Wie Sie beim Einkauf die Kosten-Nutzen-Relation verbessern
Einen preiswerten Einkauf machen – das ist bei Produkten und Dienstleistungen, die für den Erfolg von Unternehmen eine hohe Relevanz haben, oft nicht leicht. Denn bei der Kaufentscheidung gilt es viele Faktoren zu beachten, um die beste Kosten-Nutzen-Relation zu erzielen.
Beim Einkauf gilt: „Vom Sparen allein wurde noch niemand reich.“ Diese Aussage gilt in abgewandelter Form auch für Unternehmen. Denn wenn sie aufgrund eines zu rigiden Sparkurses ihre Leistungen nicht mehr in der gewünschten Qualität erbringen können, verlieren sie Kunden.
Deshalb sollte ihre oberste Maxime beim Einkauf in der Regel nicht lauten: „möglichst billig einkaufen“. Ihr Ziel sollte vielmehr sein, intelligent beziehungsweise preiswert einzukaufen – das heißt die zur Verfügung stehenden (Finanz-)Mittel so zu nutzen, dass die beste Kosten-Nutzen-Relation entsteht.
Doch was ist die beste Kosten-Nutzen-Relation? Diese Frage zu beantworten, ist im betrieblichen Alltag oft nicht leicht. Denn hierbei spielt auch eine Rolle, welche Bedeutung das einzukaufende Produkt oder die einkaufende Leistung für die Leistungserbringung und Zielerreichung des Unternehmens hat. Dies sei an Beispielen illustriert.
Der Preis ist eine relative Größe
Angenommen ein Produktionsunternehmen braucht eine Stanze. Und diese muss pannenfrei funktionieren, weil bei einem Ausfall die Produktion still steht. Dann kann der Preis nicht das alleinige Kaufentscheidungskriterium sein. Denn wenn die Stanze ausfällt, hat das Unternehmen nicht nur hohe Ausfallzeiten, es kann auch seine Lieferzusagen nicht mehr einhalten. Unzufriedene Kunden und Konventionalstrafen sind daher vorprogrammiert.
Ebenso verhält es sich, wenn ein Unternehmen Anzeigen schalten möchte, um seine Produkte zu promoten. Dann bringt es ihm wenig, in den Zeitungen mit den billigsten Anzeigentarifen zu inserieren. Denn was nutzt dem Unternehmen eine Anzeige, die von seinen Zielkunden nicht gelesen wird? Wenig! Folglich kann auch hier der Preis nicht das alleinige Entscheidungskriterium sein.
Anders verhält es sich, wenn ein Unternehmen zum Beispiel Heftklammern oder Notizblöcke für seine Büromitarbeiter kauft. Oder wenn es einen Malerbetrieb zum Streichen seiner Lagerräume sucht. Bei solchen Produkten und Dienstleistungen, die für die Leistungserbringung eine geringe Relevanz haben, kann der Preis wenn nicht das einzige, so doch das oberste Entscheidungskriterium sein.
Kernziel: Kosten-Nutzen-Relation verbessern
Weil die verschiedenen Produkte und Dienstleistungen für deren Käufer eine unterschiedliche Relevanz haben, ist es, wenn es um das Optimieren des Einkaufs geht, sehr wichtig, zunächst zu analysieren:
Welche Bedeutung hat das betreffende Produkt beziehungsweise die betreffende Dienstleistung für die Leistungserbringung und das Erreichen der Unternehmensziele? Und:
Welche Anforderungen ergeben sich hieraus an das Produkt oder die Dienstleistung?
Dabei lassen sich der TASK-Formel zufolge vier Anforderungsbereiche unterscheiden:
- technische,
- ablauf-organisatorische,
- sozial-menschliche und
- kaufmännisch-wirtschaftliche Anforderungen.
Unter den technischen Anforderungen werden alle Bedingungen subsummiert, die zum Beispiel eine Computeranlage oder Maschine erfüllen muss, damit sie ihre Funktion in einer Organisation erfüllt. Hierzu zählen auch Aspekte wie: Über welche fachliche Qualifikation und Vorerfahrung muss beispielsweise ein Computer- oder Marketingfachmann verfügen, den wir engagieren?
Zu den ablauf-organisatorischen Anforderungen zählen alle Faktoren, die damit zusammenhängen, wie ein Lieferant eine Leistung erbringen soll. Zum Beispiel: Wie und wann werden die georderten Teile geliefert? Oder: Welche Unterstützung bietet der Lieferant bei der Inbetriebnahme der Maschine oder deren Wartung?
Bei den sozial-menschlichen Anforderungen handelt es sich um alle Erwartungen, die ein Unternehmen bezüglich der alltäglichen Zusammenarbeit hat. Zum Beispiel: Wie verschwiegen müssen die Mitarbeiter des Lieferanten sein? Oder: Wie sollen sie auf Beschwerden und Extra-Wünsche reagieren?
Und die kaufmännisch-wirtschaftlichen Anforderungen? Hiermit sind neben dem Anschaffungspreis zum Beispiel Aspekte gemeint wie: Welche Folgekosten/Einsparungen sind mit der Investition verbunden (Lifecycle Costs, Total Costs of Ownership?) Wie sehen die Zahlungs-, Finanzierungs- und Lieferbedingungen aus?
Den Einkaufsprozess in fünf Schritten optimieren
Der Einkaufsprozess lässt sich in folgenden fünf Schritten optimieren:
Schritt 1: Bedarfsanalyse
Da in die meisten größeren Kaufentscheidungen viele Anforderungen einfließen, sollten Unternehmen zum Beispiel vor einer Ausschreibung eine detaillierte Bedarfsanalyse durchführen. Hierzu zählt nicht nur das Erfassen der von den Fachabteilungen und Experten in der Organisation formulierten Anforderungen, sondern auch das gezielte Hinterfragen von diesen. Zum Beispiel:
Ist es wirklich nötig, dass der georderte Stahl den Härtegrad „…“ aufweist?“ Oder:
Warum sollte die Maschine eine Drehzahl von „…“ haben?
Denn nur durch ein solches Nachfragen lässt sich erkunden: Was sind Wunsch- oder Idealvorstellungen und was ist der reale Bedarf? Ohne ein solches Nachfragen lassen sich auch keine Kriterien dafür formulieren, bei welchen Anforderungen gegebenenfalls Abstriche möglich wären, weil deren Erfüllung zum Beispiel den Preis unverhältnismäßig stark in die Höhe treiben würde. Ebenfalls zur Bedarfsanalyse zählt das Ermitteln des Einkaufsvolumens in einem Zeitraum – zum Beispiel in zwei oder fünf Jahren. Denn hierüber ergibt sich unter anderem, welche Einkaufsmacht das Unternehmen hat.
Schritt 2: Beschaffungsmarkt-Analyse
Nach der Bedarfsanalyse erfordert ein intelligenter Einkauf eine Beschaffungsmarkt-Analyse. Oft scheitert ein preis-werter Einkauf schon daran, dass Unternehmen rein aus Gewohnheit ihren Stammlieferanten treu bleiben. Oder daran, dass sie sich bei der Lieferantensuche weitgehend auf ein „Googeln“ im Internet oder solche Lieferantenverzeichnisse wie „Wer liefert was?“ verlassen. Für einen intelligenten Einkauf ist es wichtig, nicht nur die naheliegenden Anbieter als Lieferanten in Betracht zu ziehen – speziell wenn es um strategische Investitionen oder den Abschluss langfristiger Lieferkontrakte geht. Vielmehr sollte man sich fragen: Wer käme eventuell noch als Lieferant in Betracht?
Die potenziellen Lieferanten sollten befragt werden – nicht nur um zu ermitteln, inwieweit sie die definierten Anforderungen erfüllen (können). Wichtig ist auch zu erkunden: Welche Bedeutung hätten wir für diesen Lieferanten? Wären wir für ihn ein A-, B- oder C-Kunde? Zum Beispiel aufgrund des mit uns erzielten Umsatzanteils? Oder weil wir für ihn ein Referenzkunde wären? Dies zu wissen, hilft, die eigene Verhandlungsposition einzuschätzen.
Ebenfalls zur Beschaffungsmarkt-Analyse zählt der Versuch zu ermitteln, wie der Markt der potenziellen Lieferanten „tickt“. Wird er zum Beispiel von drei, vier Großanbietern dominiert, die insgeheim Preis- oder Gebietsabsprachen getroffen haben? Ist dies der Fall, ist es besonders wichtig zu analysieren: Wie wird eigentlich das von uns benötigte Produkt hergestellt beziehungsweise die gewünschte Leistung erbracht? Denn so lassen sich eventuell alternative Beschaffungswege ermitteln.
Hierfür ein Beispiel. Angenommen ein Unternehmen benötigt Stahlbleche von einer bestimmten Größe. Dann kann es die fertig zugeschnittenen Bleche bei einem der großen Stahlhersteller oder einem von deren Tochterunternehmen kaufen. Es kann jedoch auch bei einem Hersteller den gewalzten Stahl auf Rollen kaufen und diesen von hierauf spezialisierten, eigenständigen Unternehmen auf die gewünschte Größe zuschneiden lassen – sofern es weiß, dass solche Zuschneide-Betriebe existieren.
Schritt 3: Beschaffungsstrategie ableiten
Kennt das Unternehmen seinen Bedarf und den Beschaffungsmarkt, kann es sich fragen: Wie können wir das, was wir brauchen, am preis-wertesten einkaufen? Für ein Verbessern der Kosten-Nutzen-Relation gibt es viele mögliche Hebel. Ein relativ einfacher Hebel ist es, mehr Anbieter – zum Beispiel auch aus Übersee – in die Lieferantenauswahl einzubeziehen. Ebenfalls recht einfach ist es, beispielsweise durch ein Bündeln der Aufträge und eine Reduktion der Zahl der Lieferanten ein größeres Einkaufsvolumen je Lieferant zu schaffen. Anspruchsvoller ist der Versuch, die Gesamtbeschaffungskette zu optimieren und zum Beispiel mit den Lieferanten der Lieferanten, das heißt den Lieferanten zweiten Grades, selbst Kontrakte abzuschließen – ein Vorgehen, das bereits manch Verlag und Unternehmen, das viele Druckstücke benötigt, praktiziert. Sie kaufen das für die Zeitschriften und Verpackungen benötigte Papier in Großmengen direkt bei Papierfabriken und stellen es dann den Druckereien zur Verfügung. So senken sie den Preis für deren Endprodukt. Ein weiterer Ansatzpunkt, um die Materialkosten zu senken, kann eine Reduktion der Zahl der Varianten sein.
Wichtig ist es, beim Ableiten der Beschaffungsstrategie nicht nur die verschiedenen Hebel wie Global Sourcing, Volumenbündlung und Spezifikationsoptimierung zu kennen, sondern auch zu kalkulieren, welche Einsparung diese bringen. Denn sonst kann keine qualifizierte Entscheidung getroffen werden.
4. Schritt: Lieferantenanalyse und -auswahl
Steht die Beschaffungsstrategie, kann mit der Auswahl der Lieferanten begonnen werden, die zum Beispiel zur Teilnahme an der Ausschreibung aufgefordert werden. Zuvor sollte man sich jedoch nochmals vor Augen führen: Welche Kriterien müssen Anbieter erfüllen, damit sie für uns als Partner in Betracht kommen? Zudem gilt es zu definieren, welche (Teil-)Leistungen die Angebote umfassen und welche Daten sowie Infos sie enthalten müssen, damit sie überhaupt vergleichbar sind.
Beim Bewerten der Lieferanten und ihrer Angebote kann den bisherigen Stammlieferanten ein Bonus eingeräumt werden, weil mit einem Lieferantenwechsel oft Mehrarbeit verbunden ist. Deshalb scheuen die Fachabteilungen häufig einen Lieferantenwechsel. Entsprechend wichtig ist es, dass beim Versuch preis-werter einzukaufen, Einkauf und Fachabteilungen von Anfang an eng kooperieren und offen miteinander kommunizieren.
5. Schritt: Implementierung
Ist die Entscheidung für einen Lieferanten getroffen, zählt es zu den Aufgaben der Einkäufer, den neuen Lieferanten in der Organisation einzuführen und sozusagen einen Werbefeldzug für ihn zu starten. Hierzu gehört auch, mit dem Lieferanten und den Fachabteilungen Absprachen zu treffen, wie die „Einarbeitung“ des Lieferanten ablaufen soll; des Weiteren konkrete Ansprechpartner sowie Verantwortliche zu benennen, die dafür sorgen, dass unvorhergesehene Probleme schnell gelöst werden.
Ein solches „Sich-kümmern“ ist gerade in der Startphase der Zusammenarbeit wichtig. Denn in ihr ist die Gefahr groß, dass, wenn Probleme auftreten, die Skeptiker Oberwasser gewinnen, die schon immer wussten: Das funktioniert nie. Erfolgt dann kein Gegensteuern ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der sogenannte Maverick-Effekt eintritt. Das heißt, die Verantwortlichen in den Fachabteilungen denken sich „Was juckt mich der Vertrag mit dem neuen Lieferanten“ und machen am Vertrag vorbei beim alten Lieferanten den Einkauf.
Foto/Thumbnail: ©homeworks255/Depositphotos.com
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