Executive Isolation: Wie abgeschieden die Chefetage vom Rest der Belegschaft handelt
Marketing & Vertrieb

Executive Isolation: Wie abgeschieden die Chefetage vom Rest der Belegschaft handelt

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Offenbar gibt es deutliche Brüche zwischen Mitarbeitern und Führungskräften, das heißt zwischen Beschäftigten und Chefetage – Fehleinschätzungen, Mitarbeiterunzufriedenheit und Kundendistanz drohen. Im internationalen Vergleich ist das Phänomen bei Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz stärker ausgeprägt.

Die Studie „State of Inbound“ dokumentiert das Phänomen der „Executive Isolation“ im Bereich Marketing und Vertrieb anhand von 6.399 internationalen Umfrageteilnehmern und zeigt, wo die größten Diskrepanzen zwischen Beschäftigten und der Chefetage liegen.

Living in a bubble: „Executive Isolation“

„Executive Isolation“ bezeichnet die informative und häufig auch soziale Abgeschiedenheit der Chefetage vom Rest der Belegschaft. Tendenziell tritt sie mit zunehmender Größe des Unternehmens stärker zu Tage. Je weiter an der Spitze der Unternehmensführung, desto eher fehlt der Einblick in die alltägliche Arbeitswirklichkeit der Mitarbeiter und letztlich auch die Kundenbedürfnisse – auf der Führungsseite kann das zu Fehleinschätzungen führen und schlimmstenfalls den Erfolg des Unternehmens gefährden, die Mitarbeiterseite wiederum kann von der Einsicht in strategische Entwicklungen ausgeschlossen und schnell frustriert sein. Dabei muss nicht unbedingt böser Wille hinter einer Entscheidung stecken, die von „oben“ nach „unten“ durchgedrückt wird und dabei an der Arbeitsrealität vorbeiführt, häufig mangelt es schlicht an besserem Verständnis in der Chefetage.

Top-Management fehlt Einsicht in Marketing- und Vertriebsalltag

Die HubSpot-Studie belegt diesen Bruch im Bereich Marketing und Sales. Bei der Frage, wie viel Zeit Vertriebsmitarbeiter im Schnitt mit der manuellen Dateneingabe verbringen, treten massive Unterschiede zu Tage: Nur 21% der Vorstände schätzen die Eingabezeit auf über eine Stunde pro Tag, während mehr als doppelt so viele Mitarbeiter (45%) dies selbst so beziffern.


Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei der Frage, woher die besten Leads kommen: Während Führungskräfte auf Vorstandsebene der Meinung sind, dass vor allem Empfehlungen wertvoll seien (43%), bewerten Mitarbeiter die Recherche durch das Vertriebsteam (46%) als beste Quelle. Die Wahrnehmungsunterschiede können nicht nur bewirken, dass die Unternehmensführung die falschen Prioritäten setzt, sondern auch, dass die Vertriebsmitarbeiter ihre Arbeit als nicht ausreichend gewertschätzt empfinden. Die Qualität der Marketing-Leads steht bei keinem besonders hoch im Kurs – Offensichtlich mangelt es vielen Unternehmen noch an einer gewinnbringenden Verbindung von Marketing und Vertrieb, um Marketing- und Vertriebsmaßnahmen zu bündeln und die Maßnahmen zu optimieren.

„Die ‚Executive Isolation‘ kann für Unternehmen eine ernsthafte Bedrohung werden. Wenn das Management nicht weiß, was Mitarbeitern Probleme bereitet, kann es sie auch nicht beheben und die Arbeitsabläufe an der richtigen Stelle straffen. Manuelle Dateneingabe ist in vielen Unternehmen immer noch ein Wachstumshemmnis und könnte mit den richtigen Marketing- und Vertriebstools angegangen werden. Um das in Gang zu bringen, muss das Management diesen Umstand aber auch als solchen erkennen.“ Inken Kuhlmann, Senior Manager, Growing Markets, HubSpot

Bei DACH-Unternehmen stärker ausgeprägt

Gerade bei den Befragten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt sich, dass die Kluft zwischen der Wahrnehmung von der Chefetage und Mitarbeitern größer als im internationalen Vergleich ist. Exemplarisch sieht man dies an der Frage nach der Effektivität der Marketing-Strategie: Während in DACH 77% der Führungskräfte auf Vorstandsebene die eigene Strategie als wirkungsvoll bewerten, teilen diese Einschätzung nur 51% der Mitarbeiter – das belegt eine Differenz von 26 Prozentpunkten. Die globalen Werte hingegen zeigen einen Wahrnehmungsunterschied von nur 14 Prozentpunkten. Die Gründe können vielseitig sein: Entweder haben Unternehmensleitungen in DACH mitunter ein verklärtes Bild oder sie schaffen es nicht, die Resultate und Erfolge der Marketing-Strategie mit den Mitarbeitern zu teilen. In jedem Fall müssen deutliche Lücken in der Unternehmenskommunikation dieser Diskrepanz zugrunde liegen.

Wie entsteht „Executive Isolation“?

Die Isolation der Geschäftsleitung ist eine Folge der hierarchischen Unternehmensstruktur. Je weiter an der Spitze der Unternehmensführung, desto mehr Teilgebiete fallen in den Aufgabenbereich – bei mehr oder weniger gleichbleibenden Arbeitsstunden. In der Folge müssen Inhalte stärker kondensiert und selektiert werden, um den Fokus auf die wichtigsten Themen zu lenken und sich nicht mit Kleinigkeiten aufzuhalten. Für das Top-Management dienen persönliche Assistenten und das Second-Level-Management als Torwächter von Informationen. So kommen scheinbar „unwichtige“ Informationen bei der Geschäftsführung nicht an. Beim Blick fürs Ganze bleibt das Detail auf der Strecke.

„Die Kommunikationsstrukturen bei Unternehmen in DACH scheinen häufig noch sehr hierarchisch zu verlaufen und nicht immer allen Unternehmensangehörigen die gleichen Einsichten zu gewähren – mit negativen Auswirkungen sowohl für die Unternehmensleitung wie die Mitarbeiter. Um der ‚Executive Isolation‘ entgegenzuwirken, sollten Unternehmen auf eine transparentere Unternehmenskultur und Maßnahmen zum Aufbrechen von starren Strukturen setzen: Meetings mit positionsübergreifenden Teilnehmern und ein offener Umgang können erste Umschwünge in Gang bringen. Aber auch Technologien, die Abteilungen vernetzen und Erfolge von Maßnahmen dokumentieren, können Mitarbeitern wie Top-Management neutrale Informationen und Erkenntnisse liefern.“ Christian Kinnear, Managing Director EMEA, HubSpot.

Bildquelle/Thumbnail: ©konstantynov/Depositphotos.com

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