Wie Sie professionelle Kündigungsgespräche führen
Bei Entlassungen trägt der Chef die Verantwortung - Trennungsgespräche stehen hier an der Tagesordnung. Viele sind allerdings mit dieser unangenehmen Aufgabe überfordert. Hinzu kommt: Auch den übrigen Kollegen in der Abteilung muss die Kündigung angemessen kommuniziert werden.
Wie sollen Kündigungsgespräche am besten vollzogen werden? Monika Lauberger (Name von der Redaktion geändert) verantwortete über viele Jahre den Einkauf bei einem mittelständischen Maschinenbauer. Eines Tages findet sie die Kündigung auf ihrem Schreibtisch. Diese Nachricht trifft sie aus heiterem Himmel. Für die Einkäuferin ist das ein Schock. Nicht nur, weil sie unsicher ist, wie es nun beruflich weiter gehen wird, sondern auch, weil die Personalabteilung ihr die Kündigung anonym übermittelt hat. Stattdessen hätte sie sich ein offenes, faires Gespräch mit ihrem Chef gewünscht, bevor es die Runde im Unternehmen gemacht hat.
Kaum ein Thema in Unternehmen ist so heikel wie die endgültige Trennung. Was auch immer die Gründe dafür sein mögen, ist die Botschaft für den Betroffenen unerbittlich: „Wir brauchen dich als Arbeitskraft nicht mehr.“ Das frustriert und nagt am Selbstwertgefühl.
Der direkten Führungskraft fällt die Rolle des Überbringers der schlechten Nachricht schwer, befürchtet sie doch, dem Mitarbeiter die berufliche Existenz zu nehmen oder ihm anderweitig zu schaden. Kein Wunder, dass sich viele Führungskräfte ängstlich darum drücken wollen oder HR diese unliebsame Aufgabe überlassen. Doch die Trennung und das Führen von Trennungsgesprächen gehören zur Kernaufgabe jeder Führungskraft: Der direkte Vorgesetzte sollte die Kündigung aussprechen, auch in Begleitung von HR, weil er zu seinem Mitarbeiter eine persönliche Beziehung hat. Fühlen sich Führungskräfte in der Situation unsicher, trösten sie zum Beispiel mit falschen Versprechen, die unberechtigte Hoffnungen bei dem Betroffenen wecken.
Was ist die Folge?
Bei dem Gekündigten hinterlässt es einen schlechten Nachgeschmack, und ihren Unmut darüber lassen sie bei Ihren Kollegen und mitunter auf Arbeitgeberbewertungsportalen aus, was dem Arbeitgeberimage immens schaden kann.
Nach Ansicht von Matthias Heinz, der als Professor für Unternehmensstrategie an der Uni Köln zum Thema Stellenstreichungen forscht, unterschätzen Unternehmen vor allem die Auswirkung betriebsbedingter Kündigungen auf die verbleibenden Mitarbeiter: Mangelnde Kommunikation im Trennungsprozess führt zu Verunsicherung und Demotivation bis hin zur Kündigung von Leistungsträgern, die sich nicht mehr mit ihrem Arbeitgeber identifizieren können und sich folglich anderweitig umschauen.
Kündigungen angemessen verkünden
Diese negativen Folgen ließen sich vermeiden, wenn die Betroffenen einen fairen und transparenten Trennungsprozess erleben würden. Vor dem eigentlichen Kündigungsgespräch sollte HR als Prozessbegleiter mit der direkten Führungskraft und gegebenenfalls dem Betriebsrat wichtige strategische Fragen erörtern, zum Beispiel: Wie sollte die Kündigung begründet werden, welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung, um dem Betroffenen zum Beispiel eine Outplacementberatung anzubieten, und welche Botschaften kommunizieren wir gegenüber der Belegschaft? Nur wenn Führungskräfte in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden, können sie hinter einer Trennung stehen und diese auch gut exekutieren. Ebenso gilt es, bei den verbleibenden Leistungsträgern Flagge zu zeigen und ihnen eine Zukunftsperspektive zu vermitteln.
Direkt zur Sache kommen statt Small Talk
Grundsätzlich sollten Führungskräfte vorbereitet in Trennungsgespräche gehen. Sie müssen klar begründen können, warum das Unternehmen den Mitarbeiter entlassen muss. Eine Gesprächseinleitung könnte etwa so lauten: „Unser Geschäft ist Corona-bedingt eingebrochen. Als Sparmaßnahme hat die Geschäftsführung auch betriebsbedingte Kündigungen beschlossen. Leider trifft es auch Sie, und wir müssen Ihnen bis zum Datum X kündigen.“ Wichtig ist zu erkennen, dass der Mitarbeiter auf die Nachricht einer Trennung unterschiedlich reagieren kann: Geschockt sein, Schweigen, Wut oder Tränen sind völlig normale Reaktionen.
Halten Sie diese Situation aus, beschönigen Sie nichts, aber bleiben Sie empathisch präsent bei den Betroffenen. Ist der erste Schock überwunden, sollte die Führungskraft ein paar Tage später ein Follow-up-Gespräch vorschlagen. So findet sie auch eher Gehör, um das weitere Vorgehen zu besprechen und eventuelle Unterstützungsangebote des Unternehmens zu platzieren.
Auch die verbleibenden Mitarbeiter, die vertraute Kollegen verlieren, brauchen Zuspruch und fragen sich: Was ist mein künftiger Platz und Beitrag im Team? Führungskräfte sollten Zuversicht vermitteln, den Wertschöpfungsbeitrag des Einzelnen hervorheben und die jeweiligen Entwicklungsbedarfe erfragen, um Kündigungen in der Zukunft möglicherweise abwenden zu können.
Führungskräfte sollten vorher Reflexion betreiben
- Klarheit über den eigenen Verantwortungsbereich zu erhalten: Was gehört zu meiner Fürsorgepflicht und wo hört diese auf? Was biete ich zur Begleitung bis zum Ausscheiden an (zum Beispiel Weiterbildung, Übergabe an den Nachfolger), und was muss der Mitarbeiter selbst dafür tun?
- Ängste zu überwinden, um selbstsicher ins Gespräch zu gehen und die Trennungsbotschaft klar zu übermitteln.
- Verständnis für die Emotionen des Mitarbeiters und für die eigenen zu entwickeln. Als Methode eignet sich der Rollentausch, bei dem die Führungskraft sowohl in die Rolle des Verkünders der Botschaft als auch des Gekündigten schlüpft.
- Offene, transparente und wertschätzende Kommunikation trainieren.
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