„Interim Management überzeugt mit einem hohen Grad an Flexibilität“
Im Interview sprechen wir mit Christof Kerscher, Provider von Interim Managern, und Robert Knemeyer, Interim Personalleiter, über die typischen Aufgaben als Interim Manager. Unternehmen fragen sowohl externe Spezialisten, als auch Generalisten für das Interim Management an, die nicht nur beraten, sondern auch die Aufgaben direkt umsetzen. Daher ist die Abklärung von Aufgaben und Zielen in den Firmen sehr wichtig, wie auch eine direkte und offene Kommunikation mit den Abteilungen.
Onpulson: Herr Kerscher, Herr Knemeyer, Sie sind Experten im Gebiet Interim Management mit langjähriger Berufserfahrung. Was macht Ihnen in dieser Funktion besonders Spaß?
Christof Kerscher: Ich bin bereits seit 12 Jahren im Interim-Markt und als Geschäftsführer bei der Personalberatung HR-Consultants GmbH vermittle ich bundesweit Interim Manager und Festangestellte in den Bereichen HR und Finance. Dabei steht uns ein interner Pool von über 2000 HR und Finance Interim Managern zur Verfügung. Die Gründe für die Karriere als Interim Manager sind vielfältig. Dabei sind vor allem Entscheidungsfreiheit, eine „persönliche Karriere“ und die abwechslungsreiche Herausforderung, immer wieder mit neuen Unternehmen zu arbeiten, im Vordergrund.
Robert Knemeyer: Ich bin bereits seit 2005 mit meinem Unternehmen KPI-HR als Interim Manager tätig und habe bisher um die 40 Projekte mit jeweils einer Dauer zwischen einem und 18 Monaten betreut. Als Interim Personalleiter oder Interim HR Projektleiter ergeben sich für mich abwechslungsreiche Tätigkeiten. Typische Situationen sind beispielsweise Systemwechsel oder Systemneueinführungen, Überbrückungen nach Austritt bis zur Neubesetzung, Prozessoptimierungen sowie Situationsanalysen und Schulungen. Was mir in dieser Position besonders viel Spaß macht ist die Flexibilität und Selbstbestimmung, die die Arbeit mit sich bringt. Man kann auch mal mehrere Projekte machen oder nur Teilzeit. Zudem spart man sich viel Aufwand, wenn man sich nicht darum kümmern muss, sich zu positionieren und zu beweisen, damit man ernst genommen wird.
Onpulson: Für welche Situationen werden Interim Manager angefragt?
Christof Kerscher: Ich habe beobachtet, dass das Spektrum der Anfragen immer „bunter“ wird. Sowohl Generalisten als auch Spezialisten werden angefragt. Auch unterschiedliche Positionen werden von Interim Managern besetzt. Das fängt an beim Senior Personalreferent und geht bis zum Global Vice President. Reine Projektarbeit und Vakanz-Überbrückung gehören zu den Hauptaufgaben eines Interim Managers.
Robert Knemeyer: Meist bekomme ich Anfragen für die Steuerung von Projekten, die nicht im „daily business“ umsetzbar sind. Oft fehlt es den Unternehmen an Know-how und Kapazitäten, weshalb sie sich Hilfe von einem Interim Manager suchen. Dabei werde ich vermehrt für operative Themen, nicht so sehr für strategische Themen angefragt.
Auf was sollten Unternehmen bei Interim Management achten?
Onpulson: Können Sie uns sagen, wann Interim Management überhaupt sinnvoll ist und wie es sich von Zeitarbeit und Beratung bzw. Outsourcing abgrenzt?
Christof Kerscher: Interim Manager sind selbstständige Unternehmer und erfahrene Manager mit viel Know-how und Praxiserfahrung, das grenzt sie von Zeitarbeitern ab. Zudem ist die Zusammenarbeit mit Interim Managern zeitlich begrenzt, darin liegt der Unterschied zum Outsourcing. Berater sind meist sehr strategisch ausgerichtet, wohingegen Interim Manager selbst aus der Linie kommen und daher viel Erfahrung im operativen Bereich mitbringen. Vor allem aber beraten sie nicht nur, sondern setzen die Maßnahmen auch selbst um.
Robert Knemeyer: Man braucht immer einen Projektleiter auf Kandidatenseite, der sich quasi hauptamtlich darum kümmert. Das klappt nie nebenbei. Interim Management hat viele Vorteile. Beispielsweise gibt es den Vorteil, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Interim Manager problemlos beendet wird, sobald das Projektende erreicht ist. Bei Zeitarbeit bekommt man lediglich einen Erfüllungsgehilfen, bei Interim Management einen Unternehmer, der etwas verantwortlich umsetzt.
Onpulson: Wer fragt Interim Manager an und wie konkret sind die Anfragen?
Christof Kerscher: Die Anfragen, die ich für Interim Management bekomme, sind oft sehr rudimentär. Die genauen Anforderungen ergeben sich dann mit der Zeit nach dem Erstkontakt. Anfragen kommen sowohl von Unternehmen selbst, aber die meisten bekommen wir auf Empfehlung von zufriedenen Kunden und dem Netzwerk. Da diese Anfragen meist sehr kurzfristig sind, machen wir weniger direkten Vertrieb, sondern zeigen vielmehr Präsenz, damit man weiß, an wen man sich wenden kann, wenn es schnellen Bedarf gibt.
Robert Knemeyer: Ich bekomme in der Regel ganz unterschiedliche Anfragen. Diese können von Agenturen sein, aber auch von Firmen direkt, häufig, weil diese etwas von mir gelesen haben und gerade dieses Problem haben. Meist gibt es zu Beginn des Kontaktes erstmal nur einen Aufhänger, der dann nach Start der Zusammenarbeit ausgeweitet wird und so entsteht eine detaillierte Anfrage, mit der ich arbeiten kann. Meiner Erfahrung nach ist der häufigste Startzeitpunkt von Seiten der Agenturen oder Firmen „am liebsten letzte Woche“. Ansonsten sind die Anfragen aber sehr unterschiedlich und individuell, da gibt es offenbar unterschiedliche Phasen.
Onpulson: Angenommen ich wäre auf der Suche nach einem Interim Manager, worauf sollte ich achten, wenn ich mich für Interim Management generell und den einzelnen Interim Manager speziell entscheide?
Christof Kerscher: Man sollte sich zuerst einmal einige Aspekte klar machen: Gibt es für die Einstellung eines Interim Managers intern das Budget oder ist dafür eine Genehmigung durch den Betriebsrat nötig? Möchte man eher einen Berater oder eher einen Umsetzer? Ist das Unternehmen oder die Abteilung bereit, einen pragmatischen, flexiblen und lösungsorientierten Interim Manager zu integrieren? Erst wenn diese Fragen intern beantwortet sind, macht es Sinn, sich auf die Suche nach einem Interim Manager zu begeben. Zudem sollte man genaue Vorstellungen davon haben, wie der Interim Manager in die Organisation eingebunden werden soll und mit welchem Volumen.
Robert Knemeyer: Ich denke, es ist besonders wichtig, dass man weiß, wofür man den Interim Manager braucht. Es wird gerne für operative Themen angefragt, um dann festzustellen, dass die Strategie gar nicht passt. Die meisten Kunden berechnen auch zu viel Aufwand dafür. Viele fragen 5 Tage an, der Aufwand ist aber meist geringer.
Im Interim Management gilt der Grundsatz: „Alles kann, nichts muss“
Onpulson: Wie flexibel ist Interim Management bezüglich Inhalt, Verantwortung, Dauer und Volumen?
Christof Kerscher: Es gibt selten eine konkrete Stellenbeschreibung. Interim Management überzeugt mit einem hohen Grad an Flexibilität. Die Planung von Einsatztagen ist sehr bedarfsgerecht möglich. Zudem gibt es kurze Kündigungsfristen, die die Flexibilität der Kunden nochmal erhöhen. Kurz zusammengefasst: You pay what you get.
Robert Knemeyer: Interim Management ist generell sehr flexibel. Es gibt Spezialisten für Branchen oder Systeme, aber auch Generalisten für die jeweiligen Bereiche, je nach Anforderung des Kunden. Flexibilität ist auch bei der Einarbeitung gefragt. Ich denke beim Interim Management gilt der Grundsatz: Alles kann, nichts muss. Die Rahmenbedingungen können unterschiedlich und nach Wunsch des Kunden gestaltet werden. Bei der Dauer ist alles zwischen vier Wochen und 18 Monaten möglich.
Onpulson: Dass Interim Management sehr flexibel ist, habe ich jetzt gelernt. Aber wie erarbeiten Sie mit dem Auftraggeber eine flexible und dennoch klare Auftragsklärung und wie onboarden Sie sich selbst im beginnenden Projekt?
Christof Kerscher: Interim Manager müssen sich gleich zu Beginn des Projektes intern „verkaufen“. Welche Rolle habe ich und welche nicht? Für welches Projekt bin ich geholt worden und wo liegen meine Aufgabenschwerpunkte? Interim Manager sind keine Unternehmensberater. Auch wenn sie stets auch beraten, arbeiten sie immer mit dem Team und setzen um. Und eine Abgrenzung zu anderen Projekten ist wichtig. Oft wird man als „Abladestation“ für alle möglichen liegengebliebenen Aufgaben gesehen. Das kann man durchaus machen als Folgeprojekt, was übrigens sehr häufig vorkommt, aber zunächst gilt die Energie dem eigentlichen Projekt.
Robert Knemeyer: Ich bin da sehr pragmatisch: Am ersten Tag gleich mit der Arbeit anfangen. Als organisatorisch sehr wertvoll hat sich für mich die Arbeit mit „imaginären“ Checklisten herausgestellt. Auf diesen prüfe ich neuralgische Punkte des Auftrages. Priorität hat für mich jedoch das Einzelgespräch mit den wichtigsten Ansprechpartnern des Projekts. Persönliche Beratung und Abklärung von Aufgaben und Zielen ist enorm wichtig, genauso wie eine direkte und offene Kommunikation und Vertrauen. Daher steht für mich der persönliche Kontakt immer an erster Stelle.
Onpulson: Wie schnell sind Sie produktiv?
Christof Kerscher: Die Produktivität kommt ziemlich schnell, es gibt keine lange Einarbeitung. Ich denke beim Thema Produktivität geht es auch viel um das Thema Priorisierung. Daher gilt für mich der Grundsatz: Nur die für das Projekt relevantesten Menschen und Systeme kennenlernen. So liegt der Fokus auf dem Wesentlichen und man kann schnell die geforderten Ergebnisse erzielen.
Robert Knemeyer: Eigentlich sofort, man kann schon nach 24 Stunden die Kosten komplett amortisieren. Ansonsten steht nach 14 Tagen der Plan für die Vorgehensweise. Es hat auch schon mal 3 Wochen mit IT-Zugriff gedauert, aber eigentlich ist am ersten Tag oder am zweiten Tag alles parat.
Worauf es beim Matching-Vorgang zwischen Unternehmen und Interim Manager ankommt
Onpulson: Welche Aufgaben übernimmt eigentlich der Provider beim Matching-Vorgang?
Christof Kerscher: Der Provider spielt bei der Suche nach Interim Managern eine entscheidende Rolle. Er kennt bestmöglich die Unternehmenskultur und die handelnden Personen auf beiden Seiten. Er ist folglich ein Berater und verschickt nicht nur Profile. Die Erfolgsfaktoren für die erfolgreiche Vermittlung von Interim Managern sind Transparenz und Ehrlichkeit in alle Richtungen, Geschwindigkeit, Fachwissen sowie ein gutes Händchen für ein perfektes Matching. Diese Werte sind für mich enorm wichtig und werden auch bei uns im Unternehmen gelebt.
Robert Knemeyer: Als Provider kann man gut Empfehlungen geben, wenn man schon lange mit dem Kunden oder Interim Manager zusammengearbeitet hat. Diese Informationen liegen ohne Provider nicht vor. Der Provider spielt folglich eine Mediatorrolle und kann beide Parteien gut aufeinander vorbereiten.
Onpulson: Was kostet Interim Management und welche Vertragsverhältnisse gibt es?
Christof Kerscher: Die Vergütung erfolgt meist nach Tagessatz, eher selten auch mal nach Stundensatz. Im Dreiecksverhältnis zwischen Interim Manager, Kunde und Provider kann der Vertrag direkt mit dem Interim Manager oder über den Provider abgewickelt werden. Um mal Zahlen zu nennen: Die Kosten fangen bei 600 € Tagessatz an, im Durschnitt sind es um die 1.000 €.
Robert Knemeyer: Das ist unterschiedlich. Die Abrechnung mit Providern erfolgt häufiger, es gibt aber auch direkte Abrechnungen zum Kunden.
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