Immer mehr Eingewanderte gründen in technologie- und wissensorientierten Branchen
Gründer-Trends

Immer mehr Eingewanderte gründen in technologie- und wissensorientierten Branchen

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Die Zahl der Selbständigen mit Migrationshintergrund, die zunehmend in technologie- und wissensintensiven Branchen gründen, hat stark zugenommen. Sie gründen weniger - als vorher - im Gastgewerbe und im Handel, sondern verstärkt auch in Branchen, in denen Wissen und moderne Technologien von Bedeutung sind.

Diese Ergebnisse über Migration belegt eine neue Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (ifm) an der Universität Mannheim. Das ifm berät die Bundesregierung zu Migrantenunternehmen.

Neue Unternehmen befördern wirtschaftliche Erneuerungen und Wandel, doch das Gründungsgeschehen in Deutschland hat, schon vor der Corona-Krise, beständig nachgelassen. In dieser Situation avancieren Zugewanderte zum Hoffnungsträger der Wirtschaftspolitik. Denn die Zahl von Selbständigen mit ausländischen Wurzeln ist in den letzten Jahren beständig gestiegen und gleichzeitig auch ihr Beitrag zu Innovation, Beschäftigung und der Internationalisierung des Mittelstands.

Dies sind nur einige der Befunde, auf welche die Gründungs- und Migrationsforscher Dr. René Leicht, Ralf Philipp und Prof. Dr. Michael Woywode vom Institut für Mittelstandsforschung (ifm) der Universität Mannheim in einer Expertise verweisen, die sie im Auftrag der Bundesregierung erstellten. Die wachsende „Migrantenökonomie“ ist eines von vielen Themen, welche in der „Fachkommission Integrationsfähigkeit“ beraten wurden.

Zahl der Selbständigen mit Migrationshintergrund hat um 50 Prozent zugenommen

Die Studie aus Mannheim zeigt, dass die Zahl der Selbständigen mit Migrationshintergrund zwischen 2005 und 2019 um über 250.000 auf 791.000 (+50 Prozent) zugenommen hat, während die Zahl der Selbständigen deutscher Herkunft um 360.000 (-10 Prozent) zurückgegangen ist. Mittlerweile hat jede fünfte unternehmerisch engagierte Person (20 Prozent) in Deutschland einen Migrationshintergrund. Rund 90 Prozent dieser Selbständigen sind in persona zugewandert, das heißt sind Migrantinnen und Migranten der ersten Generation.

Vermehrt Gründungen in technologie- und wissensintensiven Branchen

Anders als die „Generation der Gastarbeiter“ sind die in jüngerer Zeit Zugewanderten mit höheren Qualifikationen ausgestattet. Daher gründen sie weniger als vorherige Kohorten im Gastgewerbe und Handel, sondern verstärkt auch in Branchen, in denen Wissen und moderne Technologien von Bedeutung sind. Inzwischen ist jedes vierte Migrantenunternehmen dem Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen zuzuordnen, wozu neben technologieorientierten Start-ups, Ingenieurbüros und Forschungslaboren vor allem die Freien Berufe (von der Steuerberaterin bis zum Mediziner und Kulturschaffenden) zählen.

Exportstark dank internationaler Beziehungen

Eine herausragende Stärke der migrantischen Unternehmen sind ihre internationalen Beziehungen und Netzwerke, die sie dank Sprache und anderen landesspezifischen Kenntnissen besser als Einheimische nutzen können. Während die Gründungen von Personen deutscher Herkunft zu 9 Prozent Exportaktivitäten aufweisen, sind es unter den Migrantengründungen bereits 14 Prozent.

Migrantenunternehmen schaffen zahlreiche Jobs und Ausbildungsplätze

Bemerkenswert ist auch der beschäftigungspolitische Beitrag der Unternehmen von Zugewanderten: Konservativ geschätzt stellen sie mindestens 3,4 Millionen Arbeitsplätze. Sieht man von den Arbeitsplätzen in Kapitalgesellschaften ab, so hat unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mittlerweile jede sechste Person einen Chef oder eine Chefin mit ausländischen Wurzeln. Die wachsenden Migrantenunternehmen suchen auch zunehmend Fachkräfte, weshalb sie sich mittlerweile stärker als zuvor in der betrieblichen Ausbildung engagieren. Die Ausbildungsquote bzw. der Anteil an Azubis an allen Beschäftigten liegt bei den von Migrantinnen und Migranten geführten Betrieben mittlerweile sogar etwas höher als bei den Betrieben mit Inhaberinnen und Inhabern deutscher Herkunft.

Gesetzliche und bürokratische Hürden weiterhin hoch

Insgesamt zeigt die Expertise des ifm aber auch, dass das Gründungspotenzial von Zugewanderten noch längst nicht ausgeschöpft ist, zumal ihr Zugang zu beruflicher Selbständigkeit durch vielerlei gesetzliche und bürokratische Hürden gehemmt ist. Daher sind aus wissenschaftlicher Sicht neue Initiativen gefragt, welche einer noch wenig verbreiteten migrationssensiblen Gründungsberatung und -unterstützung neuen Schub verleihen. Hierzu müssen bisherige Erfahrungen und Konzepte systematisch zusammengetragen, bewertet und an die Beratungsstellen zurück bzw. an Politik und Projektträger weitergegeben werden. Notwendig erscheint den Forschern aber auch eine veränderte Zuwanderungspolitik, die nicht nur auf die Anwerbung von Fachkräften für deutsche Unternehmen, sondern auch auf die Einwanderung solcher Menschen setzt, die hierzulande selbst ein Unternehmen gründen möchten.

Foto/Thumbnail: ©Depositphotos.com

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