So identifizieren Sie verlorene bzw. "schlafende" Kunden
Verlorene Kunden sind oftmals vergessene Kunden. Oder sie werden als "Karteileiche" einfach aus der Datenbank gelöscht. Dabei schlummert im Ex-Kundenkreis ein beträchtliches Ertragspotenzial. Doch bevor man mit Rückhol-Aktivitäten beginnt, gilt es zunächst festzustellen, wen man überhaupt verloren hat.
Unter den Kunden, die verlustig gehen, gibt es leise und laute Kündiger, geräuschvolle Reklamierer und heimliche Abwanderer. Es gibt Kunden, die ihre Aktivitäten auf nahezu Null herunterfahren. Es gibt die, die ihre Verträge nicht verlängern. Und es gibt die vorübergehend oder dauerhaft abstinenten Kunden, die so genannten ‚Schläfer’.
Um verlorene Kunden zu orten, muss also zunächst geklärt werden, wer ab wann als verloren gilt. Das hört sich trivial an, ist es aber nicht. Denn bei weitem nicht in jeder Branche spricht der Kunde seine Entscheidung, ein Unternehmen zu verlassen, durch eine mündliche oder schriftliche Kündigung aus. So werden beispielsweise Versender von Trendmode ihre Kunden schon dann als inaktiv einstufen, wenn sie mehr als ein halbes Jahr lang nichts gekauft haben.
Achten Sie auf Warnsignale
Erfahrene Betreuer mit Gespür für die leisen Töne können ein drohendes Abwandern erkennen, bevor es zu spät ist. Wer die Anzeichen richtig deutet, kann gefährdete Kundenbeziehungen noch rechtzeitig stabilisieren. In jedem Fall ist es hilfreich, die in der eigenen Branche üblichen Abwanderungssignale zu sammeln und regelmäßig mit dem Kundenverhalten abzugleichen.
Sie haben einen leisen Verdacht? Natürlich kann man nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern wird versuchen, sachte vorzufühlen. Fragen Sie beispielsweise: „Gibt es etwas, lieber Kunde, das wir für Sie dringend verbessern sollten?“ Die Antwort des Kunden ist ausweichend und klingt wenig plausibel? Seine Körpersprache spricht Bände? Dann werden Sie hellwach![asa]9783280052426[/asa]
Handeln Sie, bevor es zu spät ist! Sprechen Sie jedoch keine Anschuldigungen und Vorwürfe aus, sondern benutzen Sie eine Ich-Botschaft, in etwa so: „Also, es kann ja sein, dass ich mich irre, aber ich habe irgendwie das unbestimmte Gefühl, Sie schauen nach den Kirschen in Nachbars Garten. Oder liege ich damit völlig falsch?“ Betonen Sie dabei das Wort ‚völlig’. Es ist Ihr Lockvogel.
Weshalb ich die Redewendung ‚es kann ja sein, das ich mich irre’ vorschlage? Vielleicht irren Sie sich wirklich! „Wir Menschen neigen alle zu der Annahme, dass die Gegenseite immer das tut, was wir selbst befürchten“, heißt es dazu im Harvard-Konzept. Und so, wie Sie gerade mit Samtpfötchen herangeschlichen sind, so schleichen Sie wieder davon, wenn der Kunde Entwarnung gibt. Zeigen Sie Erleichterung und drücken Sie Ihre Freude aus, den Kunden auch weiterhin betreuen zu können.
Reagieren Sie bei Gefahr sofort
Vor einer ausgesprochenen Kündigung steht meist die innere Kündigung. Wer etwa unzufrieden ist, denkt sofort über einen Wechsel nach. Dies passiert insbesondere in Zusammenhang mit einer Reklamation. Ein unprofessionelles Beschwerdemanagement ist ein besonders häufiger Abwanderungsgrund. Wer also Profi in Sachen Reklamationsbearbeitung ist, kann sich so manche unliebsame Kündigung ersparen.
Egal, ob nun das Abwandern still und leise erfolgt oder mit einer schriftlichen Kündigung verbunden ist: Auf Warnhinweise müssen sofort Taten folgen. Wenn die Verträge mit dem neuen Anbieter unter Dach und Fach und die ersten Transaktionen prima gelaufen sind, ist es zu spät. Dann kann man sich erst wieder bei der nächsten Vertragsrunde in Stellung bringen.
Leider ist in vielen Branchen die Abwicklung einer Kündigung nicht viel mehr als ein technischer Vorgang. In Banken zum Beispiel lernt jeder Mitarbeiter, wie er einen Kündiger korrekt aus dem System ausbucht, nicht aber, wie er ihn durch ein einfühlsames Gespräch dazu bringen kann, die Kündigung zurückzunehmen. Bestätigen Sie eine schriftliche Kündigung also nicht postwendend. Machen Sie zunächst einen Rückholversuch.
Und wenn das nicht fruchtet? Lesen Sie doch einmal aufmerksam das Anschreiben durch, das Sie verwenden, um den Eingang einer Kündigung zu bestätigen. Ist es ein liebloser, mürrischer, in Amtsdeutsch gehaltener Formbrief? Viele Kündigungsbestätigungen sind, weil maschinell erstellt, nicht einmal unterschrieben! Was für ein Mangel an Wertschätzung! Stellen Sie zumindest sicher, dass der letzte Eindruck ein positiver ist. Dem Kunden muss es beinahe leidtun, Sie zu verlassen. So halten Sie die Tür zum Wiederkommen offen.
Installieren Sie ein Frühwarnsystem
Beobachtungen über abwanderungskritische Ereignisse lassen sich sukzessive verfeinern, um hieraus Kennzahlen zu entwickeln sowie Prognose-Modelle zu erarbeiten und schließlich ein Frühwarnsystem zu installieren. Aus den unterschiedlichen Verläufen der Kundenhistorie können Eckdaten festgelegt werden, die Hinweise darauf liefern, wann der Kunde ein Ex-Kunde ist – oder droht, ein solcher zu werden.
Beobachtet wird beispielsweise das Wiederkauf-Verhalten, die Anzahl und Form der Reklamationen, die vergangene Zeit seit dem letzten Kontakt, ein Rückgang der Bestellmengen, Teilkündigungen, nicht realisierte angekündigte Umsätze und so weiter. Ein Ranking kann den Grad der Gefährdung anzeigen, also die Wahrscheinlichkeit, mit der der beobachtete Kunde geht. Auf der Basis von Reports und Auswertungen lassen sich dann unverzüglich die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Gute Kundeninformationssysteme stellen dazu einen sehr vielseitig einsetzbaren Benachrichtigungs- und Aktionsdienst zu Verfügung.
Zum Beispiel bekommt der zuständige Betreuer automatisch ein Telefonat eingetragen mit der Aufgabe, den Kunden anzurufen, wenn der letzte Kontakt schon mehr als zwei Monate zurückliegt. Kreditkarten-Unternehmen und Brokerfirmen beobachten die Umsätze ihrer Kunden. Diese gehen im Allgemeinen zunächst zurück, bevor der Kunde ganz verloren ist. Fallen die Salden unter ein gewisses Niveau, gibt es Alarm. So sorgen Frühwarnsysteme dafür, dass wertvolle Kunden Kunden bleiben.
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