Wie die Customer Touchpoints gemanagt werden
Die Hochzeit zwischen dem Social Web und dem mobilen Internet hat mit atemberaubender Geschwindigkeit die Art und Weise, wie wir miteinander Geschäfte machen, für immer verändert. Unternehmen können nur noch dann überleben, wenn die sozial vernetzten Kunden sie lieben. Um das zu erreichen, müssen sie die Reise des Kunden entlang ihrer Touchpoints beherrschen.
Wir alle leben in einer komplexen Symbiose mit dem Web. Die Mixed Reality, das heißt eine durchgängige Verschmelzung von Online und Offline steht an. „Für die Menschen da draußen sind beide Welten längst zusammengewachsen. Die größte Herausforderung für die Unternehmen ist es nun, hier Ideen und Kommunikationsstrategien zu entwickeln, die so selbstverständlich mit beiden Medienwelten spielen, wie die Menschen, die sie nutzen“, sagt Wayne Arnold, Global CEO der Kommunikationsagentur Profero. Deshalb muss die ‚Offline-Online-Customer-Journey‘, oder besser gesagt die ‚Touchpoint Journey‘ der Kunden zukünftig Dreh- und Angelpunkt aller unternehmerischer Aktivitäten sein.
Ursprünglich stammt der Begriff ‚Customer Journey‘ aus dem E-Commerce. Er beschreibt den Weg des Users beim Surfen im Web über Views und Clicks bis zum schließlichen Ja. Was bei dieser Betrachtung gerne vergessen wird: Ein potenzieller Kunde springt nicht nur Online – und natürlich auch nicht nur Offline – hin und her, vielmehr verquickt er die reale mit der virtuellen Welt. So kann alles, was man uns Face-to-Face erzählt, nun auf Knopfdruck digital verifiziert werden. Und das in Echtzeit, nicht selten direkt vor den Augen eines erstaunten Verkäufers.
Touchpoints sind ‚Momente der Wahrheit‘
Touchpoints entstehen überall da, wo ein (potenzieller) Kunde mit einem Unternehmen, seinen Mitarbeitern, Produkten, Services und Marken in Berührung kommt. An jedem Touchpoint kann es zu positiven wie auch negativen Erlebnisse kommen, die eine Kundenbeziehung stärken oder zermürben beziehungsweise eine Marke kräftigen oder bröckeln lassen. Manche Berührungspunkte sind dabei kritischer als andere. Und oft sind es Kleinigkeiten, die große Katastrophen bewirken. Jedes Detail kann dabei Zünglein an der Waage sein.
Deshalb kommt es auf die Top-Performance aller im Unternehmen an. Nicht nur die direkten Kundenkontaktpersonen, sondern auch die, die ‚nur‘ indirekt mit den Kunden zu tun haben, wie etwa die Mitarbeiter im Einkauf und in der Buchhaltung, müssen kundenorientiert denken und handeln. Wenn es auch nur an einer Stelle klemmt oder ein einziger Mitarbeiter patzt, dann war für den Kunden ‚dieser Saftladen‘ schuld. Er verschwindet – und im Web erzählt er der ganzen Welt, warum das so ist.
Kunden betrachten Unternehmen immer als Ganzheit. Und das heißt dann auch: Einen Bruch zwischen Offline und Online darf es nicht geben. Beide Touchpoint-Welten müssen reibungslos zu einem kundenfreundlichen Gesamterlebnis verbunden werden. Es muss egal sein, an welchem Touchpoint die Kunden schließlich kaufen. Hauptsache, sie tun es bei uns und nicht bei der Konkurrenz.
Das Customer Touchpoint Management
Das Customer Touchpoint Management (Kundenkontaktpunkt Management) ist das derzeit wohl am besten geeignete Instrument, um die Herausforderungen unserer neuen Business- und Arbeitswelt zu meistern. In vier Schritten koordiniert es alle unternehmerischen Maßnahmen dergestalt, dass dem Kunden an jedem Interaktionspunkt eine herausragende wie auch verlässliche und vertrauenswürdige Erfahrung geboten wird, ohne dabei die Prozesseffizienz aus den Augen zu verlieren.
Ein wesentliches Ziel ist das stete Optimieren der Kundenerlebnisse (Customer Experiences) an den einzelnen Kontaktpunkten, um bestehende Kundenbeziehungen zu festigen und via Weiterempfehlung hochwertiges Neugeschäft zu erhalten. Dazu heißt es, dem Kunden Enttäuschungen zu ersparen und über die Nulllinie des Zufriedenheitsstatus hinaus Momente der Begeisterung zu verschaffen.
Dabei folgt das Customer Touchpoint Management nicht länger dem selbstzentrierten alten Marketing, das fragt: Was bieten wir dem Kunden? Vielmehr wird mithilfe der eigenen Mitarbeiter untersucht, was die Kunden erwarten, welche Leistungen sie auf welche Weise erhalten und wie ihre Reaktion darauf ist. Dabei können neue Touchpoints gefunden, bestehende angepasst und veraltete über Bord geworfen werden. Insgesamt gelangt man schließlich zu einer Priorisierung der aus Kundensicht einflussreichsten Berührungspunkte, zu ihrem verbesserten Zusammenspiel und zu einer Optimierung ihrer Wirkungsweise.
Das Collaborator Touchpoint Management
Damit all das auch klappen kann, braucht es eine kompromisslos kundenfokussierte Einstellung des Managements, mitarbeiterfreundliche Rahmenbedingungen und eine passende Führungskultur. So ist das Collaborator Touchpoint Management die unerlässliche Vorstufe für ein wirkungsvolles Customer Touchpoint Management. Es berücksichtigt auch, dass Unternehmen zunehmend mit Kollaborateuren, das heißt Externen jenseits klassischer Arbeitsverträge zusammenarbeiten.
Unter Collaborator Touchpoint Management (Mitarbeiterkontaktpunkt-Management) verstehe ich die Koordination aller Berührungspunkte zwischen Führungskraft und Mitarbeiter mit dem Ziel, die Kontaktqualität zu verbessern sowie inspirierende Arbeitsplatzbedingungen und ansprechende Leistungsmöglichkeiten zu schaffen. Dabei wird unter anderem auch das unterschiedliche männliche und weibliche Mitarbeiterverhalten beleuchtet, um so die jeweils individuellen Arbeitsmotive ermitteln und die spezifischen Talente besser fördern zu können.
Jede Interaktion wird auf die Kriterien enttäuschend, OK, begeisternd hin analysiert, um die Exzellenz der Mitarbeiter zu erhöhen, ihre emotionale Verbundenheit zum Unternehmen zu stärken, ihr Bleibepotenzial zu heben und positive Mundpropaganda nach innen und außen auszulösen.
Buch: Anne M. Schüller
Touchpoints
Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute
Managementstrategien für unsere neue Businesswelt
Gabal, Offenbach, März 2012, 350 S., 24,90 Euro, 34.90 CHF
ISBN: 978-3-86936-330-1
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