Johari-Fenster: Erklärung, Aufbau der 4 Fenster und Beispiele
Das Johari-Fenster ist eine Technik, die Menschen dabei hilft, ihre Beziehung zu sich selbst und zu anderen besser einzuschätzen. Wir informieren über die Grundlagen, erklären die Anwendungsgebiete und die vier Bereiche des Johari-Fensters anhand eines Praxis-Beispiels.
Inhaltsverzeichnis
Definition + Grundlagen: Was ist das Johari-Fenster?
Kommunikation ist einfacher, wenn das Selbstbild und das Fremdbild übereinstimmen. Das Johari-Fenster ist ein Kommunikationsmodell, das zu analysieren ermöglicht, wie jemand Informationen gibt und empfängt. Gleichzeitig stellt es die Dynamik der zwischenmenschlichen Kommunikation dar.
Herkunft des Kommunikationsmodells
Das Johari-Fenster wurde im Jahre 1955 von Joseph Luft und Henry Ingham entwickelt und dient zur Erkenntnis von Persönlichkeits-und Verhaltensmerkmale zwischen einem selbst und anderen Personen.
Viele sind z.B. unangenehm überrascht, wenn sie die eigene Stimme auf einem Anrufbeantworter hören oder sich auf einem Video hören und sehen. Die eigene Stimme klingt merkwürdig, das persönliche Auftreten wird als fremd und unwirklich erlebt.
Sinn und Zweck: Eine realistische Selbsteinschätzung
Wer jedoch mit anderen kommunizieren und seine Meinung zum Ausdruck bringen will, benötigt eine realistische Selbsteinschätzung. Gerade für Führungskräfte ist es wichtig zu wissen, wie ihre Sprache und ihr Auftreten insgesamt in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Als Orientierungshilfe kann hier das Johari-Fenster dienen. Es ist seit Jahrzehnten ein anerkanntes Modell in der sozialpsychologischen Forschung.
Normalerweise wird es als Raster mit vier Feldern dargestellt, von denen jedes einen Kommunikationsaustausch repräsentiert:
Johari-Fenster Nr. 1: Öffentliche Person
Das erste Fenster steht für die öffentliche Persönlichkeit : Ich habe eine Wahrnehmung des Eindrucks, den ich auf andere mache und des Eindrucks, den andere auf mich machen, so dass das Risiko eines zwischenmenschlichen Konfliktes relativ gering ist.
Der 1. Quadrant ist der Bereich des Verhaltens, der uns selbst bewusst und vertraut ist. Wir kennen diese Verhaltensweisen und wissen, wie diese von Außenstehenden wahrgenommen werden. So wundern wir uns beispielsweise nicht, wenn wir als Hesse oder Bayer entlarvt werden, weil uns bewusst ist, dass uns die Dialektfärbung verrät. Auch wenn uns jemand als temperamentvolle und extrovertierte Persönlichkeit bezeichnet, so ist uns diese Einschätzung vertraut, denn sie ist uns schließlich selbst bekannt.
Johari-Fenster Nr. 2: Private Person
Das zweiten Fenster bildet den geheimen Bereich ab: Ich habe eine Wahrnehmung des Eindrucks, den ich auf andere mache, aber nicht des Eindrucks, den sie auf mich machen. Das führt zu defensivem Verhalten, ich versuche zu verbergen, was ich will, wodurch die Gefahr eines zwischenmenschlichen Konfliktes steigt.
Der zweite Quadrant ist sozusagen der Bereich des Verbergens. Wir alle haben gelernt, bestimmte Verhaltensweisen zu verstecken. So gestehen wir uns beispielsweise selbst ungern ein, dass wir Angst vor der Dunkelheit oder bestimmten Menschen haben. Es sind die stillen Winkel der Seele, in die man anderen keinen Einblick gewähren möchte. In diesem Bereich schlummern also Verhaltensmuster und Eigenschaften, die nur uns selbst vertraut und sonst niemandem bekannt sind.
Johari-Fenster Nr. 3: Blinder Fleck
Das Johari-Fenster Nr. 3 bezieht sich auf den Bereich des „Blinden Flecks“. Es repräsentiert Teile unserer Persönlichkeit, von denen wir uns selbst nicht bewusst sind, aber die anderen Menschen in unserem Umfeld wahrnehmen können.
Der Blinde Fleck kann beispielsweise eine unangenehme Eigenschaft sein, die andere Menschen bei uns bemerken, aber von uns selbst nicht erkannt wird. Es kann auch ein Verhaltensmuster sein, das wir unbewusst wiederholen, ohne uns dessen bewusst zu sein.
Johari-Fenster Nr. 4: Unbekannter Bereich
Das vierte Fenster „Unbekannter Bereich“ umfasst Teile unserer Persönlichkeit, von denen weder wir selbst noch andere Menschen in unserem Umfeld bewusst sind.
Dieser Bereich kann zum Beispiel unbewusste Bedürfnisse, Verhaltensmuster oder Emotionen enthalten, die noch nicht entdeckt wurden oder die sich noch nicht manifestiert haben. Es kann auch kreatives Potenzial, ungenutzte Talente oder Fähigkeiten beinhalten, die wir noch nicht entdeckt haben.
Obwohl der Unbekannte Bereich schwer zu definieren und zu kontrollieren ist, kann die Erkundung dieses Bereichs uns helfen, unser Selbstbewusstsein zu stärken und unser Leben mit neuen Perspektiven zu bereichern.
Zielsetzung und Anwendung
Das Ziel ist es, den öffentlichen Bereich der Johari-Fenster zu vergrößern. Das Vorteil dieses Kommunikationsmodells liegt für den Einzelnen in der Selbstreflexion. Indem man sich seine Verhaltensweisen bewusst macht, kann man gezielt an Schwächen arbeiten. Für Teamarbeit bedeutet das, dass sich die Gruppenmitglieder schneller und besser kennenlernen können und Verständnis für das jeweilige Handeln aufbringen können. Dadurch wird die Teamarbeit harmonischer und effektiver.
Obwohl das Johari-Fenster in einer Reihe von Situationen angewendet werden kann, wird es meistens in der Weiterbildung oder beim Coaching eingesetzt, etwa als Feedback für Kommunikationsfähigkeiten.
Beispiel
Ein Beispiel für das Johari-Fenster könnte sein, wenn ein Mitarbeiter in einem Team seine Meinung zu einem bestimmten Thema nicht äußert, weil er befürchtet, dass er dadurch Schwierigkeiten bekommt oder nicht respektiert wird. In diesem Fall ist sein Standpunkt ein Teil seines verborgenen Selbst (Fenster: Private Person), da er es bewusst vor anderen verbirgt.
Wenn ein anderer Mitarbeiter ihm jedoch rät, seine Meinung zu äußern, weil er glaubt, dass sie wichtig ist, dann wird dieser Teil des verborgenen Selbst in den Bereich des öffentlichen Selbst verschoben. Dies würde dazu beitragen, das gegenseitige Verständnis im Team zu erhöhen und die Kommunikation zu verbessern.
Durch den Einsatz des Johari-Fensters können Menschen ihr Selbstbewusstsein und ihre Kommunikationsfähigkeiten verbessern, indem sie bewusster auf ihre Interaktionen mit anderen achten und ihre eigene Wahrnehmung ihrer Persönlichkeit erweitern.
Erklärvideo
Foto/Thumbnail: ©istockphoto/Khosrork
Sehr schöne, verständliche Erklärung des Johari-Fensters, aber eine kleine Korrektur: Der Herr Ingham ist zwar bereits seit längerem tot und wird sich deshalb vermutlich nicht beschweren, wenn er hier einfach Henry genannt wird, aber tatsächlich hieß der gute Mann mit Vornamen Harry. Sonst würde das Fenster nämlich Joheni-Fenster heißen… ;-)
In der bunten Abbildung des Johari-Fensters müsste das linke, orange Feld „Fremdwahrnehmung“ lauten, dann passt es wieder.