Schlechte Nachrichten professionell überbringen
Mit Hiobsbotschaften tut sich keiner leicht: Weder der, den sie betreffen, noch der, der sie überbringen muss. Leider gibt es jedoch nicht immer nur Gutes zu berichten. Gerade in Krisenzeiten müssen Unternehmer und Führungskräfte ihren Mitarbeitern oft schlechte Nachrichten vermitteln: Arbeitsplätze werden abgebaut, das Budget gekürzt, das Weihnachtsgeld gestrichen.
Selbst im Aufschwung sind Umstrukturierungen, Neuausrichtungen oder Anpassungen nötig und für die Zuhörer zwangsläufig mit Veränderungen verbunden. Genau diese Veränderungen erzeugen Unsicherheit und lösen Ängste aus. Aufgrund der meist negativen Folgen kommt zur sachlichen Betroffenheit deshalb immer auch die emotionale Betroffenheit. Gerhard Reichel stellt an dieser Stelle zehn Gebote vor, anhand derer Redner bei der Überbringung schlechter Nachrichten professioneller vorgehen können:
- Ihr oberstes Ziel sollte es sein, die Motivation der Mitarbeiter zu erhalten. Zwar müssen Sie das Interesse des Unternehmens verfolgen, gleichzeitig aber fair sein, das heißt Ihre Zuhörer als Menschen sowie deren Interessen und Bedürfnisse achten.
- Übermitteln Sie Ihre schlechte Nachricht schnell und offen, wenn klar ist, dass sie gesagt werden muss. Gerade wenn vorher schon Gerüchte im Umlauf waren, wirkt eine offene Ansage wie das reinigende Gewitter nach quälend langer Schwüle.
- Reden Sie bei schlechten Nachrichten nicht um den heißen Brei herum. Das bringt nichts. Im Gegenteil, es macht alles nur noch schlimmer. Sagen Sie gleich (innerhalb der ersten fünf Sätze), was Sache ist.
- Bringen Sie immer erst die Fakten und lassen Sie erst danach Fragen zu.
- Seien Sie sensibel, zeigen Sie Einfühlungsvermögen. Versuchen Sie, sich vorzustellen, wie Sie selbst eine solche Nachricht überbracht bekommen möchten.
- Wenn Sie Verantwortung für die Hiobs-Botschaft tragen, dann bekennen Sie sich offen dazu. Suchen Sie keine Ausreden und rechtfertigen Sie sich nicht.
- Beschuldigen Sie auf keinen Fall andere, auch wenn zweifelsfrei feststeht, wer den Fehler gemacht hat.
- Versuchen Sie keine Tricks. Die betroffenen Menschen sind nicht dumm. Sie sind hochsensibel.
- Wählen Sie Ihre Worte mit Bedacht. Der Ton macht die Musik.
- Zeigen Sie Ihre Betroffenheit, aber nur, wenn sie wirklich echt ist.
Positives Beispiel für das Überbringen einer schlechten Nachricht
Sie haben die Aufgabe, den Beschluss der Geschäftsleitung zu verkünden: Ein Zweigwerk muss geschlossen werden. Die Mitarbeiter sind in der Kantine versammelt. Damit alle Beteiligten den Hintergrund des Beschlusses kennen lernen, erläutern Sie kurz die Entwicklung der Branche. Dann werfen Sie einen Blick auf die Folgen der Finanzkrise und präsentieren die Zahlen des jüngsten Quartals. Plötzlich bemerken Sie Unruhe. Sie nimmt zu. Ein erster Zwischenruf: „Hören Sie doch auf mit dem Zahlenquatsch. Kommen Sie endlich zur Sache!“ Sofort schließen sich andere an. Tumult. Sie haben keine Chance mehr.
Was haben Sie falsch gemacht? Schon seit Tagen waren unter den Mitarbeitern Gerüchte im Umlauf: „Da ist etwas im Busch.“ So etwas bleibt ja nicht geheim. Deshalb waren die Nerven von Anfang an gereizt. Und in dieser Stimmung kommen Sie mit Zahlen daher. Erkennen Sie, wie wichtig bei solchen Reden Ihre eigene innere Haltung gegenüber den betroffenen Mitarbeitern ist. Ihre Einstellung sollte von Wertschätzung, Achtung und Empathie geprägt sein. Nur dann können Sie erwarten, dass Ihre Zuhörer mit der für sie schlechten Nachricht als mündige und selbstbewusste Persönlichkeiten professionell umgehen werden. In dem vorgenannten Beispiel könnte sich Ihre Rede dann so anhören:
Positives Beispiel für das Überbringen einer schlechten Nachricht
„Seit gestern Abend, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ist es kein Gerücht mehr. Wir müssen unser Zweigwerk schließen. Ich habe Sie hierher gebeten, um mit Ihnen darüber zu reden, wie wir mit dieser Situation umgehen. Wenn Sie einverstanden sind, gehen wir in vier Schritten vor:
- Ich mache Sie kurz mit den Hintergründen vertraut.
- Ich sage Ihnen ehrlich und offen, welche Auswirkungen das für Sie, für mich, für jeden von uns hat.
- Ich stelle Ihnen den Maßnahmenplan vor, den wir ausgearbeitet haben.
- Sie bekommen Gelegenheit, Fragen zu stellen.
Sind Sie mit diesem Vorgehen einverstanden?“
Falls es Änderungswünsche zu Ihrer Agenda gibt, nehmen Sie diese ernst und gehen Sie ruhig darauf ein. Bestehen Sie aber darauf, dass Fragen erst am Ende gestellt werden dürfen. Begründen Sie dies und zeigen Sie für Ungeduldige Verständnis. „Ich kann gut verstehen, dass Sie so schnell wie möglich Antworten auf Ihre brennenden Fragen wollen. Aber es macht mehr Sinn, wenn wir uns erst mit den Fakten und dann mit Ihren Fragen beschäftigen.“ Diese Kurzformel „Erst die Fakten, dann die Fragen“ ist logisch und wird im Regelfall akzeptiert. Sie können sie immer wiederholen, wenn diese Abmachung gebrochen wird. Seien Sie dabei aber zu dem Fragesteller immer freundlich. Sobald Sie ihn belehren, solidarisieren sich alle anderen mit dem Schwächeren.
Checkliste zur Vorbereitung:
Um Ihre Hiobs-Rede richtig vorzubereiten, sollten Sie folgende Fragen für sich beantworten:
- Worum geht es? Beschreiben Sie die Situation und Ihre Aufgabe. Welche Botschaft müssen Sie vermitteln?
- Was sind die Gründe? Was sind die Fakten?
- Wie werden die Zuhörer auf die Nachricht vermutlich reagieren?
- Was werden sie sagen?
- Welche anderen Reaktionen werden sie zeigen?
- Was werden sie unmittelbar nach der Rede tun? Was in den nächsten Tagen?
- Was steht für sie auf dem Spiel? Persönlich? Beruflich?
- Was wollen Sie mit der Rede erreichen?
- Was soll passieren?
- Was darf auf gar keinen Fall passieren?
- Welches Ergebnis soll erzielt werden? Für das Unternehmen? Für die betroffenen Personen?
Wenn Sie diese Fragen zur Vorbereitung für sich geklärt haben, sollten Sie die ersten fünf Sätze perfekt vorbereiten und üben. Diese Sätze sind entscheidend für den weiteren Verlauf Ihrer Rede, mittels der Sie es schaffen werden, auch eine schlechte Nachricht fachlich professionell und menschlich wertschätzend zu übermitteln.
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