Per Online- oder E-Auktion einkaufen
Online-Auktionen, auch E-Auktionen genannt, gewinnen im B-to-B-Bereich als Beschaffungsinstrument an Bedeutung. Dabei lassen sich mehrere Auktionsformen unterscheiden. Unternehmen sollten diese kennen und wissen, was bei der Auktionsvorbereitung und -durchführung zu beachten ist.
Studien zeigen: Bereits circa 50 Prozent der Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit einem Beschaffungsvolumen von über 100 Millionen Euro/Jahr nutzen E-Auktionen als Beschaffungsinstrument. Sie wickeln im Schnitt 20 Prozent ihres Volumens über E-Auktionen ab. Tendenz steigend! Und die Zahl der Auktionen? Sie steigt jährlich um zehn bis 15 Prozent. Dabei lassen sich mehrere Auktionsformen unterscheiden.
Die verschiedenen Auktionsformen
Bei der englischen Auktion (auch mündliche, offene oder „Descending-bid-Auktion“ genannt) werden die Gebote der Lieferanten von einem relativ hohen Startpreis ausgehend sukzessiv gesenkt, bis nur noch das Gebot eines Lieferanten übrig bleibt. Dieser erhält den Zuschlag mit einem Preis in der Höhe seines letzten Gebots. Die englische Auktion ist sehr transparent, denn jeder Lieferant kennt ohne zu wissen, welche Lieferanten mitbieten, jederzeit die Gebote der Wettbewerber und kann sein Gebot entsprechend anpassen.
Die holländische Auktion („Ascending-bid-Auktion“) beginnt mit einem sehr niedrigen Startpreis. Der Auktionator erhöht diesen Preis sukzessiv, bis ein Lieferant das Angebot akzeptiert. Er erhält den Zuschlag. Eine Abwandlung der englischen und holländischen Auktion sind sogenannte „Descending Clock-“ oder „Ascending Clock-Auktionen“. Bei ihnen wird der Preis in definierten Zeitabständen um eine bestimmte Summe geändert – entweder gesenkt oder erhöht.
Darüber hinaus gibt es die verdeckte Erstpreisauktion („first-price sealed-bid auction“). Für sie werden einmalig verdeckte Angebote abgegeben, und der Lieferant mit dem niedrigsten Gebot erhält den Zuschlag. Die Angebote der Wettbewerber sind dabei nicht bekannt.
Seit einigen Jahren gewinnen gewichtete oder multiattributive Auktionen an Bedeutung. Dabei werden nichtpreisliche Faktoren wie Versorgungssicherheit und Qualität mit einer Punktzahl bewertet. Diese Punktzahl wird vom Gebotspreis des Lieferanten abgezogen, um einen Vergleichswert zu erzeugen. So errechnet der Auktionator den relativen Wert der einzelnen Gebote unter Berücksichtigung des Preises und nichtpreislicher Faktoren. Während einer gewichteten Auktion dürfen Bieter die nichtpreislichen Elemente ihres Angebots nicht ändern. Bei einer multiattributiven Auktion hingegen können sie diese Elemente bei Bedarf anpassen, um ihre Gesamtbewertung zu verbessern.
Die Vor- und Nachteile von Auktionen
E-Auktionen haben für Einkäufer eine Reihe von Vorteilen. Aufgrund des starken Konkurrenz- und Preisdrucks lassen sich mit ihnen hohe Kosteneinsparungen erzielen. Zudem kann die Produktivität des Einkaufs gesteigert werden, da mit derselben Manpower mehr Aufträge intensiv verhandelt werden können. Eine Erfolgsvoraussetzung hierfür sind jedoch ausgereifte Spezifikationen.
Ein weiterer Vorteil von E-Auktionen ist ihre Transparenz. Die Wettbewerbssituation ist glaubhaft und realitätsnah abgebildet und zahlreiche Lieferanten nehmen am Onlineverfahren teil. Die traditionellen Vertrauensbeziehungen werden in E-Auktionen durch faktenbasierte Beziehungen ersetzt. Bei Online-Auktionen werden die Preisverhandlungen außerdem entpersonalisiert. Das erleichtert internationale Verhandlungen, da kulturelle Unterschiede nicht mehr signifikant zum Tragen kommen.
Den zahlreichen Vorteilen von E-Auktionen stehen einige Nachteile gegenüber, die potenzielle Nutzer bei ihrer Entscheidung berücksichtigen sollten. Den bereits erwähnten Kosteneinsparungen stehen beispielsweise zusätzliche Kosten, etwa die Lizenz- oder Providerentgelte für die E-Auktionssoftware-Dienstleister, gegenüber. Die Entwicklung insbesondere der nicht preislichen Spezifikationen erfordert zudem eine hohe Sorgfalt und viel Zeit.
Die gewünschte Bietdynamik sicherstellen
Eine E-Auktion gliedert sich üblicherweise in drei Phasen betrachtet: die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung. In ihnen steht der Auktionator vor unterschiedlichen Aufgaben. Die entscheidende Phase ist das Vorbereiten der Auktion. Hier stellt der Auktionator die Weichen für (Miss-)Erfolg seiner E-Auktion, denn während der Auktion sind seine Handlungsspielräume extrem eingeschränkt.
Zunächst sollte der Anbieter die Wettbewerbsintensität unter den Lieferanten analysieren. Besteht viel Wettbewerb, so fördert das die Bietdynamik der Auktion. Die Wettbewerbssituation kann entweder ein „natürliches“ Marktcharakteristikum sein oder/und durch die Auktion gefördert werden. Zum Beispiel durch deren Transparenzgrad.
Ungeachtet der Wettbewerbssituation sind manche Produkte und Dienstleistungen nicht für den Auktionshandel geeignet. Das sind zum einen solche, die auf anderen Plattformen wie Warenbörsen in großem Umfang gehandelt werden. Eine E-Auktion würde in diesem Fall keine zusätzliche Dynamik erzeugen. Zum anderen sind das Produkte und Dienstleistungen, die strategische Bedeutung für den Käufer haben. Hier ist ein zweiter und dritter Blick auf Qualität und Konditionen nötig. Auf das Handeln solcher Produkte und Dienstleistungen sollten E-Auktionatoren verzichten.
Die nötigen Rahmenbedingungen schaffen
Der Auktionator hat in der Vorbereitungsphase noch weitere Aufgaben. Unter anderem sind eindeutige und umfassende Spezifikationen nötig. Die Lieferanten müssen wissen, worauf sie bieten, und die Käufer, was sie bekommen. Ausgangspunkt sind Mindestniveaus, auch Satisfizierungskriterien oder Mussziele genannt. Sie sind die Eintrittshürde zur E-Auktion. Nur wer sie erfüllt, wird zur Teilnahme zugelassen. Hat ein Lieferant diese Hürde genommen, entscheiden nur noch der Preis, das sogenannte Optimierungskriterium oder das Maximalziel (wie zum Beispiel eine Kombination aus Preis- und Qualitätsansprüchen) über den Zuschlag. Kompensationen zwischen diesen Kriterien, beispielsweise bessere Qualität für einen höheren Preis, werden in „traditionellen“ E-Auktionen nicht zugelassen.
Der Platzierung von Phantomgeboten, sowohl von Käufer- als auch Lieferantenseite, beugen technische Maßnahmen und dokumentierte Verhaltenskodizes vor. Die Auktionsregeln sind bei jeder Auktion aufs Neue zu bestätigen. Nur so lässt sich eine stabile Auktionsreputation bilden, und es wird unter Umständen sogar ein höheres Maß an Objektivität erzielt als bei traditionellen Verhandlungen.
Kritisch ist, wie eine Auktion beendet wird. Zunehmend wird ein „weiches Ende“ gewählt. Bei ihm verlängert sich die Auktion automatisch um einen gewissen Zeitraum, wenn kurz vor Ende noch ein Gebot eingeht. Dabei limitieren einige Anbieter die Zahl der Verlängerungen, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden.
Eine Auktionsnachbereitung optimiert Qualität und Reputation der Auktion. Feedbacks von und an die Lieferanten sowie unternehmensinterne „Lessons Learned-Runden“ helfen, Verbesserungsoptionen zu identifizieren. Auktionsergebnisse können auf Nachfrage der Lieferanten im Detail erklärt werden, um diese zur Teilnahme an weiteren Auktionen zu motivieren. Die gemachten Erfahrungen sollten dokumentiert werden und allen Beteiligten, eventuell in unterschiedlich detaillierten Fassungen, zugänglich sein.
Die Funktion des Service-Providers
Soweit die Dinge, die der Auktionator vor, während und nach der Auktion bedenken sollte. Der Service-Provider, also der Anbieter der E-Auktions-Software, steht gewissermaßen über dem Prozess und kann in ihm unterschiedliche Rollen einnehmen. Weit verbreitet ist die Administratorrolle, die lediglich eine administrative Unterstützung und das Bereitstellen der Software für das Abwickeln der Auktion vorsieht. Darüber hinaus kann der Service-Provider beratend tätig sein – insbesondere bei der Auktionsvorbereitung.
Der Service-Provider kann zum Beispiel bei der Auswahl der (potenziellen) Lieferanten unterstützen. Diesen Service nehmen bislang wenig Unternehmen in Anspruch, denn er greift stark in den Aufgabenbereich des Einkaufs ein. An Bedeutung gewinnt die Treuhänderrolle. Das heißt, der Provider fungiert als Abwicklungsinstitution und ist auch für die Sicherung der Auktionsreputation zuständig. Das entlastet den Auktionator entscheidend.
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