gut vorbereitete IPOs kommen mit sechs bis zwölf Monaten aus.
Direkt vor der Emission ist meist ein Vierteljahr intensivster Arbeit angesagt. Die Beteiligten werden während dieser Zeit nur noch auf dieses Ziel hinarbeiten. Für das operative Geschäft haben die Unternehmenschefs während dieser Phase keine Zeit mehr. Die letzten vier Wochen vor dem IPO sind die Phase, in der alle unter Hochdruck stehen.
Das Projekt wird zu einem Moloch, der alles andere auffrisst. Die Vorstände hetzen von Termin zu Termin, eine Veranstaltung jagt die nächste. An Erholung ist nicht mehr zu denken.
Der Börsengang lässt sich prinzipiell in vier Phasen unterteilen:
1. Die Analyse-Phase
Das Wichtigste in dieser Phase ist die Unternehmensanalyse. Das Unternehmen wird auf den Prüfstand gestellt und muss sich mit folgenden Fragestellungen auseinandersetzen:
- Wie weit ist es in seiner Entwicklung?
- Hat die Geschäftsidee wirklich Potenzial?
- Wie sehen die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten aus?
- Hält das Unternehmen eine führende Position innerhalb seiner Branche?
Ebenso wichtig ist es, die Interessen der Gesellschafter zu diskutieren, Unternehmensziele festzulegen und den Businessplan aufzustellen oder fortzuschreiben.
Während dieser Zeit kommen meist auch schon die Wirtschaftsprüfer und eventuell Anwälte an Bord, die den finanziellen Status des Unternehmens auf Herz und Nieren prüfen und die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vorbereiten. Hat das Unternehmen bereits eine Venture-Capital-Gesellschaft als Finanzier gewonnen, lässt sich die Analysephase erheblich verkürzen.
Eigentlich ist jetzt ein guter Zeitpunkt für den Einstieg einer Venture-Capital-Gesellschaft, denn meist findet vor dem Börsengang eine Finanzierungsrunde statt, die so genannte Bridge-Finanzierung. Damit wird dem Unternehmen durch eine letzte Kapitalerhöhung der Weg an die Börse von der finanziellen Seite her erleichtert. Sofern Sie noch keine Venture-Capital-Gesellschaft für sich gewinnen konnten, sollten Sie spätestens jetzt einen Versuch starten.
2. Die Umwandlungsphase
In der Umwandlungsphase wird die Aktiengesellschaft gegründet und eingetragen. Dafür müssen Geschäftsführer und Vorstände bestimmt werden. Eine Satzung muss erstellt werden. Die Anwälte treten auf den Plan. Meistens wird in dieser Phase auch ein Beteiligungsprogramm für die Mitarbeiter ausgehandelt. Spätestens jetzt müssen die Eigentumsverhältnisse geklärt sein. Die Hauptversammlung muss den Börsengang beschließen.
3. Die Konzeptphase
Jetzt geht es an die eigentliche IPO-Vorbereitung. Es muss ein Konzept für das IPO erstellt werden und die begleitenden Banken und Agenturen müssen ausgewählt werden. Der Beauty Contest steht in dieser Phase an. Ist eine Bank ausgewählt, muss sich das Unternehmen der Due Diligence unterziehen, der Prüfung auf Herz und Nieren durch die Wirtschaftsprüfer der Banken. Ist sie abgeschlossen, wird die Börsenzulassung beantragt. Ist sie erteilt, wird der unvollständige Prospekt eingereicht und die Umsetzung des beschlossenen Marketingkonzepts kann beginnen.
4. Die heiße Phase
Sie beginnt etwa zwei Wochen vor der Emission. Jetzt finden täglich Pressekonferenzen und Analystenpräsentationen statt. Die Vorstände begeben sich auf die Roadshow, führen Telefonkonferenzen und geben Interviews. Gleichzeitig läuft das Bookbuilding, also die Preisfindung für die Aktie aufgrund der in einer bestimmten Preisspanne und Zeit abgegebenen Gebote. Zum Schluss dieser Phase wird der Emissionspreis festgelegt, die Aktien werden zugeteilt und der erste Handelstag beginnt.
Der Beauty Contest des Börsengangs
Wer an die Börse will, braucht Banken. Meistens ist es mit einer Bank nicht getan, sondern es bildet sich ein Konsortium aus mehreren Banken. Eine davon ist der Konsortialführer. Daneben brauchen Sie als zweiten wichtigen Partner noch eine Marketingagentur, die die Marketingkampagne steuert – Radio-, und/oder Fernsehspots sowie eine Anzeigenkampagne entwirft und platziert. Und wie bei allem, was Sie einkaufen, müssen Sie natürlich auch hier verschiedene Angebote einholen. Schauen Sie sich zunächst einmal auf dem Markt um:
- Welche Banken und Marketingagenturen haben in der Vergangenheit welche Börsenkandidaten betreut?
- Wie verlief das IPO und was passierte danach?
- War das IPO erfolgreich, oder hat es sich als Flop erwiesen?
Sprechen Sie mit drei oder vier Banken Ihrer Wahl und zusätzlich mit Ihrer Hausbank. Außerdem mit drei oder vier Marketingagenturen. Sollten Sie einen IPO-Berater haben, wird er das für Sie oder mit Ihnen erledigen. Er hat meist schon Kontakte und weiß außerdem, wie das Ganze abläuft. Dadurch hat er bessere Karten, vor allem hinsichtlich des Preises, auf den man sich einigt. Im Vorfeld des Beauty Contests muss geklärt werden, was Sie erwarten. Das ist besonders wichtig im Hinblick auf die Marketingagentur.
Beim Beauty Contest präsentieren dann Banken und Marketingagenturen Ihre Konzepte. Zusammen mit Ihrem IPO-Berater und dem Projektteam in der Firma sollten Sie anschließend Ihre Partner auswählen.
Bedenken Sie: Mit dem Marketing-Konzept und der Fähigkeit der Banken steht und fällt Ihr IPO. Lassen Sie sich genügend Zeit bei der Auswahl. Besprechen Sie die Konzepte intern. Falls Sie mit einer Venture-Capital-Gesellschaft zusammenarbeiten, sollten Sie deren Rat unbedingt einholen.
In der Regel wird sich das auch gar nicht vermeiden lassen. Venture-Capital-Gesellschaften haben übrigens meist gute Kontakte zu Marketingagenturen, Anwälten und Wirtschaftsprüfern und können Ihnen bei der Börseneinführung zur Seite stehen. Sie sind in dieser Hinsicht sehr verlässliche Partner, weil sie schließlich ein großes Interesse an einem erfolgreichen Exit haben.
Wichtige Fragen bei der Besprechung mit den Banken
- Welches Börsensegment?
- Welcher Börsenplatz?
- Welche Aktiengattung?
- Welches Preisbildungsverfahren?
- Welche Zielgruppe – in erster Linie institutionelle Investoren oder Privatanleger?
Planen Sie ausreichend Zeit für den Banken- und Agenturvergleich ein. Es gibt Fälle, bei denen sich der Beauty Contest über Monate hinzog. Unterschätzen Sie nicht die Zeit, die Sie benötigen, um im Vorfeld darüber zu entscheiden, welche Banken Sie überhaupt ansprechen möchten. Dazu ist es nötig, dass Sie die Börsengänge anderer Unternehmen studieren. Das dauert.
Die Roadshow des Börsengangs
Auf der Roadshow präsentieren die Vorstände des emittierenden Unternehmens ihre Aktie der Öffentlichkeit, also Finanzjournalisten, Analysten und Fondsmanagern sowie anderen Großinvestoren, und zwar an verschiedenen Finanzplätzen. Bei mittelgroßen IPOs beschränkt sich die Roadshow gewöhnlich auf Europa. Mit Investoren in den USA oder Japan werden oft Video- oder Telefonkonferenzen geführt. Die Vorstände werden für diese Aufgabe von der Investor-Relations-Agentur vorbereitet. Der IPO-Berater und die IR-Agentur gemeinsam organisieren die Tour und laden die potenziellen Investoren ein. Für die Emission ist es von enormer Bedeutung, dass Großinvestoren einsteigen, denn zum einen kaufen sie größere Anteile, zum anderen geht man davon aus, dass ein Fonds die Aktien länger hält als zum Beispiel ein privater Investor, der nur an einem schnellen Zeichnungsgewinn interessiert ist. Allerdings, so die Experten, sei letzteres ein Argument, das eigentlich nicht stimme.
Um Ihnen einen Begriff davon zu geben, was Sie bei einer Roadshow erwartet, schauen wir uns als Beispiel die Roadshow der MIS AG an. Vom 8. bis 11. Februar 2000 waren die Vorstände auf diversen Pressekonferenzen und Analystenpräsentationen anwesend. Darüber hinaus zeigten Sie innerhalb dieser vier Tage 25 Präsentationen in Frankfurt, Zürich, Genf, London und Düsseldorf und hielten Telefonkonferenzen mit Übersee ab. Letztlich war der Wert 74 fach überzeichnet. Die Zeichnungsfrist wurde deswegen verkürzt. Der Zeichnungsgewinn lag bei 160 Prozent.
Quelle: Andrea Przyklenk, Gerhard Geißler – Geld für Unternehmensgründer, ISBN: 359336803X, Erstveröffentlichung August 2009.
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