Was rechtfertigt eine fristlose Kündigung?
Arbeitsrecht

Was rechtfertigt eine fristlose Kündigung?

Porträtfoto vonPorträtfoto vonPorträtfoto von Carolin Fischer, Content-Managerin und Redakteurin für onpulson.de, einem Fachportal für Unternehmer und Führungskräfte aus dem Mittelstand
Am

Die fristlose Kündigung ist die strengste Konsequenz im Arbeitsrecht. Weil die Konsequenzen für den Arbeitnehmer bei einer außerordentlichen Kündigung gravierend sind, darf sie nicht ohne triftigen Grund ausgesprochen werden. Ein triftiger Grund ist beispielsweise eine Straftat gegen das Unternehmen.

Die außerordentliche oder fristlose Kündigung ist das härteste Mittel im Arbeitsrecht, die Unternehmen sehr oft in Form einer fristlosen Kündigung aussprechen. Das Arbeitsverhältnis endet damit abrupt, eine Weiterbeschäftigung ist unmöglich. Der Arbeitnehmer muss dann unverzüglich seinen Arbeitsplatz räumen und das Unternehmen verlassen. Häufig bedeutet die fristlose Kündigung für Arbeitnehmer auch, dass sie für einen gewissen Zeitraum auf Zahlungen durch die Agentur für Arbeit verzichten müssen.

Da es die härteste Konsequenz für Arbeitnehmer ist, braucht eine fristlose Kündigung immer einen triftigen Grund, so steht es in § 626 BGB. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber die fristlose Kündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntwerden des Kündigungsgrundes ausspricht. Doch welche Gründe rechtfertigen tatsächlich eine fristlose Kündigung?

Enge Richtlinien für die Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung

Da die außerordentliche Kündigung weitreichende Konsequenzen für den Arbeitnehmer hat, wie die Sperre beim Arbeitslosengeld, legen die Arbeitsgerichte sehr strenge Maßstäbe an, was ein wichtiger Grund gemäß § 626 BGB sein kann. Die Gerichte prüfen, ob tatsächlich arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen seitens des Arbeitnehmers vorliegen, wie die Pflicht seine Arbeit pünktlich und ordentlich zu erleiden und die Arbeitgeberinteressen in Bezug auf Eigentum und Ansehen zu berücksichtigen.

Eine Straftat, die sich gegen den Arbeitgeber richtet, ist daher immer eine Rechtfertigung für eine außerordentliche Kündigung, beispielsweise grobe Beleidigungen im Internet oder anderswo außerhalb des Unternehmens. Typische Gründe sind auch Körperverletzung oder Sachbeschädigung.

Eine Straftat, die den Unternehmer nicht betrifft, wie eine Kneipenschlägerei, kann kein Grund für eine fristlose Kündigung sein. Es sei denn, die Straftat hat eine indirekte Wirkung auf das Arbeitsverhältnis, beispielsweise weil der Arbeitgeber das Opfer ist oder wenn der Finanzbuchhalter eine Vermögensstraftat begeht. Auch wenn diese sich nicht gegen das Unternehmen oder den Arbeitgeber gerichtet hat, kann das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört sein. Selbst die Unterschlagung von Dingen mit geringem Wert können eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Beispiele für begründete fristlose Kündigungen

Außerordentliche Kündigungen sind immer Einzelfallentscheidungen. Dennoch gibt es einige Gründe, die sich bei fristlosen Kündigungen häufen:

  • Straftaten gegen den Arbeitgeber
  • Gewaltandrohung gegen den Arbeitgeber
  • vorgetäuschte Krankheit
  • Selbstbeurlaubung, das heißt unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit
    Arbeitsverweigerung
  • Verlassen des Arbeitsplatzes für längere Zeit ohne Absprache
  • öffentliche Beleidigung
  • rassistische Beleidigungen
  • nicht erfasste Raucherpausen

Welche Gründe rechtfertigen keine fristlose Kündigung

Es gibt auch eine Reihe von Motiven, die einem arbeitsgerichtlichen Prozess in der Regel nicht standhalten:

  • die AU-Bescheinigung fehlt: Hier ist eine Abmahnung das richtige Mittel.
  • Betriebsratsgründung: Bei einer Kündigung wegen Betriebsratsgründung macht sich der Arbeitgeber sogar strafbar gemäß § 119 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
  • Beschwerden über den Vorgesetzten bei Kollegen, selbst wenn der Arbeitnehmer dabei beleidigende Schimpfwörter benutzt: Solche Fälle gib es vielfach, aber eine fristlose Kündigung ist nur in sehr wenigen Einzelfällen eine Option, nämlich wenn dem Arbeitgeber das Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar ist.
  • Intime Verhältnisse mit Kollegen mit Einfluss auf die Arbeitszeit: Wenn Partner beispielsweise über betriebliche E-Mails miteinander kommunizieren, haben Arbeitgeber Handlungsmöglichkeiten. Doch auch hier ist eine Abmahnung für gewöhnlich der korrekte Schritt.
  • Tragen eines Kopftuches oder ähnlicher religiöser bzw. kultureller Kleidung: Die Glaubensfreiheit steht hier über dem Weisungsrecht für Arbeitskleidung, das Arbeitgeber haben.
  • Alkoholismus: Auch hier sind gegebenenfalls eine Abmahnung und eine ordentliche Kündigung die adäquaten Mittel.

Darf der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen?

Liegt der Verdacht auf einen schweren Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten vor, darf der Arbeitgeber ebenfalls die Kündigung aussprechen. Eine Vermutung ist nicht ausreichend. Es muss ein dringender und begründeter Verdacht für grobes Fehlverhalten vorliegen. Außerdem muss der Verstoß schwerwiegend sein, um das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden. Dafür ist es notwendig, dass dem Arbeitgeber objektiv beweisbare Tatsachen vorliegen, um den Verdacht zu begründen. Auch muss der Arbeitgeber die entlastenden Argumente, die für den Arbeitnehmer sprechen, eingehend prüfen. Zudem muss sichergestellt sein, dass eine weniger strenge Konsequenz als eine Kündigung, beispielsweise eine Abmahnung, nicht infrage kommt.

Wann darf der Arbeitnehmer fristlos kündigen?

Auch Arbeitnehmer haben unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, fristlos zu kündigen. Dies kommt allerdings wesentlich seltener vor. Denkbar ist beispielsweise, dass der Arbeitgeber wiederholt den Lohn verspätet zahlt oder dass es regelmäßig zu groben Verstößen gegen die Arbeitsschutzvorschriften kommt. Tätlichkeiten oder Vertrauen zerstörende Angriffe auf Menschenwürde oder Ehre durch den Arbeitgeber können ebenfalls Grund für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber sein.

Ein weiterer wichtiger Grund sind sexuelle Belästigungen durch Kollegen. Arbeitnehmer, die fristlos kündigen wollen, müssen ebenfalls genau die Voraussetzungen von § 626 BGB prüfen. Es genügt nicht, zu einem anderen Arbeitgeber mit einem besseren Jobangebot wechseln zu wollen.

Welche Konsequenzen hat die fristlose Kündigung?

Ist die fristlose Kündigung wirksam, endet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Ab diesem Zeitpunkt gibt es keine weiteren Lohn- oder Gehaltszahlungen. Hat der Arbeitnehmer noch Urlaubstage zur Verfügung, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Urlaub auszuzahlen. Darüber hinaus kann die Agentur für Arbeit den Arbeitnehmer für eine gewisse Zeit sperren, sodass er kein Arbeitslosengeld erhält (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Grund dafür ist, dass der Arbeitnehmer die Gründe für die Kündigung geliefert hat.

Fazit


Eine fristlose Kündigung sollte in jedem Fall wohldurchdacht sein. Denn die drohenden Konsequenzen sind massiv, beispielsweise die erheblichen finanziellen Einbußen durch eine Sperrzeit. Obendrein muss der Grund, der die fristlose Kündigung rechtfertigen soll, ausreichend Substanz haben. Zudem ist die formale richtige Kündigungsaussprache zu beachten. Wenn das nicht der Fall ist, kommt es sehr häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Bei einem Kündigungsschutzverfahren haben Arbeitnehmer erfahrungsgemäß gute Chancen, zu gewinnen. Grund dafür ist, dass die meisten Arbeitgeber nicht alle Voraussetzungen, die für eine fristlose Kündigung zu erfüllen sind, auch wirklich korrekt beachten. Unternehmen sind hier gut beraten, sich einen Anwalt zu nehmen, bevor sie eine fristlose Kündigung aussprechen.

Bildnachweis: ©Depositphotos.com

Über den Autor

Porträtfoto vonPorträtfoto vonPorträtfoto von Carolin Fischer, Content-Managerin und Redakteurin für onpulson.de, einem Fachportal für Unternehmer und Führungskräfte aus dem Mittelstand

Carolin Fischer Carolin Fischer ist Content-Managerin und Redakteurin bei onpulson.de. Sie ist spezialisiert auf die Themen "Personal", "Mittelstand" und "Karriere". Zuvor hat sie mehrere Jahre für die Süddeutsche Zeitung in München gearbeitet und ist heute noch u.a. im PR-Bereich tätig.
Zum Autorenprofil

Kommentare

Kommentar schreiben:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Erhalten Sie jeden Monat die neusten Business-Trends in ihr Postfach!
X