Digitale Nomaden: Home-Office im Ausland
Seit Beginn der Corona-Krise arbeiten Menschen vermehrt von zuhause aus und sind nicht mehr zwangsläufig an einen Firmenstandort gebunden. Prinzipiell stellt sich die Frage ob es überhaupt notwendig ist, dass Arbeitgeber und Mitarbeitende im selben Land wohnen? Wie sieht es z.B. mit Home-Office auf Madeira in Corona-Zeiten aus?
Der Sammelbegriff für diejenigen, die dieses Prinzip jetzt schon leben ist „digitale Nomaden“. Sie arbeiten im Grunde überall dort, wo es einen Internetzugang gibt. Ziel dieses Lebenskonzeptes ist, gleichzeitig reisen zu können und die Welt zu sehen, während sie ihrer Arbeit nachgehen. Dieses Konzept lockt mit Freiheit und Unabhängigkeit, doch gibt es auch Schattenseiten, auf die es sich lohnt einen Blick zu werfen.
Freiheit und Unabhängigkeit durch digitales Nomadentum
Die Welt bereisen zu können und ein selbstbestimmtes Leben zu führen ist für viele junge und aufstrebende Menschen ein Traum, der durch digitales Nomadentum in Erfüllung gehen kann. Neben der Ortsunabhängigkeit und der Möglichkeit fremde Kulturen zu erkunden, bietet es sich an primär in Ländern mit niedrigen Unterhaltskosten zu leben, während man sein Einkommen aus einkommensstarken Ländern bezieht. Der Fachbegriff hierfür ist Geo-arbitrage und bezeichnet so die bestmögliche individuelle Ausnutzung von unterschiedlichen Lohnniveaus und Lebenshaltungskosten.
Gleichzeitig besteht als reisender Arbeiter natürlich die Möglichkeit sich im persönlichen Kontakt global zu vernetzen und sich ein großes Netzwerk an Möglichkeiten aufzubauen. Aufgrund der Corona-Krise ist im Moment natürlich nur eingeschränktes Reisen möglich, was es digitalen Nomaden erschweren kann. Wenn man Dinge wie Quarantäne und die mögliche Notwendigkeit von negativen Coronatests jedoch mit einkalkuliert, kann man auch in diesen Zeiten ein solches Arbeitsleben führen.
Verschiedene Länder, die sich hierdurch auch eine neue Einnahmequelle während der Krise erhoffen, öffnen die Tore, darunter Barbados, Estland und Georgien. Im Fall von Anguilla, einer Insel in der östlichen Karibik, ist jedoch die Voraussetzung für die Vergabe eines Visums, dass die Nomaden aus Ländern mit einer Fallquote unter 0,2% Infektionsrate kommen und einen längeren Aufenthalt geplant haben. Momentan steht auch Mallorca hoch im Kurs, da es nicht mehr als Risikogebiet zählt – dies kann sich aber jederzeit wieder ändern.
Nachteile als digitaler Nomade
Allgemeine Nachteile sind jedoch der hohe Anteil an Eigenverantwortung und Verwaltungsaufwand, die Abhängigkeit von guten Internetzugängen (hohe Kosten auf Reisen) sowie die potentiell hohe Schadstoffbelastung durch die vielen Ortswechsel, sodass das Nomadentum bislang nur eine Randerscheinung ist und viele organisatorische Wege noch geebnet werden müssen. Hinzu kommt die Tatsache, dass man Familie und Freunde seltener sieht und es schwer fällt, bei kurzem Aufenthalt in fremden Ländern und Kontinenten, tiefe Bindungen einzugehen. Die Nachteile hängen stark von der Art der Arbeit ab und wie viel das Individuum reist, da digitales Nomadentum auch die Arbeit vom Elternhaus in Deutschland bedeuten kann und nicht zwangsläufig mit ständig wechselnden Standorten verknüpft ist.
Stationäres Arbeiten im Ausland
Das Phänomen der digitalen Nomaden gibt es nun schon seit mehreren Jahren und war bis vor kurzem hauptsächlich Freiberuflern, Selbstständigen und Unternehmern im digitalen Bereich vorenthalten. Da sich durch die Corona-Pandemie das Arbeiten von zuhause jedoch in einer Vielzahl von Unternehmen kultiviert hat, nehmen auch immer mehr Angestellte die gewonnen Flexibilität ihrer Arbeit wahr. In eigens für diese freiheitsliebende Arbeitnehmer gegründete Co-Working Spaces im sonnigen Ausland suchen sie nach einer höheren Lebensqualität. Ein Beispiel für dieses Konzept bietet auch das portugiesische Land Madeira, welches seit einigen Monaten gezielt um Gäste wirbt, die in der sonnigen Ferne online arbeiten wollen und können. Hier können Sonnenhungrige mit dem Laptop unter dem Arm vor Corona und dem regnerischen Wetter in die Ferne flüchten.
Dennoch gilt für Angestellte: Ein allgemeines Recht des Home-Offices im Ausland besteht nicht. Wenn Arbeitgeber dieses erlauben, so sollten Art und Umfang der Arbeit im Home-Office festgehalten und möglichst zeitlich befristet werden.
Fazit
Ob es für ein Unternehmen und Arbeitgeber notwendig ist, Mitarbeiter vor Ort zu beschäftigen, hängt neben der Art des Unternehmens (bei einem Bäcker gestaltet es sich schwierig digitale Nomaden zu beschäftigen) von den technischen Möglichkeiten in der Umsetzung und den Aufgaben ab, die es an seine Mitarbeiter abgibt.
Da digitale Nomaden in der Regel Freelancer und selbstständig sind, können sie gut für separierte Tätigkeiten beauftragt werden. Jedoch profitieren auch zunehmend Arbeitnehmer von den gewonnenen Freiheiten, welche die Corona-Maßnahmen mit sich gebracht hat. Teaminterne Abläufe und Gruppenprozesse verlaufen durch die große räumliche Trennung eventuell erschwert, sind aber mithilfe der modernen Technologien möglich. Obgleich das digitale Nomadentum mit Freiheit und Weltoffenheit wirbt, bleibt es für jeden Einzelnen abzuwägen, ob es für ihn eine realistische Alternative ist. Sicher ist jedoch, dass diese Art des Arbeitens eine Zukunft hat.
Foto/Thumbnail: ©istock.com/simonapilolla
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