Aktive Regeneration: Wie Sie Ihr Leistungsniveau bei der Arbeit steigern
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Aktive Regeneration: Wie Sie Ihr Leistungsniveau bei der Arbeit steigern

Reiner Krutti, Geschäftsführer von HeartMath
Am

Um ausreichend Energie in unserem Arbeitsalltag zur Verfügung zu haben, müssen wir regelmäßig aktiv regenerieren. Viele Menschen glauben, sie würden sich erholen, während ihr Körper und Geist innerlich angespannt sind. Lesen Sie hier, wie Sie mit Hilfe von Herzkohärenz den Druck abbauen und ein hohes Energie- und Leistungsniveau erreichen.

Wie viel Energie haben Sie für Ihre täglichen Aufgaben zur Verfügung? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht? Wird Mitarbeitern diese Frage über ihre Energie in einem Coaching oder Training gestellt, liegt die Antwort im Schnitt bei 70-75 Prozent. Kaum jemand hat das Gefühl morgens mit 100 Prozent Energielevel in den Tag zu starten.

Das Leistungsniveau aktiver Regeneration steigern

Woran liegt das? Und noch wichtiger, warum scheint uns das nicht zu stören? Warum finden wir das normal? Würde unser Auto mit nur drei Zylindern statt vier fahren, würden wir es in die Werkstatt bringen. Aber vielleicht wissen wir nicht, wo die Werkstatt ist, die unsere Energie auf Höchstniveau bringen kann. Dabei liegt der Grund, für das gefühlte Energiedefizit nicht darin, dass wir zu viel arbeiten. Es liegt vielmehr daran, dass wir zu selten und dann oft nicht richtig regenerieren.

Tony Schwartz hat mit seinem New York Times Bestseller „The way we’re working isn’t working“ einen unkonventionellen Lösungsansatz hervorgebracht: „Wenn wir weniger tun, schaffen wir mehr.“ Für viele Menschen, die zwischen E-Mails, Besprechungen, Unternehmenszielen und nicht enden wollenden To-do-Listen feststecken, hört sich das an wie blanker Hohn. Wie soll das gehen? Die Aufgaben erledigen sich ja schließlich nicht von selbst.

Das stimmt. Allerdings ist ein Umdenken notwendig. Wenn wir einen vollgepackten Tag haben mit anstehenden Aufgaben und Zielen, die wir erreichen wollen, dann bringt es nichts, sich zu Höchstleistung anzutreiben. Mehr zu arbeiten, sich mehr anzustrengen, um mehr zu leisten, funktioniert schlichtweg nicht.

Wenn wir dagegen in den Tag aktive Regeneration einbauen, können wir unser Energieniveau immer wieder anheben und über den Tag verteilt mehr schaffen. Ohne ständig das ungute Gefühl von Leistungsdruck oder den inneren Antreiber im Nacken zu spüren.

Funktionsweise der aktiven Regeneration

Dazu benötigen wir zwei kompetente Kollegen aus unserem Nervensystem: Den Sympatikus und den Parasympatikus. Sie sind Teil unseres vegetativen Nervensystems und verantwortlich für zwei gegensätzliche Zustände in unserem Organismus. Der Sympatikus kommt zum Einsatz, wenn wir aktiv sind, das heißt arbeiten, uns anstrengen, viel Denken, uns auf etwas konzentrieren, oder körperlich aktiv sind. Nach Phasen der Aktivität schaltet sich der Parasympatikus ein. Er sorgt nach der Anstrengung dafür, dass der Atem und der Herzschlag sich normalisieren, bringt den Körper zur Ruhe und ermöglicht Regeneration.

Wir benötigen daher einen aktiven Parasympatikus für eine wirkungsvolle Regeneration. Und wie bringen wir den zum Einsatz? Und müssen wir den überhaupt aktivieren, wenn doch eigentlich alles automatisch funktioniert? Es ist sinnvoll, die Zusammenhänge zu kennen, denn dann können wir einschätzen, ob wir uns tatsächlich erholen, wenn wir es versuchen.

Oft glauben wir nämlich nur, dass wir uns erholen. Doch es ist nicht selten ein Trugschluss. Nehmen wir als Beispiel eine Mittagspause: Mitarbeiter X.Y. macht sich auf zur Kantine, den erhöhten Geräuschpegel ignorierend ruft er der Servicekranft hinter der Theke seinen Essenwusch entgegen, findet in dem Gewühl seine Kollegen und setzt sich zu ihnen an den Tisch, um sich ausgiebig über den Frust des Morgens auszutauschen.

Wirkliche Erholung geht anders

Forscher können das messen. Die Wissenschaften beschäftigen sich schon seit geraumer Zeit mit dem Phänomen Erholung und Leistungssteigerung. Einen verlässlichen Messwert liefert die Herzratenvariabilität, kurz HRV. Mit ihr werden die zeitlichen Variationen zwischen den Herzschlägen dargestellt. Dadurch erhalten wir wertvolle Informationen darüber, was in unserem Körper tatsächlich vor sich geht. Wir erhalten ein eindeutiges Bild unserer inneren Zustände.

Oft zeigt eine HRV Messung ein anderes Bild als wir erwarten würden. Das liegt daran, dass wir verlernt haben, unsere Gefühlswelt wahrzunehmen. Wir haben vielmehr gelernt zu funktionieren, durchzuhalten. Wir spüren nicht immer, wenn unsere inneren Zustände von Anspannung, Druck und Belastung geprägt sind.

Kommen wir zurück zu unserem Kollegen Sympatikus und seinem Freund Parasympatikus: Solange wir uns vermeintlich in Unruhe und Stresssituationen befinden, ist der Sympatikus aktiv. Er will uns mit erhöhter Aufmerksamkeit aller Sinne und einer „Fight-or-Flight“ Bereitschaft vor Gefahren bewahren. Erst wenn unser Körper deutliche Signale erhält, dass er sich in Sicherheit befindet, kann der Parasympaticus das Kommando übernehmen. Und wir können wirklich entspannen, und Erholung kann stattfinden.

Wir können und müssen den Parasympatikus bewusst aktivieren, um langfristig mehr Energie zur Verfügung zu haben. Das ist vor allen Dingen wichtig, weil unsere elementare Erholungsphase, der Schlaf, von diesem Konstrukt abhängt. Schlaf ist nicht zwingend mit Erholung gleichzusetzen. Forscher in Schlaflabors haben herausgefunden, dass nächtliche Schlafstörungen bereits während des Tages entstehen. Wenn wir den gesamten Tag lang keine oder unzureichende Erholungsphasen eingebaut haben, wird der Parasympatikus während unseres Schlafes kaum oder gar nicht aktiv. Der Vagus Nervus, der größte Nerv des Parasympatikus, muss bereits am Tag trainiert werden. Wie ein Muskel. Wurde er über den Tag verteilt regelmäßig zum Einsatz gebracht, kann er auch nachts aktiv sein und für echte Regeneration sorgen. Wir fühlen uns morgens erfrischt, erholt und voller Energie.

Wie geht Energietanken?

Wissenschaftler sprechen von aktiver und passiver Regeneration. Am Abend den Fernseher anknipsen und nichts tun. Hört sich erst einmal nach Ruhe und Regeneration an. Schließlich machen wir ja nichts. Uns ist allerdings nicht bewusst, dass unsere Gedanken berieselt werden, und unser Körper mit Emotionen darauf reagiert. Oft mit negativen Emotionen, je nachdem, was der Verstand aufnimmt: die Nachricht über das gestrige Erdbeben, die Talkshow mit aufreibenden Debatten. Bei dieser Art passiver Erholung glauben wir nur, dass wir uns erholen.

Und wie sieht aktive Regeneration aus?

Effektive Erholung erhalten wir, wenn wir den Körper und den Verstand gleichzeitig entspannen. Wunderbare Beispiele sind der Spaziergang im Park, bei dem wir unsere Gedanken schweifen lassen, entspannte Musik hören, Yoga machen, ein Buch lesen, nicht aber den aufreibenden Thriller. Sich einfach mal wieder der guten alten Muße hingeben und Zeit für sich ganz allein zu verbringen, sind wirkungsvolle Methoden.

Doch Vorsicht. Oftmals, wenn wir zur Ruhe kommen, schalten sich unsere inneren Stimmen ein. Wenn wir dann unsere Probleme in inneren Dialogen hin und her wälzen, ist es mit der Erholung schnell wieder dahin. Es braucht eine echte Bemühung, fast so etwas wie Anstrengung, um seine aufgebrachten Gedanken zu beruhigen. Denn gar nicht denken geht nicht. Ein Paradox. Aber es ist eigentlich keine Anstrengung, sondern mehr ein Fokussieren auf etwas anderes, ein Umlenken der Gedanken in eine andere Richtung. Und am leichtesten geht es, wenn wir unser Herz einschalten.

Wie aktivieren wir die Intelligenz unseres Herzens?

Wenn wir uns nur ein paar Sekunden auf unser Herz und die Herzregion in unserem Körper konzentrieren, merken wir, wie für einen Augenblick alles stiller wird, um und in uns. Und wenn wir dieses Gefühl für einige Minuten halten und uns dem hingeben können, entspannen wir. Nachhaltig. Tanken Kraft und Energie. Es ist wie ein kurzer Reboot, ein Neustart des Betriebssystems. Wenn es nicht mehr läuft, einmal ausschalten und wieder anschalten. Das hilft.

Emotionen und Herzrhythmus

Wenn die Hektik des Arbeitsalltags Sie das nächste Mal durcheinanderwirbelt, versuchen Sie mit drei kurzen Schritten wieder zu sich zu finden. Sie brauchen nur fünf Minuten für eine erstaunliche Wirkung. Kommen Sie aktiv in die Ruhe und verbringen Sie den Tag mit mehr Gelassenheit.

Schritt 1

Erkennen Sie, wenn Ihr Tank leer wird. Das kann mehrmals am Tag passieren. Und treffen Sie die Entscheidung eine kurze Ruhepause einzulegen.

Schritt 2

Finden Sie einen Ort, an dem Sie ungestört sind. Schließen Sie die Augen und entspannen Sie sich. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit vom Verstand weg, konzentrieren Sie sich auf Ihre Herzgegend. Stellen Sie sich vor, langsam durch Ihr Herz zu atmen.

Schritt 3

Rufen Sie sich ein positives, angenehmes Herzensgefühl auf: beispielsweise Anteilnahme oder Liebe für jemanden, den Sie sehr mögen oder Wertschätzung für etwas Positives in Ihrem Leben. Halten Sie dieses Gefühl für rund fünf Minuten. Wenn Ihnen Gedanken durch den Kopf gehen, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder sanft zurück auf Ihren Herzbereich.

Mit dieser Übung lernen Sie Ihr Herz deutlicher zu spüren, Energie zu tanken und können schneller zu innerem Frieden zurückkehren, wenn Sie aus dem Gleichgewicht geraten sind. Nach einigen Wochen merken Sie vielleicht, dass Sie sich mit der Intelligenz Ihres Herzens verbinden. Und Ihr Herz weiß immer, was richtig für Sie ist.

Foto/Thumbnail: ©SergeyNivens/Depositphotos.com

Über den Autor

Reiner Krutti, Geschäftsführer von HeartMath

Reiner Krutti Reiner Krutti ist Gründer, Geschäftsführer und Ausbildungsleiter von HeartMath Deutschland. Als Coach und Trainer schult er Führungskräfte und Mitarbeiter darin, wie man die Intelligenz des Herzens aktivieren kann, um Stress abzubauen und zu erhöhter mentaler Stärke gelangen kann. Mit Hilfe eines Biofeedback-System werden dabei innere Stimmungslagen sichtbar gemacht, die mit speziellen Trainingsmethoden unmittelbar beeinflusst und in positive Emotionen umgewandelt werden können. www.heartmathdeutschland.de
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