Standortverlagerung: Was gibt es bei einem Firmenumzug zu beachten?
Manche Unternehmen werden gegründet und können danach für Jahrzehnte und länger, oft sogar über gleich mehrere Führungs- und Personalgenerationen hinweg, an einem Standort verbleiben. Beispiele hierfür gibt es global zur Genüge. Allerdings ist dies eher eine Ausnahme. Wie aber geht die Geschäftsleitung strategisch einen Firmenumzug an - anbei einige hilfreiche Tipps.
Inhaltsverzeichnis
- Über die Evaluierung tragfähiger Gründe für Standortverlagerungen
- Der neue Standort: Was er beinhalten muss
- Standortwechsel unter dem Aspekt von Personal und Recht
- Standortwechsel in der Praxis: Ein Überblick
- Herausforderungen und Möglichkeiten in Sachen Arbeits- und Firmenkultur
- Ankommen: Vom Suchen und Finden einer neuen Betriebsroutine
- Fazit: Professionelles Vorgehen ist entscheidend
Häufiger geraten Firmen irgendwann an einen Punkt, an dem der bisherige Standort aus verschiedenen Gründen nicht mehr „passt“. Dann ist eine Verlagerung innerhalb der Grenzen des Heimatlandes die oft folgerichtige Lösung. Dies ist jedoch eine der komplexesten Formen des Umzugs überhaupt. Lesen Sie im Folgenden alles, was Sie über dieses umfangreiche Thema wissen müssen.
Über die Evaluierung tragfähiger Gründe für Standortverlagerungen
Wahrscheinlich kennen Sie das Sprichwort „Never change a running system“. Sinngemäß übersetzt: „Verändere nie ein (gut) funktionierendes System“. Ein Firmenumzug kann sowohl eine buchstabengetreue Erfüllung dieser Worte bedeuten als auch das komplette Gegenteil. Es kommt hierbei vollends darauf an, aus welchen Gründen dieses System angetastet wird:
Gute Gründe für eine Verlagerung
- Um die Wirtschaftsfreundlichkeit ist es am alten Standort dramatisch schlechter und/oder am neuen Standort besser bestellt. Denken Sie beispielsweise an die Grund- oder Gewerbesteuer.
- Die Wachstumsmöglichkeiten am alten Standort sind erschöpft. Es können beispielsweise in unmittelbarer Umgebung keine weiteren Flächen und Räume mehr hinzugefügt werden oder der örtliche Personal-Pool ist zu klein.
- Die lokale Infrastruktur erweist sich den wachsenden Ansprüchen als nicht mehr gewachsen, etwa das Straßennetz.
- Der bisherige Standort ist nach dem Outsourcing von Prozessen oder Firmenbereichen deutlich zu groß und kostspielig geworden und lässt sich nicht sinnvoll durch Veräußerung überzähliger Flächen/Räume verkleinern.
- Das Umfeld des alten Standortes befindet sich insgesamt auf einem absteigenden Ast, weshalb beispielsweise die Personalbeschaffung oder das Firmenimage gehemmt werden – je nach Art des Betriebs alternativ das Volumen an Laufkundschaft.
- Ein unverzichtbar wichtiger Partnerbetrieb hat seinen Standort verlagert, weshalb es nötig ist oder unternehmerisch sinnvoll wäre, sich in seiner Nähe anzusiedeln.
- Das Unternehmen soll für eine bessere Nutzung bzw. optimierte Prozesse wahlweise auf mehrere Standorte aufgesplittet oder aus einer solchen Aufteilung heraus zusammengelegt werden.
- Monetäre Gründe machen einen Wechsel attraktiv oder gar notwendig. Etwa das Auslaufen von Miet- bzw. Pachtverträgen ohne Verlängerungsmöglichkeit oder eine gewünschte Kapitalfreisetzung durch Veräußerung der Immobilie und Wechsel in ein Mietverhältnis.
Natürlich können durchaus mehrere dieser Punkte für ein einzelnes Unternehmen zusammenfallen. In der Praxis ist dies bei den fast 90.000 Betrieben, die in jüngster Vergangenheit jährlich innerhalb von Deutschlands Grenzen umsiedelten, sogar der häufig vorkommende Regelfall. Jedoch: Andere Gründe, die ein solches Wagnis rechtfertigen, sind jenseits von Einzelfällen praktisch nicht existent.
Herausforderungen bei einem Firmenumzug
- Der Umzug an sich ist ein äußerst herausfordernder, da umfangreicher und teurer Prozess.
- Das Finden eines neuen Standortes kann äußerst aufwendig sein – und es gibt keine Garantie, dort langfristig bessere Bedingungen zu erhalten
- Je nach Distanz ergeben sich zahlreiche Schwierigkeiten bei der Mitnahme des Personals. Dies betrifft womöglich sogar Schlüsselpersonen – seit einigen Jahren schon nimmt etwa die Mobilität von Führungskräften merklich ab.
- Verschiedenste etablierte betriebliche Prozesse werden gestört und können häufig nicht 1:1 übertragen werden.
- Jeder Umzug bedeutet eine mindestens mehrwöchige Phase reduzierter Umsätze, teils sogar kompletter Stillstände.
Je stärker und länger eine Firma in einer Region verwurzelt ist, desto sorgsamer sollte man deshalb einen solchen Umzug abwägen. Dies gilt nicht zuletzt in Fällen, in denen die Firma vor Ort eine wichtige soziale Funktion einnimmt, beispielsweise als einziger großer Arbeitgeber, Betreiber von Betriebskindergärten und Ähnlichem. In einem solchen Fall kann der Weggang herbe Ressentiments bedeuten, die bei größeren Betrieben tatsächlich das Image beeinflussen können.
Neuer Standort nicht immer beste Lösung
Davon, dass ein neuer Standort nicht automatisch die beste Lösung sein muss, zeugt das Beispiel des ehemaligen Küchenherstellers Alno AG (nach Insolvenz heute Neue Alno GmbH). Das Unternehmen residierte zwischen 1958 und 2010 in der baden-württembergischen Kleinstadt Pfullendorf, war dort ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsmotor. Dann erfolgte eine Standortverlagerung nach Düsseldorf – die jedoch bereits ein Jahr später nach der Wahl eines neuen Vorstandschefs wieder rückgängig gemacht wurde. Was dies für einen „Doppelaufwand“ bedeutete, können Sie sich vielleicht vorstellen.
Derartiges sollte nicht abschrecken. Wohl aber sollte es anregen, eine Standortverlagerung eher als „finale Option“ anzusehen. Dann, wenn man sämtliche andere Möglichkeiten vor Ort bereits ausgeschöpft hat.
Der neue Standort: Was er beinhalten muss
Was muss ein neuer Standort können? Prinzipiell lässt sich diese Frage mit einem Satz beantworten: Er muss alles besser machen, was überhaupt den Ausschlag gab, den alten Firmensitz zu verlassen.
Doch so simpel dies klingen mag, dahinter verbirgt sich tatsächlich deutlich mehr:
- Es muss unbedingt vor Ort genügend garantiertes Wachstumspotenzial (in jeglicher Hinsicht) geben, um längerfristig dort verweilen zu können. Der neue Standort darf nicht nur die Herausforderungen des Ist-Zustandes am alten Ort lösen.
- Die Kommune sollte nicht nur generell bevölkerungstechnisch und politisch wirtschaftsoffen sein, sondern überdies der konkreten Branche gegenüber. Dies bezieht sich ferner auf das Thema Steuern und Förderungen.
- Die Region befindet sich für absehbare Zeit auf einem gleichbleibend guten, besser jedoch leicht aufsteigenden Standing. Keinesfalls hat sie mit diversen Problemen zu kämpfen, deretwegen sie durch günstige Konditionen künstlich Unternehmen anlocken möchte. Ihre Firma ist kein Testballon für die Projekte von Lokalpolitikern.
- Die Infrastruktur genügt den jetzigen und wachsenden Ansprüchen der Firma vollends. Das gilt unter anderem für die Verkehrsanbindung, ebenso jedoch beispielsweise für die Digitalisierung.
- Die allgemeine Lage ist nicht untragbar weit von Ihren wichtigsten Kunden und Partnerunternehmen entfernt.
- Die Region bietet genügend Potenzial, um Fachkräfte selbst heran- sowie von außen anzuziehen. Das gilt beispielsweise für Schulen und Universitäten, ebenso aber für Immobilien, das Mietniveau und Ähnliches.
- Falls Sie nicht selbst bauen möchten: Die vorhandenen Gebäude entsprechen in Auslegung und Technik Ihren besonderen unternehmerischen sowie allgemein modernen Ansprüchen oder können wenigstens mit wenig Aufwand diesbezüglich abgeändert werden.
Zugegeben, unter dem durch die Pandemie stark gestiegenen Aspekt des Home-Office ist es etwas einfacher geworden, gute Standorte zu finden, weil ein Teil der Mitarbeiter seinen Dienst in weiter Entfernung verrichten kann. Dennoch sollte die Standortfindung niemals leichtfallen. Immer sollten wenigstens zwei Örtlichkeiten sorgsam anhand der wichtigsten Kriterien miteinander verglichen werden.
Standortwechsel unter dem Aspekt von Personal und Recht
Das Fachpersonal ist ein äußerst wichtiges Kapital jedes Unternehmens. Gerade langjährig mit den Besonderheiten von Beruf und Betrieb vertraute Mitarbeiter sind diesbezüglich kostbar und besonders wichtig, um am neuen Standort rasch wieder reibungslos funktionierende Betriebsabläufe zu etablieren.
Dies kollidiert jedoch mit einer Tatsache: Viele Menschen möchten selbst in einem Unternehmen, für das sie gerne arbeiten, nicht nur aufgrund eines Betriebsumzugs ihr gesamtes Lebensumfeld wechseln oder künftig weite Strecken pendeln. Selbst als CEO dürfen Sie ihnen das nicht verübeln.
Denken Sie beispielsweise an jemanden, der eine Familie hat, ein Haus besitzt, vielleicht schon seit Jahrzehnten in der Region verwurzelt ist. Eine solche Person mitsamt ihrer Familie würde dementsprechend durch externen Druck zum Umziehen regelrecht gezwungen.
Diesbezüglich sollten Sie sich unbedingt auf eine Situation vorbereiten, in der der Standortwechsel unter den Mitarbeitern (und vielen Führungskräften) nicht eben auf Gegenliebe stoßen wird. Es liegt deshalb an Ihrem Handeln, diese Negativität abzumildern und umzukehren.
Dahingehend sollten Sie beim Thema Personal folgendermaßen agieren:
- So früh wie möglich, erschöpfend und transparent informieren. Jedes Gerücht über den „Flurfunk“ hat das Potenzial, mehr Mitarbeiter gegen einen Umzug aufzubringen.
- Bei der Standortwahl unbedingt auch auf attraktive Rahmenbedingungen privater Natur achten, die einen Umzug oder sehr aufwendiges Pendeln attraktiver machen.
- Nicht scheuen, besonders wertvolles Schlüsselpersonal durch zusätzliche Boni für den Umzug zu begeistern.
Überdies handelt es sich hierbei aus rechtlicher Sicht um eine Betriebsveränderung nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz. Entsprechend ist in Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten frühzeitig der Betriebsrat zu informieren und beratend hinzuzuziehen. Die Arbeitnehmervertretung kann diesbezüglich beispielsweise Interessenausgleiche und Sozialpläne verlangen.
Letzten Endes müssen Sie sich jedoch auf eine Situation vorbereiten, in der höchstwahrscheinlich ein gewisser Prozentsatz der Fachkräfte trotz allem ausscheiden wird – darauf deuten verschiedenste Studien hin, die allesamt zu ähnlichen Ergebnissen kommen: Nur ein Bruchteil der Beschäftigten wird einen Umzug mitmachen, bei dem nicht nur ihr Arbeitgeber, sondern sie selbst den Standort verlassen. Entsprechend muss es gelingen, frühzeitig Ersatz zu beschaffen – der idealerweise noch am alten Standort in die grundlegenden Abläufe eingeführt werden kann.
Standortwechsel in der Praxis: Ein Überblick
Im Prinzip handelt es sich bei einer Standortverlagerung um einen Umzug wie jeder andere – bloß unter unternehmerischen Voraussetzungen und in vielen Firmen deutlich umfangreicher als jeder Privatumzug. Daher gibt es eine feste Abfolge von Schritten, die eingehalten werden sollte; teils schon bevor ein konkreter Standort gefunden und vorbereitet wurde.
Schritte für den Betriebsumzug:
- Intern informieren und Aufgaben verteilen.
- Groben Rahmenplan erstellen und Fachbetriebe engagieren – gegebenenfalls sogar für die Planung selbst.
- Externe über Umzug, neuen Standort und Zeiträume informieren.
- Alte Verträge kündigen und neue abschließen.
- Maschinen und Arbeitsmittel auf den Umzug vorbereiten. Dabei Überzähliges/Veraltetes veräußern oder entsorgen.
- Gegebenenfalls Nachnutzung für den alten Standort regeln.
- Neuen Standort grundsätzlich für Inbetriebnahme vorbereiten (Computernetzwerke aufbauen, Räume fertigstellen und dergleichen).
- Betriebsinventar von wichtig nach weniger wichtig verlagern und wieder aufbauen.
In der Praxis werden sich viele dieser Schritte in ihrer Abfolge miteinander überschneiden. Wichtig ist vor allem, der Planung und Vorbereitung maximale Aufmerksamkeit zu schenken: Je besser Ihr Unternehmen und alle Beteiligten vorher wissen, was wann wie wo ablaufen wird, desto weniger unangenehme Überraschungen und Hemmnisse wird es geben.
Sofern es machbar ist, sollten all diese Prozesse zudem in Phasen erfolgen, in denen die normale Betriebsauslastung sowieso eher gering ist. Zwar ist dies nicht immer eine Option, sorgt jedoch für merklich geringere Umsatzausfälle – die sich jedoch fast nie gänzlich vermeiden lassen.
Herausforderungen und Möglichkeiten in Sachen Arbeits- und Firmenkultur
Bereits im vorherigen Abschnitt bekamen Sie im Schritt 5 einen kleinen Einblick über einen wesentlichen Vorteil einer Standortverlagerung: Es ist möglich, sich von veralteten, überzähligen und/oder provisorischen Dingen zu trennen, wie sie sich über die Jahre in allen Unternehmen anzusammeln beziehungsweise einzustellen pflegen. Wohl kein „Großreinemachen“ kann so umfassend wirken wie eine Standortverlagerung.
Allerdings sind dies nicht die einzigen Möglichkeiten, die sich hinsichtlich der Arbeits- und Firmenkultur bieten. Letztlich ist der Umzug sowieso, wie erwähnt, eine tiefgreifende Betriebsänderung. Daher bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, es künftig besser zu machen.
Weitere mögliche Maßnahmen bei einem Betriebsumzug:
- Das Umstrukturieren von Abteilungen (nicht zuletzt in räumlicher Sicht), um eine effizientere Zusammenarbeit mit kürzeren Wegen zu ermöglichen.
- Das Maßschneidern der Arbeitsflächen auf die tatsächlichen Realitäten moderner Arbeit – voller Dienstreisen, Home-Office-Arbeitern, Urlauben und anderen Abwesenheitsgründen.
- Das sinnvolle Justieren von Hierarchien sowie eine Anpassung des Umgangs und der Tonalität im betrieblichen Miteinander.
- Das Anpassen von Arbeitsorten, Maschinen- usw. basierend auf Verbesserungsvorschlägen sowie langjährigen Erfahrungen am alten Standort – hierzu sollten übrigens frühzeitig alle Mitarbeiter befragt werden. Sie geben meist deutlich bessere Einblicke als externe Strategen.
- Das Einführen neuer Arbeitszeit- und Schichtmodelle, die sowohl effizienter sind als auch näher an den Lebensrealitäten der Mitarbeiter – derartiges kann übrigens dabei helfen, umzugsunwillige Fachkräfte zu überzeugen.
- Das Umsetzen von betrieblichen Sozialangeboten, etwa Kinderbetreuung, Fitness- und Gesundheitsangebote oder verschiedene Formen der Mobilität.
Derartige Positionen sollten ebenfalls sehr frühzeitig im Prozess der Standortverlagerung eruiert und durchgespielt werden. Generell empfiehlt es sich sehr, sich am Beispiel anderer Unternehmen zu orientieren.
Beispiel: Philips
Elektronikkonzern Philips gilt als gutes Vorbild aus der jüngeren Vergangenheit. Das Unternehmen verlagerte 2015 seine europäische Zentrale aus dem Stadtzentrum Hamburgs in Richtung Flughafen nach Fuhlsbüttel. Die Umzugsdistanz betrug Luftlinie zwar keine zehn Kilometer, dennoch nutzte das Unternehmen die Gelegenheit, um zahlreiche Prozesse in seiner Arbeits- und Firmenkultur zu modernisieren – und wurde dafür von verschiedenen Seiten gefeiert.
Allerdings sollten Sie dieses kulturelle Thema nicht nur positiv sehen. Die Standortverlagerung bedeutet diesbezüglich ebenso Herausforderungen. Die Realitäten am alten Standort mögen zwar in Teilen überkommen sein oder als nicht mehr zeitgemäß empfunden werden. Oftmals jedoch haben sie sich in der Praxis bewährt und sind allen Mitarbeitern regelrecht in Fleisch und Blut übergegangen. Sie sollten deshalb keine Änderungen nur um des Änderns Willen anstreben oder weil bestimmte Positionen gerade im Trend liegen – beispielsweise irgendwelche gemütlichen Ruheräume für das Personal.
Erneut ist es wichtig, für Ihr Unternehmen, Ihr Personal zu eruieren, an welchen Stellen die althergebrachten Methoden ein tatsächliches Hemmnis sind, das vielleicht nur noch aufgrund der jahrelangen Gewöhnung aufrechterhalten wird. Nur dort sollten Sie Änderungen ansetzen. Bedenken Sie dabei immer, wie sehr der Mensch ein Gewohnheitstier ist, der nur dann gerne Änderungen positiv mitträgt, wenn sie für ihn eine echte Verbesserung bedeuten.
Ferner haben derartige Änderungen das Potenzial, weiteres Personal abzuschrecken, das eigentlich umzugswillig ist – dies sollten Sie keineswegs vergessen. Wer beispielsweise bislang seit Jahren in einem herkömmlichen Dreischichtmodell im wöchentlichen Turnus arbeitete und nach der Standortverlagerung in einem Vollkonti-System mit mehreren Schichtwechseln pro Woche bestehen soll, könnte äußerst unwillig sein.
Ankommen: Vom Suchen und Finden einer neuen Betriebsroutine
Es ist vollbracht. Alle Teile des Unternehmens haben den Umzug bewältigt; am alten Standort erinnert nicht einmal mehr das Firmenschild an die Nutzung. Wer mitziehen wollte, hat eine neue Unterbringung gefunden, neu angestellte Mitarbeiter haben ihren ersten Arbeitstag gut überstanden.
Für viele Führungskräfte könnte es so aussehen, als sei damit die „Mission Standortverlagerung“ erfolgreich beendet. Allerdings täuscht dies oft erheblich. Denn wer genauer hinsieht, wird rasch feststellen, wie sehr eigentlich noch vieles unfertig wirkt. Vielleicht muss die IT-Abteilung ständig Überstunden leisten, weil die Netzwerkumgebung immer wieder Probleme verursacht. Mitunter klingelt bei Ihnen täglich das Telefon mehrfach falsch, weil die internen Telefonnummern geändert wurden.
Tatsache ist, viele dieser großen und kleinen Fehler lassen sich tatsächlich nur mit der Zeit lösen. Dazu zählt vor allem alles, was irgendwie mit der menschlichen Natur zu tun hat: Altes zu ver- und stattdessen neues zu erlernen, benötigt bei vielen Personen gewisse Zeiträume. Besonders dann, wenn diese sich über viele Jahre am alten Standort an die dortigen Gepflogenheiten gewöhnt haben.
Große Nachsicht ist deshalb unbedingt angebracht – wer gerade versucht, sich in einem völlig neuen Arbeits- und Lebensumfeld zu etablieren, dem wird hierarchischer Druck kaum weiterhelfen. Das gilt selbst in Fällen, in denen die Standortverlagerung lediglich wenige Kilometer überbrückte, wodurch sich für viele Mitarbeiter nur die Fahrstrecke des Pendelns veränderte.
Allerdings sollten Sie dabei trotzdem niemals das Thema Wirtschaftlichkeit aus den Augen verlieren: Das Unternehmen muss schnellstmöglich wieder zu einer insgesamt wirtschaftlich und harmonisch funktionierenden Maschinerie werden. Ohne einen gewissen Druck und ein gezieltes Vorgehen besteht eine Gefahr für die Etablierung eines „halbfertigen“ Zustandes oder unerwünschter Muster.
Mit diesem wichtigen Ziel vor Augen empfehlen sich folgende Dinge:
- Es sollte unbedingt ausreichende, aber dennoch limitierte Zeiträume geben, um die Prozesse einzustellen – beispielsweise das Feinjustieren einer Produktionskette im Betrieb. Hierzu sollte es feste Vorgaben für Zwischenziele geben.
- Alle Mitarbeiter müssen im Detail und ständig aktualisiert über sämtliche Neuerungen informiert werden. Hierzu sollten Sie auf maximale Effektivität achten. Im Zweifelsfall ist deshalb ein Handout mit Listen und Grafiken deutlich besser als irgendwelche Rundmails oder Präsentationen.
- Es muss in allen Abteilungen Ansprechpartner mit den nötigen Befugnissen geben, an die sich Mitarbeiter wenden können (und sollen), wenn Techniken oder Prozesse nach dem Umzug nicht so funktionieren, wie sie es sollen. Verwirrung und Kompetenzwirrwarr sind nach einer Standortverlagerungen oft die größten Hindernisse vor einer Rückkehr in eine harmonische Betriebsroutine.
- Abteilungsleiter und andere Führungskräfte sollten regelmäßig und kurzfristig zum Austausch zusammenkommen, um den Erfolg der Umsetzung sowie Hürden zu besprechen und entsprechende Maßnahmen zu beschließen.
- Es wird unbedingt eine pragmatische Herangehensweise bei der Beseitigung von Hindernissen empfohlen. Manches sieht in der Theorie und den Plänen tatsächlich besser aus als in der Praxis. In solchen Fällen sollten Sie nicht versuchen, dieses schwierig erreichbare Ideal zu forcieren, sondern das, was im alltäglichen Betrieb tatsächlich funktioniert.
Es wird definitiv mindestens einigen Wochen brauchen, bis der Zustand des Neuen, des Ungewohnten sich allmählich gelegt hat und von einer neuen betrieblichen Routine abgelöst wurde. Wird diese Zeit jedoch mit Augenmaß begangen, das heißt mit einer guten Mischung aus Anleitung und Nachsicht, dürfen Sie sich sicher sein, in Bälde sogar nach einer kompletten Verlagerung wieder ein harmonisch funktionierendes Unternehmen zu haben – selbst, wenn es natürlich noch für lange Zeit einzelne Mitarbeiter geben wird, die etwas nostalgisch auf die „alte Zeit“ verweisen werden.
Fazit: Professionelles Vorgehen ist entscheidend
Kein Unternehmer macht es sich leicht, den alten Standort zu verlassen, egal wie viele Vorteile am neuen Standort winken. Dabei sollte jedoch sehr Vieles bedacht sein, Vor- und Nachteile sollten abgewogen werden und die Geschäftsleitung sollte möglichst frühzeitig mit den Angestellten über die Pläne sprechen. Machbar ist eine Standortverlagerung ohne herbe Zerwürfnisse definitiv. Das bedingt jedoch ein nicht minder hochprofessionelles Vorgehen, um den Normalbetrieb zu sichern.
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