Dr. Karsten Schmidt, Gründer und Geschäftsführer der Ampeers Energy GmbH
Ampeers Energy bietet als SaaS-Unternehmen cloudbasierte Applikationen für das Management von Energie- und Datenflüssen im Quartier an. Seine drei Produkte sind so konzipiert, dass sie den komplexen Sachverhalt „Energiemanagement“ vereinfachen, Prozesse optimieren und automatisieren und dabei Geld sparen.
Name: Karsten Schmidt
Titel: Dr.
Geburtsjahr: 1977
Position: Managing Director, CEO & Founder
Vita: Dr. Karsten Schmidt ist Mitgründer und Geschäftsführer von Ampeers Energy, dem Enabler für dezentrale Geschäftsmodelle in der Energiewirtschaft. Darüber hinaus ist er verantwortlich für das Corporate Business Development im Bereich Energie der Fraunhofer-Gesellschaft und stellv. Vorstand des Open District Hub e.V. Zuvor war er in verschiedenen leitenden Funktionen der Energiewirtschaft tätig, u.a. als Senior Manager bei E.ON SE und als Gründer eines Start-up Unternehmens im Bereich der Erneuerbarer Energien. Der Betriebswirt promovierte an der Philipp Universität Marburg im Bereich Marketing und studierte zudem Renewable Energy Management in St. Gallen.
Lebensmotto: Ich möchte, dass auch meine Kinder später noch die Natur genießen und in den Alpen Skifahren können.
Über das Unternehmen
Linprunstraße 16
80335 München
Was ist das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?
Ampeers Energy bringt die Energiewende voran, indem wir es Unternehmen mit unserer Technologie ermöglichen die Potenziale der dezentralen Energiewende zu erschließen – ökonomisch und ökologisch!
Als SaaS-Unternehmen bieten wir cloudbasierte Applikationen für das Management von Energie- und Datenflüssen im Quartier an. Das klingt zunächst sehr kompliziert, ist es aber gar nicht. Im Gegenteil: Unsere drei Produkte sind so konzipiert, dass sie den komplexen Sachverhalt „Energiemanagement“ vereinfachen, Prozesse optimieren und automatisieren und dabei bares Geld sparen.
So gibt es neben dem AE District Manager, welcher eine vollumfängliche Lösung des cross-sektoralen Energiemanagements im Quartier darstellt, noch den AE Local Supplier. Diese vollautomatisierte und integrierte Mieterstromsoftware übernimmt die administrative Seite von Mieterstromprojekten. Darüber hinaus existiert der AE Fleet Optimizer. Durch die Zusammenführung aller relevanten Daten, übernimmt die intelligente Software, die Steuerung des Last- und Lademanagements von E-Fahrzeugflotten.
Grundlage dieser Produkte ist dabei eine äußerst leistungsfähige Fraunhofer-Software, die durch den Einsatz von selbstlernender Technologie in der Lage ist, alle dezentralen Prozesse rund um Energieerzeugung und Verbrauch miteinander zu verbinden, zu optimieren und zielgerichtet zu steuern.
Erst kommt die Vision, dann die Gründung. Wie sind Sie auf Ihre Geschäftsidee gestoßen?
Ich habe mich schon sehr lange mit der Idee eines “intelligenten Upgrades“ unserer Energieversorgung beschäftigt und hatte viele Ideen dazu. Der Zündfunke für Ampeers Energy war aber die Begegnung mit Professor Peter Bretschneider und seinem Team vom Fraunhofer IOSB-AST, die umgekehrt bereits eine sehr reife Plattformtechnologie entwickelt hatten und überlegten, wie sie diese Technologie am besten auf dem Markt bringen sollten. Für mich hatten die Wissenschaftler die Antworten auf die technischen Fragen, die ich selbst nicht lösen konnte – und umgekehrt. Rückwirkend betrachtet kommt es mir fast so vor, als war unser Gründungsweg vorgezeichnet, nachdem wir uns kennen gelernt hatten. Zusammen mit unseren weiteren Kollegen bringen wir ein komplettes Portfolio an notwendigem Fachwissen und unternehmerischer Expertise mit, wir haben dieselbe technologische Vision und wir sind leidenschaftliche Verfechter einer vernünftigen regenerativen Energiewende. Wenn man die Strukturen einer Branche nachhaltig verändern will, muss man auch Überzeugungstäter sein.
Neben einer guten Idee spielt auch die Team-Zusammensetzung oft eine entscheidende Rolle. Wie setzt sich das Team bei Ihnen zusammen?
Um kundenorientierte Softwarelösungen zu liefern, mussten wir in relativ kurzer Zeit ein funktionierendes und für ein Start-Up verhältnismäßig großes Team aus Energiewirtschaftsexperten und Softwareentwicklern auf die Beine stellen. Diese haben wir nicht über klassische Stellenanzeigen für uns gewonnen, sondern haben ausschließlich mit unseren bestehenden Netzwerken gearbeitet. Bei früheren Weggefährten und deren Kontakten konnten wir sicher sein, dass die Fähigkeiten und das Mindset zur Umsetzung der AE Idee passen.
Wie differenzieren Sie sich von Ihren Wettbewerbern?
Ampeers Energy sorgt dafür, dass Energieerzeugung, -transport, -verbrauch und -abrechnung ähnlich einfach funktionieren wie beispielsweise der Online-Handel heute. Wir ermöglichen unseren Kunden den Eintritt in das Energiemanagement 4.0, in dem alle Akteure und technischen Komponenten nahtlos und abgestimmt miteinander arbeiten. Jeder einzelne Marktteilnehmer kann dadurch beträchtliche Einsparpotenziale realisieren, teilweise bis zu 40 Prozent. E-Fahrzeugflotten können durch unsere SaaS-Lösung zu einer echten Alternative zu bestehenden Dieselfahrzeugen werden und vieles mehr. So können unter Einsatz unserer intelligenten Softwarelösungen neuartige Geschäftsmodelle auf Basis Erneuerbarer Energien für unsere Kunden entstehen.
Der große Unterschied zu unseren Wettbewerbern ist, dass wir die dezentralen Geschäftsmodelle ganzheitlich betrachten und nicht nur Teillösungen liefern. Bei uns bekommt man die komplette softwareseitige Unterstützung zur einfachen, ganzheitlichen Umsetzung eines dezentralen Geschäftsmodells. Gleichzeitig sind unsere SaaS-Lösungen modular aufgebaut, dass der Kunde individuell über seine Wertschöpfungstiefe bei der Umsetzung der Geschäftsmodelle entscheiden kann. Diese Funktionalitäten kombiniert mit der intuitiven Usability differenziert uns klar vom Wettbewerb. Darüber hinaus haben wir dank der Kooperation mit Fraunhofer den Vorteil kontinuierlich weitere Innovationen in unsere SaaS-Lösungen zu integrieren. Das ist ein Marktvorteil, wie ihn wohl kein zweites Start-Up besitzt.
Was war Ihre Motivation Unternehmer zu werden?
Wir haben uns entschieden Ampeers Energy zu gründen, weil wir festgestellt haben, dass es unsere Lösung, eine vollumfängliche Softwareleistung, die dezentrale Geschäftsmodelle profitabel und einfach macht, am Markt noch nicht gibt.
Uns war klar, dass es sehr viel Zeit kosten würde, wenn wir ein solches Produkt mit einem großen, etablierten Unternehmen auf den Markt bringen möchten. Die einzige Chance für einen schnellen Markteinstieg haben wir darin gesehen, ein neues Unternehmen zu gründen, das schnell, flexibel und direkt agieren kann. Bei einem so zeitkritischen Thema wie der Energiewende kann man sich zähe und unnötig langsame Entscheidungsstrukturen nicht leisten.
Darüber hinaus verfügten wir neben der notwendigen fachlichen, auch über die unternehmerische Expertise, da unser Co-Founder Gerrit Ellerwald bereits erfolgreich ein Unternehmen gegründet hatte. Überzeugt von der Qualität unseres Produktes und mit Fraunhofer im Rücken, war die Gründung selbst ein kalkulierbares Risiko.
Nicht zuletzt wollen wir anmerken, dass es sehr motivierend ist, mit seiner täglichen Arbeit einen aktiven Beitrag für das Thema Energiewende und somit für eine grünere Zukunft zu leisten. Wenn wir die Energiewende auch wirklich erfolgreich umsetzen wollen, dann hilft es nicht länger nur darüber zu reden – es muss gehandelt werden.
Welche unternehmerischen Ziele haben Sie für die nächsten 3 Jahre?
Unser kurzfristiges Ziel ist es, das Unternehmen vollumfänglich auf- und ausgebaut zu haben. Wo jetzt momentan noch eine „Hands On“ Mentalität herrscht, wollen wir die interne Zusammenarbeit, die Infrastruktur und die internen Abläufe professionalisieren. Da merkt man einfach, dass wir noch ein sehr junges Unternehmen sind und uns noch verbessern können. Doch wenn diese Prozesse abgeschlossen sind, können wir noch effizienter dem Kerngeschäft nachgehen.
Auf lange Sicht ist es unser Ziel, dass wir als erster Ansprechpartner und Innovationsführer, quasi als Synonym für das Möglichmachen dezentraler Energiekonzepte mit Saas Lösung gelten.
Wir wollen allen Skeptikern auch die letzten Argumente nehmen, die Energiewende nicht anzupacken. Wenn wir in die Zukunft blicken, dann stellen wir uns vor, dass wir es vielen Unternehmen ermöglicht haben eine aktive Rolle bei der Umsetzung der Energiewende zu spielen. Seien es Wohnungsbauunternehmen, die ihre Dächer mit PV-Anlagen ausgestattet haben, Flotten, die auf Elektromobilität umgestellt haben und Energieversorger, die im dezentralen Energiegeschäft Fuß gefasst haben.
Was waren die größten Herausforderungen in der Gründungsphase?
Als größte Herausforderung könnte man die Ausgliederung von Fraunhofer bezeichnen. Die Tatsache, dass wir ein Fraunhofer Spin-Off sind, war zu Beginn sowohl Segen als auch Fluch.
Wir betonen ganz klar Segen an erster Stelle, denn einerseits ist Fraunhofer eine starke Marke und wir können auf ein technologisches Back-End zurückgreifen, das extrem weit gereift ist. Das ist ein Vorteil, wie ihn neben uns wohl kein zweites Start-Up am Markt besitzt.
Gleichzeitig ist Fraunhofer aber eine öffentliche Einrichtung und dementsprechend sind all die juristischen Belange, Aktivitäten und Formalitäten, die mit einem solchen Ausgliederungsprozess verbunden sind, langwierig und teilweise zäh. Dieser formale Ausgliederungsprozess von Fraunhofer, der absolut professionell und super verlief, ist trotzdem letzten Endes ein formaler Prozess, in welchem der Kooperationsrahmen und die Lizenzverträge rechtlich fixiert und beschlossen werden mussten.
Doch heute profitieren wir langfristig von unserer Kooperation mit Fraunhofer und können so kontinuierlich weitere Innovationen direkt in unsere SaaS-Lösungen integrieren. Das ist ein gewichtiges Faustpfand für uns.
Ein Unternehmen zu gründen und zu expandieren kostet Geld. Wie finanzieren Sie sich?
Wir waren von unserer Software überzeugt. Doch gleichzeitig wussten wir, dass wir für den Markteintritt mit unseren SaaS-Lösungen ein verhältnismäßig großes Team von inzwischen 15 Mitarbeitern benötigen würden. Die Herausforderung hierbei war das dafür notwenige Kapital in sehr kurzer Zeit zu besorgen.
Drei Monate nach Gründung (am 02. Mai 2019) haben wir in einer klassischen Seed-Finanzierung Investoren von unserer Vision und unserer Leistungsfähigkeit als Team überzeugt. Eigentlich undenkbar, da wir in einer so frühen Phase noch keinen Proof of Market vorweisen konnten, doch auch hier half die Tatsache, dass Fraunhofer hinter uns stand!
Unter den Investoren befindet sich die Fraunhofer-Gesellschaft, die Jost Unternehmensgruppe sowie eine Reihe erfahrener Business-Angels aus der Energiewirtschaft, wie z.B. Prof. Dr. Mike de Saldanha, Peter Mussaeus, Peter Beyer, Dr. Volker Breisig, Andreas Steck und Dr. Moritz Pöschke. Die Verwendung der Mittel fließt in die Weiterentwicklung der Produkte und den Markteintritt.
Ist für Sie eine Partnerschaft mit Venture-Kapitalgebern eine Option?
Ja, diese Option wird evaluiert und wenn sich eine gute Gelegenheit auftut, dann würden wir sie in der Series A in Anspruch nehmen.
Welchen Tipp möchten Sie an andere Gründer gerne weiter geben?
1. Fokussierung
Man startet meist mit dem Ansatz, dass man die Welt in einem Schlag erobern will und damit übernimmt man sich leicht. Deswegen ist Fokus so wichtig. Man sollte sich schrittweise weiterentwickeln, immer auf den nächsten Schritt fokussieren, doch natürlich dabei niemals das große Ziel aus den Augen verlieren, wohin man sich entwickelt.
2. Vertrieb
Man darf mit dem Vertrieb nicht erst beginnen, wenn das Produkt in all seinen letzten Feinheiten fertig und perfekt ist. Es ist unglaublich wichtig, so schnell wie möglich Spuren am Markt zu hinterlassen und die ersten Kunden von seinen Ideen zu überzeugen. Dann muss man natürlich auch seine Qualitätsversprechen einhalten.
3. Team
Alleine hat man nur eine gute Idee, man braucht aber viele kluge Köpfe, um alles Geplante auch umzusetzen. Dabei ist das wichtigste, dass es gleichgesinnte Leute sind. Es ist wichtig, dass das Team die Notwendigkeit des Themas sieht und menschlich und inhaltlich miteinander harmoniert. Das muss alles passen!
Fokus, Vertrieb und Team – Wenn man sich auf die drei Punkte konzentriert ist unserer Erfahrung nach die Erfolgswahrscheinlichkeit wesentlich höher, als wenn man nur eine gute Idee hat.
Ist Ihr Team bereits vollständig oder suchen Sie aktuell noch freie und/oder feste Mitarbeiter?
Wir suchen tatsächlich Verstärkung für unser Team. Wer auch der Meinung ist, dass man nicht länger nur über die Energiewende reden sollte, sondern sie endlich angehen muss, dem legen wir nahe, sich uns anzuschließen und mal einen Blick auf unsere Website zu werfen. Dort sind offene Stellenausschreibungen (ebenso wie die Kontaktdaten für eine Initiativbewerbung) zu finden.
Warum sollten Fach- und Führungskräfte sich bei Ihrem Unternehmen bewerben?
Wir sind ein harmonisierendes Team mit Spaß an der Arbeit, wir pflegen flache Hierarchien und Feedback wird in alle Richtungen gewünscht, gegeben und gelebt. Auch wenn unser Hauptsitz in München liegt, so fördern wir ähnlich unserer dezentralen Geschäftsmodelle, auch die Möglichkeit bei uns dezentral zu arbeiten. Es ist unsere Philosophie, dass wir neue Mitarbeiter nicht zwangsläufig verpflanzen, sondern sie dort arbeiten lassen, wo ihre Wurzeln sind und sie sich wohlfühlen.
Dank moderner Technologien und Arbeitsformen arbeiten wir virtuell und ressourcenschonend, um uns täglich auszutauschen und die Distanz zu überbrücken. Abschließend wollen wir nochmal betonen, dass es auch uns täglich motiviert und es ein lohnendes Gefühl ist, einer sinnstiftenden Arbeit nachzugehen.
Stellen Sie sich vor, Sie treffen den Bundeswirtschaftsminster. Was würden Sie sich für den Wirtschaftsstandort Deutschland bei ihm wünschen?
Wünschenswert wären bessere Finanzierungsbedingungen und ein Abbau der Bürokratie bei der Gründung und dem Aufbau von Start-Ups. Wir fänden es zudem wichtig, dass es eine frühzeitige Wissensvermittlung zum Thema Unternehmertum und Gründung in Lehrplänen von Schulen intergiert wird. (Vielleicht wäre das eher eine Frage an unsere Bildungsministerin, aber das könnte man ja bei einem gemeinsamen Minister-Mittagessen ansprechen).
Zudem würden wir uns wünschen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht den Anschluss verliert. Wir zehren sehr von unserer Historie und unserem guten Ruf „Made in Germany“ und „German Efficiency“.
Letzte Plätze in europäischen Rankings bezüglich des Ausbaus von Handynetz und Internet sind mit unserem Ruf und unserem Selbstverständnis allerdings nicht zu vereinen. Um als Wirtschaftsstandort attraktiv zu bleiben und den Anschluss an die Weltspitze nicht weiter zu verlieren, wären Investitionen in Emerging Technologies wünschenswert.
Welche Person hat Sie in der Gründungs- und Wachstumsphase besonders unterstützt? Bei wem möchten Sie sich bedanken?
Es gab über den ganzen Gründungsprozess viele Menschen, die uns mit Rat und Tat unterstützt und weitergeholfen haben. Das an nur einer Person festzumachen käme zu kurz. Da müssen wir die gesamte Fraunhofer Organisation nennen – von Fraunhofer Venture über das Corporate Business Development bis hin zum Vorstand für Technologiemarketing – es war wirklich eine Vielzahl von tollen Leuten, die uns in verschiedenen Etappen unterstützt haben, z. B. im Bereich des Vorstandsbeschlusses, in Fragen der Finanzierung oder der Technologieübertragung.
Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal zum Dinner gehen und warum?
Das ist eine sehr persönliche Antwort bei mir, es wäre nämlich der italienische Skifahrer Alberto Tomba. Ich würde gerne im Gespräch mit ihm erfahren, wie er über einen so langen Zeitraum hinweg erfolgreich sein konnte und dabei die harte, fokussierte Arbeit für seinen Erfolg mit seiner Leichtigkeit und Lebensfreude in Einklang gebracht hat.
Kommentare