Beim Verkaufsgespräch klären, was dem Kunden wirklich wichtig ist
Marketing & Vertrieb

Beim Verkaufsgespräch klären, was dem Kunden wirklich wichtig ist

Walter Kaltenbach
Am

Verkäufer überhäufen ihre Kunden oft mit allen möglichen Nutzenargumenten, anstatt zunächst zu ermitteln, was dem Kunden wirklich wichtig ist? Die Folge: Die Verkaufsgespräche dauern endlos lange, und den Kunden brummt nach einiger Zeit der Kopf. Am Ende heisst es dann: „Ich melde mich bei Ihnen“ oder sie ziehen mit einem „Ich überlege es mir“ von dannen.

„Kunden brauchen keinen Bohrer, sondern ein Loch.“ Diesen Satz kennen die meisten Verkäufer. Übersetzt heißt er: Kunden kaufen stets nach dem Nutzen, den ihnen ein Produkt bietet. Theoretisch ist dies fast allen Verkäufern klar. Doch leider beherzigen ihn viele bei ihrer Alltagsarbeit nicht. Noch immer begegnet man nicht nur im technischen Vertrieb oft Verkäufern, die in Verkaufsgesprächen primär die Merkmale ihrer Produkte auflisten, statt den Kunden deren Nutzen und Vorzüge plastisch vor Augen zu führen.

Andere Verkäufer interpretieren den Satz wie folgt: Ich muss dem Kunden möglichst viele Nutzenargumente bieten, dann komme ich zum Ziel. Das heißt: Statt zunächst zu ermitteln, was dem Kunden wichtig ist, schleudern sie ihm alle möglichen Nutzenargumente an den Kopf. Die Folge: Da der Verkäufer seine Argumentation nicht auf die kaufentscheidenden Punkte fokussiert, sieht der Kunde irgendwann vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Und ihm brummt der Kopf. Also sagt er zum Beispiel „Ich denke noch mal darüber nach“ und verschwindet auf Nimmer-Wiedersehen.

Beim Verkaufsgespräch Kundennutzen klären

Top-Verkäufer wissen: Ich muss im Kundenkontakt zunächst die „roten Knöpfe“ beim Kunden ermitteln – also die Faktoren, die für dessen Kaufentscheidung wirklich relevant sind. Sonst verzettle ich mich mit meiner Argumentation und kann den Kunden nicht zur Kaufentscheidung führen.

Hierfür ein Beispiel: Angenommen ein Geschäftsmann möchte ein neues Auto kaufen, weil sein altes nach einem Unfall Schrott ist. Deswegen geht er in ein Autohaus. Dort fragt ihn der Verkäufer, was er für ein Auto möchte. Der potenzielle Kunde listet daraufhin völlig unsortiert und nicht gewichtet eine Vielzahl von Anforderungen auf. So soll sein neues Fahrzeug unter anderem silber-grau sein und mindestens einen 130-PS-Motor haben. Zudem soll das Auto Sonderausstattungen wie zum Beispiel eine Sitzheizung, einen Tempomat und eine Klimaautomatik haben. Der Geschäftsmann sagt zudem, das neue Fahrzeug solle ihm „möglichst schnell“ zur Verfügung stehen und aus wirtschaftlichen Gründen „ein Diesel sein“. Auch ein leistungsfähiges Navigationssystem solle es haben.

Was sind die roten Knöpfe bei diesem Kunden? Offen gesagt: Keine Ahnung – denn Geschäftsleute gibt es viele und ihre Bedürfnisse sind sehr verschieden. Deswegen muss der Verkäufer die roten Knöpfe im Gespräch erkunden. Einiges spricht jedoch dafür, dass im genannten Beispiel die Merkmale „schnelle Verfügbarkeit“, „ein leistungsstarker Dieselmotor“ sowie ein „gutes Navi“ zu den roten Knöpfen zählen. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Kunde, wenn diese drei Hauptbedingungen erfüllt sind, auf einige (Sonder-)Wünsche wie „Sitzheizung“ und „silber-graue Farbe“ verzichtet. Zumindest wenn die Alternative lautet: „Sonst müssen Sie acht Wochen auf das Fahrzeug warten.“

Was sollte der Verkäufer demnach tun, wenn er einen Abschluss erzielen möchte? Er sollte zunächst ermitteln, was dem Kunden wirklich wichtig ist und diesem dann möglichst plastisch vor Augen führen, dass die von ihm offerierte Lösung seine Anforderungen 1A erfüllt – im Gegensatz zu den „Konkurrenzprodukten“.

Beim Verkaufsgespräch die relevanten „roten Knöpfe“ ermitteln

Die roten Knöpfe im Kundenkontakt bereits im ersten Kundenkontakt zu ermitteln, ist im Vertriebsalltag zuweilen nicht leicht. Denn häufig wird dem Kunden selbst erst im Verlauf des Kaufentscheidungsprozesses klar, was ihm wichtig ist. Also müssen Verkäufer beim Ermitteln der roten Knöpfe mit einer gewissen Systematik vorgehen. Der erste Schritt ist stets, zu erkunden, wozu der Kunde das betreffende Produkt überhaupt braucht beziehungsweise für welches Problem er eine Lösung sucht. Doch Vorsicht! Geben Sie sich nicht mit vorschnellen Antworten zufrieden. Fragen Sie immer wieder nach. Denn es macht, um beim Autobeispiel zu bleiben, einen Unterschied, ob der Geschäftsmann mit dem Fahrzeug 20 000 oder 200 000 Kilometer pro Jahr fährt. Und es macht einen Unterschied, ob er darin nur seine Aktentasche oder auch schwere und sperrige Ersatzteile und Muster transportiert.

Wenn es klar ist, wozu der Kunde das Produkt gebraucht, ist es sinnvoll, sich bei der weiteren (Bedarfs-)Analyse zunächst auf die Fakten-Knöpfe zu konzentrieren. Beim Autobeispiel wären dies zum Beispiel solche Faktoren wie Beschleunigungsvermögen und Spritverbrauch. Zu den Fakten-Knöpfen gehören aber auch solche Faktoren wie Lieferzeit und gewünschte Finanzierung.

Beim Verkaufsgespräch die emotionalen Knöpfe nicht vergessen

Haben Sie die Fakten-Knöpfe ermittelt, können Sie sich den Knöpfen zuwenden, die für die Kaufentscheidung von Kunden oft mindestens ebenso wichtig sind: Die emotionalen Knöpfe. Denn eines sollten Sie im Kundenkontakt nie vergessen: Menschen, aber auch Organisationen ticken unterschiedlich. Erkunden Sie also, wie Ihr potenzieller Kunde denkt und fühlt. Ein Beispiel: Angenommen der Kunde wünscht ein „zuverlässiges und sicheres Geschäftsfahrzeug“, dann sollten Sie ermitteln, was „zuverlässig und sicher“ für ihn bedeutet. Zum Beispiel, dass das Fahrzeug möglichst selten in die Werkstatt muss? Oder, dass er selbst bei einem schweren Unfall heil aus dem Schrotthaufen kommt?

Ermitteln Sie zudem, was für ein Typ Ihr Kunde ist, um herauszufinden, was ihm noch wichtig sein könnte – selbst wenn er dies nicht explizit sagt. Legt er zum Beispiel wert darauf, dass sein Auto auch etwas hermacht, wenn er beim Edel-Italiener vorfährt? Oder ist er eher ein Familienmensch, dem das Stauvolumen sehr wichtig ist, damit er auch mit seiner Familie in dem Fahrzeug relaxt in den Urlaub fahren kann?

Beim Verkaufsgespräch wird die Bedeutung des Knopfs „Preis“ überschätzt

Und selbstverständlich sollten Sie den roten Knopf „Preis“ nicht vergessen. Er spielt zweifellos bei Kaufentscheidungen eine wichtige Rolle. Doch Vorsicht! Seine Bedeutung wird gerade im B-to-B-Vertrieb und technischen Vertrieb häufig überschätzt. Entsprechend (vor-)schnell sind Verkäufer oft zu Preisnachlässen, also einem Verzicht auf Gewinn bereit. Doch nicht nur dies. Durch ihre Fixierung auf den Preis verringern sie oft auch ihre Abschlusschance. Zurück zum Beispiel Autokauf. Angenommen für den Kunden hat der rote Knopf „kurze Lieferzeit“ höchste Priorität. Dann wäre zum Beispiel eine Verkäuferaussage wie folgende völlig kontraproduktiv: „Ich empfehle Ihnen unser Sondermodell ‚…’. Bei ihm sparen Sie fast 1000 Euro. In sechs Wochen können wir es Ihnen liefern“. Ähnlich verhält es sich bei fast allen technischen Gütern beziehungsweise Industriegütern.

Denn gerade bei ihnen ist für die Kunden meist nicht der Anschaffungspreis, sondern die Kosten-Nutzen-Relation relevant. Denn was nutzt es zum Beispiel einem Bauunternehmen, wenn ein benötigtes Bauteil zwar billig im Einkauf, aber schwer zu montieren ist? Wenig! Denn dann fressen die Montagekosten schnell die Ersparnis beim Einkauf auf. Dasselbe gilt für solche Investitionsgüter wie Maschinen und Computeranlagen. Hier interessiert die Kunden der Anschaffungspreis allein meist wenig. Wichtig sind für sie die „Total costs of ownership“. Denn was nutzt einem Unternehmen zum Beispiel eine günstige Stanze, die jedoch häufig defekt ist, wodurch lange Stillstandszeiten entstehen oder bei deren Hersteller man im Bedarfsfall tagelang warten muss, bis ein Servicetechniker kommt? Wenig!

Für Verkaufsgespräch eine „Knopf-Sammlung“ anlegen

Viele Verkäufer sind irritiert, wenn ein Kollege von ihnen einen lukrativen Abschluss nach dem anderen schreibt, während sie nach Kundengesprächen oft mit leeren Händen dastehen. Eine häufige Erklärung hierfür: Ihre Kollegen wissen, wie vielfältig und unterschiedlich die zentralen Kaufmotive der Kunden sind. Sie können diese zudem gezielt ermitteln. Und sie können ihre Verkaufsargumentation so aufbauen, dass bei Kunden das Gefühl entsteht: Ja, genau das muss ich haben. Oder anders formuliert: Sie drücken in Verkaufsgesprächen stets auf die richtigen roten Knöpfe. Deshalb folgender Tipp: Legen Sie für sich eine Sammlung möglicher „roter Knöpfe“ an. Allein schon das macht Sie in Verkaufsgesprächen noch souveräner. Denn das „Knöpfe-Sammeln“ schärft Ihre Antennen für die kaufentscheidenden Faktoren bei Kunden.

Beim Knöpfe-Sammeln können Sie wie folgt vorgehen: Ermitteln Sie nach erfolgreichen Verkaufsgesprächen, warum Sie in ihnen Erfolg hatten. Was für Kundentyp stand Ihnen gegenüber? Wo drückte ihm der „Schuh“? Auf welche Nutzenargumente sprang er an? Was ließ ihn „kalt“? Versprochen, wenn Sie so vorgehen, werden Sie schnell viele rote Knöpfe bei Ihren Kunden identifizieren. Ihre Knopfliste wird lang und länger. Nun müssen Sie nur noch ein Gespür dafür entwickeln, bei welchen Kunden Sie auf welche Knöpfe drücken sollten.

Dasselbe können Sie selbstverständlich mit Verkaufsgesprächen tun, die nicht optimal verliefen. Auch nach ihnen sollten Sie sich fragen: Warum lief es nicht rund? Übersah ich einen roten Knopf? Hätte ich vielleicht …? Versprochen, auch wenn Sie dies tun, schärft sich allmählich Ihr Gespür für die verschiedenen Kundentypen und Gesprächssituationen, wodurch Ihre Abschlussquote steigt.

Über den Autor

Walter Kaltenbach

Walter Kaltenbach Walter Kaltenbach ist Inhaber des auf den technischen Vertrieb spezialisierten Trainings- und Beratungsunternehmens Kaltenbach Training. Das Unternehmen auch bei der Auswahl der richtigen Verkäufer sowie Führungskräfte im Vertrieb unterstützt. Er ist Autor des Buchs „Was im Verkauf wirklich zählt!: Die besten Methoden für volle Auftragsbücher“
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