Deutsche Unternehmen bei ausländischen Investoren sehr beliebt
Bis Mitte November stiegen ausländische Investoren bei 732 deutschen Unternehmen ein. Bezogen auf die 170 Deals, bei denen ein Kaufpreis genannt wurde, betrug das durchschnittliche Volumen 490 Millionen Euro, was weit über den Vorjahren liegt. Dazu passt, dass allein 20 Transaktionen mehr als einer Milliarde Euro schwer waren – auch das ein neuer Rekord.
Ebenfalls bemerkenswert: Allein neun dieser sogenannten Megadeals entfielen auf Private-Equity-Investoren. Der Run ausländischer Investoren auf deutsche Unternehmen hält an – wobei das durchschnittliche Deal-Volumen in 2018 geradezu explodiert ist. Allein bis Mitte November letzten Jahres zählte die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC für ihren diesjährigen M&A-Report 732 angekündigte Transaktionen. Dabei wurde in 170 Fällen der Kaufpreis öffentlich gemacht.
Ergebnis: Allein diese 170 Deals kamen auf ein aggregiertes Volumen in Höhe von 82,5 Milliarden Euro, woraus sich ein durchschnittlicher Transaktionswert von bemerkenswerten 490 Millionen Euro ergab – eine markante Steigerung im Vergleich zum Vorjahr (380 Millionen Euro) und sogar mehr als doppelt so viel wie 2016, als es im Schnitt rund 230 Millionen Euro waren.
„Dass internationale Investoren einen immer stärkeren Fokus auf den deutschen Markt legen, beobachten wir schon seit Jahren. Was allerdings ein relativ junges Phänomen ist: Neben einer ohnehin stattlichen Zahl an mittelgroßen M&A-Geschäften kommt es inzwischen fast monatlich zu ein bis zwei sogenannten Megadeals – also Transaktionen mit einem Volumen von mindestens 1 Milliarde Euro“, so Steve Roberts, Leiter Private Equity bei PwC in Deutschland.
Bis Mitte November wurden exakt 20 dieser Deals vermeldet, was zu diesem Zeitpunkt schon über den Werten für die gesamten Vorjahre lag. Besonders bemerkenswert: Bei neun dieser 20 M&A-Transaktionen lag das Volumen bei mehr als zwei Milliarden Euro, bei einem Deal sogar im zweistelligen Milliardenbereich. Dabei handelte es sich um die 18,4 Milliarden Euro schwere Übernahme der Unitymedia GmbH durch den britischen Vodafone-Konzern im Februar.
Der Boom der Vorjahre hat sich nahtlos fortgesetzt
Für das Gesamtjahr geht die PwC-Studie auf Basis der November-Zahlen von 815 bis 850 Transaktionen aus. „Selbst wenn wir angesichts der zuletzt schwierigen Lage an den Kapitalmärkten am unteren Ende dieses Korridors landen sollten, hätte sich der Boom der Vorjahre nahtlos fortgesetzt“, erläutert Roberts. Denn: Seit 2014 liegt die Gesamtzahl der Deals nunmehr beständig bei etwa 700 bis 900 jährlich und damit auf einem im langfristigen Vergleich extrem hohen Niveau. „Natürlich beruht die relative Attraktivität deutscher Unternehmen auch auf den Problemen anderer europäischer Standorte – also zunächst die Schuldenkrise in Südeuropa und dann das Brexit-Votum in Großbritannien. Doch auch jenseits solcher Effekte gelten deutsche Unternehmen unter ausländischen Investoren als solide aufgestellt und immer noch fair bewertet. Darum spricht wenig dafür, dass der M&A-Boom in den nächsten Jahren spürbar abflauen wird“, meint Roberts.
Die meisten Käufer – nämlich bis Mitte November bereits 129 – kamen wie in den Vorjahren aus den USA. Auf Platz zwei folgten diesmal Großbritannien mit 94 Deals und die Schweiz mit 86 Transaktionen. Weiter auf dem Vormarsch sind Käufer aus dem asiatisch- pazifischen Raum. Sie zeichneten per Mitte November für 110 M&A-Deals verantwortlich, was mehr war als im gesamten Vorjahr (114). „Der chinesische Anteil hieran ist allerdings weniger hoch, als es die oft aufgeregten Debatten um den angeblichen Ausverkauf hiesiger Unternehmen nach China vermuten ließen“, unterstreicht PwC-Experte Roberts.
In Zahlen: Exakt 40 Käufer kamen aus China beziehungsweise aus Hongkong, was ganz grob gesagt dem Niveau von Frankreich (51), den Niederlanden (40), Österreich (33), Schweden (34) und Japan (29) entsprach.
Finanzinvestoren stemmen mehr als jeden dritten Deal
Auffällig: Mehr als die Hälfte des gesamten Transaktionsvolumens entfiel auf Käufer aus den USA (14,4 Milliarden Euro) und Großbritannien (27,6 Milliarden Euro). Das lag zum einen natürlich am Unitymedia/Vodafone-Deal, hatte aber auch andere Ursachen: „In den angelsächsischen Ländern sitzen die meisten Finanzinvestoren – und deren Anteil an der Zahl der Deals und an den gesamten Volumina war auch in diesem Jahr wieder bemerkenswert hoch“, sagt Private-Equity-Experte Roberts. Konkret: Von den 732 bis Mitte November dokumentierten Deals gingen 268 auf Beteiligungsfonds zurück, was ein Anteil von 37 Prozent war. Das entsprach in etwa dem Vorjahr (38 Prozent), liegt aber zum Beispiel deutlich über dem Wert von 2014 (29 Prozent). Zudem entfielen allein neun der 20 Megadeals auf Private-Equity-Investoren.
Nur wenige Überraschungen gab es, was die Branchenverteilung angeht
So fokussierte sich das Interesse ausländischer Investoren auch in diesem Jahr wieder auf die industrielle Produktion mit 109 Transaktionen, gefolgt von Handel & Konsum (85). Mit doch schon deutlichem Abstand kommt auf Rang drei die Technologiebranche (61) – und das, nachdem es noch vor zwei Jahren so ausgesehen hatte, als sei es nur eine Frage der Zeit, bis die Techindustrie am Handel vorbeizieht. Im Aufwind befindet sich überraschend die Finanzbranche mit 46 angekündigten Transaktionen und weniger überraschend der Immobiliensektor mit 42 angekündigten Deals.
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