Boris Bösch: „Der perfekte Businessplan entsteht nicht am PC oder am Schreibtisch“
Im Gespräch mit Boris Bösch, Mitgründer der everstox GmbH. Das Unternehmen unterstützt Handelsunternehmen, die mit everstox den für sie richtigen Logistiker im gesuchten Absatzmarkt finden. Die Firma optimiert gleichzeitig ihre Logistikprozesse durch ihre Technologie und Cloud Software. Bösch möchte seine Expansion weiter vorantreiben und sieht für die Zukunft, dass erstklassige Logistik nicht mehr wenigen dominierenden Playern vorbehalten sein wird.
Name: Boris Bösch
Titel: Mitgründer und MD der everstox GmbH
Geburtsjahr: 1992
Position: Mitgründer und MD
Vita: Boris ist verantwortlich für die Supply Chain Strategie und die rasante Expansion bei everstox. Er hat einen Hintergrund als Berater für VC-finanzierte Scale-ups aus verschiedenen Branchen und arbeitete zuvor bei der Boston Consulting Group im Bereich Corporate Development.
Lebensmotto: Optimismus, Leidenschaft und die richtigen Personen um Dich, der Rest kommt dann von selbst. Und manchmal auch: Probier‘s mal mit Gemütlichkeit.
Über das Unternehmen
Türkenstraße 38
80799 München
Wie ist das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?
Everstox ist eine Logistics-as-a-Service (LaaS) Plattform, die einen einfachen Zugang zu professioneller Lagerlogistik und datengesteuerten Fulfillment-Prozessen ermöglicht. Kurz gesagt: Handelsunternehmen finden mit everstox den richtigen Logistiker im gesuchten Absatzmarkt und optimieren gleichzeitig ihre Logistikprozesse durch unsere Technologie und Cloud Software.
Über unser angeschlossenes Netzwerk an hochqualifizierten Logistik-Dienstleistern ermöglichen wir flexible Lagerlogistik in ganz Europa. Unser Preismodel besteht aus einer monatlichen SaaS-Gebühr für die Softwarenutzung sowie einem volumenbasierten Pay-as-you-Go-Pricing für die operativen Dienstleistungen.
Wie differenzieren Sie sich von Ihren Wettbewerbern?
Über unsere LaaS-Plattform lassen sich europaweit bedarfsabhängig verschiedene Lager nahtlos in den Logistikprozess der Handelsunternehmen integrieren. Damit wird es möglich, quasi per Mausklick und über nur eine einzige Schnittstelle und ohne zusätzlichen Integrationsaufwand ein flexibles, skalierbares Logistik- und Distributionsnetzwerk über ganz Europa aufzubauen und dementsprechend dank optimierter Lagerstandorte die Lieferwege deutlich zu verkürzen.
Vom Wettbewerb unterscheiden wir uns dabei vor allem in der Funktions- und Integrationstiefe unserer Technologie, die sich für Online-Marktplätze, Web Shops und auch komplexe ERP-Systeme eignet. Unsere Cloud Software geht weit über eine einfache Datenübertragung und Automatisierung hinaus und ermöglicht beispielsweise eine intelligente Auftragszuteilung basierend auf verfügbarem Inventar, Lieferkosten und -distanz sowie des jeweiligen Fulfillment-Standorts.
Die Skalierbarkeit unseres operativen Dienstleister-Netzwerks ist ein weiterer Differenzierungspunkt, der vor allem für schnell wachsende Handelsunternehmen relevant ist, die ein Auftragsvolumen von über 10.000 Bestellungen pro Monat abwickeln müssen.
Dazu arbeiten wir ausschließlich direkt mit hochqualifizierten Logistikern – garantiert ohne Subcontracting – zusammen und bieten umfassende logistische Dienstleistungen für jede Konsumgütergruppe und jeden Absatzkanal, inklusive Value Added Services.
Was war Ihre Motivation Unternehmer zu werden?
Unser Ziel war es, mit everstox ein wirkliches Zukunftsthema zu besetzen und sicherzustellen, dass alle involvierten Parteien, in unserem Fall Konsumenten, Händlern und Logistiker, von unserem Produkt profitieren. Wir sind überzeugt, dass eine eigene Gründung der richtige Weg ist, um das zu erreichen. Unsere vorangegangene Tätigkeit in der Consulting-, IT- und eCommerce-Branche hat uns vor Augen geführt, wie erschreckend niedrig der Digitalisierungsgrad und die Skalierbarkeit im Bereich traditioneller Lager- und Fulfillment-Lösungen aktuell noch ist – und zwar europaweit. Das ist spätestens jetzt im fortschreitenden eCommerce- und Amazon-Zeitalter mit immer schnelleren Lieferzeiten ein Problem – für Konsumenten, Händler und für die Umwelt. Diese Lücke füllen wir mit everstox.
Welche unternehmerischen Ziele haben Sie für die nächsten 3 Jahre?
Unser Plan ist es, unsere Technologie in den nächsten drei Jahren kontinuierlich weiterzuentwickeln und damit Händlern das Bestell-, Bestands- und Retourenmanagement so einfach wie möglich zu machen. Darüber hinaus werden wir unsere europaweite Expansion weiter vorantreiben. Und wir sind überzeugt, dass in drei Jahren Händler und Lagerlogistiker in ganz Europa die everstox-Plattform zur Zusammenarbeit nutzen werden. Damit bekommen Konsumenten – egal bei wem sie bestellen – ihre Produkte stets schnell, transparent und flexibel geliefert.
Erstklassige Logistik wird demnach nicht mehr wenigen dominierenden Playern vorbehalten sein, sondern es wird individuell immer die für den jeweiligen Auftrag beste Lösung gewinnen. Das wird auch dazu führen, dass einzelne Pakete nicht mehr wie heute, im schlimmsten Fall per Luftfracht, europaweit versendet werden, sondern deutlich klimafreundlicher aus lokalen Fulfillment-Centern mit kurzer letzter Meile geschickt werden.
Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Ihr Unternehmen aus und wie wollen Sie diese meistern?
Wir sind ein digital-first Unternehmen, weswegen wir die Corona bedingten Einschränkungen intern nicht stark gespürt haben. Natürlich hat Corona den direkten Austausch im Office erschwert, aber generell laufen unsere Prozesse alle digital – das hat uns geholfen. Was das Business betrifft, so konnten wir sogar von Anfang an von der Pandemie profitieren, da der eCommerce boomt und die Nachfrage nach Direktversand drastisch gestiegen ist
Mit welchen weiteren Herausforderungen hat Ihre Branche in den nächsten Jahren zu kämpfen?
Die größte Herausforderung sehen wir in der steigende Erwartungshaltung von Endkonsumenten in Bezug auf schnelle Lieferungen bei gleichzeitigem Anspruch auf Nachhaltigkeit. Hierbei liegt das größte Problem in der schlechten CO2-Bilanz und den hohen Kosten des Einzelpaketversand durch ganz Europe aus zentralen Fulfillment-Centern. Dieser muss aufhören, flexible Lieferketten mit lokalen Lagerhäusern sind die Zukunft. Durch die Pandemie hat sich darüber hinaus das Konsumentenverhalten noch stärker in Richtung Direktvertrieb und eCommerce verschoben. Zudem hat sich die zentrale Bedeutung von Digitalisierung und Flexibilität in allen Unternehmensprozessen gezeigt, nicht zuletzt in Bezug auf die Lieferketten. Eine große Herausforderung für viele Händler, die erleben mussten, wie gefährlich die Abhängigkeit von einem einzigen Dienstleister oder Standort in Krisenzeiten bzw. speziell in Lock-Down-Situationen ist. Mit unserer Lösung können wir den Händlern nicht nur kurzfristig in solchen Situationen helfen, sondern sie profitieren auch langfristig von der Automatisierung und Flexibilität, die everstox bietet.
Was war Ihr größter unternehmerischer Erfolg?
Zunächst einmal haben wir zusammen mit Johannes Tress (Mitgründer und MD), Felix Haberland (Mitgründer und CTO & CPO) und einem talentierten Team, unser Produkt erstaunlich schnell und erfolgreich während Zeiten der Corona-Lockdowns auf den Markt gebracht. Dazu konnten wir innerhalb von zwölf Monaten von vier auf 30 Mitarbeiter wachsen und dabei kontinuierlich jeden Monat neue Kunden für uns gewinnen. Und das ist erst der Anfang – unsere Erfolgsgeschichte hat gerade erst begonnen.
Als größten Erfolg sehe ich, dass es uns gelungen ist, ein Team aufzubauen, das den hohen Anforderungen gewachsen ist und mit uns durch alle Start-Up typischen Höhen und Tiefen geht. Unser Geschäft verlangt eine anspruchsvolle Kombination aus technischer und operativer Expertise. Jedes Teammitglied trägt einen wesentlichen Beitrag zum Tagesgeschäft bei – angefangen von der Technik- und Produktentwicklung über Marketing bis hin zur Kunden- und Partnerakquise.
Was war Ihr größter unternehmerischer Misserfolg?
Ich habe mich intensiv auf das Unternehmertum vorbereitet und über mehrere Monate mit zahlreichen Unternehmern und Gründern beratend zusammengearbeitet, um die Höhen und Tiefen kennenzulernen. Zudem war mein Mitgründer Johannes Tress bereits zuvor als Unternehmer aktiv und Felix Haberland hat die Produktentwicklung für zahlreiche Wachstumsstarke Unternehmen verantwortet. Dank dieser Vorbereitungen und Vorerfahrungen, blieben wir, trotz gewisser Herausforderungen von bisherigem Misserfolg bei everstox verschont – die harte Arbeit macht sich also bezahlt.
Warum sollten Fach- und Führungskräfte sich bei Ihrem Unternehmen bewerben?
Everstox ist genau richtig für praxisorientierte, erfolgshungrige Problemlöser. Bei uns profitieren Fach- und Führungskräfte von einem hohen Grad an Eigenverantwortung, individuellen Entfaltungsmöglichkeiten und einem attraktiven Kompensationsmodell, das ermöglicht am gemeinsamen Erfolg von everstox zu partizipieren.
Was ist Ihr Rezept zur Mitarbeitermotivation?
Verantwortung übergeben, Vertrauen schenken und Teamwork fördern– das sind die drei wichtigsten Faktoren für everstox – und das hat bis dato perfekt funktioniert. Neben dem täglich aufregenden Geschäft muss genug Zeit für Teamevents bleiben, egal ob, digital oder offline – das schweißt zusammen.
Welchen Tipp möchten Sie anderen Gründern gerne weiter geben?
- Der perfekte Businessplan entsteht nicht am PC oder am Schreibtisch. Vielmehr ist es wichtig, neue Ideen möglichst früh mit potenziellen Kunden zusammen zu testen und immer offen dafür zu bleiben, das bestehende Konzept weiterzuentwickeln.
- Auch wenn manchmal überschätzt wird, was man in den ersten Tagen und Wochen erreichen kann – Durchhaltevermögen und Kontinuität sind zentral wichtig, denn viele Gründer können zu Beginn nicht erahnen, was mittelfristig alles möglich ist, wenn man kontinuierlich auf seine Ziele hinarbeitet.
- Ein eingespieltes Team aufzubauen, in dem sich jeder auf jeden verlassen kann ist zentral wichtig. Als Gründer muss man lernen, möglichst früh Verantwortungsbereiche in sichere Hände abzugeben. Denn die Tage, an welchen ich mich als Gründer persönlich um alles kümmern kann, sind ab dem ersten Erfolg schnell gezählt.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister. Was würden Sie sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland bei ihm wünschen?
Ein schnelles und nachhaltiges Vorantreiben der digitalen Transformation zum Vorteil unserer Gesellschaft. Ich bin überzeugt, dass diese nur von Gründern und Unternehmergeist getrieben werden kann. Hier wünsche ich mir mehr Förderung und weniger bürokratische Hürden.
Bei welcher Person möchten Sie sich für Ihren unternehmerischen Erfolg besonders bedanken?
Ganz klar: bei allen unseren Mitarbeitern, denn ohne die kontinuierliche Unterstützung unseres fantastischen Teams wären wir niemals so schnell so weit gekommen.
Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal zum Dinner gehen und warum?
Heinz und Hugo Fiege – Pioniere der Kontraktlogistik und beeindruckende Unternehmer. Ich wäre gespannt, mit den beiden zu diskutieren, wie etablierte Logistikexperten und modernen Technologieunternehmen gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft angehen können.
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