So machen Sie das Beste aus einer „harten“ Diskussion
Einwandbehandlung

So machen Sie das Beste aus einer „harten“ Diskussion

Porträtfoto von Anne M. Schüller, Coach und Autorin
Am

Wie das Wort so schön zeigt, wenn man es in seine Silben zerlegt, ist jede Entscheidung für eine Sache zugleich eine Entscheidung gegen eine andere. Deshalb kann es in größeren Entscheiderrunden eine Menge Einwände geben. Wer Ideen oder Produkte an andere verkauft, muss deshalb wissen, wie man darauf reagiert.

Sich entscheiden bedeutet, Bekanntes aufzugeben, Teile seiner bisherigen Meinung über Bord zu werfen, gewohntes Verhalten ändern zu müssen, sich auf Neuland zu wagen. Damit geht ein Entscheider immer auch Risiken ein. So steht ein Ja oder Nein oft auf kippeligen Beinen: Die Zahlen sprechen dafür, das Gefühl aber dagegen. Oder umgekehrt. Einwände und kritisches Hinterfragen sind in dieser Phase völlig normal.

Wer zaudert, braucht oft nur ein wenig Anschub, um Entscheidungssicherheit zu gewinnen. Begrüßen Sie daher jeden Einwand, nehmen Sie Hinweise wertschätzend an, akzeptieren Sie konträre Meinungen. Verstehen heißt noch lange nicht zustimmen. Für jede Sichtweise kann es gute Gründe geben.

Wenn es kritische Fragen und Hinweise gibt

Nähern Sie sich dem, der Einwände hat, stets mit freundlich nickendem Blick. Kommt während einer Präsentation Kritik an auf, bewegen Sie sich in die Gruppe hinein und besprechen Sie die Einwände mit der Gruppe. Zeigen Sie sich offen, diskutieren Sie konstruktiv. Und wenn Sie auf eine Frage keine Antwort wissen? Keine Bluffs, kein Buzzword-Geblubber! Sichern Sie vielmehr eine schnellstmögliche spätere Antwort zu.

Für den Fall, dass kritische Fragen kommen, reagieren Sie so:

  • Ich bin sehr an Ihrer Meinung interessiert! Was ist der Hintergrund Ihrer Frage?
  • Ich glaube, mein Vorschlag hat für Sie einen Haken. Was ist es denn genau?
  • Sie sagten ja-aber. Das heißt, einem Teil meiner Ausführungen stimmen Sie zu!?
  • Ich verstehe Ihren Standpunkt. Ich dachte am Anfang ähnlich. Dann zeigte sich …
  • Vielleicht sage ich es ja irgendwie falsch. Wie müsste ich das besser formulieren?

Beachten Sie darüber hinaus: Bei Präsentationen erhält meist das „Alphatier“ den meisten Blickkontakt. Andere Teilnehmer könnten sich so leicht übergangen fühlen, mit ungehaltenen Fragen darauf reagieren und am Ende sogar gegen Sie stimmen. Achten Sie daher in der Diskussionsphase darauf, nicht nur den Fragenden, sondern auch die übrigen Teilnehmenden anzuschauen und den Augenkontakt reihum zu wechseln.

Wenn die Diskussionskultur per se miserabel ist

In manchen Unternehmen ist die Diskussionskultur nicht die beste: Man fällt einander ins Wort, es wird persönlich, man hält Zeitvorgaben nicht ein, es gibt Dauerredner, Selbstdarsteller und Streithähne, die ihre üblichen Spielchen spielen.

Um dem vorzubeugen, können Sie schon im Vorfeld Folgendes sagen:

  • Für den Fall, dass wir völlig vom Thema weggaloppieren oder komplett aus der Zeit geraten, darf ich dann die Handbremse ziehen?

Dann blicken Sie in die Runde und warten auf nickende Köpfe.

Fällt später jemand aus der Reihe, können Sie sich quasi darauf berufen:

  • Ich bin schon sehr gespannt auf Ihre Meinung, möchte meine Präsentation gleichwohl erst noch beenden. Ist das soweit okay für alle?
  • Ich bin nicht sicher, ob das wirklich alle betrifft/den Rahmen jetzt sprengt. Lassen Sie uns das doch nach dem Meeting in Ruhe besprechen. Einverstanden?
  • Ich verstehe Ihren Standpunkt. Allerdings bringt uns das in eine ganz andere Richtung und bräuchte eigene Zeit. Können wir diesen Aspekt zunächst vertagen?
  • Was wollen Sie denn damit sagen, ich meine, inhaltlich und rein sachlich? Lassen Sie uns bitte in der Sache weitermachen! Was ist da Ihre Meinung?“

Grundsätzlich gilt: Streitgespräche bringen einen in der Sache niemals weiter, schon gar nicht vor versammelter Mannschaft. Wenn es dennoch einmal zu hitzig werden sollte: Machen Sie eine Verhandlungspause, damit alle wieder einen klaren Kopf bekommen.

Wenn Feindseligkeiten oder Beleidigungen kommen

Für den Fall, dass offene Feindseligkeiten oder persönliche Beleidigungen aufkommen, sagen Sie kraftvoll-erstaunt „Hoppla!“ oder alternativ leicht ironisch „Donnerwetter!“ Bevor Sie das sagen, setzen oder stellen Sie sich gerade, ziehen die Schultern nach unten (hochgezogene Schultern = Opferhaltung), atmen ein und nehmen Augenkontakt auf. Diese Signale sind Zeichen von Selbstbewusstsein und Souveränität.

Manchmal reagieren einzelne Zuhörer auf einen Vortrag destruktiv, defizitorientiert und aggressiv:

  • Was im Beitrag ganz offensichtlich vergessen wurde …
  • Der große Fehler bei dieser Präsentation liegt darin, dass …

Hier nehmen Sie die Schärfe heraus, indem Sie umformulieren:

  • Was Sie folglich noch ergänzen möchten, ist …
  • Eine Frage, die sich Ihnen noch stellt, ist …
  • Was Ihnen dabei durch den Kopf geht, ist …, richtig?

Bedanken Sie sich anschließend mit einem Kopfnicken für den Hinweis, die Ergänzung, den Einblick. Gehen Sie dabei mit der Stimme deutlich nach unten. Danach entscheiden Sie, ob Sie das einfach so stehen lassen oder weiter darauf eingehen wollen. Wenn Sie darauf eingehen, geben Sie dem Gesagten Bedeutung, riskieren allerdings eine Eskalation. Gehen Sie hingegen nicht darauf ein, vermeiden Sie diese Gefahr.

So gehen Sie vor, wenn eine Diskussion eskaliert

Sollte eine Diskussion tatsächlich eskalieren, gilt es, angemessen damit umzugehen.

Was in einem solchen Fall gar nicht geht, sind Sätze wie diese:

  • Nun regen Sie sich mal nicht so auf!
  • Jetzt werden Sie hier nicht gleich hysterisch!
  • Machen Sie doch keinen solchen Aufstand!

Viel besser sind Formulierungen wie folgt:

  • Ich sehe, dass das Thema Sie sehr bewegt.
  • Ich freue mich, dass Sie sich für diese Sache so engagieren.
  • Uns allen liegt das sehr am Herzen.

Üben Sie sich darin, respektvoll zu widersprechen. Hartes Kontern provoziert nur eine weitere Eskalation. Hat sich jemand entschieden, in die Kiste mieser Spielchen zu greifen, schreckt er auch vor der untersten Schublade nicht zurück. Vor allem die viel gerühmte Schlagfertigkeit führt eher selten zum Ziel. Sie bekommen vielleicht ein paar Lacher – aber auch Feinde. Ein Schlag macht den anderen eben nicht fertig. Vielmehr sinnt der auf Rache, und ein Schlagfertigkeitspingpong verletzter Egos beginnt.

 

Foto/Thumbnail: ©istockphoto/jacoblund

Über den Autor

Porträtfoto von Anne M. Schüller, Coach und Autorin

Anne M. Schüller Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk XING zum XING-Spitzenwriter 2018 gekürt und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Customer Touchpoint Manager aus.  www.anneschueller.com
Zum Autorenprofil

Kommentare

Kommentar schreiben:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Erhalten Sie jeden Monat die neusten Business-Trends in ihr Postfach!
X