Mann oder Frau – wer hat im Bewerbungsprozess die besten Chancen?
Wie unterscheidet sich das Bewerbungsverhalten von Frauen und Männern? Männer bewerben sich öfters als Frauen, dennoch sind weibliche Kandidaten bei Vorstellungsgesprächen erfolgreicher. Warum ist dies der Fall?
Die Ergebnisse über den Bewerbungsprozess von Männern und Frauen liegen dem Gender Insights Report Deutschland zugrunde. Untersucht wurden geschlechterspezifische Chancen und Hürden bei Bewerbungen. Er basiert auf den Verhaltensdaten der mehr als 610 Millionen LinkedIn-Mitglieder weltweit sowie auf zwei von LinkedIn durchgeführten Studien. Der Report zeigt auf, dass Männer im Bewerbungsprozess insgesamt mutiger auftreten, gleichzeitig führen ihre Bewerbungen aber seltener zu einer Anstellung. Darüber hinaus verweisen die Ergebnisse auf Nachholbedarf in den Unternehmen: Nicht alle geschlechterspezifischen Unterschiede sind auf das Verhalten der Bewerber zurückzuführen, sondern mitunter auch auf das der Recruiter.
Bewerbung von Frauen führt häufiger zum Erfolg
Wenn sich Frauen auf eine Stelle bewerben, werden sie nach dem Vorstellungsgespräch um 23 Prozent häufiger eingestellt als Männer. Bedeutet die ausgeschriebene Position einen deutlichen Karrieresprung, sind sie im Vergleich zu männlichen Bewerbern sogar um 24 Prozent öfter erfolgreich. Erklären lässt sich das möglicherweise durch den Umstand, dass Frauen sich im Schnitt zwar ebenso viele Stellenanzeigen ansehen wie Männer, sich aber um 14 Prozent seltener auf den ausgeschriebenen Job bewerben – sie sind folglich selektiver.
„Dass Frauen bei Bewerbungen eine stärkere Vorauswahl treffen, kann verschiedene Gründe haben. Wir wollen Frauen mit der Veröffentlichung dieser Zahlen jedenfalls darin bestärken, im Bewerbungsprozess zukünftig mutiger aufzutreten“, sagt Barbara Wittmann, Mitglied der Geschäftsleitung von LinkedIn DACH. „Vergangene Untersuchungen haben zum Beispiel gezeigt, dass Frauen häufig zögern, wenn sie nicht alle in der Stellenausschreibung genannten Qualifikationen besitzen. Männer neigen hingegen dazu, sich in solchen Fällen einfach trotzdem zu bewerben. Das Vorgehen der Frauen könnte man als effizienter beschreiben, weil sie weniger Zeit in kaum aussichtsreiche Bewerbungen stecken. Allerdings verpassen sie damit möglicherweise auch spannende Karrierechancen. Beide Herangehensweisen haben also Vor- und Nachteile.“
Verbesserungspotenzial beim Recruiting
Wenn sich Frauen proaktiv auf eine Stelle bewerben, haben sie demnach bessere Chancen auf eine Einstellung als Männer. Wenn sich hingegen Personalverantwortliche selbst auf die Suche nach geeigneten Mitarbeitern machen, schenken sie männlichen Kandidaten mehr Aufmerksamkeit. So klicken Personaler weltweit um 13 Prozent seltener auf Profile von Frauen. Erst anschließend herrscht wieder Chancengleichheit: Wenn Personalverantwortliche das Profil eines Kandidaten bereits aufgerufen und dessen Stärken und Schwächen direkt vor Augen haben, kontaktieren sie Männer und Frauen nahezu gleich häufig.
„Das Verhalten der Recruiter deutet auf eine unbewusste Voreingenommenheit hin. Und es unterstreicht die Notwendigkeit, auch auf Unternehmensseite an Stellschrauben zu drehen“, erklärt Barbara Wittmann. „Letztlich geht es für Personalabteilungen darum, die besten Kandidaten ausfindig zu machen – und das funktioniert nur, wenn beiden Geschlechtern das gleiche Maß an Aufmerksamkeit zukommt. Wird ein entsprechendes Problembewusstsein erzeugt und die Rahmenbedingungen gezielt verbessert, gewinnen letztlich alle Beteiligten.“
Um insgesamt mehr Geschlechtergerechtigkeit im Unternehmen zu erreichen, empfiehlt LinkedIn eine datenbasierte Herangehensweise. Personalverantwortliche sollten zunächst das aktuelle Geschlechterverhältnis unter Mitarbeitern, Bewerbern und eingeladenen Kandidaten erfassen. Anschließend können sie Entwicklungsziele definieren und konkrete Maßnahmen ergreifen – etwa die inklusivere Gestaltung von Stellenanzeigen oder eine Neuausrichtung der Arbeitgebermarke.
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