Konsumenten finden Preisdifferenzierung unfair
Preisdifferenzierung zählt aktuell zu den heiß diskutierten Themen im Handel und der Konsumgüterwirtschaft. Mit welchen Fragestellungen rund ums Pricing beschäftigen sich Händler aber wirklich? Wie bewerten Konsumenten differenzierte Preise?
Diese und weitere Fragen beantwortet die IFH-Schwerpunktstudie 2017 „Preisdifferenzierung im Handel“, die von der Universität zu Köln, dem DICE an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dem IFH Köln erstellt wurde. Auftraggeber der Studie sind die IFH-Förderer und der Handelsverband Deutschland (HDE).
Die Ergebnisse zeigen, dass differenzierte Preise beim Konsumenten gemischte Gefühle auslösen. Wenig überraschend: Weniger als 16 Prozent der befragten Konsumenten finden es fair, wenn derselbe Händler das gekaufte Produkt auch günstiger anbietet – sei es zu einem späteren Zeitpunkt, in einem anderen Kanal oder ausschließlich für bestimmte Kunden. Aber auch nur jeder dritte Konsument, für den ein solcher Preisunterschied von Vorteil ist, findet die Preisdifferenzierung fair.
Händler, die ihre Preise zu intransparent variieren, setzen die Kundenbeziehung aufs Spiel, denn die Wiederkaufabsicht und das Vertrauen der Konsumenten in den Händler sinken. Unternehmen sollten also gut abwägen, wie sie ihre Preise gestalten. Nachvollziehbare Gründe, eine stabile Kundenbeziehung und eine behutsame Einführung von Preisdifferenzierungsmaßnahmen können die Akzeptanz erhöhen
Dynamic Pricing aktuell praktisch kein Thema für Händler
Die IFH-Schwerpunktstudie nimmt neben der Konsumenten- auch die Unternehmensperspektive in den Blick. So machen die qualitativen Erkenntnisse eines Workshops mit Handels- und Industrieunternehmen deutlich, dass sich Unternehmen aktuell vor allem mit klassischen Preissetzungsfragen beschäftigen. Dynamic Pricing ist aus Unternehmenssicht zwar ein Thema für die Zukunft, hat aktuell aber keine Priorität. Die Preisanalyse von ausgewählten Produkten aus den Kategorien Consumer Electronics, Parfum und Schuhe bestätigt dies: Über einen Betrachtungszeitraum von vier Wochen blieben zwei Drittel der Produktpreise, die online wie stationär erhoben wurden, unverändert. Im Vergleich der Kanäle zeigt sich aber, dass online deutlich mehr Preisänderungen vorgenommen werden als stationär.
„Auch wenn vordergründig Preisdifferenzierung zwischen Kundengruppen oder sogar auf individueller Ebene immer mehr möglich erscheint – die faktische Umsetzung, wer wann welchen Preis bekommt, stellt sich als äußerst schwierig in der Praxis dar. Darüber hinaus empfinden die allermeisten Kunden diese Praxis als unfair – selbst wenn sie bevorteilt werden. Das heißt, dass Unternehmen sich der Thematik mit großer Vorsicht nähern sollten, um nicht das wertvolle Vertrauen in ihre Marke zu gefährden“, rät Prof. Dr. Werner Reinartz, Inhaber des Seminars für Handel und Kundenmanagement an der Universität zu Köln und Direktor der IFH-Förderer.
„Die Diskussion um differenzierte oder gar personalisierte Preise ist bisher von wenig belastbarer Evidenz und viel Hörensagen geprägt. Dabei besteht kein Grund zur Panik: Wir finden bisher viel weniger personalisierte Preise als oft vermutet wird, weil nicht nur der Wettbewerb dies verhindert, sondern auch die Reaktion der Konsumenten, die dies nicht selten als unfair empfinden. Ein regulatorischer Handlungsbedarf ist daher nicht erkennbar“, sagt Prof. Dr. Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE).
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