Jeder zweite Chef wird im Streit persönlich
Wo Menschen aufeinandertreffen, kommt es mal zum Streit - der Arbeitsplatz ist da keine Ausnahme. Doch nur jedes dritte deutsche Unternehmen hat Standards zur Lösung von Konflikten etabliert. Die Folge: 47 Prozent der Vorgesetzten unterscheiden bei Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern nicht klar zwischen Person und Sache.
Entsprechend ist die Unternehmenskultur in fast jeder zweiten Firma durch mangelnde Achtung und Wertschätzung geprägt. Das sind Ergebnisse der Studie „Einfluss des HR-Managements auf den Unternehmenserfolg“ der Personalberatung Rochus Mummert. Dazu wurden HR-Führungskräfte sowie 1.000 Arbeitnehmer bevölkerungsrepräsentativ befragt.
Die mangelnden Standards zur Beilegung von Streit wirken sich auf die gesamte Unternehmensleistung aus: In knapp 90 Prozent der hiesigen Firmen kommt es dadurch zu Produktivitätseinbußen. Außerdem verschlechtern Reibereien die Stimmung erheblich: Nach gut jedem dritten Streit bleibt selbst nach der Lösung noch eine Rechnung offen. Das hat Folgen für die Attraktivität eines Arbeitgebers.
„Ein schlechtes Arbeitsklima dringt heute sehr schnell nach außen“, sagt Dr. Hans Schlipat, Studienleiter und Managing Partner der Rochus-Mummert-Gruppe. „Die nachrückende Generation Y, informiert sich vor einem Stellenantritt in ihrem Netzwerk aus erster Hand über die Unternehmenskultur – negative Erfahrungen werden sofort sichtbar. Unternehmen dürfen daher ihr Arbeitgeber-Image nicht vernachlässigen.“
In der Mehrzahl der deutschen Firmen sind abweichende Sichtweisen und Widerspruch nicht erwünscht. Dadurch kommt es schnell zum Streit. Auslöser sind dabei in 46 Prozent der Fälle unklare Anweisungen durch Vorgesetzte. Diskussionen über Arbeitszeiten sind für 43 Prozent der Reibereien verantwortlich. Gerade jüngere Arbeitnehmer, die gern in Teams und flachen Hierarchien arbeiten, gelten als selbstbewusst und äußern ihre Vorstellungen offen. Fehlt die etablierte Streitkultur, so eskalieren alltägliche Diskussionen rasch und vergiften das Klima. „Ist die Stimmung im Unternehmen angespannt, so steigt die Fluktuationsrate“, gibt Rochus-Mummert-Partner Schlipat zu bedenken. „Gerade die gesuchten Führungskräfte von morgen sind in diesem Fall schnell zu einem Wechsel bereit. Um auch in Zukunft für Leistungsträger attraktiv zu sein, sollten Unternehmen ihre Führungs- und Leistungskultur überdenken – dazu zählt auch die offene, konstruktive Auseinandersetzung. Wir sehen hier neben der Geschäftsführung insbesondere die HR-Verantwortlichen in der Pflicht.“
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