Wie Start-ups durch Verhandlungen die besten Fachkräfte gewinnen
Verhandlungen, um die besten Fachkräfte zu bekommen, spielen eine immer wichtigere Rolle. Denn: Gerade Startups fällt es heutzutage besonders schwer, geeignete Talente zu finden. Im Honorarkampf können diese nicht mit den lang etablierten Unternehmungen mithalten. Gibt es vielleicht andere Methoden, trotz geringerer Gehälter, dennoch die besten Fachkräfte für sich zu gewinnen? Definitiv durch Verhandlungskunst - anbei vier einfache Verhandlungstricks.
Informationen und Gemeinsamkeiten – machen Sie sich in Verhandlungen sympathisch!
Informationen sind die stärkste Ressource. Kurz: wer mehr Informationen besitzt, ist definitiv am längeren Hebel und kann Verhandlungen systematisch zu seinen eigenen Gunsten steuern. Wenn man als ehemaliger Schattenverhandler über Informationen spricht, sind natürlich nicht diejenigen gemeint, die der Kandidat in seinen Unterlagen angegeben hat – das wäre zu trivial. Vielmehr interessieren die persönlichen Informationen, die gezielt eingesetzt entscheidende Vorteile beschaffen. „Gemeinsamkeiten“ ist hier das entscheidende Zauberwort.
Wer zu seinem Gegenüber Gemeinsamkeiten aufweist, wirkt automatisch sympathisch und vertraut. Besonders Social Media geben hier viel Preis: Sport, gemeinsame Bekannte, Interessen für Kunst, Literatur, Musik, gemeinsam bereiste Länder, was auch immer. Spielen Sie diese in Erfahrung gebrachte Gemeinsamkeiten „ganz nebenbei“ im Vorstellungsgespräch ein und lassen Sie so das Eis schmelzen. Und noch eine Sache: Lassen Sie Emotionen in Verhandlungen zu.
- Sie: „Ich war gerade letztes Jahr in Indien. Eine verrückte Welt!“
- Kandidat: „Das können Sie laut sagen – da war ich letzten Sommer auch!“
- Sie: „Echt? Wie hat Ihnen die Reise gefallen?“ Boom – schon befinden Sie sich auf der Gewinnerstrasse und lösen beim Kandidaten das Gefühl von Vertrauen und Sympathie aus, dass sehr entscheidend sein kann, sich für Sie und Ihre Unternehmung zu entscheiden.
Nutzen Sie die Macht der „W-Fragen“!
Es ist einer der grössten Fehler überhaupt. Gerade unerfahrene Interviewer neigen dazu, ihr Ego spielen zu lassen und kontinuierlich über sich selbst und ihr Unternehmen zu erzählen – ohne vorher in Erfahrung gebracht zu haben, was dem Kandidaten eigentlich wirklich wichtig ist.
Wer strategisch fragt, sammelt Informationen und führt so von Anfang an das Gespräch. Seine Machtposition stellt er nicht in Frage. Er verwendet persönlich gerne sogenannte offene «W-Fragen», das heißt Fragen, die mit dem Buchstaben «W» beginnen:
- „Was ist Ihnen denn besonders wichtig?“
- „Wie würden Sie Ihre Zukunft am liebsten sehen?“
- „Warum haben Sie 3 Jahre in Hamburg verbracht?“
Sie erkennen unschwer, was dem Kandidaten besonders am Herzen liegt und können in der Folge gezielt darauf eingehen:
- Sie: „Warum haben Sie Berlin nach nur 2 Jahren bereits wieder verlassen?“
- Kandidat: „Ach wissen Sie, mir war es da einfach zu anonym. Ich möchte mich gerne zuhause fühlen, mich mit Menschen austauschen.“
- Sie: „Das verstehe ich nur zu gut. Schauen Sie, gerade dieser persönliche Austausch ist uns hier besonders wichtig. Wir möchten dem Kunden einen gezielten Mehrwert liefern und Authentizität vermitteln. Diese persönliche Nähe unserer Mitarbeiter differenziert uns klar von all den anonymen Grossanbietern da draussen!“
Die Macht der Forderungen – Ihr Schlüssel zum Erfolg!
Ich bin immer wieder erstaunt darüber, dass selbst erfahrene Interviewer in Verhandlungen, und das ist ein Vorstellungsgespräch nun mal definitiv, außer monetären Dingen praktisch keinerlei Forderungen vorbereiten und auf den Tisch legen. Forderungen sind die Türöffner jeder Verhandlung und erlauben es Ihnen Möglichkeiten auszuloten und Türen zu öffnen. Diese verbalisieren Sie bitte immer im Konjunktiv, da Sie sich, gerade in der Anfangsphase, niemals zu schnell festlegen sollten.
- Sie: „Wäre es für Sie denkbar auch Aussendiensttätigkeiten zu übernehmen?“
- Kandidat: „Ich bin eher kein Freund von langen Autofahrten, sondern bevorzuge ein Büro mit klaren Strukturen.“
- Sie: „Verstehe. Nun ja, wir könnten uns eine hauptsächliche Tätigkeit im Büro durchaus vorstellen, wenn Sie grundsätzlich bereit wären unsere neuen Mitarbeiter in der Ausbildung unseres neuen Softwaresystems zu betreuen.“
Sie sehen, was ich meine: Sie geben in ihren Verhandlungen bei einer anderen Vorstellung Ihres Kandidaten nicht einfach nach, sondern tauschen diese mit einer (von mindestens 15 vorbereiteten) Forderung aus und gewinnen so klare Vorteile. Das Prinzip dahinter ist einfach zu verstehen: «Gib niemals etwas her ohne unmittelbar etwas dafür zu verlangen!». Gerade wenn es um die gefürchtete Lohnfrage geht, nimmt diese Regel eine besondere Gewichtung ein.
- Kanditat: „Ich stelle mir ein Gehalt von 2850 € vor.“
- Sie: „Vielen Dank für Ihre Einschätzung. Wir könnten uns eine Optimierung des Gehaltes durchaus vorstellen, wenn Sie nebst den Softwarebetreuungstätigkeiten doch gewisse Aussendiensttätigkeiten übernehmen würden. Wäre das ein gangbarer Weg für Sie?“
Erkennen Sie, wie sich neue Türen öffnen, sich der Kandidat gefordert und respektiert fühlt, Sie jedoch zu keinem Zeitpunkt die Kontrolle über den Prozess verlieren? Willkommen in der Welt der Forderungen!
Verknappen Sie immer Ihr Angebot!
In der Verhandlungspsychologie gibt es ein immer funktionierendes, unfehlbares Gesetz. Menschen eifern immer denjenigen Dingen nach, die besonders schwierig zu ergattern sind. Ein Beispiel aus dem Alltag gefällig? Die werten Damen der Schöpfung finden gerade jene Handtaschen besonders interessant, die mit dem Schild „limited Edition“ angepriesen werden. Was selten ist (oder scheint), ist nun mal attraktiv! Dieses einfach einsetzbare und unfehlbare Prinzip müssen Sie konsequent, fein, aber bestimmt, in das Gespräch einsetzen.
Sie: „Wunderbar. Sie haben mir einen sehr guten Eindruck gegeben, vielen Dank an dieser Stelle. Obwohl Sie gegenüber den drei sich in der Endrunde befindlichen Mitbewerbern über deutlich weniger Praxiserfahrung verfügen, könnte ich mir, sofern Sie mir bis spätestens heute 14h zusagen, eine erfolgsorientierte Zusammenarbeit durchaus vorstellen!“ verfehlen ihre Magnetwirkung praktisch nie.
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