Folgen einer ungeklärten Nachfolge für ein Familienunternehmen
Ein Autounfall, ein Flugzeugabsturz oder die Diagnose einer tödlichen Krankheit im Endstadium: Es kann so schnell gehen und das eigene Leben nimmt eine dramatische Wendung. Todesfälle sind für die Hinterbliebenen grundsätzlich sehr belastend. Im Fall von Unternehmerfamilien gibt es - neben der psychischen Belastung - jedoch besonders viele praktische Fragen zu klären. Welche genau das sind, wird im Folgenden erläutert.
Je nachdem, wie gut die Angehörigen vorbereitet waren, kommen in der Zeit danach eine Reihe unterschiedlich großer Herausforderungen auf sie zu: Wer erbt nun was? Was passiert mit der Firma? Wer übernimmt welche Verantwortung? Eine solche ungeklärte Situation kann die Familie hohe Summen kosten und im schlimmsten Fall die Zukunft des aufgebauten Imperiums gefährden. Wie kann die Thematik Unternehmensnachfolge präventiv angegangen werden und welche Möglichkeiten gibt es für eine rechtlich sowie steuerlich sichere Erbplanung?
Auch der mächtigste Mensch ist sterblich
Familienunternehmen bilden das Rückgrat der Wirtschaft und prägen unsere Gesellschaft auf vielfältige Weise. Doch gerade in Bezug auf die Nachfolgeregelung tun sich viele Unternehmer – insbesondere die ältere Generation – schwer. Oftmals halten sie sich für unsterblich und beschäftigen sich nicht mit diesem wichtigen Thema. Schätzungsweise haben rund 70 Prozent der Familienunternehmen keine oder unzureichende Nachfolgeregelungen. Dies ist ein alarmierender Zustand, der die Zukunft dieser Firmen gefährden kann. Oftmals werden die Auswirkungen alter Güterstandsregelungen unterschätzt und wichtige rechtliche Aspekte außer Acht gelassen.
Wie wichtig eine sorgfältige Nachlassplanung ist, zeigt das folgende Beispiel einer Familie: Die Eltern planten den Übergang ihres Vermögens an ihre beiden gemeinsamen Kinder, allerdings gab es noch ein uneheliches Kind mit einer anderen Partnerin des Ehemanns. Das Vorhandensein eines Berliner Testaments mit der Annahme, dass der Mann zuerst verstirbt, hätte zur Folge gehabt, dass der uneheliche Sohn von der Nachfolge ausgeschlossen wird. Zudem war dem Ehemann nicht bewusst, dass im Falle des vorzeitigen Todes seiner Frau das gesamte Vermögen zunächst an ihn gehen und somit den Pflichtteilsanspruch des unehelichen Kindes auslösen würde.
Ein solches Szenario hätte zu erheblichen finanziellen Verlusten in Höhe von 16 Millionen Euro geführt. Dieses Beispiel unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Nachlassregelung, um mögliche Risiken zu minimieren und die langfristige Sicherheit der Familie zu gewährleisten. In einem professionellen Family Governance Prozess können solche Probleme identifiziert und Lösungen für alle Familienmitglieder gemeinsam entwickelt werden.
Vorbereitung ist alles
Doch was braucht es alles, um eine erfolgreiche Nachfolgeregelung zu gewährleisten? Neben einem Testament oder Erbvertrag, welche die Verteilung des Nachlasses regeln, ist es wichtig, eine regelmäßig gepflegte und aktualisierte Gesamtvermögensaufstellung zu haben. Diese sollte nicht nur das im Inland befindliche Vermögen umfassen, sondern auch weltweite Beteiligungen und andere Vermögenswerte. Es gibt verschiedene Fälle, für die vorgesorgt werden muss. Dazu gehören der plötzliche Tod des Unternehmers, seine Handlungsunfähigkeit aufgrund eines Unfalls oder andere Situationen, in denen er nicht mehr agieren kann.
Besonders bei Familien mit minderjährigen Kindern ist es wichtig, frühzeitig Ergänzungspfleger festzulegen, um den reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Diese springen rechtlich ein und vertreten die Interessen des Kindes, solange dieses noch nicht volljährig ist.
Leider werden bei der Nachfolgeregelung oft wichtige Aspekte vergessen. Bei größeren Vermögen und vor allem wenn Unternehmensbeteiligungen im Nachlass zu erwarten sind, ist eine Abwicklungstestamentsvollstreckung sinnvoll. Zudem sollten jüngere Personen als Vollstrecker bestellt werden, um das Vieraugenprinzip zu wahren. Bei minderjährigen Kindern als potenzielle Erben empfiehlt sich eine Dauertestamentsvollstreckung bis zum 27. Lebensjahr, so dass diese nicht bereits vorher die gesamte Verantwortung für die Verwaltung des Besitzes haben.
Jedoch sollten die Möglichkeiten der Kinder als dabei nicht zu stark eingeschränkt werden. Für den Fall, dass alle möglichen Erben vorversterben, sollte ein Schlusserbe in Form einer gemeinnützigen Stiftung bestimmt werden. Eine oft vernachlässigte Vollmacht ist die Vorsorgevollmacht. Neben der wichtigen Patientenverfügung ist sie notwendig, um den potenziellen Erblasser zu vertreten, falls er lebt, aber handlungsunfähig ist. Diese Entscheidungsbefugnis sollte notariell beglaubigt und umfassend sein, um alle wesentlichen Vermögensbereiche und den digitalen Nachlass abzudecken.
Wissen ist Macht: Damit nach dem Tod alle Zugänge erhalten bleiben
Ein entscheidender Punkt ist die Sammlung des notwendigen Wissens, einschließlich Passwörtern, damit die Erben darauf zugreifen können. Es ist ratsam, den sogenannten digitalen Nachlass separat zu erfassen und sicher aufzubewahren. Dies beinhaltet nicht nur Zugänge zu Bankkonten, sondern auch Tresorkombinationen, Passwörter für soziale Medien, Mobilfunkgeräte und jegliche Art von digitalen Abonnements. Diese Aufstellung sollte mindestens einmal jährlich überarbeitet werden und eine Vollmacht für bestimmte Personen enthalten, die im Zweifelsfall sofort wirksam wird.
Weniger Regelung = mehr Verlust ans Finanzamt
Eine schlecht geregelte Nachfolge kann dazu führen, dass das Finanzamt einen erheblichen Anteil des Nachlasses erhält – im schlimmsten Fall bis zu 50 Prozent. Es ist daher sinnvoll, rechtzeitig eine gute Nachfolgeregelung zu treffen, um diesen Verlust zu vermeiden. In manchen Fällen kann es auch ratsam sein, das Erbe auszuschlagen. Dies ist beispielsweise notwendig, um ein steuerlich ungünstiges Testament zu korrigieren oder wenn sich abzeichnet, dass der Nachlass überschuldet ist. In solchen Situationen kann eine Nachlassinsolvenz die beste Lösung sein, da hier kurzfristige Fristen eingehalten werden müssen.
Alle mit ins Boot holen
Bei der Nachfolge im Unternehmen stellen sich oft rechtliche Fragen. Wenn die Übernahme im Testament geregelt ist und keine arbeitsrechtlichen oder testamentarischen Vereinbarungen getroffen wurden, kann sie in der Regel nicht angefochten werden. Es ist jedoch wichtig, bereits vorher im Rahmen eines „Familienkompasses“ klare Regelungen zu treffen, um teure Streitfälle zu vermeiden und den auch den Mitarbeitern des Unternehmens Sicherheit zu geben. Denn Unternehmensvorsorge ist nicht nur Familiensache, schließlich hängt der wirtschaftliche Erfolg auch von einem friedlichen Betriebsklima ab.
Vor dem Tod ist es entscheidend, eine solide Vollmacht aufzubauen. Es ist ratsam, alle Unternehmensrechte und -pflichten schon im Vorfeld auf die Nachfolge zu übertragen, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Testamentarische Regelungen können hierbei ergänzend wirken, sollten jedoch nicht als einzige Grundlage dienen.
Fazit: Proaktives Handeln lässt Unternehmerfamilien ruhiger schlafen
Die Bedeutung der richtigen Vorsorge wird oft unterschätzt. Wenn keine entsprechenden Maßnahmen getroffen werden, greift die gesetzliche Erbfolge, was insbesondere bei Familienunternehmen, Großfamilien oder Großvermögen zu ungewollten Konsequenzen führen kann. Unregulierte Nachfolgen können zu kostspieligen Streitigkeiten führen und einen Betrieb in Schieflage bringen. Daher ist es ratsam, frühzeitig die Weichen für eine geordnete Geschäftsübernahme zu stellen und sich mit allen Aspekten der Vorsorge auseinanderzusetzen. Wer sich frühzeitig um das Thema kümmert, kann ruhig schlafen und hinterlässt eine glückliche Familie und ein gesichertes Unternehmen.
Bildnachweis: ©istockphoto.com/oatawa
Kommentare