Die Geschäftsreise der Zukunft: Perfekt abgestimmt durch neue Technologien
Das traditionelle Hotelgewerbe steht vor einem Problem: Hotel- und Reiseportale wie Kayak und Trivago übernehmen die Kundenkommunikation. Hotels gelten immer mehr als anonyme Bettenburgen, deren Preis sich drücken lässt. Und dann gibt es da noch Start-up-Unternehmen wie zum Beispiel Airbnb, die sich durch individuelle Angebote positiv absetzen können.
Hochindividualisierte Hotelangebote sind heutzutage nur wohlhabenden Gästen vorbehalten – dementsprechend hoch fallen die Rechnungen aus, die schnell mal in die Zehntausende gehen – doch ein ähnlich persönlicher, maßgeschneiderter Service könnte auch bei Geschäftsreisen geboten werden. Und dies zu bezahlbaren Preisen. Wie? Durch den innovativen Einsatz von Technologien. Die notwendigen Lösungen existieren bereits, und für einen Großteil der Hotelbranche könnte diese verbesserte Customer Experience die Rettung bedeuten.
In den folgenden Abschnitten wird ein Szenario demonstriert, in dem innovative Hotelketten Technologien auf Geschäftsreisen anhand von Kontextinformationen und den Interaktionen des Geschäftsreisenden einsetzen:
- Bedürfnisse und Änderungen der Reiseroute im Vorfeld ermitteln,
- dem Reisenden in Echtzeit aktiv Unterstützung anbieten und
- eine hochpersonalisierte Customer Experience liefern.
Die Ankunft bei Geschäftsreisen: Stress ade
Ihr Flugzeug setzt gerade zum Landeanflug an, und Ihr Geschäftsessen beginnt in einer Stunde. Sie hatten gehofft, sich in Ihrem Hotel noch etwas frisch machen zu können, doch wegen der verspäteten Ankunft fällt das leider flach. Zeitdruck auf Geschäftsreisen ist normal.
Das WLAN im Flugzeug ist aufgrund des Landeanflugs deaktiviert. Sobald das Flugzeug aufsetzt, beenden Sie den Flugzeugmodus Ihres Smartphones. Dadurch wird der KI-Assistent im Hintergrund aktiviert. Er prüft Ihren aktuellen Standort und führt einen Gegencheck mit dem Status Ihres Flugs durch. Er erkennt, dass Sie gelandet sind, aber Verspätung haben. Nachdem er Ihren Kalender und den Verkehr vor Ort überprüft hat, stellt er fest, dass Sie es noch pünktlich zu Ihrem Termin schaffen können.
Ihr Smartphone meldet, dass eine Nachricht angekommen ist: Empfohlene Routenänderung: Buchen Sie eine Fahrt zum Meeting in der Bismarckstraße. Schicken Sie Ihr Gepäck direkt ins Hotel. Benachrichtigen Sie das Hotel, dass Sie später einchecken.
Sie tippen auf OK und warten darauf, dass das Anschnallsymbol erlischt.
Im Hintergrund koordiniert die Assistenten-App Ihre Taxi- und Hotel-Apps. Sie bucht zwei Autos: Eins, um Sie zur Besprechung zu bringen, und ein weiteres, um Ihre Tasche direkt zum Hotel zu transportieren. Dann sagt sie dem Hotel Bescheid, dass Ihre Tasche vor Ihnen ankommt und auf Ihr Zimmer gebracht werden soll.
Eine SMS-Mitteilung geht ein: Es meldet sich der Fahrer, der Ihre Tasche abholen und wissen möchte, wie groß sie ist. Er befindet sich nämlich schon am Flughafen, um einen Fahrgast abzuholen, der ebenfalls zu Ihrem Hotel fährt. Ihre Tasche braucht zwar nicht viel Platz, hat aber eine ungünstige Form. Es ist einfacher, sie am Telefon zu beschreiben. Sie tippen in Ihrer Mitfahr-App auf „Anrufen“ und werden direkt mit dem Fahrer verbunden.
Dann fällt Ihnen ein, dass Sie der Person, mit der Sie sich treffen, Bescheid sagen sollten, dass Sie eventuell zu spät kommen. Bevor Sie die Nummer eingetippt haben, teilt Ihnen der Assistent mit, dass er bereits eine Nachricht mit dem Link zu Ihrem Status für Sie versendet hat. Ihr Geschäftspartner antwortet freundlich: „Kein Problem, lassen Sie sich Zeit! Bis nachher!“
Die App analysiert die Antwort und bemerkt, dass keine Eile geboten ist. Von Ihren letzten Geschäftsreisen weiß sie, dass es einen Zeitraum von etwa 25 Minuten nach der Landung gibt, in dem Sie nur auf wichtige und dringende Benachrichtigungen antworten.
Sie nehmen Ihr Handgepäck und steigen aus dem Flugzeug. Als Sie in den Ankunftsbereich kommen, sehen Sie, dass die beiden Fahrer Ihres Mitfahrservices bereits auf Sie warten: einer auf Sie und einer auf Ihre Tasche. Dann geht es los.
Der Check-in: Sesam öffne dich
Die Besprechung verlief gut. Die Sonne scheint, und es ist nicht zu warm. Sie gehen die kurze Strecke vom Büro zum Hotel zu Fuß. Die App Ihrer Hotelkette registriert, dass Sie sich dem Hotel nähern. Sie teilt der Rezeption Ihre voraussichtliche Ankunftszeit mit.
Bisher haben sich Ihr KI-Assistent und die verschiedenen Apps Ihre Daten über das Mobilfunknetz, GPS und öffentlich zugängliche Informationen (wie z. B. den Flugstatus) geholt. In dem Moment, in dem Sie das Hotel betreten, ändert sich das.
Auf Ihrem Handy ist bereits der digitale Concierge Ihrer Hotelkette installiert. Diese App erkennt, dass Sie das Hotel betreten haben und verbindet Sie mit dem Hotel-WLAN. Das WLAN hat nicht nur die Aufgabe, den Gästen eine zuverlässige Verbindung zum Internet zur Verfügung zu stellen – es fungiert zudem als Kernstück des Indoor-Positioning-Systems (IPS) des Hotels. Ähnlich wie GPS ermittelt das IPS Ihren Standort, nutzt zur Ortung aber interne Beacons (in diesem Fall Wireless Access Points) statt geostationärer Satelliten. Als Sie auf die Rezeption zugehen, erscheinen Ihr Foto und Ihre Buchungsdaten auf dem Bildschirm des Rezeptionisten.
Er begrüßt Sie mit Ihrem Namen, sagt Ihnen die Zimmernummer und teilt Ihnen mit, dass Ihre Tasche bereits auf Sie wartet. Sie gehen zum Aufzug; per IPS erkennt der digitale Concierge, dass Sie den Aufzug betreten und wählt die richtige Etage für Sie aus, bevor Sie die Taste überhaupt anvisiert haben. Ein Bildschirm im Lift erinnert Sie an Ihre Zimmernummer und verrät Ihnen, in welche Richtung Sie laufen müssen.
Während Sie den Flur entlanggehen, verfolgt der virtuelle Concierge Ihre Schritte. Er sorgt dafür, dass auf dem Teppich LED-Pfeile aufleuchten, die Ihnen den Weg zum Zimmer weisen. Er hat außerdem die Temperatur in Ihrem Zimmer eingestellt. Doch statt der Temperatur, die Sie in Ihrem Gastprofil angegeben haben, hält er 20 Grad für angemessen. Er weiß nämlich, dass Sie jedes Mal, wenn Sie ein Zimmer betreten, die Heizung auf diese Temperatur regulieren.
Sie kommen an Ihre Zimmertür, holen Ihr Smartphone aus der Tasche und tippen zweimal auf den Home-Button. In Ihrer Wallet-App gibt es eine Karte mit dem Hotellogo; sie wählen es aus und halten Ihr Telefon an die Tür. Es vibriert, und die Tür geht auf.
Das Zimmer: Jedes Detail stimmt
Ihre Tasche befindet sich genau an der Stelle, die der Rezeptionist beschrieben hat. Die Temperatur ist perfekt, und die Lampen spenden genau das warme Licht, das Sie so mögen. Aus den Lautsprechern perlt die Musik aus der Playlist, die Sie im Flugzeug gehört haben.
Trotz des kleinen Jetlags sind Sie entspannt und gut gelaunt.
Sie setzen sich aufs Bett, um Ihre Schuhe auszuziehen. Spontan denken Sie an all die kleinen Dinge, die Sie früher an Hotelzimmern genervt haben:
- Fernseher, die Ihnen beim Betreten des Zimmers einen Werbespot für das Spa-Angebot des Hotels entgegenschmetterten
- Stickige Luft oder arktische Kälte
- Das Gefummel mit Magnetkarten, die so empfindlich waren, dass nur die Andeutung eines Magneten in der Nähe sie unbrauchbar machte
- Das Problem mit einer Fremdsprache, die Sie nicht gut beherrschen, sodass Sie weder den Zimmerservice noch ein anderes Kissen ordern konnten
Da summt Ihr Smartphone. Es scheint der Zimmerservice zu sein, doch es handelt sich um einen sprachfähigen Chatbot. Das Managementsystem des Hotels hat ermittelt, dass Sie bei Ihren letzten drei Aufenthalten innerhalb von zehn Minuten nach Betreten des Zimmers ein zusätzliches Handtuch angefordert haben.
„Hallo, Frau Scheinberg! Hier spricht der Zimmerservice. Dürfen wir Ihnen noch weitere Handtücher bringen?“
Sie bestätigen, dass Sie gern noch ein Handtuch hätten. Sie denken, wie aufmerksam doch der Zimmerservice in diesem Hotel ist und wie freundlich Ihr Gesprächspartner zu sein scheint; natürlich haben Sie keine Ahnung, dass Sie mit einem Bot sprechen.
„Kein Problem. Die Handtücher sind gleich da.“
Bevor Sie auflegen, fragen Sie noch, wo man an diesem Abend Tennis spielen kann.
„Tennis – das hört sich gut an! Einen Moment, ich übergebe an jemanden, der Ihnen weiterhelfen kann.“
Der Rezeptionist aus Fleisch und Blut schaltet sich ein. Er verrät Ihnen, dass das Hotel einen neuen, eigenen Tennisplatz hat und dass Sie mithilfe des digitalen Concierge einen Tennispartner finden können. Sie beenden das Gespräch, und auf Ihrem Display erscheint ein Plan mit den freien Zeiten der anderen Spieler. Sie vereinbaren ein Match in einer Stunde.
Natürlich würden Sie lieber in Ihrem eigenen Bett schlafen, doch Sie stellen fest, dass die Hotels heutzutage sehr viel heimeliger sind als früher.
Die Technik: Blick hinter die Kulissen
Lassen wir den Tag unseres Geschäftsreisenden noch einmal Revue passieren. Schauen wir uns die Technologien genauer an, die hinter dem personalisierten Service stecken.
Zunächst die Landung: Hier passiert nichts Weltbewegendes. Ein Pseudo-KI-Tool im Betriebssystem des Mobiltelefons hat Zugriff auf die Apps. Es beobachtet den Nutzer und lernt anhand einfacher maschineller Prozesse, was es tun soll. Das Tool zieht aus dem Kontext, in dem es betrieben wird, und den verfügbaren Informationen Schlüsse.
Das glauben Sie nicht? Dann testen Sie Google Now auf einem Android-Smartphone. Sie werden sehen, dass wir nur wenige Schritte von dem entfernt sind, was bei der Flugzeuglandung in unserer Geschichte beschrieben wird.
Nun zum Hotel. Dieser Teil der Geschichte beruht im Wesentlichen auf fünf Technologien:
- Indoor-Positioning-Systeme werden bereits entwickelt und eingesetzt. Mehrere Unternehmen wetteifern darum, auf der Basis existierender und neuer Technologien entsprechende Verfahren herzustellen.
- Eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden liefert dem Hotel detaillierte Informationen zu seinem Gast dort, wo sie benötigt werden: von der Rezeption bis zum Zimmerthermostat.
- Einfache Chatbots können – auch wenn sie noch nicht ganz ausgereift sind – natürliche Sprache und maschinelles Lernen mit der 360-Grad-Kundensicht kombinieren. Auf diese Weise gelingt es, einen noch persönlicheren Service anzubieten, ohne dass bei jeder Frage ein Mitarbeiter ans Telefon gehen muss.
- In Hilton- und Marriott-Hotels laufen bereits Tests für den schlüssellosen Zimmerzugang per App. Es gibt keinen Grund, warum die NFC- und E-Wallet-Technik nicht die sicherere Alternative zur normalen Hotel-Keycard werden sollten.
- Die fünfte Technologie, die das Ganze zusammenhält, ist die Cloud-Kommunikation. Denn das Wichtigste an unserer Geschichte ist der problemlose Informationsfluss zwischen den verschiedenen Kommunikationskanälen in jeder einzelnen Phase. Mit dem Einsatz einer API-Kommunikationsplattform stehen den Entwicklern jedes beliebigen Anbieters alle Arten von Kommunikationskanälen auf praktischem jedem Gerät zur Verfügung: SMS, Chat und Sprache.
Wichtig dabei ist, dass der Entwickler sich nicht wirklich darum kümmern muss, welche Methode für einen bestimmten Nutzer verwendet werden soll. Die Nachricht über eine mögliche Verspätung beispielsweise kann über Facebook Messenger ebenso gut wie per Sprachmitteilung übermittelt werden.
Wenn sie Erfolg haben möchten, werden die Hotels all diese Technologien – und noch weitere – schon bald miteinander verbinden müssen. Nur so können sie ihren Gästen auf Geschäftsreisen eine reibungslose, personalisierte Customer Experience bieten, die die Besucher viel effektiver bindet als Bonussysteme oder Rabatte. Je genauer die Hotels die Vorlieben ihrer Gäste kennen, desto weniger wird es um Preise gehen – sondern um das Gefühl, sich zu Hause zu fühlen.
Kommentare