Die richtige Coachingform wählen
Einzelcoaching, Teamcoaching, Gruppencoaching – die Beraterzunft bietet inzwischen die unterschiedlichsten Coachingformen an. Das sorgt zuweilen für Verwirrung. Hier ein kurzer Überblick, welche Coachingform zu welchem Zeitpunkt sinnvoll ist.
„Mein Leben wird stets komplexer. Es fällt mir immer schwerer, alle Anforderungen, die an mich gestellt werden, allein zu meistern.“ Dieses Gefühl haben immer mehr Menschen. Und mancher fühlt sich überfordert. Entsprechend wächst der Bedarf an persönlicher Beratung.
Ähnlich verhält es sich in Unternehmen. Auch dort stehen immer häufiger ganze Mitarbeitergruppen vor der Herausforderung, Gewohnheiten aufzugeben und neue Denk- und Verhaltensmuster zu zeigen – zum Beispiel beim Führen von Mitarbeitern oder bei der Zusammenarbeit. Folglich steigt auch hier der Bedarf an Beratung und Unterstützung – fachlich und mental. Darauf hat die Beraterzunft reagiert und bietet unter dem Label Coaching die unterschiedlichsten Beratungsleistungen an – für Einzelpersonen und Personengruppen. Das erzeugt Verwirrung. Deshalb werden die Grundformen kurz erklärt.
Einzelcoaching
Die Mutter aller Coaching-Formen ist das Einzelcoaching. Bei ihm trifft sich eine Person, der sogenannte Coachee, mit einem Berater beziehungsweise Coach, um mit ihm eine Lösung für eine aktuelle berufliche oder private Herausforderung zu erarbeiten. Das Coaching kann sich bei Privatpersonen zum Beispiel um die Frage drehen: Soll ich den Arbeitgeber wechseln? Oder: Wie bringe ich die zahlreichen Anforderungen, die an mich gestellt werden, unter einen Hut? Im Zentrum des Coachings steht also eine Frage, die aus gegebenem Anlass einer baldigen Antwort bedarf, und bei der die betreffende Person das Gefühl hat: Alleine bin ich nicht entscheidungs- und handlungsfähig – zum Beispiel, weil mir wichtige Infos fehlen. Beim Coaching lautet eine Grundannahme deswegen stets: Der Coachee kann sein Leben allein mit Erfolg meistern. Er benötigt aber in der aktuellen Situation zeitlich befristet eine punktuelle Unterstützung.
Dessen ungeachtet stößt man in den Coachingsitzungen, wenn es zum Beispiel darum geht, warum sich eine Person nur schwer entscheiden kann, schnell auf Fragen wie: Zeigt der Coachee in vergleichbaren Situationen regelmäßig ähnliche Denk- und Verhaltensmuster? Schiebt er zum Beispiel wichtige Entscheidungen oft auf die lange Bank? Bei den Treffen werden deswegen Fragen erörtert, die die Persönlichkeit des Coachee tangieren. Deshalb muss ein Coach neben dem erforderlichen Fachwissen auch psychologisches Know-how haben – auch um gegebenenfalls sagen zu können: Das übersteigt meine Kompetenz!
In Unternehmen stehen oft ganze Mitarbeitergruppen vor der Herausforderung, neue Denk- und Verhaltensmuster zu zeigen – zum Beispiel, weil sich der Markt geändert hat. Dann sind vielfach Einzelcoachings nicht sinnvoll – nicht nur aus Kostengründen, sondern auch weil dort kein Erfahrungsaustausch mit Kollegen und keine Verständigung auf ein gemeinsames Vorgehen erfolgt. Hier ist meist eher ein Team- oder Gruppencoaching angesagt.
Teamcoaching
Von Teamcoaching spricht man, wenn die Teilnehmer ein Arbeitsteam bilden – das heißt gemeinsam eine Aufgabe lösen müssen oder beim Erfüllen ihrer Aufgaben wechselseitig auf Unterstützung angewiesen sind. Sie müssen jedoch nicht in derselben Abteilung arbeiten. Sie können auch, wie dies zum Beispiel bei Projektteams meist der Fall ist, für verschiedene Bereiche oder gar Unternehmen tätig sein.
Beim Teamcoaching steht das (bessere) Lösen einer gemeinsamen Aufgabe im Mittelpunkt. Deshalb drehen sich die Coachingsitzungen oft um folgende Fragen:
- Was ist unser gemeinsames Ziel?
- Welche Aufgaben ergeben sich hieraus?
- Welche Erwartungen werden beim Lösen der Aufgabe an uns gestellt?
- Was ist nötig, damit wir die Aufgabe bestmöglich lö-sen?
- Wie gehen wir künftig vor? Und:
- Wer macht was bis wann?
Beim Sich-Verständigen auf ein gemeinsames Vorgehen und Umsetzen der vereinbarten Lösung sind Reibereien vorprogrammiert – zum Beispiel weil die Teammitglieder verschiedene Meinungen und Interessen haben. Deshalb hat beim Teamcoaching der Coach auch die Funktion eines Moderators, der dafür sorgt, dass
- die verschiedenen Interessen und Sichtweisen klar benannt werden und
- die realen Knackpunkte der Zusammenarbeit ange-sprochen werden.
In den Teamsitzungen werden zuweilen auch Verhaltensweisen einzelner Mitglieder angesprochen, die die (Zusammen-)Arbeit erschweren – zum Beispiel „Herr Mayer liefert mir zu spät die nötigen Unterlagen“. Dann ist der Coach als Gesprächsmoderator gefragt. Denn im Rahmen einer Teamcoaching-Sitzung kann zwar erörtert werden, welche Merkmale der Organisation dazu führen, dass eine Person ein bestimmtes Verhalten zeigt. Sie ist aber nicht der Ort, um zum Beispiel darüber zu sprechen, welche Persönlichkeitsmerkmale von Herrn Mayer dazu führen, dass er Infos nicht weiter gibt. Dies käme einem Bloßstellen von Herrn Mayer vor seinen Kollegen gleich. Solche persönlichen Aspekte müssen im Vier-Augen-Gespräch, das heißt im Rahmen eines Einzelcoachings, erörtert werden.
Gruppencoaching
Von Gruppencoaching spricht man, wenn die Teilnehmer kein Arbeitsteam bilden, aber in ihrer Organisation eine ähnliche Funktion haben oder dort vor vergleichbaren Herausforderungen stehen. Ein klassischer Anlass für ein Gruppencoaching ist: Ein Unternehmen hat mehrere junge Führungskräfte. Diese wurden zwar in Schulungen auf ihre Führungsaufgaben vorbereitet, aufgrund ihrer geringen Erfahrung sind sie aber oft noch unsicher, wie sie im Führungsalltag auf gewisse Herausforderungen reagieren sollen.
In solchen Situationen ist ein Gruppencoaching meist effektiver als ein Einzelcoaching. Denn gerade wenn Führungskräfte noch recht unerfahren sind, ist für sie ein Austausch mit Kollegen oft sehr hilfreich. Denn im Gespräch mit ihnen erfahren sie vielfach auch, dass diese mit ähnlichen Führungsproblemen wie sie selbst kämpfen. Ihre Probleme sind deswegen nicht personen-, sondern situationsbedingt. Im Austausch mit den Kollegen erfahren sie zudem, wo diese mehr oder weniger Probleme haben – das heißt wo vermutlich ihre Stärken und Schwächen liegen.
Diesen gemeinsamen (Reflexions-)Prozess darf der Coach nicht nur moderieren. Er sollte ihn auch stimulieren und die Teilnehmer dazu veranlassen, aus den Erkenntnissen die nötigen Schlüsse zu ziehen. Zugleich sollte er ihnen als Rat- und Impulsgeber zur Seite stehen und die Führungskräfte auf mögliche alternative Betrachtungsweisen und Lösungswege hinweisen, an die diese aufgrund ihrer geringen Erfahrung noch nicht denken. Deshalb muss der Coach praktische Führungserfahrung haben.
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