Anteil der Frauen im deutschen Top-Management steigt langsam
Der Anteil von Frauen in den Vorstandsetagen von Deutschlands börsennotierten Unternehmen ist im ersten Halbjahr Jahr weiter leicht gestiegen: In den 160 DAX-, MDAX-, SDAX- und TecDAX-Unternehmen arbeiteten zum Stichtag 1. Juli insgesamt 47 weibliche Vorstände und damit vier mehr als vor einem halben Jahr und sieben mehr als vor einem Jahr.
Den 47 Frauen stehen in den Vorstandsgremien der Unternehmen insgesamt 630 Männer gegenüber. Der Frauenanteil liegt damit bei 6,9 Prozent – vor einem halben Jahr waren es 6,4 Prozent. Dennoch bleiben die Vorstände deutscher Konzerne mehrheitlich eine reine Männerdomäne. Derzeit sind 75 Prozent der Vorstandsgremien der börsennotierten Unternehmen ausschließlich männlich besetzt. Seit Jahresbeginn ist der Anteil der Unternehmen mit mindestens einem weiblichen Vorstandsmitglied um 1,9 Prozentpunkte von 23,1 auf 25,0 Prozent gestiegen.
Offene Unternehmenskultur darf kein Lippenbekenntnis bleiben
Mindestens zwei weibliche Vorstandsmitglieder gibt es aktuell nur in vier Prozent der Unternehmen – dabei handelt es sich fast ausschließlich um DAX-Konzerne: Allianz, Daimler, die Deutsche Bank, Munich Re und Siemens sowie die im MDAX gelistete Aareal Bank. Das sind die Ergebnisse einer Analyse der Struktur der Vorstände der 160 im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX gelisteten Unternehmen, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY zweimal jährlich durchführt.
Die Bemühungen vieler Unternehmen, mehr Frauen an die Spitze zu bringen, zeigen nur sehr langsam Erfolg. Zu wenige Frauen schaffen es in deutschen Unternehmen bis in das oberste Entscheidungsgremium.
Wenn die Zahl der Frauen in den Vorstandsgremien weiter so langsam steigt wie im ersten Halbjahr, wird es bis zum Jahr 2040 dauern, bis ein Drittel der Vorstandsposten mit Frauen besetzt ist. „Zwar arbeiten viele deutsche Großkonzerne seit geraumer Zeit durchaus erfolgreich daran, eine neue Führungskultur aufzubauen und Frauen bessere Aufstiegschancen zu ermöglichen“, beobachtet Ulrike Hasbargen, Partnerin bei EY. „Wir sehen aber auch: Dieser Prozess gelingt nicht von heute auf morgen und es braucht Zeit, bis echte Erfolge sichtbar werden.“
Grundsätzlich vollziehe sich in der deutschen Wirtschaft derzeit durchaus ein Mentalitätswandel, fügt Hasbargen hinzu. „Es setzt sich immer stärker die Erkenntnis durch, dass eine offene Unternehmenskultur, in der Vielfalt tatsächlich gelebt wird und kein Lippenbekenntnis ist, auch die Basis für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg ist.“ So habe sich gezeigt, dass gemischte Teams besser funktionieren: „Diese Bemühungen werden auf Dauer Früchte tragen: Kreative, aufgeschlossene und verantwortungsbewusste Unternehmen genießen einen guten Ruf und ziehen deshalb qualifizierte Frauen an. Wenn diese eine echte Chance auf eine persönliche Entwicklung im Unternehmen haben, werden auch die Führungsriegen bald weiblicher werden.“
DAX-Konzerne bleiben Vorreiter
Vor allem bei den DAX-Unternehmen geht es voran: Hier stieg der Frauenanteil seit Jahresbeginn von 11,3 auf 12,6 Prozent. In den vergangenen drei Jahren hat sich damit die Zahl der weiblichen Vorstandsmitglieder von 12 auf 25 mehr als verdoppelt. Inzwischen haben 19 der 30 DAX-Unternehmen mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied, vor einem halben Jahr waren es noch 17.
Rückläufig ist der Frauenanteil hingegen im MDAX – auf ohnehin sehr niedrigem Niveau: In den MDAX-Vorständen sank die Zahl der Frauen in den Vorstandsgremien seit Anfang des Jahres von neun auf acht, der Anteil ging von 4,3 auf 3,8 Prozent zurück. Jeweils ein zusätzliches weibliches Vorstandsmitglied war im TecDAX und im SDAX zu verzeichnen, hier liegt der Anteil derzeit bei 4,9 bzw. 5,4 Prozent.
Drei weibliche CEOs – und 157 männliche CEOs
Ganz an die Spitze schaffen es in Deutschland weiterhin nur sehr wenige Frauen: Wie zu Jahresbeginn wurden drei weibliche Vorstandsvorsitzende gezählt: Angela Titzrath beim SDAX-Unternehmen Hamburger Hafen Logistik AG, Dolores Schendel bei der im TecDAX gelisteten Medigene AG und Marika Lulay bei GFT Technologies, die ebenfalls im TecDAX notiert ist.
Am häufigsten sind Frauen in den Chefetagen für operative Bereiche ihrer Unternehmen zuständig – etwa für Produktion oder Logistik: 27 Prozent der weiblichen Vorstandsmitglieder tragen Verantwortung für das operative Geschäft. Jeweils 22 Prozent der weiblichen Vorstandsmitglieder verantworten den Bereich Personal oder sonstige Zentralfunktionen wie beispielsweise Marketing, Forschung oder Compliance.
Am höchsten ist der Frauenanteil im Vorstand mit 14 Prozent in der Finanzbranche, gefolgt von Telekommunikationsunternehmen sowie Logistikunternehmen (jeweils 13 Prozent). Bei klassischen Industrieunternehmen und im Rohstoffsektor liegt der Anteil der weiblichen Vorstandsmitglieder hingegen nur bei vier Prozent.
Frauenanteil in Aufsichtsräten deutlich höher
Deutlich höher ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten. Bei den 30 Dax-Konzernen liegt er zur Jahresmitte bei 30,2 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie in den DAX-Vorständen. Seit Anfang 2016 gilt für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen eine Quote von 30 Prozent.
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