Jeder dritte Arbeitnehmer hat keine Motivation mehr
Erst die Arbeit, dabei aber kein Vergnügen? Die Zufriedenheit der Arbeitnehmer:innen in Deutschland ist massiv gesunken, aktuell bezeichnet sich nicht einmal ein Drittel aller Befragten in Deutschland (31 Prozent) als zufrieden, wenn es um ihre Arbeitssituation geht. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren war noch fast jede und jeder Zweite (49 Prozent) zufrieden.
Auf einen Blick
- Anteil derer, die bei der Arbeit motiviert sind, sinkt von 78 auf 71 Prozent
- Fast jeder Dritte findet keine Anerkennung für sich und seine Arbeit
- Der Führungsstil im Unternehmen spielt eine große Rolle bei der Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen
Gleichzeitig ist der Anteil derer, die mit ihrer beruflichen Situation „eher unzufrieden“ oder „unzufrieden“ sind, von zehn Prozent im Jahr 2021 auf aktuell 17 Prozent gestiegen. Noch am zufriedensten sind Führungskräfte: Mehr als die Hälfte der Top-Manager:innen (55 Prozent) ist glücklich mit ihrer Arbeit. Knapp dahinter folgen Auszubildende (54 Prozent), auch hier ist mehr als jeder Zweite generell zufrieden mit der eigenen Arbeit. Deutlich weniger erfüllt sind dagegen Arbeitnehmer:innen in leitender Stellung (34 Prozent), Angelernte (32 Prozent) und Fachangestellte (29 Prozent). Nicht einmal jeder fünfte Ungelernte (18 Prozent) bezeichnet sich als zufrieden mit der eigenen Arbeit.
Das sind Ergebnisse der alle zwei Jahre durchgeführten EY-Jobstudie, für die 1.555 Arbeitnehmer:innen in Deutschland repräsentativ befragt wurden.
Motivation sinkt zunehmend
Auch die Motivation unter Arbeitnehmer:innen hat in den vergangenen zwei Jahren deutlich abgenommen: Zwar behauptet die große Mehrheit der Befragten (71 Prozent) von sich, motiviert bei der Arbeit zu sein, allerdings waren es 2021 noch 78 Prozent. Der Anteil der „hochmotivierten“ Angestellten ist innerhalb der vergangenen zwei Jahre von 28 Prozent auf 17 Prozent geschrumpft – es ist gleichzeitig der mit Abstand niedrigste Wert, seit EY diese Untersuchung durchführt.
Gesunkene Job–Motivation sollte Alarmsignal für Unternehmen sein
Die stark gesunkene Job-Motivation und Zufriedenheit unter den Beschäftigten in Deutschland wertet Jan-Rainer Hinz, Mitglied der Geschäftsführung, Leiter Personal und Arbeitsdirektor bei EY, als Alarmsignal: „Eine niedrige Motivation geht zulasten der Produktivität der Unternehmen, die sich ohnehin noch mit den Folgen der Corona-Pandemie, hohen Energie- sowie Produktionskosten und Herausforderungen durch weltweit zunehmende geopolitische Spannungen konfrontiert sehen. Die Gründe für mangelnde Zufriedenheit und Motivation können vielfältig sein, die Folgen sind jedoch immer die gleichen: Durch das nicht genutzte Potenzial verlieren Unternehmen Milliarden.“
Am motiviertesten sind erneut die Führungskräfte
Knapp die Hälfte der Top-Manager:innen (45 Prozent) bezeichnet sich als „hochmotiviert“. Bei den Auszubildenden ist es knapp ein Drittel (32 Prozent), bei Arbeitnehmer:innen in leitender Stellung knapp ein Viertel (24 Prozent). Außerordentlich motivierte Fachangestellte, Angelernte (jeweils 15 Prozent) sowie Ungelernte (11 Prozent) sind dagegen eher die Ausnahme.
Mangelnde Motivation, sinkende Zufriedenheit – aber steigende Arbeitsbelastung? Jeder Vierte (25 Prozent) sagt, dass der Druck im Berufsalltag in den vergangenen fünf Jahren stark zugenommen hat – ein Plus von fünf Prozentpunkten im Vergleich zu 2021. Insgesamt sagen zwei von drei Befragten (66 Prozent), dass ihre Arbeitsbelastung größer geworden ist.
„Pandemiefolgen stecken Mitarbeiter:innen noch in den Knochen“
Hinz: „Den Beschäftigten in Deutschland stecken die Folgen der Pandemie und die Auswirkungen auf ihr Privat- und Berufsleben offenbar noch in den Knochen. Unternehmen mussten diese noch nie dagewesene Situation für sich und die Angestellten auf unterschiedliche Art meistern und dabei eigene Wege finden, um den ,Laden am Laufen zu halten‘. In Summe funktionierte dies zumeist gut. Bei vielen Menschen hat die Doppelbelastung von Homeoffice bei gleichzeitiger Kinderbetreuung oder die nicht mehr vorhandene Möglichkeit zum direkten Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen zu einem spürbaren Motivationsrückgang geführt.“
Wie das Arbeitsleben von der Pandemie beeinflusst wurde
Und die Studie zeigt: Gerade ein gutes Verhältnis zu den Kolleg:innen ist Angestellten besonders wichtig, mehr als jede und jeder Zweite (58 Prozent) nennt dies als wichtigen Motivationsfaktor. Ebenso vielen Befragten (58 Prozent) ist ein gutes Arbeitsklima wichtig. Beides sind Aspekte des Arbeitslebens, die in der Pandemie zu kurz kamen. Ein hohes Gehalt motiviert dagegen nur jeden Dritten (33 Prozent), Erfolgsprämien nur etwas mehr als jeden Zehnten (12 Prozent).
Großteil der Beschäftigten sind stolz auf ihre Arbeit
Trotz mangelnder Motivation und zurückgehender Zufriedenheit: Die eigene Arbeit bewerten die Angestellten in Deutschland nahezu durchweg positiv – und zwar noch etwas stärker als in der Befragung vor zwei Jahren. 95 Prozent sagen, dass sie mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. 2021 waren es 93 Prozent. Im Top-Management sagt dies jeder Befragte (100 Prozent), auch Arbeitnehmer:innen in leitender Stellung (98 Prozent) sind überdurchschnittlich vom Wert der eigenen Arbeit überzeugt.
Auch bei Fachangestellten (95 Prozent), Angelernten (92 Prozent) und Auszubildenden (91 Prozent) sind die Zufriedenheitswerte sehr hoch. Unter den Ungelernten (87 Prozent) ist der Anteil derjenigen, die den eigenen Beitrag am Firmenerfolg hoch bewerten, am geringsten, aber immer noch bemerkenswert hoch.
Trotz des erheblichen Beitrags, den die meisten Befragten nach eigener Einschätzung zum Unternehmenserfolg leisten, haben viele Angestellte das Gefühl, dass dies von Vorgesetzten kaum gewürdigt wird: Nur 66 Prozent sind der Meinung, dass die eigene Arbeitsleistung gewürdigt wird – das sind deutlich weniger als in der Vorbefragung 2021, als dieser Anteil noch bei 78 Prozent lag.
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