Lebensphasenorientierte Vergütung
Mit Vergütungsangeboten nach dem Gießkannenverfahren wird es Unternehmen künftig nicht mehr gelingen, die gewünschten Arbeitskräfte, die ihnen ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern, an sich zu binden und beschäftigungsfähig zu halten. Ein gezieltes, individualisiertes Vorgehen wird immer mehr zur Notwendigkeit. Wie sieht das genau aus?
Die Gewinnung und Bindung von Beschäftigten ist für viele Unternehmen eine der größten Herausforderungen, die es in Zukunft zu stemmen gilt und die in vielen Fällen ein Umdenken in der Personalpolitik erfordert. Unternehmen müssen sich so aufstellen, dass sie attraktiv für unterschiedliche Gruppen von Menschen sind, die bereit sind, ihr Know-how und ihre Kompetenzen für ihren Arbeitgeber einzusetzen. Der damit einhergehenden Vielfalt und Komplexität an Anforderungen wird ein lebensphasenorientierter Ansatz in der Personalpolitik am ehesten gerecht.
Er impliziert, dass den Mitarbeitenden in unterschiedlichen Lebens- und Berufsphasen ein Umfeld geboten wird, in dem sie ihre sich wandelnden Anforderungen im beruflichen und privaten Bereich in Einklang bringen können. Lebensphasenorientierten Vergütungssystemen kommt dabei ein wesentlicher Part zu.
Die aktuellen Vergütungssysteme in Unternehmen basieren häufig noch auf dem Senioritätsprinzip. Sie werden von den Mitarbeitenden in der Regel als nicht mehr zeitgemäß wahrgenommen. Vor allem in Tarifverträgen orientieren sich die Gehaltsanpassungen noch stark an der Betriebszugehörigkeit, das heißt, geringe Betriebszugehörigkeit – niedrigere Entlohnung. Und dann gibt es meist „per Hand auflegen“ in einem regelmäßigen Abstand eine Erhöhung der Grundvergütung.
Diese althergebrachte Herangehensweise deckt sich nur noch bedingt mit der fortschreitenden Individualisierung in allen unseren Lebensbereichen. Die Kund:innen stehen im Zentrum und möchten ihre Entscheidungen selbstbestimmt treffen und individuelle, für sie passende Lösungen idealerweise selbst gestalten
Cafeteria-Konzepte: Bedarfsorientierte, individuelle Angebote
Bei einem lebensphasenorientierten Vergütungssystem geht es darum, die individuellen Lebensphasen und -umstände in monetären und nicht-monetären Vergütungsbestandteilen und -paketen abzubilden. Dies geht über das Basisgehalt hinaus und berücksichtigt unter anderem Arbeitszeit, Urlaubstage, unterschiedliche Bonusmodelle je nach Risikoneigung.
Die freie Wahl beziehungsweise das Zusammenbauen des eigenen Vergütungsmodells (analog zum Lunch in der Betriebskantine) dockt übrigens auch super an den Trends „create your own…“ und „employee experience“ an. Dies trägt daher stark zum Engagement und zur Performance bei.
Es stellt sich daher die Frage, welche Möglichkeiten Unternehmen haben, Vergütungsmodelle so zu gestalten, dass sie mit den unterschiedlichen Lebensphasen vereinbar. Und dass sie attraktiv genug sind, um neue Mitarbeitende für sich zu gewinnen und an das Unternehmen langfristig zu binden.
Mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Flexibilität bei der Einteilung der Arbeitszeit
Vor allem wünschen sich viele Erwerbstätige, die beruflichen Verpflichtungen besser mit den familiären vereinbaren zu können. Flexible Arbeitszeiten wie Gleitzeit, Teilzeit, Jahres-, Lebens- oder Arbeitszeitkonten, Freistellungsregelungen wie Sonderurlaub oder ein Sabbatical bieten die Chance, all diese Anforderungen aus Sicht der Unternehmen und der Beschäftigten zu vereinbaren.
Ein wichtiges Instrument hierbei sind Lebensarbeitszeitkonten. Sie funktionieren nach einem simplen Grundprinzip: heute ansparen – bei Bedarf nutzen. Das Entgelt für einen Teil der geleisteten Arbeit wird nicht unmittelbar ausbezahlt, sondern später in Form von bezahlter Freistellung genutzt, zum Beispiel in Form eines Sabbaticals.
Befragungen zeigen, dass sich Beschäftigte von ihrem Arbeitgeber finanzielle Anreize ebenso wünschen wie die Wertschätzung ihrer Tätigkeit. Auch wünschen sie sich herausfordernde Aufgaben und die Möglichkeit, Lebensphasen und Berufsphasen zu vereinbaren. Aus den vielfältigen Möglichkeiten, die sich im Bereich der Vergütungssysteme bieten, gilt es, die für das Unternehmen in seiner aktuellen Situation passendsten Instrumente auszuwählen
Personalkostenbudgets flexibler gestalten
Die Gestaltung der lebensphasenorientierten Vergütung ist eine Herausforderung, bedeutet sie doch eine starke Änderung im Vergleich zum existierenden Modell. Weiterhin stellt sich die Frage: Wie individuell sollen die Angebote sein, damit sie auch als solche wahrgenommen und akzeptiert werden? Hierbei ist abzuwägen, ob zugunsten einer einfacheren Verwaltung die Individualität etwas reduziert wird. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass das Personalkostenbudget zwar flexibler eingesetzt werden soll, die Kosten jedoch stabil bleiben. Dies führt vor allem bei der Definition und Einführung der jeweiligen Bestandteile zu umfangreichen Kalkulationen. Gerade die Umwandlung von Geld in Zeit und umgekehrt stellt dabei eine Herausforderung dar.
Foto/Thumbnail: ©istockphoto/Harbucks
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