Amazon-Marketplace: Prüfungspflicht für Händler
BGH-Urteil

Amazon-Marketplace: Prüfungspflicht für Händler

Timo Schutt
Am

Händler bei Amazon-Marketplace kennen das Problem: Stellt man ein Produkt bei Amazon ein, ist die vorgegebene Produktbeschreibung zu übernehmen. Diese Beschreibung stammt vom ersten Händler, der das Produkt eingestellt hatte. Aber die Beschreibung kann auch von jedem Händler geändert und angepasst werden, bspw. wenn bestimmte Informationen fehlerhaft sind oder fehlen.

Stellt man nun ein Produkt im Amazon-Marketplace ein, kann es daher passieren, dass die Produktbeschreibung sich ändert. Haftet der Händler jetzt für eine fehlerhafte Produktbeschreibung?

Diese Frage ging bis zum höchsten deutschen Zivilgericht, dem BGH. Der hat gegen den betroffenen Händler entschieden. Der so genannte „Leitsatz“ des Gerichts lautet:

Haben Dritte die Möglichkeit, selbstständig Produktbeschreibungen zu Angeboten zu verändern, trifft einen Amazon-Marketplace-Händler die Pflicht, die Angaben zu seinem Produkt regelmäßig auf Richtigkeit zu prüfen, um Rechtsverletzungen zu verhindern. Dabei erhöht jede Nutzung einer Verkaufsplattform die Gefahr von Rechtsverletzungen.

Um was ging es konkret?

Der Kläger ist Inhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke „TRIFOO“, die für „Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Schnittstellengeräte und -programme für Computer“ Schutz beansprucht. Der Beklagte betreibt einen Händlershop, über den er auf der Handelsplattform Amazon-Marketplace eine „FingerMaus“ anbot. Dieses Angebot konnte am 20.11. 2011 mit den Angaben „Trifoo USB 2.0 Finger Maus 3D Optical Mouse für PC Notebook 800 DPI“ und „Verkauf und Versand durch e.“ aufgerufen werden. Die Ware stammte nicht vom Kläger und war auch nicht mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gelangt.

Der Kläger mahnte den Beklagten wegen Verletzung seiner Marke durch das am 20.11.2011 aufrufbare Angebot ab. Der Beklagte wies die Abmahnung zurück. Mit der Klage verfolgte der Kläger sein Unterlassungsbegehren hinsichtlich der Verwendung seiner Wortmarke weiter. Der Beklagte behauptete, die von ihm im Oktober 2010 für das beanstandete Angebot bei Amazon-Marketplace ausgefüllte Produktinformation habe das Zeichen „TRIFOO“ nicht enthalten. Die Katalogseite sei nachträglich von einem anderen Anbieter durch Angabe der Marke „TRIFOO“ ergänzt worden, was für Händler, die das gleiche Produkt vertreiben, uneingeschränkt möglich sei.

Warum hat das Gericht so entschieden?

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §14 Abs. 5 MarkenG zu. Das beanstandete Angebot einer „Trifoo FingerMaus“, in dem der Beklagte als Verkäufer bezeichnet worden war, verletzte die für den Kläger eingetragene Wortmarke i. S. d. §14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Denn durch die Kennzeichnung der „FingerMaus“ mit „TRIFOO“ hatte der Beklagte ein mit der Klagemarke identisches Zeichen „benutzt“.

Die Rechtspflicht zur Prüfung und zur Abwendung einer Rechtsverletzung ergab sich hier aus dem Gesichtspunkt eines gefahrerhöhenden Verhaltens. Die Tätigkeit als Händler auf Amazon-Marketplace bringt nämlich die Gefahr von Rechtsverletzungen mit sich, da auf der Verkaufsplattform Angebote für ein bestimmtes Produkt durch andere Händler geändert werden können, was in Händlerkreisen auch bekannt ist. Dadurch besteht die Gefahr, dass ursprünglich richtige und zulässige Angebote durch Handlungen Dritter geändert werden. Dabei erhöht jede Nutzung der Verkaufsplattform die Gefahr von Rechtsverletzungen.

Somit ist es für den Beklagten zumutbar, ein von ihm dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum bei Amazon-Marketplace eingestelltes Angebot regelmäßig darauf zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen wurden. Dabei können Prüfungspflichten auf der Grundlage der Störerhaftung zwar nur in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begründet werden. Hier bedurfte es jedoch keiner Bestimmung eines Prüfungsrhythmus, da der Beklagte sein Angebot unstreitig zu keiner Zeit überprüft hatte.

Fazit zu Amazon-Marketplace

Der Beklagte hatte also nachgewiesenermaßen gar nicht geprüft, ob sein Angebot auf Amazon-Marketplace noch rechtmäßig war. Der BGH verlangt aber eine solche Prüfung und einen gewissen Prüfungsrhythmus, den das Gericht hier aber leider nicht näher konkretisiert hat.

Einem Amazon-Händler kann also nur dringend empfohlen werden alle seine Angebote regelmäßig, mindestens einmal pro Woche daraufhin zu überprüfen, ob die Beschreibung noch richtig und rechtmäßig ist, also bspw. auch keine – wie in dem Fall hier – Markenverletzungen stattfinden. Ansonsten haftet der Händler als Störer auf Unterlassung und Schadensersatz für das Angebot.

Das gesamte BGH-Urteil können Sie hier nachlesen.

Über den Autor

Timo Schutt

Timo Schutt Rechtsanwalt Timo Schutt ist seit 2003 beratend und gerichtlich auf dem Gebiet des IT-Rechts tätig und wurde bereits kurz nach Einführung des Fachanwaltstitels im Jahre 2007 auch Fachanwalt für IT-Recht und gehörte damit zu den ersten Rechtsanwälten, die diesen Titel führen durften. Er vertritt viele namhafte Firmen der IT-, Internet- und Medienbranche in ganz Deutschland. schutt-waetke.de
Zum Autorenprofil

Kommentare

Kommentar schreiben:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Erhalten Sie jeden Monat die neusten Business-Trends in ihr Postfach!
X