Die richtige Preiskalkulation als Consultant
„Gäbe es für meine Leistungen doch so eine Gebührenordnung wie für Rechtsanwälte, Architekten und Steuerberater. Dann hätte ich für meine Preisgestaltung wenigstens eine Orientierung.“ Diesen Wunsch hegen viele selbstständige IT- und Unternehmensberater insgeheim, wenn sie mal wieder ein Angebot formulieren. Denn ihre Leistungen werden im Markt zu völlig verschiedenen Preisen angeboten.
Ein weiterer Grund, warum viele Berater bei der Preisgestaltung unsicher sind, ist: Sie haben ihre Preise nie betriebswirtschaftlich kalkuliert. Würden sie ihre Preise nüchtern kalkulieren, kämen sie rasch zum Ergebnis: Mein Tageshonorar muss mindestens 800 Euro betragen. Das sei an einem Rechenbeispiel illustriert.
Tagessatz von mindestens 800 Euro
Angenommen ein Berater möchte als „Einzelkämpfer“ pro Monat ein zu versteuerndes Einkommen von 4000 Euro erzielen. Dann sollte sein monatlicher Umsatz circa 8000 Euro betragen. Denn er muss auch ein Büro mieten und sein Auto finanzieren – außerdem als Selbstständiger allein für sein Alterssicherung und Krankenversicherung sorgen. Auch das Marketing kostet Geld. Schnell kommt man so auf einen Betrag von 8000 Euro, den der Berater pro Monat erzielen muss.
Ein Monat hat im Schnitt aber nur 18 Arbeitstage. Und hiervon gehen nochmals circa acht für administrative Tätigkeiten, für die Produktentwicklung sowie die Kundenakquise und -betreuung drauf. Also verbleiben zehn Tage, an denen der Berater als Berater arbeiten und den monatlichen Gesamtumsatz von 8.000 Euro einfahren kann. Folglich sollte sein Tageshonorar mindestens 800 Euro betragen.
Dass ein selbstständiger Berater so kalkulieren muss, ist vielen (Mitarbeitern ihrer) Kunden nicht bewusst. Versuchen Sie als Berater erst gar nicht, es ihnen zu erklären: Sie glauben es Ihnen ohnehin nicht. Arbeiten Sie lieber daran, Ihren Kunden zu vermitteln, dass Sie Ihr Honorar wert sind.
Was „teuer“ ist, ist relativ
Generell gilt: Was „hochpreisig“ ist, ist relativ. Denn für die verschiedenen Trainings- und Beratungsthemen sind verschiedene Preise „üblich“. So zahlen Unternehmen für Seminare, in denen es um das Vermitteln von Arbeitstechniken geht, in der Regel weniger als für Führungsseminare. Auch von Branche zu Branche sind die Preisniveaus verschieden.
Deshalb lassen sich keine allgemein gültigen Aussagen darüber machen, welche Preise ein Trainer oder Berater verlangen und am Markt durchsetzen kann. Mit Vorsicht zu genießen sind jedoch Aussagen, wie sie ein Beraterverband vor einiger Zeit traf: Ab einem Tagessatz von 1500 Euro sei es schwer, das gewünschte Honorar durchzusetzen. Denn für manche Marktsegmente gilt: Schon ein Tageshonorar von 800 Euro erfordert eine sehr überzeugende Verkaufsargumentation. Für andere Segmente hingegen: Wenn Sie dort „nur“ einen Tagessatz von 1500 Euro fordern, nehmen Ihre Zielkunden Sie nicht ernst. So zum Beispiel, wenn die Zielkunden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind, die selbst hohe Tagessätze haben.
Sie können jeden Preis verlangen, wenn …
Obige Ausführungen zeigen: Der Preis, den Berater für ihre Leistungen verlangen, ist aus Kundensicht stets eine relative Größe. Oder anders formuliert. Sie können jeden Preis verlangen – solange für Ihre Leistung die erforderliche Nachfrage besteht und Sie den Preis argumentativ verkaufen können. Hierfür ein Beispiel: Ein Präsentationstrainer aus Baden-Württemberg fordert für seine Präsentationsseminare ein Tageshonorar von 3200 Euro – und erhält es. Doch nicht nur dies: Seine Kunden vergüten ihm zudem bei jedem Seminar die Vor- und Nachbereitung mit einem halben Tagessatz, also 1600 Euro. Und das, obwohl Seminare zum Thema Präsentieren tendenziell eher schlecht bezahlt werden. Der Grund: Der Trainer ist von Haus aus Elektroingenieur und hat sich auf die Mitarbeiter von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen spezialisiert, die häufig neue technische Lösungen fachfremden Kollegen oder gar dem Vorstand präsentieren müssen.
Kaufargumente für die Kunden entwickeln
Welche Preise ein Berater erzielen kann, hängt primär davon ab, inwieweit er seinen Zielkunden das Gefühl ermitteln kann: „Genau diesen Berater will/muss ich haben.“ Und dies ist wiederum abhängig von seiner Kompetenz und davon, inwieweit sich diese in seinen Selbstaussagen und seiner Selbstvermarktung widerspiegelt.
Und hier fängt das Problem an. Für kompetent erachtet sich jeder Berater. Aber viele können ihre Kompetenz ihren potenziellen Kunden nicht überzeugend darlegen – denn sie haben aus ihrer Biografie keine nachprüfbaren Argumente abgeleitet, warum Unternehmen gerade sie und keinen Mitbewerber engagieren sollten.
Anders ist dies bei einem auf die Finanzbranche spezialisierten Management-Berater aus München. Er schreibt auf seiner Website unter der Überschrift „8 Gründe, warum Sie mich kontaktieren sollten“:
„Es gibt viele Managementtrainer und -berater. Deshalb nenne ich Ihnen einige Gründe, warum Sie mich zumindest kontaktieren sollten:
- Als ausgebildeter Bankkaufmann und studierter Betriebswirt weiß ich, dass sich alles rechnen muss – auch Training und Beratung.
- Als langjähriger Mitarbeiter einer renommierten Privatbank habe ich erlebt, wie viel Kompetenz und Liebe zum Detail nötig ist, um anspruchsvolle Kunden zu begeistern.
- Aufgrund meiner 12-jährigen Führungserfahrung kenne ich die Feinstrukturen von Geldinstituten und weiß, wo es in ihrem Führungsalltag oft klemmt.
- . ……………………………………………………..
- ……………………………………………………..
- ……………………………………………………..
- ……………………………………………………..
Der Berater nennt seinen (Noch-nicht-)Kunden ganz klare, nachprüfbare Gründe, warum sie ihn engagieren sollten. Und mit ihnen begründet er auch seinen Preis – 2500 Euro pro Trainings- und 3000 Euro pro Beratungs- oder Coachingtag.
Kennzeichnend für Berater, die eine so klare Kauf- und Preisargumentation haben, ist: Sie haben ihre Stärken analysiert und ihre Zielgruppen klar definiert. So gibt es zum Beispiel in fast jeder Branche Trainer- und Beratergurus, die außerhalb der Branche „kein Mensch kennt“. Auch unter ihren Berufskollegen sind sie weitgehend unbekannt. Das stört die betreffenden Anbieter aber wenig. Denn ihre Zielgruppe sind nicht ihre Berufskollegen, sondern zum Beispiel Logistikunternehmen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Ingenieurbüros. Also arbeiten sie auch primär daran, sich bei diesen den Ruf „Experte für …“ aufzubauen.
Kommentare