Worauf es im Customer Touchpoint Management ankommt
Im Interview mit Onpulson erklärt die Autorin und Trainerin Anne M. Schüller was Touchpoints sind und worauf es beim Customer Touchpoint Management ankommt.
Onpulson: Ihr neues Buch heißt ‚Touchpoints‘. Was verstehen Sie unter diesem Begriff?
Anne M. Schüller: Touchpoints sind Punkte, an denen die Kunden mit einem Unternehmen in Berührung kommen, um dann zu entscheiden: kaufe ich, bin ich treu, werde ich das weitererzählen. In meinem Buch geht es um das Meistern solcher ‚Berührungen‘ in unserer neuen Businesswelt.
Onpulson: Welche Touchpoints sind denn für die Anbieter am wichtigsten?
Anne M. Schüller: Das kommt auf die Branche, das Unternehmen und dessen Kunden an. Ganz grundsätzlich entstehen Touchpoints überall da, wo ein (potenzieller) Kunde auf einen Anbieter und seine Mitarbeiter beziehungsweise seine Produkte, Dienstleistungen oder Marken trifft, sei es vor, während oder nach einer Transaktion. Dies kann entweder in direkter Form (Beratungsgespräch, Newsletter, Anzeige, Website, Verpackung, Messestand, Hotline, Rechnung, Reklamation etc.) oder in indirekter Form (Meinungsportal, User-Forum, Testbericht, Blogbeitrag, Presseartikel, Mundpropaganda, Tweet, Weiterempfehlung etc.) geschehen. Dabei spielt nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Suchmaschinen das Gerede an den indirekten Touchpoints eine zunehmend wichtige Rolle. Und dies kann ein Unternehmen nicht mit Marketinggeld, sondern nur durch gute Taten positiv beeinflussen.
Onpulson: Sie sprechen auch über ‚Momente der Wahrheit‘. Was ist damit gemeint?
Anne M. Schüller: Momente der Wahrheit, ein Begriff, den vor vielen Jahren Jan Carlzon geprägt hat, sind solche, in denen der Kunde erlebt, was die Versprechen eines Anbieters taugen – um daraufhin seine Entscheidung zu treffen. Die entscheidende Frage ist nun: Wie können Anbieter die wachsende Zahl der realen und digitalen Berührungspunkte in unserer neuen, vom Social Web geprägten Businesswelt passend gestalten und sinnvoll verknüpfen, um Kunden immer wieder neu zu begeistern – und am Ende auch Geld zu verdienen?
Dazu muss zusammen mit den Mitarbeitern überlegt werden, wie man an jedem Kontaktpunkt die Interaktion mit den Kunden besser gestalten, ihr Leben vereinfachen, ihr Dasein versüßen und ihren Nutzen vergrößern kann. Oder wie man sie emotional berühren, ihnen Zeit schenken und sie immer wieder neu überraschen und verblüffen kann. Hierbei kommt es nicht nur auf Ideenreichtum und das Wissen um Kundenbedürfnisse an, sondern auch auf das ‚Wollen‘ der Mitarbeiter.
Onpulson: Und das alles lässt sich mit dem Customer Touchpoint Management bewerkstelligen? Was ist das genau?
Anne M. Schüller: Unter Customer Touchpoint Management, im deutschen Kundenkontaktpunkt-Management genannt, versteht man die Koordination aller unternehmerischen Maßnahmen dergestalt, dass den Kunden an jedem Interaktionspunkt eine herausragende wie auch verlässliche und vertrauenswürdige Erfahrung geboten wird, ohne dabei die Prozesseffizienz aus den Augen zu verlieren. Ein wesentliches Ziel ist das stete Optimieren der Kundenerlebnisse an den einzelnen Kontaktpunkten, um bestehende Kundenbeziehungen zu festigen und via Weiterempfehlung hochwertiges Neugeschäft zu erhalten.
Onpulson: Wie geht man dabei ganz genau vor?
Anne M. Schüller: Um einen ersten Überblick zu erhalten, werden zunächst alle relevanten Touchpoints gelistet. Selbst bei mittelgroßen Unternehmen kommen bei sorgfältiger Analyse schnell mehr als hundert Kontaktpunkte zusammen. Entscheidend ist dann, auf welche Touchpoints man sich konzentrieren soll, wie diese zu gestalten sind, welche sich neu kombinieren lassen, welche vernachlässigt werden können, welche gestrichen werden müssen und welche womöglich fehlen.
Die Sicht des Kunden ist dabei entscheidend: Welche Touchpoints nutzt er wann, warum und üblicherweise in welcher Reihenfolge? Welche sind für den (Wieder-)Kauf entscheidend? Wo und wie können Mundpropaganda und Empfehlungsbereitschaft am ehesten ausgelöst werden?
Onpulson: Und wie bekommt man das am besten raus?
Anne M. Schüller: Am besten stellt man dazu den Kunden passende Fragen, wie etwa die: „Auf einer Skala von 0 bis 10: Würden Sie an diesem Punkt (wieder)kaufen?“ Oder die: „Auf einer Skala von 0 bis 10: Würden Sie diesen Punkt weiterempfehlen?“ Oder die: „Wie sind Sie zuallererst auf uns aufmerksam geworden?“ Mithilfe der Antworten können Muster erkannt und dann entsprechende Prozesse eingeleitet werden, um die Touchpoint-Arbeit zielsicher zu optimieren.
Onpulson: Wie wichtig sind dabei die Mitarbeiter?
Anne M. Schüller: Die Mitarbeiter sind Stimme und Gesicht des Unternehmens. Bei jedem Kontakt mit ihnen sammelt der Kunde Eindrücke, die sich zu einem Gesamtbild verdichten: Dieser Anbieter ist genau der richtige für mich – oder auch nicht. Dabei betrachten Kunden ein Unternehmen immer als Ganzheit. Jeder in der Leistungskette muss einen perfekten Job machen.
Das heißt: Nicht nur die direkten Kundenkontaktpersonen, sondern auch die, die ‚nur‘ indirekt mit Kunden zu tun haben, wie etwa die Mitarbeiter in Einkauf und Buchhaltung, müssen kundenorientiert denken und handeln. Wenn es auch nur an einer Stelle klemmt oder ein einziger Mitarbeiter patzt, ist es aus mit der Kundentreue. Im Web erzählt man dann der ganzen Welt, warum das so ist. Heutzutage kommt Fehlverhalten ja vor der ganzen Welt an den Pranger. Und ob die Unternehmen wollen oder nicht: Die Menschen machen rigoros Gebrauch davon.
Onpulson: Und was sind daraus die Konsequenzen für Unternehmen?
Anne M. Schüller: Immer mehr gilt: Nicht nur das Zahlenwerk, auch die moralische Bilanz muss zukünftig stimmen. Wer glaubhaft hilft, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen, der wird die Zukunft am besten erreichen. „Sei wirklich gut und bringe die Leute dazu, dies engagiert weiterzutragen!“ So lautet das neue Business-Mantra.
Deshalb muss es nun bei der Marktbearbeitung – neben den Verkaufsaspekten – vorrangig um folgende Fragen gehen: Wird das, was wir tun, und vor allem, wie wir es tun,
- unser öffentliches Ansehen stärken?
- ein Immer-wieder-Kaufen bewirken?
- unsere Kunden zu Fans und aktiven Empfehlern machen?
Insofern müssen alle zu betrachtenden Touchpoints nicht nur auf Relevanz, sondern auch auf Wiederkaufbereitschaft und Empfehlungspotenzial durchleuchtet werden. Denn am Anfang und am Ende eines Kaufprozesses stehen zunehmend Mundpropaganda und Weiterempfehlungen.
Literaturempfehlung:
Touchpoints: Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute. Managementstrategien für unsere neue Businesswelt, Autor: Anne M. Schüller
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