Kritikfähige Arbeitgeber sind bei Bewerbern gefragter
Arbeitgeber, die sich Kritik stellen, liegen in der Gunst von Bewerber vorne. Gemäß einer repräsentativen Studie finden 76,8% der Nutzer von Bewertungsportalen es gut, wenn Arbeitgeber auf Mitarbeiter- oder Bewerberbewertungen antworten.
Das ist ein Ergebnis einer aktuellen wissenschaftlichen Studie eines interuniversitären Forschungsteams zum Thema Arbeitgeberbewertungen, für die 1.647 Bewerber befragt wurden, von denen sich fast drei Viertel (73,8%) als Nutzer von Bewertungsportalen erwiesen.
Gemäß der repräsentativen Studie unter der wissenschaftlichen Leitung von Katharina Pernkopf (Universität Innsbruck), Markus Latzke (IMC FH Krems) und Wolfgang Mayrhofer (WU Wien) befürworten es 76,8% dieser Nutzer, wenn Arbeitgeber auf Mitarbeiter- oder Bewerberbewertungen antworten. 37,1% finden es sogar sehr gut, wenn Arbeitgeber auf Mitarbeiter- oder Bewerberbewertungen antworten. Entsprechend geben mehr als die Hälfte der Nutzer an, derartige Antworten immer oder oft zu lesen, wenn sie auf kununu & Co. unterwegs sind. Ein weiteres Drittel von ihnen tut dies immerhin noch gelegentlich.
Gegendarstellung der Arbeitgeber ist bewerbungsrelevant
„Kritikfähigkeit ist für Arbeitgeber ein Markenwert, auf den sie im Sinne einer zukunftsweisenden Employer Brand nicht verzichten sollten. Gefragte Kandidaten schauen sich genau an, wie Unternehmen mit negativen Bewertungen umgehen und wie sie inhaltlich sowie in welcher Form zu Vorwürfen Stellung beziehen“, erklärt Katharina Pernkopf von der Universität Innsbruck.
Diese Interpretation wird durch weitere Studienergebnisse gestützt. Denn 59,9% der Nutzer von Arbeitgeberbewertungsportalen interessieren sich nicht nur für die Gegendarstellungen von Unternehmen als Antwort auf Bewertungen, sondern schätzen diese sogar als bewerbungsrelevant ein. Weitere 33,7% interessieren sich ebenfalls dafür, machen aber ihre Entscheidung für oder gegen eine Bewerbung nicht davon abhängig.
Bewerber erwarten auch inhaltliche Auseinandersetzung mit Kritik
Dazu passt: 80,9% der Kandidaten, die hier unterwegs sind, finden, dass Unternehmen das negative Feedback ernst nehmen, die Kritik prüfen und gegebenenfalls Verbesserungsmaßnahmen in die Wege leiten sollten.
Bewerbungsrelevant oder nicht: In jedem Fall erwarten Bewerber, dass sich Arbeitgeber mit der Kritik auf Seiten wie kununu oder Glassdoor auseinandersetzen. Denn auf derartigen Bewertungsportalen geht es letztlich auch um Feedbackverarbeitung.
Insgesamt, so die wissenschaftliche Analyse, haben sich Arbeitgeberbewertungsportale längst zu festen Größen in der Jobsuche entwickelt. So nutzt bereits mehr als die Hälfte aller Kandidaten (52,9%) kununu & Co. immer oder häufig, um sich über Arbeitgeber zu informieren. 29,8% tun dies immerhin noch gelegentlich.
Nur die Karrierewebsite des Arbeitgebers wird noch öfter (38,3% immer und 36,0% häufig) herangezogen. Dabei stehen die Befragten auch solchen Bewertungen offen gegenüber, die von den Arbeitgebern selbst gefördert werden. 70% sind einverstanden, wenn Unternehmen dies tun – einzige Bedingung: Die Mitarbeiter sollen dies regelmäßig und neutral tun, um ein authentisches Stimmungsbild zu fördern.
Des Anwalts Liebling?
Weniger hoch im Kurs steht es stattdessen, wenn Unternehmen auf anwaltliche Hilfe zurückgreifen, um kritische Bemerkungen verschwinden zu lassen. Das billigen Bewerber nur dann, wenn die entsprechende Kritik gegen die Regeln des jeweiligen Bewertungsportals verstößt. Dann befürworten immerhin 23,2% von ihnen diese Vorgehensweise voll und ganz. Eine ungefilterte anwaltliche Vorgehensweise beschädigt aber aus Sicht von mehr als zwei Drittel der Teilnehmenden (66,5%) das Image des jeweiligen Arbeitgebers und schadet zusätzlich der Arbeitsatmosphäre. Letzteres schätzen 68,8% so ein.
Drei Viertel (75,9%) stellen dagegen klar, dass sie es besser finden, wenn Unternehmen anstelle einer Klage auf negative Bewertungen antworten. „Viele Anwaltskanzleien haben Bewertungen als lohnendes Geschäftsfeld für sich entdeckt und eine entsprechende Angebotspallette entwickelt. Arbeitgeber, die diese nutzen möchten, müssen sich aber gemäß der Ergebnisse unserer Studie im Klaren darüber sein, dass das ihrer Arbeitgeberreputation schaden kann. Sich der Kritik zu stellen, ist für die Arbeitgebermarke die bessere Strategie“, so Markus Latzke von der IMC Fachhochschule Krems.
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