Fintech: Das sind die aussichtsreichsten Unternehmen in Deutschland
Fintechs waren in den vergangenen Jahren in der deutschen Startup-Szene in aller Munde. Nun scheint der Boom langsam abzuklingen: Die Neugründungen werden weniger, mehrere gingen insolvent; so ist die Gesamtanzahl 2018 nur um zwei Unternehmen angestiegen. Es ist schwieriger geworden, sich zu etablieren. Die Finanzbranche investiert vor allem in bereits erfolgreiche Fintechs, die sich auf ihre Weiterentwicklung und Expansion konzentrieren.
Payment-Startups: Top oder Flop?
Schwierigkeiten haben vor allem die Neugründungen im Bereich B2C-Payment: Allein diesen Herbst sind sowohl Cringle als auch Lendstar insolvent gegangen. Ein Grund dafür ist der Markteintritt von Google Pay und Amazon Pay; aus Angst vor dieser Konkurrenz entschieden sich viele Investoren dagegen, das Wachstum von Cringle zu finanzieren. Lendstar ist wiederum, bisher erfolglos, auf der Suche nach einem Käufer. Erfolg haben vor allem diejenigen Payment-Fintechs, die bereits vor dem Fintech-Boom gegründet wurden und sich maßgeblich an B2B-Kunden richten. Dazu gehören laut Finanz-Blogger Heinz Roger Dohms von Finanz-Szene.de zum Beispiel Payone, Wirecard oder Ratepay, die ihr Geschäftsmodell allesamt in den frühen 2000ern etablierten. Einen erfolgreichen Exit haben Pay.On, Sofortpay und Billpay hingelegt.
Regulierung und Vertrauen
In Großbritannien ist die einst gefeierte Kreditplattform Wonga insolvent gegangen. Wonga war von der britischen Aufsichtsbehörde FCA gezwungen worden, unfaire Kredite über mehr als 200 Millionen Pfund abzuschreiben. Das Geschäftsmodell hatte zunächst funktioniert, da es bei Wonga besonders einfach war, einen Kredit zu erhalten. Allerdings verlangte Wonga dafür aufs Jahr gerechnet bis zu 4.000 Prozent Zinsen und verschickte Drohbriefe von fiktiven Anwälten an säumige Schuldner. In der Folge legte die FCA zusätzlich zur Abschreibungsverpflichtung eine Obergrenze für die Kreditzinsen in Höhe von maximal 100 Prozent der Kreditsumme fest.
Einen gegenteiligen Ansatz hat die Fintech Group in Frankfurt gewählt. Ihr Vorstandschef Frank Niehage wird als „Deutschlands ehrlichster Banker“ bezeichnet, da er beim Tochterunternehmen Flatex, einem Onlinebroker, Negativzinsen einführte, anstatt die Kosten durch versteckte Gebühren zu refinanzieren. Das Konzept ging auf: Die vorhandenen Kunden investieren weiterhin in Wertpapiere sowie Geldmarktalternativen, und es kamen laut Niehage sogar über 4.000 neue Kunden dazu.
Die profitable und wachstumsstarke Gruppe beweist damit, dass nicht alle Fintechs in Deutschland dem Untergang geweiht sind – im Gegenteil. Flatex wurde im defizitären Zustand von der Fintech Group aquiriert und unter Niehage erfolgreich saniert. Nach nur 2,5 Jahren operiert der Onlinebroker inzwischen hochprofitabel, die Unternehmen Xcom und Biw konnten zugekauft werden. Das Unternehmen verkörpert im Unterschied zu anderen Startups der Branche tatsächlich sowohl den „Fin“ als auch den „Tech“-Aspekt: Es verfügt sowohl über eine Vollbanklizenz als auch über mehr als 200 Entwickler und Programmierer.
Neue und alte Stars am Fintech-Himmel
Obgleich viele Fintechs nicht bestehen können und sich gerade die Spreu vom Weizen trennt, treten doch auch neue, vielversprechende Unternehmen in den Markt ein. Welche sich durchsetzen werden, ist noch nicht abschließend zu sagen. Zu den neuen Sternen am Fintech-Himmel gehört das Startup Troy der beiden Gründer Philip Rürup und Till Völzke. Troy verbindet Inkasso-Unternehmen und Customer Retention Management mit Technologien aus KI und Machine Learning, um Erfolge zu erzielen. So will man dem Unternehmen wertvolle Kunden erhalten, anstatt sie mit unpersönlicher und unangenehmer Kommunikation abzuschrecken. Für ihr Startup hat Troy im Mai 2018 erfolgreich eine siebenstellige Finanzierungsrunde abgeschlossen. Der kundenfreundliche und zugleich datengetriebene Ansatz scheint bisher aufzugehen.
Die deutschen Startups Raisin (Weltsparen), N26 und Figo stehen neben fünf weiteren Insurtech- und Fintech-Unternehmen auf der Liste „Fintech 50“ und gehören damit zu den angesagtesten europäischen Startups der Stunde. Die Smartphone-Bank N26 besitzt inzwischen zwei Millionen Kunden und plant, 2019 in die USA zu expandieren. Bei den schnellen Entwicklungen der Branche wird sich zeigen, wie sich diese Rockstars der Branche entwickeln und welche hinzukommen werden.
Bildrechte/Thumbnail: Flickr Woman Using Space Gray Iphone X – Credit to http://homedust.com/ Ryan Adams CC BY 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten
Kommentare