Künstliche Intelligenz – aber wie? Anwendungsmöglichkeiten für den Mittelstand
Künstliche Intelligenz (KI) kommt im Mittelstand an, das belegen Studien in regelmäßigen Abständen. Trotzdem bestehen in vielen mittelständischen Unternehmen nach wie vor Schwierigkeiten, wie sich das Thema sinnvoll in Strukturen und Prozesse integrieren lässt. Dabei sind die Anwendungsmöglichkeiten für KI überaus vielfältig.
Die Frage, ob KI für den Mittelstand ein relevantes Thema oder doch nur ein Buzzword ist, scheint hinreichend geklärt. Umfragen unter Unternehmen und Experten auf dem Gebiet sind sich einig, dass es keineswegs nur ein Hype ist. Das untermauert daher auch eine Erhebung von Mittelstand-Digital, die Relevanz, Anwendungen und Transfer von KI im Mittelstand untersucht hat.
Von den befragten Experten halten 77 Prozent den Einsatz von KI für die Zukunft des Mittelstandes, 70 Prozent sehen darin sogar den Schlüssel zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Dazu werden die Potenziale der Technologie für die gesamte Wertschöpfungskette durchaus erkannt. Die Frage lautet daher längst nicht mehr, warum KI genutzt werden sollte – sondern wie.
Das Potenzial ist da – die praktische Anwendung nicht
In der Praxis zeichnet sich allerdings immer noch häufig ein anderes Bild. In einer Umfrage des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft e.V. (BVMW) gaben fast 40 Prozent der befragten Unternehmer an, KI weder anzuwenden noch dahingehende Pläne zu verfolgen. Weitere 25 Prozent nutzen KI derzeit ebenfalls noch nicht, planen aber immerhin, dies in Zukunft zu tun.
Die Gründe für den bisherigen Verzicht auf KI sind unterschiedlich:
- Rund 18 Prozent der Befragten haben sich bislang gar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt.
- Etwas mehr als 22 Prozent fehlt der Überblick über die möglichen Anwendungsfälle.
- Keine Nutzwerte für den Einsatz von KI sehen rund 19 Prozent.
- Jeweils zwischen 12 und 13 Prozent der Befragten gaben fehlendes technisches Expertenwissen und fehlende finanzielle Mittel als Hauptgrund an.
Daneben sehen einige Unternehmen keine Notwendigkeit oder keine relevanten Anwendungen, die KI für sie interessant machen könnten. Immerhin: Gemessen am niedrigen Wert von Furcht und Skepsis (rund 1 Prozent), scheint zumindest eine grundsätzliche Aufgeschlossenheit gegenüber dem Thema zu bestehen.
Wie kann sich KI im Mittelstand etablieren?
Fehlendes Knowhow und fehlende Fachkräfte werden tatsächlich als die schwerwiegendsten Hemmnisse angegeben, die KI-Anwendungen in mittelständischen Unternehmen verhindern. Es ist in vielen Betrieben kein oder zu wenig IT-Personal verfügbar, vor allem die kleineren Unternehmen haben bei der Rekrutierung von Fachkräften häufig das Nachsehen gegenüber besser zahlenden Großbetrieben.
Möglichkeiten, dieses Hemmnis zu umgehen, gibt es aber trotzdem. Denn KI-Lösungen müssen nicht zwangsläufig aktiv genutzt werden. Vielmehr können mittelständische Betriebe von externen KI-Angeboten von Dritten profitieren. Der Vorteil von „KI-as-a-Service“: Der Bedarf an IT-Knowhow und Fachpersonal ist deutlich geringer, im Vergleich zu einer eigenständigen Implementierung solcher Lösungen.
Das heißt auch, dass solche KI-Angebote sehr viel schneller im täglichen Geschäft genutzt werden können, da sie bereits fertig entwickelt sind. Stellen die Drittanbieter ihre Leistungen als „Pay-per-use“-Angebot zur Verfügung, lassen sich außerdem die Kosten für die KI-Anwendung sehr viel leichter kalkulieren – und vor allem niedrig halten.
Den Unternehmen eröffnet sich sogar die Möglichkeit, unterschiedliche Lösungen zu testen, ohne sich dem (finanziellen) Risiko von Fehlentwicklungen auszusetzen. Investitionen in eine weitreichende Infrastruktur, angefangen bei den notwendigen Rechenkapazitäten, entfallen somit ebenfalls. Für KMU ist die passive KI-Nutzung deshalb durchaus attraktiv, selbst wenn die angebotenen Leistungen weitgehend standardisiert sind.
Vielfältige Anwendungsbereiche für KI
Dass in vielen Unternehmen die Übersicht über die Einsatzmöglichkeiten für KI-Lösungen fehlt, mag einerseits der mangelnden Beschäftigung mit dem Thema geschuldet sein. Andererseits fällt es aber womöglich auch schwer, angesichts der Vielfalt der Anwendungsbereiche diejenigen zu finden, die für die eigenen Belange den größten Nutzen versprechen.
Das größte Feld macht in dieser Hinsicht die IT aus, gegenüber dem BVMW gaben das rund 38 Prozent der Befragten an. Dicht dahinter folgen Marketing und Vertrieb, wo KI unter anderem maßgeblich an der Verbesserung der Customer Experience mitarbeiten kann. In der Verwaltung kommt KI bei jedem dritten Unternehmen zum Einsatz, etwas weniger sind es im Bereich Service (26 Prozent).
Dazu kommen Produktion (ca. 19 Prozent), Logistik (rund 7 Prozent) und HR (6,5 Prozent). Weitere Anwendungsfelder beschreiben schon mehr konkrete Aufgaben als Unternehmensbereiche. So nutzen Mittelständler KI-Lösungen bei Übersetzungen, der Projektplanung, bei Forschung und Entwicklung und nicht zuletzt bei der Buchhaltung, die hier Routinearbeiten automatisiert erledigen kann.
Aus ähnlichen Gründen wird in der Qualitätskontrolle mittelständischer Betriebe auf Automatisierung mit KI-Unterstützung gesetzt. Dank Maschinenlernen ist auf der einen Seite eine große Variabilität möglich, die bei der Erfassung verschiedenster Fehler hilft. Auf der anderen Seite kann die Beurteilung dieser Fehler standardisiert werden. Die Kontrollen laufen dadurch schneller, während die Fehleranfälligkeit manueller Überprüfungen wegfällt.
Welche KI-Anwendungen sind für den Mittelstand relevant?
Damit sind einige Beispiele für mögliche Anwendungen von KI genannt, die in mittelständischen Betrieben unabhängig von der Größe für mehr Effizienz und eine optimierte Wertschöpfungskette sorgen können.
Intelligente Automatisierung wird hierbei als besonders wichtig eingestuft, weil sie in vielen Unternehmensbereichen hilfreich sein kann. Naheliegend ist beispielsweise die Nutzung in der Produktion, doch genauso lassen sich Rechnungswesen, Buchhaltung und Datenverwaltung auf diesem Wege einfacher gestalten.
Die Einschätzungen zu verschiedenen KI-Anwendungen, wie sie der Mittelstand-Digital-Umfrage zu entnehmen sind, lassen sich sowohl über die branchenspezifische Relevanz (etwa intelligente Sensorik) als auch über spezifisch mittelständische Problemfelder erklären. Letzteres gilt vor allem für die Rolle, die dem Wissensmanagement beigemessen wird. Sie kann auf zwei unterschiedliche Gründe zurückgeführt werden:
- Der Fachkräftemangel in KMU erhöht die Abhängigkeit von vorhandenen Fachkräften und deren Wissen. Durch den Einsatz von KI-basiertem Wissensmanagement kann diese Abhängigkeit wenigstens teilweise abgeschwächt werden, weil das Wissen unabhängig von der Person erhalten bleibt.
- Großunternehmen sind beim Thema Wissensmanagement häufig weiter als KMU, auch wegen größerer Ressourcen. Um aufzuholen, setzen die kleineren Mittelständler daher verstärkt auf Anwendungen aus diesem Bereich.
Grundsätzlich scheint den deutschen Unternehmen des Mittelstands keine KI-Anwendung irrelevant, wenngleich es Unterschiede gibt. Die sind aber selten wirklich groß, der geringe Anteil der Befragten, der Chatbots als „sehr relevant“ einstuft, ist dabei schon eine Ausnahme.
Lesetipp: 7 hilfreiche KI-Tools, die den Arbeitsalltag erleichtern
Foto/Thumbnail: ©Depositphotos.com
Kommentare