Wie man innovative Mitarbeiter und Übermorgengestalter motiviert
Mitarbeitermotivation

Wie man innovative Mitarbeiter und Übermorgengestalter motiviert

Porträtfoto von Anne M. Schüller, Coach und Autorin
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Um-die-Ecke-Denker, Über-den-Tellerrand-Schauer, Zukunftsversteher und Übermorgengestalter werden dringend benötigt, damit Wandel gelingt und Fortschritt entsteht. Doch wie lässt sich dieser Typ Mensch motivieren?

Jeder Mensch ist ein Unikat. „Den“ Neudenker, Pionier und Übermorgengestalter gibt es nicht. Allerdings haben Menschen, die gern Bewährtes in Frage stellen und Neues erdenken, es nicht immer ganz leicht. Weil sie stichhaltige Fragen stellen, Untätigkeit attackieren und Überholtes ins Wanken bringen, ist ihr Agieren riskant.

Geradezu paradox: Genau die, die ein Unternehmen zum Überleben so dringend bräuchte, werden oft nicht als rettende Innovatoren gefeiert, sondern als „Unruhestifter“ markiert.

Fast immer erfährt das ganz und gar Neue den erbitterten Widerstand der Nutznießer des Alten. Unbekanntes löst zudem Irritationen aus und bringt unser Sicherheitssystem aus der Balance. Wie das? Vorsorglich stuft unser Oberstübchen „Wildfremdes“ insbesondere dann, wenn wir es noch nicht so recht verstehen, als gefährlich ein. Doch je öfter wir Neuartiges hören, sehen und erleben, ohne dabei zu Schaden zu kommen, desto mehr Vertrautheit entsteht. Insofern erfordert Pionierarbeit nicht nur Mut und ein dickes Fell, sondern auch viel Überzeugungsarbeit und einen langen Atem.

Die Grundmotive sind bei allen Menschen nahezu gleich

Das Grundmotiv allen Lebens ist es, genetisches Material in die Zukunft zu tragen und dafür zu sorgen, dass es dem Nachwuchs dort gut ergeht. Je nach Persönlichkeitstyp kommen in unterschiedlicher Ausprägung schnell weitere Motive hinzu, wie etwa diese:

  • Freude und Glück erleben,
  • Sinnhaftes und Zweckvolles tun,
  • sich selbst und andere weiterentwickeln.

Da wir als „Herdentiere“ eingebunden sind in eine Gemeinschaft, ist menschliches Verhalten in hohem Maße kontextinduziert. Folgende Aspekte spielen dabei eine Rolle:

  • Verbundenheit/Autonomie,
  • Belohnung/Bestrafung,
  • Neugierde/Verharren.

Oft reicht das Quantum, das als intrinsische Motivation in uns eingebaut ist, doch vielfach tut auch externe Aufmunterung gut. Das nennen wir extrinsische Motivation.

Extrinsische Motivation: Ermunterung tut uns allen gut

Vom Sport wissen wir doch, welche Leistungswunder gelingen können, wenn man bestärkt und ermutigt wird. Andererseits wird man Übermotivierte mitunter auch bremsen müssen, damit kein Unheil geschieht. Den größten Fehler, den wir hierbei machen können, ist der, von uns selbst auszugehen, unsere Sicht auf die Dinge für selbstverständlich zu halten und auf andere zu übertragen.

Eine berührende kleine Geschichte

Eine Vierjährige bringt ihrem Vater, einem Geschäftsmann, eine schön in Goldpapier eingewickelte Geschenkbox und sagt: „Das ist für dich, Papi.“ Der Vater öffnet die Schachtel und wird ungehalten, als er sieht, dass diese völlig leer ist. So sagt er zu ihr: „Weißt du nicht, junge Dame, dass, wenn man jemandem ein Geschenk macht, auch etwas in der Verpackung sein sollte?“ Das kleine Mädchen betrachtet ihn mit Tränen in den Augen und sagt: „Papi, sie ist nicht leer, ich hab so viele Bussis hineingegeben, bis sie ganz voll war.“

So hat alles, auch das Motivieren, viele Gesichter: Es kann Ansporn, Zustimmung, Verständnis, Trost und Zuspruch sein. Es kann sich in Beifall und Bewunderung äußern. Auch kann es sich als gut oder schlecht gemachtes Lob verkleiden. Es kann emotionale und monetäre Belohnungsanteile enthalten, bestätigen, steuern, befruchten, ködern, verführen, manipulieren. Halt! Motivieren manipuliert?

Manipulation: An und für sich weder gut noch böse

Manipulation per se ist weder gut noch böse, weil das Wort nichts anderes als Handhabung meint. Es kommt vielmehr darauf an, welches Ansinnen man damit verfolgt. Man kann jemandem aufrichtig Bewunderung zollen für einen klugen Gedanken oder eine mutige Tat. Man kann damit aber auch eigensüchtige Hintergedanken verfolgen. Jedes Wort, das wir sagen, soll letztlich etwas bewirken. Jede Kommunikation, sei sie verbal oder körpersprachlich geäußert, und sogar jede Nichtkommunikation manipuliert. In diesem Sinne ist selbst ein hochverdientes, aber nicht ausgesprochenes Lob pure Manipulation.

Wir brauchen die Resonanz anderer Menschen, um ein Gefühl für die eigene Identität zu bekommen. Deshalb fordern wir mit unserem Verhalten unser Umfeld immer zu Reaktionen auf. Positive beziehungsweise negative Verstärkungen sorgen dann dafür, dass das gezeigte Verhalten fortgesetzt oder eingestellt wird. Unabhängig davon, wie hoch die eigenen intrinsischen Anteile sind: Ein Mitarbeitender erbringt seine Leistungen fast nie nur für sich selbst, sondern immer auch für die Menschen in seinem Umfeld. Wer also gute Ideen nicht würdigt, wird nie mehr solche bekommen.

Wie man Lob und Anerkennung richtig dosiert

Wir wollen gesehen werden und für das, was wir im Rahmen unserer Möglichkeiten tun, am Ende auch Anerkennung erhalten. Geschieht das nicht, fehlt uns Orientierung und wir beginnen, herumzueiern, probieren mal dieses, mal jenes, um doch noch eine Reaktion zu ergattern. Oder wir ziehen uns zurück. Anstrengungen müssen lohnenswert sein, sonst schaltet unser Gehirn den Energiesparmodus an. Bei zu viel Lob jedoch tritt ein Gewöhnungseffekt ein, und das zerebrale Belohnungssystem springt nicht mehr an.

So untersuchte die US-amerikanische Wissenschaftlerin Carol Dweck verschiedene Arten des Lobens und kam zu folgendem Schluss: Wer für seine Intelligenz gelobt wurde, mied in der Folge anspruchsvolle Aufgaben eher, um nicht hinter den Erwartungen zurückzubleiben. Wer hingegen für seine Anstrengungen gelobt worden war, verstärkte bei Folgearbeiten seinen Einsatz. Die Teilnehmer der zweiten Gruppe meisterten schließlich die Aufgaben um 30 Prozent besser als die der ersten Gruppe.

Neudenker: An Fortschritt und Verbesserung interessiert

Dieses und viele andere Experimente zeigen, wie die Performance steigt, wenn emotionalisierende positive Aspekte wie Hoffnung, Freude, Sinn, Selbstwirksamkeit, Verbundenheit, Wertschätzung und soziale Anerkennung ins Spiel gebracht werden. Vor allem Neudenkern und Übermorgengestaltern sind solche Aspekte überaus wichtig. Sie sind nicht primär an Geld und Macht interessiert, sondern an Fortschritt und Verbesserung, weil ihnen ihr Unternehmen und dessen Vorankommen am Herzen liegt.

Wird ein Individuum hingegen für schöpferische Leistungen oft kritisiert oder werden seine Einfälle stets abgewiesen, entsteht ein Phänomen, das als „Kreativitätskränkung“ bekannt ist: Die Neugier erlischt und schon bald zieht sich selbst der kreativste Freigeist zurück. Von sensiblen Mitarbeiter:innen bekommt man, wenn sie nur ein einziges Mal heftig angegriffen und heruntergemacht wurden, nie mehr Ideen. Sie sind wie Blumen, die schnell verwelken, sobald man sie knickt.

Bildnachweis: ©Depositphotos.com

Über den Autor

Porträtfoto von Anne M. Schüller, Coach und Autorin

Anne M. Schüller Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk XING zum XING-Spitzenwriter 2018 gekürt und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Customer Touchpoint Manager aus.  www.anneschueller.com
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