So verändert COVID-19 das Leben in den Städten
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So verändert COVID-19 das Leben in den Städten

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Die Corona-Pandemie hat dicht besiedelte Städte besonders hart getroffen und das Leben in der City nachhaltig verändert: Immer mehr Menschen arbeiten aus dem Home-Office, sie kaufen in kleinen Läden vor der Haustür ein - und nutzen verstärkt das Fahrrad oder gehen zu Fuß, anstatt mit dem Auto oder Bus zu fahren. Das Leben verlagert sich damit von der Innenstadt in die Stadtteilquartiere - und beträchtliche Umsätze wandern aus dem Gastgewerbe in den Lebensmitteleinzelhandel.

Zu diesen Ergebnissen über Städte kommt der zweite Teil der Studie „European Consumer Insights Survey 2020“, für den die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) europäische Stadtbewohner aus sieben Ländern befragt hat (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Schweden, Spanien). Rund 6.200 Teilnehmer wurden vor der Corona-Krise befragt; weitere 3.400 nach dem Ausbruch der Krise. Unter den Befragten waren rund 500 deutsche Konsumenten aus den Großstädten Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt.

Umsätze verlagern sich von Restaurants in den Lebensmittelhandel

„Immer mehr Städter arbeiten heute und wohl auch in Zukunft aus dem Home-Office. Das Leben verlagert sich dadurch vom Stadtzentrum in die Wohnviertel. Dieser Trend wirkt sich nicht nur auf die Händler in den Innenstädten aus, die weniger Laufkundschaft haben, sondern auch auf Restaurants, Cafés und kleine Läden, die stark von der arbeitenden Bevölkerung abhängen“, kommentiert Dr. Christian Wulff, der den Bereich Handel und Konsumgüter bei PwC Deutschland leitet. Er schätzt, dass auch über die COVID-19-Pandemie hinaus jährlich Umsätze in Höhe von rund fünf Milliarden Euro aus dem Gastgewerbe in den Lebensmitteleinzelhandel fließen.

Gute digitale Infrastruktur als Wettbewerbsvorteil

Bereits vor Corona arbeiteten 70 Prozent der deutschen Stadtbewohner zumindest gelegentlich aus dem Home-Office. Seit dem Ausbruch der Pandemie ist die Arbeit vom heimischen Schreibtisch für viele Europäer zum Alltag geworden. Damit dies reibungslos funktioniert, ist neben der technischen Ausstattung eine schnelle und stabile Internetverbindung unerlässlich – und auf die können sich die deutschen Städter offenbar verlassen: 70 Prozent sind mit der Breitband-Geschwindigkeit in ihrem Zuhause grundsätzlich zufrieden. Aktuell befindet sich Deutschland übrigens auf Platz 25 im internationalen Vergleich.

„Städte und Regionen mit einer sehr guten digitalen Infrastruktur haben einen klaren Wettbewerbsvorteil, wenn es darum geht, hochqualifizierte Mitarbeiter und unternehmerische Investitionen anzuziehen. Denn schnelles und verlässliches Internet ist nicht nur für die Arbeit aus dem Home-Office essenziell, sondern auch für andere Aktivitäten wie Onlineshopping oder Unterhaltungsmedien, etwa Video-Streaming oder Gaming, die Corona-bedingt boomen“, analysiert Christian Wulff.

Individuelle Verkehrsmittel und Carsharing im Aufwind

Die Pandemie hat zudem das Mobilitätsverhalten der Stadtbewohner stark verändert: Immer mehr Menschen bevorzugen individuelle Verkehrsmittel – wohl aus Angst vor einer Ansteckung in öffentlichen Bussen und Bahnen. Dabei hängt die Wahl des Transportmittels auch davon ab, wo und was die Verbraucher einkaufen: Rund 60 Prozent der deutschen Großstadtbewohner erledigen ihre täglichen Einkäufe entweder zu Fuß (34 Prozent) oder mit dem Fahrrad (26 Prozent). Wer in einem Einkaufszentrum außerhalb der Stadt einkauft, nutzt für die Anreise dagegen häufig das Auto (43 Prozent).

Das gilt zwar als Corona-sicheres Verkehrsmittel, ist aber teuer und in Großstädten mitunter stressig. Deshalb gewinnen Car-Sharing-Modelle bei europäischen Stadtbewohnern an Popularität: 13 Prozent haben ein solches Modell bereits ausprobiert; weitere 36 Prozent sind bereit, dies in Zukunft zu testen.

Umweltaspekte fließen in die Wahl des Transportmittels ein

Manche Transportmittel sind nicht nur praktisch und günstig, sondern auch aus Umweltaspekten besser geeignet als andere. Diese Überlegungen spielen für immer mehr Stadtbewohner eine Rolle. Auf die Frage, welche Maßnahmen die negativen Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren könnten, nannten zwei Drittel (66 Prozent) der deutschen Städter den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes – trotz vermeintlich erhöhter Infektionsgefahr. Ebenso sind zwei Drittel (67 Prozent) der Meinung, dass Investitionen in die Infrastruktur für personenbetriebene Verkehrsmittel – beispielsweise schnelle und sichere Radwege – wichtig sind, um umweltschädliche Auswirkungen wie CO2-Emissionen zu reduzieren.

„Smarte Mobilitätslösungen sind ein wichtiger Schlüssel, um die Attraktivität der Großstädte zu erhalten oder weiter zu steigern. Städte müssen intelligente Ansätze für ihre Infrastruktur finden, die dem Mobilitätswandel der Bewohner Rechnung tragen: Dazu gehört die Incentivierung einer Kultur des Teilens statt Besitzens, etwa durch das Angebot kostenloser Parkplätze für Carsharing, und die Konnektivität von Transportmitteln, zum Beispiel durch Apps, die einen reibungslosen Wechsel zwischen verschiedenen Transportmitteln auf einer Plattform ermöglichen“, so das Fazit von Christian Wulff.

Deutsche sind zufrieden mit dem Krisenmanagement ihrer Stadt

Aber auch die gesundheitliche und finanzielle Sicherheit spielt für die europäischen Stadtbewohner in Krisenzeiten eine wichtige Rolle. Bereits vor der Corona-Krise begrüßte die große Mehrheit der Befragten (67 Prozent der Deutschen) Initiativen, die darauf abzielen, große Unternehmen in die Stadt zu locken.

„Durch COVID-19 gewinnen auch Stadtrandlagen an Attraktivität, die bislang nicht optimal an die Innenstadt angebunden sind. Städte haben die Chance, dort bezahlbaren Wohnraum für Bewohner zu schaffen, die ohnehin einen Teil ihrer Arbeit im Home-Office erledigen. Gleichzeitig eignen sich die Stadtrandlagen für die Ansiedlung neuer Unternehmen, da deren Attraktivität gerade für die digitale Workforce immer weniger von einer guten Verkehrsanbindung an die Innenstadt abhängig ist“, erklärt Christian Wulff.

Bei allen anstehenden Entscheidungen genießen die deutschen Großstädte aktuell einen Vertrauensvorschuss: Die Mehrheit der Städter hierzulande (63 Prozent) ist zufrieden, wie ihre Stadt die Krisensituation gemeistert hat. In fast allen anderen europäischen Ländern ist das Vertrauen in die eigene Stadt deutlich niedriger: In Frankreich und den Niederlanden sind jeweils nur 36 Prozent der Meinung, dass ihre Stadt gut auf COVID-19 vorbereitet war. Im Vereinigten Königreich und in Schweden liegt dieser Anteil mit 27 bzw. 22 Prozent sogar noch niedriger.

Foto/Thumbnail: ©Depositphotos.com

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