„Als Selbstständiger lernt man Zusammenhänge zu verstehen“
Onpulson im Gespräch mit Sebastian Schneider, Co-Founder von ExtraSauber, einem Online-Portal zur Buchung von Reinigungen aller Art. Der Gründer erörtert die Schwierigkeiten der Reinigungskräfte, denn: Schwarzarbeit und Dumping-Preise stehen im Reinigungsgewerbe noch immer auf der Tagesordnung. Und hier setzt das Start-up an - durch seine Preisgestaltung ermöglicht das Unternehmen eine faire und legale Bezahlung.
Name: Sebastian Schneider
Titel: Dr.
Position: Gründer von ExtraSauber
Weitere Gründungen: advo-assist.de
Vita: Sebastian Schneider ist Co-Founder von ExtraSauber. Er ist neben einer Vielzahl verschiedener Aufgaben vor allem verantwortlich für Produkt und Technologie bei ExtraSauber. Sebastian ist studierter Wirtschaftsinformatiker und arbeitete mehrere Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. In dieser Zeit promovierte er an der Technischen Universität Berlin und entwickelte eine Methodik zur Datenaufbereitung für Verkehrsmodelle. Sebastian ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Lebensmotto: Leben und leben lassen
Über das Unternehmen
Was ist das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?
ExtraSauber ist ein Online-Portal zur Buchung von Reinigungen aller Art. Auf www.extrasauber.de bieten wir neben der Standard-Reinigung fürs Zuhause und für Büros fast 30 Spezialreinigungen für jeden Schmutz an – von der desinfizierenden Reinigung über Umzugsreinigung, Kita-Reinigung, Graffitientfernung und der Reinigung von Messie-Wohnungen bis hin zur Tatortreinigung. Wir verstehen uns als Digtalisierer der gesamten Reinigungsbranche. Jede auf ExtraSauber registrierte Reinigungsfirma wird von uns außerdem vorher überprüft – so sind Nutzerinnen und Nutzer immer auf der sicheren Seite.
Erst kommt die Vision, dann die Gründung. Wie sind Sie auf Ihre Geschäftsidee gestoßen?
Über die Nachrichten haben mein Mitgründer Christian Pauls und ich von einem amerikanischen Start-up erfahren, das einen Marktplatz für Putzkräfte aufbauen wollte. Die Idee fanden wir interessant, denn so ziemlich jeder in unserem Freundeskreis konnte gleich eigene Erfahrungen über seine Suche nach einer Reinigungskraft schildern. Umsetzen wollten wir die Idee jedoch anders. Das erwies sich rückblickend als ein glücklicher Schritt, weil es das amerikanische Start-up nicht mehr gibt. In Österreich wurden wir mit unserem Geschäftsmodell schnell Marktführer. Mittlerweile können Kunden über ExtraSauber im gesamten deutschsprachigen Raum Reinigungskräfte und -firmen buchen.
Neben einer guten Idee spielt auch die Team-Zusammensetzung oft eine entscheidende Rolle. Wie setzt sich das Team bei Ihnen zusammen?
Ein gutes Team ist essenziell für den Erfolg und macht vieles einfacher. Wir, die Gründer von ExtraSauber, waren schon in der Schule enge Freunde. Das gibt uns großen Zusammenhalt und erlaubt uns, ehrlich und direkt miteinander umzugehen. Diese Unternehmenskultur leben wir auch mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kundenservice, der IT und dem Marketing. Auch die bei uns registrierten Reinigungsfirmen sehen wir als Teil unseres Teams. Mit ihnen pflegen wir langfristige und vertrauensvolle Partnerschaften.
Wie differenzieren Sie sich von Ihren Wettbewerbern?
Wir haben eine Mission: Reinigungskräften die Wertschätzung zu geben, die sie verdienen. Schwarzarbeit und Dumping-Preise stehen im Reinigungsgewerbe noch immer auf der Tagesordnung. Die Preisgestaltung über unsere Plattform ermöglicht hingegen eine faire und legale Bezahlung für ihre geleistete Arbeit. Die Reinigungsfirmen erhalten über uns außerdem einen Rundum-Service, den es so wohl nirgends gibt. So steht ihnen ein digitales Fortbildungsportal, die ExtraSauber Academy, kostenlos zur Verfügung.
Die Gesundheit der Reinigungskräfte schützen wir durch einen ergonomischen Rucksack, den wir selbst entwickelt und zum Patent angemeldet haben. So können sie ihre Putzutensilien in Bus, Bahn oder auf dem Fahrrad rückenschonend zum Kunden nach Hause transportieren. Und auch für die Umwelt setzen wir uns ein: In unserem Shop erhalten Reinigungsfirmen unsere ExtraSauber-Putzkonzentrate BLUE, GREEN und RED. Sie ersetzen bis zu 25 Flaschen herkömmlichen Reiniger. Das spart Plastik und schont die Umwelt. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind wir das erste klimaneutrale Reinigungsportal.
Was war Ihre Motivation Unternehmer zu werden?
Die Motivation steckt im Firmennamen – extrafrei GmbH. Wir wollten frei sein, im Sinne von Raum und Zeit. Dies erlaubt uns, selbst zu entscheiden, wann und von wo aus wir arbeiten. Im Freundeskreis treffe ich immer wieder Paare, die notgedrungen Fernbeziehungen über viele Jahre hinweg führen, da sie in verschiedenen Städten arbeiten und sie zu spezialisiert sind, um schnell einen passenden Job in der Stadt des anderen zu finden. Das ist schade. Stattdessen sind wir flexibel und räumlich nicht gebunden.
Welche unternehmerischen Ziele haben Sie für die nächsten 3 Jahre?
ExtraSauber ist in den letzten Jahren stetig gewachsen und das möchten wir weiter vorantreiben – noch mehr Kunden und Reinigungsfirmen sollen von der starken Marke ExtraSauber profitieren. In den vergangenen Jahren stand für uns die Weiterentwicklung unserer Plattform im Fokus. 2022 wollen wir nun unsere Markenbekanntheit steigern – durch gezielte Werbe- und Marketingmaßnahmen.
Die Reinigungsbranche ist riesig und bietet viel Raum für innovative Ideen sowie maßgeschneiderte Reinigungslösungen, die den Nagel beim Kunden auf den Kopf treffen. Die Entwicklung solcher Lösungen wird deshalb auch in den kommenden drei Jahren unsere Aufgabe sein. Außerdem werden wir damit beginnen, uns mit einem der Grundpfeiler unseres Unternehmens – der fairen Entlohnung und Bekämpfung der Schwarzarbeit – in gesellschaftliche und politische Debatten einzubringen. Wir wollen, dass Reinigungskräfte ein Gesicht und eine Stimme in unserer Gesellschaft bekommen.
Was waren die größten Herausforderungen in der Gründungsphase?
Bei einer Firmengründung gibt es eine ganze Reihe von Dingen zu beachten. Da unterschätzt man schnell den Aufwand. Die größte Herausforderung war das Produkt selbst – denn einen Marktplatz aufzubauen, braucht Zeit. Darüber hinaus gibt es auch viele rechtliche Fragen zu lösen, in die man sich als Nicht-Jurist erst einarbeiten muss.
Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Ihr Unternehmen aus und wie wollen Sie diese meistern?
Wir sind weit davon entfernt, uns als „Krisengewinner“ zu bezeichnen. Die Pandemie hat uns jedoch zum Digitalisierer der Reinigungsbranche in all ihren Facetten gemacht und damit zu einem guten Beispiel dafür, wie man eine Krise als Antrieb für Innovationen nutzen kann.
Nach einem kompletten Einbruch der Buchungen im März 2020 fast auf Null haben wir unser Geschäftskonzept grundlegend erweitert: Wir haben unser Portfolio zusätzlich zur Standard-Reinigung, die bereits von anderen Online-Portalen angeboten wird, um Spezialreinigungen aller Art ergänzt. Auf ExtraSauber findet man mittlerweile für jeden Schmutz die passende Reinigungsfirma. Die Idee wurde aus der Not geboren und hat uns nicht nur durch die Pandemie gebracht, sondern zu einem ungeahnten Wachstum geführt. Nach Österreich und Deutschland sind wir im vergangenen Jahr trotz Corona auch in die Schweiz expandiert.
Der Erfolg half auch den bei uns registrierten Reinigungsfirmen. Denn gerade sie waren von der Pandemie stark getroffen. Über unsere Plattform konnten sie neben ihrem fast zum Erliegen gekommenen Alltagsgeschäft Reinigungsaufträge generieren und so ihr Einkommen sichern.
Ein Unternehmen zu gründen und zu expandieren kostet Geld. Wie finanzieren Sie sich?
Wir haben mehrere klassische Bankfinanzierungen abgeschlossen. Untypisch für ein Start-up, aber eine gute Sache.
Ist für Sie eine Partnerschaft mit Venture-Kapitalgebern eine Option?
Dieser Schritt muss gut überlegt sein, um Chance und Risiko abzuwägen. Bisher haben wir diese Option nie aktiv verfolgt. Was jedoch nicht heißt, dass wir sie kategorisch ausschließen.
Welchen Tipp möchten Sie an andere Gründer gerne weiter geben?
Ganz allgemein würde ich jedem und jeder Gründungsinteressierten raten, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Es lohnt sich, denn man gewinnt einen tiefen Einblick in gesellschaftliche Dinge. Als Selbstständiger lernt man Zusammenhänge zu verstehen, die man sonst so schnell gar nicht wahrnimmt. Außerdem gibt es einem ein gutes Gefühl, etwas Eigenes erschaffen zu haben.
Ist Ihr Team bereits vollständig oder suchen Sie aktuell noch freie und/oder feste Mitarbeiter?
Wir suchen immer interessante Menschen – ob frei oder festangestellt richtet sich dabei nach den Präferenzen der Person. Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse.
Warum sollten Fach- und Führungskräfte sich bei Ihrem Unternehmen bewerben?
Bei uns erwartet Fach- und Führungskräfte ein spannendes und innovatives Umfeld, das viel Raum für Eigeninitiative bietet. Frei nach dem Motto „Fail fast“ setzen wir erfolgversprechende Ideen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihnen gemeinsam um – und zwar zeitnah, damit sie schon bald das Ergebnis ihrer Arbeit sehen können. Wir bevorzugen eine flache Hierarchie. Jeder ist ein gleichwertiger Teil des Teams und darf am Erfolg des Unternehmens mitwirken. Wer sich dazu flexible Arbeitszeiten und einen flexiblen Arbeitsort wünscht, ist bei uns an der richtigen Stelle.
Stellen Sie sich vor, Sie treffen den Bundeswirtschaftsminster. Was würden Sie sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland bei ihm wünschen?
Schwarzarbeit stärker bekämpfen! Denn Schwarzarbeit ist auch ein „Konkurrent“. Immer wieder zeigen Studien, dass im Reinigungsgewerbe und insbesondere in den Privathaushalten sehr viel schwarz gearbeitet wird. Dabei liegt die Schuld oft gar nicht bei den Haushalten, die Gründe sind komplizierter. Die aktuellen Rahmenbedingungen sind nicht optimal, für niemanden.
Welche Person hat Sie in der Gründungs- und Wachstumsphase besonders unterstützt? Bei wem möchten Sie sich bedanken?
Bedanken möchte ich mich vor allem bei meinem Mitgründer Christian. Die gute Zusammenarbeit und das Miteinander sind eine wunderbare Basis für das, was bereits geschafft ist und das, was noch kommt. Vertrauen und die jahrelange, gute Zusammenarbeit sind ein starkes Fundament, auf dem die Firma gebaut ist.
Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal zum Dinner gehen und warum?
Warren Buffett lädt einmal im Jahr den Gewinner einer Versteigerung, die einem guten Zweck dient, zum Dinner ein. Er ist bekannt für seine Art, Wirtschaft zu leben. Bei ExtraSauber orientieren wir uns gerne an seinen Werten.
Foto/Thumbnail: ©freepik/ExtraSauber
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