Der Umgang mit Tyrannen im Team
Man kennt sie: Die Wichtigtuer, Intriganten, Tyrannen und Egomanen im Berufsleben. Sie sind eine große Gefahr für das Team und den Teamerfolg. Ihre ständige Ignoranz den Kollegen gegegnüber, ihr Egoismus und ihre unkollegiale Haltung vernichten die Motivation und das Engagement des Teams. Viel schlimmer noch, wenn es Nachahmer gibt. Daher: Wehren Sie den Anfängen und erkennen Sie frühzeitig die zerstörerischen Zeichen, bevor es andere den Tyrannen gleichtun.
Es sind oft die „kleinen Dinge“, wie permanente Verspätung, dem anderen ins Wort fallen, der Dauergebrauch des Handys während eines Meetings oder Zusagen nicht einhalten, die alle Teammitglieder und die Führungskraft nerven. Aber niemand spricht es an, geschweige denn es wird geahndet. Das kann vielerlei Gründe haben, unter anderem, dass die Führungskraft auf die Expertise des Egomanen nicht verzichten möchte oder das Gespräch mit dem Kollegen als herausfordernd empfindet und daher es vermeidet. Lieber den Egomanen ertragen und das schlechte Benehmen kleinreden, als sich auseinanderzusetzen.
Das hat allerdings einen hohen Preis. Duldung bedeutet Billigung und das kann schnell zum neuen Normal werden. Denn mit der Toleranz gegenüber diesem Benehmen, öffnen Sie als Führungskraft Tür und Tor für Nachahmer. Daher: Wehret den Anfängen, denn so wie ein Funke einen Waldbrand entzünden kann, so kann ein individuelles Fehlverhalten zu einem kollektiven werden.
US-Präsident Jo Biden mahnte kurz nach seiner Amtseinführung seine Staatsdiener mit den folgenden Worten:
„If you’re ever working with me and I hear you treating another colleague with disrespect, talking down to someone, I will fire you on the spot.“
Perfekt! Präsident Biden hat den Zeitpunkt genau richtig gewählt, nämlich direkt zur Amtsübernahme. Das gilt für Führungskräfte in gleichem Maße. Als Teamleader sollten Sie innerhalb der ersten Woche Ihr Team zusammenrufen und sich einen Tag Zeit nehmen, um folgendes gemeinsam zu klären und zu vereinbaren:
- Den Umgang miteinander (Teamkultur)
- Die Kommunikation miteinander (welche Kanäle, welche Ansprache, welche Form)
- Die Werte
- Die Ziele (jedes Einzelnen und des Teams)
- Die Rollen im Team
- Die Verantwortlichkeiten
- Die Arbeitsprozesse
Wenn Sie bereit sind, sich diese Zeit zu nehmen, um sich mit dem Team zusammen einzustimmen, haben Sie eine hohe Wahrscheinlichkeit, einen möglichen Tyrannen gleich auszumachen und sofort gegensteuern zu können. Oder Sie haben das Glück, dass er sich aufgrund der gemeinsamen Vereinbarungen erst gar nicht breit machen kann. Die Zeitinvestition lohnt sich daher in jedem Fall.
Sofort handeln
Was allerdings können Sie tun, wenn Sie ein Team übernehmen, indem sich ein Egomane bereits breit gemacht und das Miteinander vergiftet hat? Sie dürfen es auf keinen Fall tolerieren, denn wie die Autoren Steve Gruenert und Todd Whitaker treffend ausdrückten:
“The culture of any organization is shaped by the worst behavior the leader is willing to tolerate.“
Mitarbeitende, die egozentrisch und egoistisch auftreten, sind nicht zu akzeptieren, denn sie infizieren andere und vergiften mit schlechtem Benehmen und unerträglicher Arroganz nicht nur das Team, sondern das ganze Unternehmen. Aus einem Miteinander im Team wird ein egoistischer Wettlauf gegeneinander.
Der Umgang beeinträchtigt nicht nur im hohen Maße den Teamspirit, er kann sich sogar auf die Unternehmenskultur auswirken. Diese Mitarbeitenden ruinieren das Firmenimage und bringen die besten Leute des Unternehmens dazu, selbiges zu verlassen. Sie als Führungskraft sollten daher nicht ein Auge zudrücken, weil die Leistung des Egomanen so ungemein gut ist und sie die Performance nicht missen möchten. Leistung und Verhalten sollten nicht voneinander getrennt werden.
Was können Sie tun, um Tyrannen in den Griff zu bekommen?
- Bleiben Sie bei einer klaren Kommunikation und einer eindeutigen Erwartungshaltung. Vergewissern Sie sich, dass alle Teammitglieder verstehen, welche Verhaltensweisen akzeptabel sind und welche nicht und welche Konsequenzen ein Fehlverhalten nach sich ziehen kann. Betonen Sie die Bedeutung einer positiven Arbeitsatmosphäre und eines konstruktiven Miteinanders für den gemeinsamen Erfolg.
- Geben Sie konstruktives Feedback zu einem unakzeptablen Verhalten. Seien Sie spezifisch und zeigen Sie auf, wie sein/ihr Verhalten sich negativ auf das Team und die Teamdynamik auswirkt. Ermuntern Sie durch Vorschläge und Vorgaben zu einer Verhaltensänderung.
- Hinter die Fassade schauen. Versuchen Sie herauszufinden, was hinter dem Benehmen, der Egozentrik steckt. Das ist sicher eine der schwierigsten Aufgaben, die Geduld und eine kluge Fragetechnik erfordert. Gelingt es Ihnen, in einem ruhigen, möglichst zeitlich unbegrenzten Gespräch herauszukitzeln, was Ihren Tyrannen bewegt, sich so zu gerieren, haben Sie gute Chancen, auf ihn einwirken zu können und der Betreffende kann höchstwahrscheinlich ein gutes Stück von seinen Allüren abrücken.
- Stärken Sie Ihr Team und lassen Sie erkennen, dass Sie den Tyrannen im Blick, idealerweise im Griff haben. Bestärken Sie immer das Wir-Gefühl, die Gemeinschaft und das gemeinsame Ziel. Ermutigen Sie alle Teammitglieder, ihre Meinungen und Ideen zu teilen.
- Lassen Sie Konflikte nicht groß werden, sondern versuchen Sie, diese gleich bei der Wurzel zu packen und zu lösen. Gehen Sie mit den Parteien ins Gespräch und nehmen Sie die Mediatorenrolle ein, um gemeinsam eine Win-Win-Lösung zu finden.
- Grenzen setzen: Bei allen Bemühungen um ein freundliches Miteinander ist es unerlässlich, klare Konsequenzen zu verkünden und zu vollziehen, wenn sich nicht an den vereinbarten Umgang gehalten wird. Notfalls steht eine Kündigung an.
- Hinterfragen Sie sich selbst: Was tragen Sie dazu bei, dass sich der Tyrann ausbreiten kann? Was hindert Sie, schnell und konsequent einzuschreiten? Was benötigen Sie, um Ihrem Teammitglied Grenzen zu setzen und Konsequenzen nicht nur anzudrohen, sondern auch wenn nötig umzusetzen? An welcher Stelle wünschen Sie sich Stärkung und von wem?
Fazit
„Wehren Sie den Anfängen“ hat die beste Chance, einen Rüpel in den Griff zu bekommen und in die Schranken zu weisen. Es ist hoch gefährlich für Sie, Ihr Team und den gemeinsamen Erfolg, wenn Sie ein Auge zuzudrücken und die Auftritte und Allüren tolerieren, denn sie wirken zerstörerisch auf das Team und ziehen im schlimmsten Fall Nachahmer in den Bann. Achten Sie auf erste Signale und schreiten Sie schnell ein, um größere Konflikte und Desaster zu vermeiden.
Selbstverständlich können Sie als Führungskraft nicht die ständige Kontrolle über das Verhalten Ihrer Teammitglieder haben. Sie sollten jedoch wachsam sein, hinschauen und hinhören und wenn Sie merken, dass das Team negativ beeinflusst wird und mit dem Tyrannen keine Veränderung möglich ist, sich von der Person trennen. Damit schonen Sie nicht nur Ihre Nerven und die der anderen Teammitglieder, schützen nicht nur die Stimmung und die Unternehmenskultur, sondern halten auch Folgekosten des Egomanen im Blick. Denn dieser bringt andere dazu, das Unternehmen zu verlassen und das ist bekanntlich kostspielig. Nicht zu reden von möglichen Anwaltskosten.
Lieber ein gesundes, motiviertes, freundliches, unterbesetztes Team, als ein vergiftetes mit einem Experten. Denn, wie bereits erwähnt: Leistung und Verhalten sollten nicht voneinander getrennt werden.
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