Wie Sie mit Klartext und Charisma das Kundenvertrauen gewinnen
Die Kraft der klaren Worte ist auch im Vertrieb immens. Leider trauen sich zu wenige Verkäufer und Vertriebsleiter sowohl in der internen als auch externen Kommunikation für Klartext zu sorgen. Doch Weichspüler-Formulierungen sind keine Lösung, um Kundenvertrauen zu gewinnen. Menschen, die ihre charismatische Ausstrahlung festigen und ausbauen möchten, nutzen vielmehr die Kraft der klaren Worte.
Inhaltsverzeichnis
Mit psychologischen Tricks lässt sich kein Kundenvertrauen gewinnen
„Ich wollte nur einmal nachfragen, ob das Angebot schon angekommen ist!“ Verkäufer, die mit dieser Standard-Frage bei der Olympiade der Einfallslosigkeit auf dem obersten Treppchen stehen, lügen in aller Regel. Denn sie möchten nicht wissen, ob das Angebot angekommen ist, sie gehen in aller Regel davon aus, dass es den Kunden erreicht hat. Vielmehr möchten sie wissen, warum der Kunde nicht endlich bestellt. Und sie möchten wissen, was sie als Verkäufer nun tun können, um den Kunden zum Kauf zu bewegen. Warum nur sagen sie nicht, was Sache ist? Warum reden sie nicht Klartext?
Verkäufern eilt insbesondere in Deutschland häufig ein Misstrauensvorschuss voraus. Leider zuweilen auch zu Recht, denn noch immer trainiert man in unzähligen Seminaren psychologische Tricks, um Kunden zum Kauf zu überreden. Ein Teil der Verkäufer auch im B2B-Umfeld lässt sich auf diese Masche ein, und der Kunde reagiert damit zunehmend mit Skepsis. Durch diese Vorgehensweise werden allerdings auch die ehrlichen Verkäufer in Misskredit gezogen – aber das wiederum zu Unrecht.
Reden ohne verbale Maskerade: Die verblüffende Wirkung
Was Sie mit einer ehrlichen und offenen Kommunikation erreichen können, lässt sich beispielweise von Dr. Gertrud Steinbrück lernen, der Frau des ehemaligen Kanzlerkandidaten der SPD. Auf einem SPD-Parteikonvent hatte sie die übliche verbale Maskerade fallen lassen und mittels 100 Prozent Klartext zum Ausdruck gebracht, was sie von der Kanzlerkandidatur ihres Mannes selbst hielt. Sie hielt exakt genau so viel, wie ein potenzieller Kunde bei einem Werbeanruf mit der Aussage „Wir melden uns“ vom vermeintlich interessanten Anbieter wissen möchte – nichts.
In einem wehmütigen Monolog redete sie sich in Rage. Sie berichtete, wie ihr Mann in den letzten Monaten behandelt wurde, obwohl er wirklich nichts verbrochen habe. Er vertrat einfach nur eine gewisse politische Meinung. Obwohl den Genossen inhaltlich nicht gefallen haben kann, was Gertrud Steinbrück dort zum Besten gab, erntete sie als einzige minutenlange authentische Standing Ovations und Applaus. Es war kein Pflicht-Klatschen, sondern ehrliche und herzliche Zustimmung. Mit entwaffnender Ehrlichkeit hatte sie die Aufmerksamkeit und Zustimmung der Menschen schlagartig gewonnen – und zwar, weil sie Plattitüden, Binsenweisheiten und Standardformulierungen unter Berücksichtigung der „political correctness“ gescheut hatte wie der Teufel das Weihwasser.
Beschönigende Formulierungen, Plattitüden und Binsenweisheiten allenthalben: Wer mit offenen Augen durch die Geschäftswelt wandert, kommt nicht umhin, mit vernebelter Kommunikation konfrontiert, manches Mal malträtiert zu werden. Möglichst weichgespülte Formulierungen sorgen bei der internen Unternehmenskommunikation dafür, dass man die firmeneigenen Botschaften am schwarzen Brett häufig nur noch mit einem müden Lächeln quittierte. „Herr Müller-Lüdenscheid und unser Unternehmen haben sich in bestem gegenseitigen Einvernehmen getrennt.“
Solche Formulierungen deuten sehr häufig darauf hin, dass man hinter den Kulissen die Säbel wetzte. Doch konnte man das in der internen und externen Kommunikation jedoch „so nicht darstellen“. Vermeintlich hochwertig klingende Wörter im Marketing und undurchsichtige psychologische Praktiken im direkten Verkauf sorgen dafür, dass man Misstrauen nicht abbaute, sondern schürte. Das Unkraut des Misstrauens wird nicht etwa beim Schopfe gepackt und ausgerissen, sondern durch beschönigende Formulierungen regelrecht gedüngt.
Auf der Suche nach dem „höchstmöglichen Grad“ an Ehrlichkeit
Es gibt Menschen in der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Landschaft, die man als Klartexter bezeichnen würde. Gemeint sind Menschen, die unumwunden auf den Punkt kommen und maximale Ehrlichkeit walten lassen. Allerdings ist die Auswahl nicht besonders ergiebig.
Nehmen wir die politische Bühne – wer ist Ihnen aus der Vergangenheit als Klartexter bekannt? Helmut Schmidt beispielsweise oder auch Franz-Josef Strauß. Es geht nicht um die politischen Auffassungen dieser Herren, jedoch werden sich Befürworter und Widersacher in einem Punkt einig sein: Sie standen für klare Kante, Klartext und deutliche Worte.
Das Beispiel Helmut Schmidt zeigt, dass er selbst postum in der Bevölkerung eine sehr hohe Reputation genießt. Nicht nur aufgrund seiner klaren Kommunikation und Vorgehensweise bei der Hamburger Sturmflut 1962, sondern auch in seiner späteren Karriere stand er für klare Worte. Dies bescherte ihm bis ins hohe Alter und selbst nach seinem Tod eine enorm hohe Reputation. Er sagte der Bevölkerung immer klar, wie sich die Lage aus einer Sicht darstellte, auch wenn – so wörtlich – „die Kacke am Dampfen“ war. Er hat den Menschen immer beide Seiten der Medaille gezeigt. Das war ein Anlass unter mehreren, das Medaillenprinzip zu kreieren. Dies besagt: „Dem Rezipienten ohne explizite Aufforderung Vor- und Nachteile einer Option in größtmöglicher Klarheit auf den Punkt aufzeigen.“
Das „TRUE-Prinzip“: Der pragmatische Weg zu mehr Klartext
Die Kraft der klaren Worte ist auch im Vertrieb immens. Leider trauen sich zu wenige Verkäufer und Vertriebsleiter sowohl in der internen als auch externen Kommunikation für Klartext zu sorgen. Doch Weichspüler-Formulierungen sind keine Lösung. Menschen, die ihre charismatische Ausstrahlung festigen und ausbauen möchten, nutzen vielmehr die Kraft der klaren Worte.
Das TRUE-Prinzip bietet dazu folgenden Ansatz für die Praxis:
Der pragmatische Weg zu mehr Klartext – nicht nur im Vertrieb
Was bedeutet das „TRUE-Prinzip“?
T arget:
Ssteht für die eigene klare Positionierung:
- Was möchten Sie mit der Kommunikation erreichen?
- Warum möchten Sie dieses Ziel erreichen?
- Wie viel „Wahrheitsintensität“ verträgt Ihr Gegenüber? Nicht jeder Mensch kann mit der ganzen Wahrheit umgehen. Daher ist es sinnvoll, vor der Kommunikation einzuschätzen, inwieweit der oder die Kommunikationspartner in der Lage und willens ist bzw. sind, die jeweiligen Informationen differenziert zu betrachten und zu bewerten.
R espect:
Kunden erwarten es fast schon, mit Euphemismen und vernebelnder Kommunikation ruhig gestellt zu werden. Daher empfiehlt es sich, den Gesprächspartner bzw. das Publikum darauf vorzubereiten, dass Sie nun sehr ehrlich sein werden.
U nconventional:
Verlassen Sie den Pfad der üblichen Kommunikationsgewohnheiten und überraschen Sie mit außergewöhnlichen Gesprächseinstiegen und Wow-Effekten.
E motion:
Fragen Sie Ihren Gesprächspartner, wie die außergewöhnliche Art der Präsentation oder des Gesprächs auf ihn gewirkt hat.
Wie viel Wahrheit verträgt der Kunde?
In Zeiten hoher Einschaltquoten von Serien wie dem „Dschungelcamp“ oder ähnlichen Gipfelpunkten kaum vorstellbarer Generalidiotie ist es selbstverständlich, dass nicht jeder Mensch das gleiche Maß an Wahrheit er- und verträgt. Der Grund: Ein veritabler Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage oder willens, die empfangenen Informationen adäquat differenziert zu betrachten und bewerten. Daher sollten Sie den Grad Ihrer Wahrheitsintensität an Ihre Rezipienten anpassen.
Und das geht so: Um Personen adäquat und schnell bezüglich ihrer Wahrheitsverträglichkeit einzuschätzen, sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
- Erscheint die Person integer?
- (Inwiefern) Spricht sie abträglich über andere Personen?
- Reagiert die Person übertrieben impulsiv und unüberlegt – oder reflektiert sie neue Informationen zunächst, bevor sie reagiert?
Diese Fragen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber sie vermitteln Ihnen eine erste Vorstellung, mit welchen Fragen Sie mehr Klarheit erhalten, inwiefern Ihr Gesprächspartner bereit ist, Informationen differenziert zu betrachten und zu bewerten. Außerdem besagen sie auch, welche Wahrheitsintensität er vermutlich verträgt.
Foto/Thumbnail: ©tatsianama/Depositphotos.com
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