Mittelstand nutzt Möglichkeiten von Big Data nicht aus
Zwei Drittel der Unternehmen erwarten massiven Umbruch innerhalb der Branchen binnen fünf Jahren, doch nur 8 Prozent nutzen bereits heute Big Data zur Verbesserung der Geschäftslage. Bezüglich IT-Sicherheit war etwa jedes fünfte Unternehmen bereits Opfer von Cybercrime und knapp 78 Prozent sehen sich von Hackern bedroht.
Big Data wird für den deutschen Mittelstand weitreichende Auswirkungen auf das Geschäft in der eigenen Branche haben. 97 Prozent der Unternehmen im Mittelstand haben dies erkannt und halten Big Data für relevant. Aber nur 8 Prozent der 2.000 befragten Unternehmen ab einer Größenordnung von 2,5 Millionen Euro Umsatz gaben in einer aktuellen Studie der Commerzbank zu Protokoll, Daten systematisch zu erfassen, zu analysieren und Nutzen daraus zu ziehen.
Die Gründe für zögerliches Nutzen von Big Data
Die am 17. April 2018 in Frankfurt vorgestellten Ergebnisse der 18. Befragung mit dem Titel „Rohstoff des 21. Jahrhunderts: Big Data, Smart Data – Lost Data?“ macht mehrere Gründe für die zögerliche Beschäftigung mit Big Data aus. Vor allem Datenschutzprobleme (30 Prozent), Fachkräftemangel (40 Prozent) sowie mangelnde Bereitschaft der Führungskräfte (31 Prozent) behindern die Unternehmen.
„Ein zentrales Ergebnis unserer Studie ist, dass viele Unternehmen im Mittelstand kein Erkenntnisproblem haben, sondern insbesondere aufgrund von internen Strukturen, Prozessen und auch mit Blick auf die Führungskultur noch nicht bereit sind für die Nutzung des riesigen Potenzials von Big Data. Es braucht einen Weckruf, wenn der deutsche Mittelstand hier im internationalen Vergleich nicht ins Hintertreffen geraten will“, kommentierte Michael Reuther, Vorstand im Firmenkundengeschäft der Commerzbank, die aktuelle Studie.
Verhaltene Nutzung von Schlüsseltechnologien und Big Data in Industrie, Dienstleistung und Handel
Ein Blick auf die Branchen zeigt, wie sich Unternehmen gegenüber digitalen Trends und Big Data verhalten: Lediglich 32 Prozent der Industrieunternehmen nutzen neue Technologien für die individuelle Fertigung und nur 23 Prozent vernetzen Maschinen miteinander. Im Dienstleistungssektor arbeiten nur 8 Prozent der Unternehmen daran, menschliche Arbeit durch digitale und autonome Prozesse zu ersetzen. Künstliche Intelligenz bleibt hier ein Schlagwort, das noch weit vom unternehmerischen Alltag entfernt ist. Der Handel schafft zwar im Branchenvergleich mehr individuelle Angebote mit Big Data, aber eine Mehrheit, nämlich 60 Prozent, generiert heute noch keine Daten, die Wissen über den einzelnen Kunden und dessen Konsum- und Kaufverhalten liefern.
„Customer Journey“ vorerst Spezialistenthema
Lediglich 12 Prozent der befragten Unternehmer und Manager der ersten Führungsebene werten in ihren Unternehmen derzeit umfangreich Daten zu Kunden, Nutzern und Märkten aus, um Erkenntnisse zur sogenannten „Customer Journey“ (das heißt eine umfassende Datenbasis zu Kunden- und Marktverhalten) zu gewinnen. Trotz der hohen Bedeutung, die digitalen Daten zugesprochen wird, ist die Erfassung aller unternehmens- beziehungsweise kundenrelevanten Daten noch nicht die Regel. Derzeit werden vor allem die Bereiche Finanzen, Ressourcen, Lagerbestände oder Absatzschwerpunkte datentechnisch erfasst.
Kritischer Blick auf Tech-Giganten
Die öffentliche Wahrnehmung der „Tech Giants“ wie Facebook, Alibaba oder Google wirkt auch auf Entscheider im Mittelstand: 68 Prozent der befragten Unternehmen schauen mit Besorgnis auf deren Monopolstellung, jedes fünfte Unternehmen fürchtet ihre Konkurrenz. Positiv ist, dass 34 Prozent von den Tech-Giganten auch Denkanstöße für eigene Prozesse bekommen. „Nicht nur die großen Unternehmen, die erfolgreich mit Big Data arbeiten, haben eine wichtige Vorbildfunktion.
Auch innovative Mittelständler können mit ihrem Beispiel andere Unternehmen begeistern und ermutigen. Wir brauchen im Mittelstand eine technologiefreundliche und mutige Haltung, um den Anschluss an die rasante digitale Entwicklung im Kontext von Big Data in der Welt zu halten. Der zweite wichtige Faktor ist das Know-how. Wir brauchen genau wie die großen bekannten Technologieunternehmen Data-Analysten, die aus dem Datengold unternehmerische Erfolge machen können. Dazu fehlen uns in ausreichender Zahl Fachleute und entsprechende Ausbildungs- und Studiengänge in Deutschland“, so Dr. Holger Bingmann, Präsident des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel (BGA) und Schirmherr der aktuellen Commerzbank-Studie.
Schädigung und Bedrohung durch Viren und Hacker groß
Bereits 17 Prozent der Befragten haben Erfahrungen mit der Schädigung der eigenen IT durch Viren und Trojaner gemacht. 8 Prozent berichten von Hackerangriffen, 6 Prozent wurden von digitalen Betrügern geschädigt und ebenso viele wurden ausgespäht. Die Sorge vor Hackerangriffen ist mit 78 Prozent am größten. Vor allem die sogenannten Smart Data User haben sich mit umfassenderen Sicherheitskonzepten dagegen gewappnet. Unternehmen, die bereits von Cybercrime betroffen waren, haben häufiger entsprechende Spezialisten an Bord und halten Krisenpläne für den Ernstfall bereit.
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