Coronavirus: Arbeitsrecht in Zeiten einer Pandemie
Die Ausbreitung des Coronavirus ruft eine große Unsicherheit hervor. Die Zahlen der Infizierten in China steigen und inzwischen hat das Virus globale Auswirkungen. Mittlerweile sind zahlreiche Fälle in vielen Ländern der Welt aufgetreten, so auch in Deutschland und anderen EU-Ländern. Doch welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen hat der Coronavirus auf Ihren Berufssalltag? Die wichtigsten, rechtlichen Fragen und Antworten finden Sie im folgenden Artikel.
1. Dürfen Arbeitnehmer zuhause bleiben?
Arbeitnehmer dürfen nicht einfach entscheiden zuhause zu bleiben. Generell darf nur im Home-Office gearbeitet werden, wenn dies im Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Der Chef kann ausnahmsweise die Heimarbeit erlauben, dann muss jedoch ein regelkonformer Arbeitsplatz zuhause bestehen.
Eigenmächtig in den eigenen vier Wänden zu arbeiten, darf der Arbeitnehmer nur, wenn gemäß § 275 Abs. 3 BGB die Erbringung der Arbeitsleistung im Betrieb unzumutbar ist. Dies ist nur gegeben, wenn der Arbeitgeber seinen allgemeinen arbeitsvertraglichen Nebenpflichten zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen und Risikoeliminierung nicht nachkommt. Konkret wäre das, wenn keine Maßnahmen gegen das Coronavirus ergriffen werden, die explizit vom Betriebsrat oder des zuständigen Gesundheitsamtes angeordnet wurden. Desweiteren müsste ein Arztbesuch für alle Kollegen angeordnet werden, die sich in einem Risikobereich aufgehalten haben.
2. Welche Schutzmaßnahmen müssen am Arbeitsplatz ergriffen werden?
Wenn kein Risiko besteht, besteht erstmal keine Pflicht. Es sollte jedoch zumindest eine Aufklärung über die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus, sowie über die Hygienevorschriften erfolgen. Weitere Vorsichtsmaßnahmen würden das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln und Ermittlung von Risikogruppen sein.
In Bezug auf Atemschutzmasken gilt, dass der Arbeitgeber das Tragen dieser in Hochrisikobereichen, beispielsweise Krankenhäusern, und Arbeitgebern ohne Kundenkontakt nicht verbieten können. In diesen Hochrisikobereichen müssen die Masken auch gestellt werden, da die Mitarbeiter vor körperlichen Bedrohungen bewahrt werden müssen. Dies gilt auch für passende Schutzkleidung.
Im Gegensatz dazu, unterliegt das Gestatten von Atemmasken bei Arbeitnehmern im Außendienst oder Repräsentationspflichten der Abwägung des Arbeitgebers. Da die Zahl der Coronavirus-Infizierten in Deutschland bisher sehr niedrig ist, dürfte das geschäftliche Interesse noch überwiegen.
3. Müssen Arbeitnehmer Geschäftsreisen nach China antreten?
Geschäftsreisen müssen von vorne herein als Möglichkeit im Arbeitsvertrag festgehalten sein. Überdies ist das Weisungsrecht vom Arbeitnehmer gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) nach seinem „billigen Ermessen“ vorzunehmen, wobei die Fürsorgepflicht gegen die betrieblichen Interessen abgewogen werden muss. Ein wichtiger Punkt ist dabei die offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Liegt diese für ein Gebiet vor, ist der Arbeitgeber der Fürsorgepflicht nicht nachgekommen, wenn eine Geschäftsreise dahin angeordnet wird. Da ein Virus unberechenbar ist, würden auch Nachbarregionen darunterfallen. Hinzu kommt das praktische Problem, dass die meisten Flüge nach China gestrichen worden sind. Jede grundlose Weigerung könnte zu einer Abmahnung und bei Wiederholung auch zu einer Kündigung führen.
4. Welche Folgen hat es für den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines beruflichen Kontakts am Coronavirus erkrankt?
Fraglich ist, was passiert, wenn der Arbeitnehmer schon auf Dienstreise war und in Folge dessen erkrankt ist? Die Fürsorgepflicht wäre nur verletzt, wenn Mitarbeiter in gefährdeten Gebieten nicht sofort zurückgeholt werden oder notwendige Schutzmaßnahmen vor der Reise nicht getroffen worden sind. Darüber hinaus können Arbeitnehmer keine besonderen Ansprüche geltend machen.
Grundsätzlich müssen Arbeitgeber gemäß § 17 Sozialgesetzbuch V bei Erkrankungen von Mitarbeitern auf Dienstreisen haften. Eingeschlossen sind alle Kosten, die nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen werden, sowie der Rücktransport. Desweiteren steht dem Arbeitnehmer eine Entgeldfortzahlung bzw. Krankengeld zu.
5. Werden Arbeitnehmer in Quarantäne noch bezahlt?
Insofern eine Ansteckung oder ein schwerwiegender Verdacht vorliegt, ist das zuständige Gesundheitsamt dazu ermächtigt, ein berufliches Tätigkeitsverbot und Quarantäne gemäß §§ 30, 31 Infektionsschutzgesetz (IFSG) zu verhängen.
Diese müssen dann auch die Kosten übernehmen. Jedoch müssen die Arbeitgeber bis zu sechs Wochen in Vorkasse gehen und reguläres Gehalt zahlen, dass sie sich vom Amt wiederholen können. Danach zahlt das Amt direkt an die Betroffenen in Höhe des Krankengeldes der gesetzlichen Krankenkasse. Die Summe ist gedeckelt auf 109,38 Euro pro Tag und beträgt 70 Prozent des Bruttogehalts, jedoch nicht mehr als 90 Prozent des Nettogehalts.
Nur Selbstständige müssen direkt beim Amt ihren Anspruch auf Ersatz entgangener Honorare einfordern. Dabei besteht eine Frist von drei Monaten, beginnend mit der Quarantäne.
6. Wer zahlt, wenn der Betrieb zeitweise geschlossen wird?
Bei einem Arbeitsausfall dessen Grund durch die Betriebsschließung selbst vom Chef hervorgerufen wurde, soll der Arbeitnehmer keine negativen Konsequenzen tragen. Deswegen erhalten Arbeitnehmer weiterhin ihr Gehalt, sowie auch weitere variablen Vergütungsbestandteile wie Provisionen.
Der Arbeitgeber könnte diese Schließung auch als Betriebsferien anordnen, womit die die Mitarbeiter gezwungen wären, wenigstens einen Teil ihres Jahresurlaubs zu dieser Zeit zu nehmen. Allerdings ist dies nur mit einer angemessen Ankündigungsfrist möglich. Abgesehen davon hat die Sperrung keine Auswirkungen auf die Urlaubsansprüche der Belegschaft.
7. Muss dem Arbeitgeber von Coronavirus-Symptomen berichtet werden?
Generell genießen Gesundheitsdaten einen besonders hohen Schutz bezüglich des Datenschutzrechtes. Das führt dazu, dass auch auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht die Erkrankung oder andere Details vermerkt sind. Hinzu kommt, dass die Symptome des Coronavirus der Grippe sehr ähnlich sind, weswegen eine eigene Unterscheidung eher schwierig ist.
Das Coronavirus ist jedoch nach dem Infektionsschutzgesetz eine meldepflichtige Krankheit, deshalb müssen Ärzte einen Krankheitsfall das zuständige Gesundheitsamt informieren. Der Schutz der Daten gegenüber dem Arbeitgeber wird nur in wenigen Härtefallen aufgehoben, was jedoch noch nicht passiert ist.
8. Welche Pflichten hat der Arbeitnehmer?
Erstmal müssen Arbeitnehmern ihren Pflichten auch weiterhin gegenüber chinesischen Kunden und Mitarbeitern nachkommen. Es besteht kein Recht auf Verweigerung einer Zusammenarbeit, außer es besteht eine konkrete Gefahr, da diese Symptome aufzeigen oder sie aus gefährdeten Regionen angereist sind.
Darüber hinaus können weitere Infizierungen den Ausfall mehrerer Kollegen mit sich führen. Durch die allgemeinen Treuepflichten des Arbeitnehmers gegenüber dem Betrieb können diese aufgrund eines solchen „unvorhersehbaren Notfalls“ auch zu Überstunden verpflichtet werden.
Weblinks zum Thema
- Robert Koch Institut zum Coronavirus
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Coronavirus
- Statistik zur Entwicklung der Coronavirus-Fälle weltweit
- Coronavirus Tracking-Dashboad
Foto/Thumbnail: ©haveseen/Depositphotos.com
Guten Tag,
in Punkt 1 schreiben Sie folgendes: „Konkret wäre das, wenn keine Maßnahmen gegen das Coronavirus ergriffen werden, die explizit vom Betriebsrat oder des zuständigen Gesundheitsamtes angeordnet wurden.“
Ich denke, hier wurde der Betriebsrat mit dem Betriebsarzt verwechselt.
Ich habe eine Frage zu „Wenn kein Risiko besteht, besteht erstmal keine Pflicht.“ Wer definiert dieses sogenannte Risiko? Besteht derzeit schon ein Risiko? Ganz konkret: bei mir in der Firma sind zwei Personen aus Heinsberg und einer der beiden ist ständig am Husten. Das beunruhigt mich sehr, doch er meint nur, es wäre eine Erkältung. Mein Chef meint, ich solle mich nicht so verrückt machen lassen von den Medien. Aber ich kann mittlerweile an nichts anderes mehr denken.