Wie sich die Arbeitswelt in den nächsten 20 Jahren verändern könnte
Viele bezeichnen die Digitalisierung als die vierte industrielle Revolution, denn ihr Einfluss auf viele Bereiche des Lebens ist immens. Das trifft auch auf den Arbeitsmarkt zu: Der technische Fortschritt hat das Potenzial, die Wirtschaft gehörig anzukurbeln. Die Entwicklung bringt allerdings auch Herausforderungen mit sich - vor allem für Arbeitnehmer. Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt ganz konkret - und welche Berufsbranchen haben Zukunft?
Während die Digitalisierung täglich weiter voranschreitet, denkt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bereits an die langfristigen Auswirkungen. In einer Studie von beschäftigte sich die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit mit möglichen Arbeitsmarkteffekten der Digitalisierung bis ins Jahr 2035. So werden sich die Tätigkeiten beispielsweise auf bestehenden Arbeitsplätzen verändern. Manche Experten vermuten auch, dass der technische Fortschritt zahlreiche Arbeitsplätze kosten wird. Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigen aber, dass Arbeitsplätze in den nächsten Jahren nicht wegfallen, sondern sich lediglich anders auf die verschiedenen Berufsbranchen verteilen werden.
Branchenabhängige Entwicklung von Arbeitsplätzen
Geht man davon aus, dass Maschinen die menschliche Arbeitskraft zumindest teilweise ersetzen werden, heißt dies auch, dass dadurch neue Arbeitsplätze und Berufsfelder in anderen Bereichen entstehen, beispielsweise in der Forschung und Entwicklung. Vor allem das produzierende Gewerbe ist hingegen vom Verlust von Arbeitsplätzen bedroht, denn viele Produktionsprozesse lassen sich vollständig automatisieren. Die Automobilbranche steckt schon jetzt mitten in der digitalen Transformation. Perspektivisch könnten im Bereich „Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ bis zu 50.000 Arbeitsplätze wegfallen.
Für Unternehmen könnte das mehr Effizienz und Profit bedeuten. Doch welche Auswirkungen hat dieser Umbruch auf Berufstätige und Arbeitssuchende? Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit sieht insbesondere in der Branche „Information und Kommunikation“ großes Wachstumspotenzial, denn im Zuge der Digitalisierung müssen immer mehr Daten verarbeitet und gespeichert werden. Deshalb sind IT-Spezialisten gefragt, die beispielsweise das Internet of Things oder künstliche Intelligenz in Unternehmensprozesse eingliedern.
Durch die Digitalisierung entstehen zudem vor allem Jobs im Bereich „Big Data“. Noch vor ein paar Jahren war das explosionsartige Wachstum der Datenmengen kaum abzusehen. Doch innerhalb kurzer Zeit wurden Überlegungen, wie man große Datenmengen speichern, sortieren und vor Missbrauch schützen kann, zu den wichtigsten Fragen unserer Zeit. Und so gibt es mittlerweile Berufe wie Data Engineer, Data Scientist oder Data Security Consultant, die sich genau darum kümmern. Im Rahmen der Studie wurde ein Szenario erarbeitet, in dem im Jahr 2035 mehr als 120.000 Beschäftigte in dieser Branche arbeiten. Ratgeber, die als Orientierungshilfe für Berufseinsteiger dienen, zeigen allerdings, dass man nicht zwingend IT-Spezialist werden muss: Auch soziale Berufe oder solche in der Lebensmittelindustrie sind vielversprechend.
Da sich Wirtschafts- und Branchenstrukturen in Deutschland je nach Region voneinander unterscheiden, geht das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung davon aus, dass sich der Arbeitsmarkt unter dem Einfluss der Digitalisierung regional unterschiedlich entwickeln wird. So konzentriert sich beispielsweise die Automobilbranche vorrangig auf den Süden Deutschlands. Da sie zu den Branchen gehört, die sich im Zuge der Digitalisierung in einem grundlegenden Wandel befinden, wird der technische Fortschritt dort stärkere Auswirkungen haben als beispielsweise in Brandenburg oder in anderen Regionen, die nicht so stark vom produzierenden Gewerbe geprägt sind.
Menschliche Kommunikation: Auch in einer digitalisierten Welt unersetzlich
Es gibt auch Branchen und Berufsbilder, bei denen sich Experten uneinig sind, wie sie sich entwickeln werden. Ein Beispiel sind die Pflegeberufe: Seit Jahren entspricht die Anzahl an Beschäftigen in der Pflegebranche nicht der, die eigentlich benötigt wird, um allen pflegebedürftigen Menschen gerecht zu werden. Das liegt unter anderem am demografischen Wandel, denn durch die steigende Lebenserwartung gibt es immer mehr ältere Menschen, aber weniger junge, die in Pflegeberufen tätig werden können. Roboter und künstliche Intelligenz könnten den Pflegenotstand perspektivisch ausgleichen. Doch auch, wenn an manchen Orten schon Pflegeroboter eingesetzt werden, kann sich der Digitalexperte Karl-Heinz Land nicht vorstellen, dass die menschliche Arbeitskraft in Pflegeberufen komplett abgelöst wird. Zwar können Roboter Aufgaben wie das Waschen der Pflegebedürftigen übernehmen, doch sie können die menschliche Kommunikation nicht ersetzen. In der Pflege könnte es sich als Erfolgsrezept erweisen, die Technik zur Entlastung der Pflegekräfte zu nutzen, sodass diesen mehr Zeit für Gespräche mit den Patienten bleibt.
Fazit: Die Digitalisierung birgt auch Chancen für Arbeitnehmer
Auch wenn noch immer schwer abzusehen ist, wie sich bestimmte Berufsfelder unter dem Einfluss der Digitalisierung entwickeln werden, sollten Arbeitnehmer die Entwicklung als Chance begreifen – schließlich werden sich bestimmte Bereiche der Wirtschaft durch den technischen Fortschritt erst zu regelrechten Boom-Branchen entwickeln. Bildung und Weiterbildung werden eine zentrale Rolle im Digitalisierungsprozess spielen: Wer sich auf die neuen Gegebenheiten einstellt und sich entsprechend umorientiert oder neue Fähigkeiten erlernt, bleibt auch in Zukunft als Arbeitskraft unersetzbar. Arbeitnehmer sollten aktuelle Entwicklungen des Arbeitsmarktes aufmerksam verfolgen und sich bei der beruflichen Weiterentwicklung an den Jobs und Branchen der Zukunft orientieren, um nicht außen vor zu bleiben.
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