Mindestlohn: Arbeitsrechtliches Know-how für Arbeitgeber
Mit der Einführung vom Mindestlohn war für viele Arbeitnehmer große Hoffnung verbunden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) dämpfte aber mit einem Grundsatzurteil jedoch die Stimmung (Urteil vom 25. Mai 2016; 5 AZR 135/16).
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: Grund für das BAG-Urteil war ein Arbeitgeber, der zur Erfüllung des Mindestlohns sowohl Weihnachts- als auch Urlaubsgeld einer Angestellten verrechnete. Sie hingegen forderte die arbeitsvertraglich vereinbarten Sonderzahlungen und den Mindestlohn ein. Nach Ansicht des BAG sind allerdings Sonderzahlungen verrechenbar und entschied damit erstmals zugunsten des Arbeitgebers.
Sonderzahlungen dürfen nach BAG-Urteil 5 AZR 135/16 nicht zweckgebunden sein. Das Urlaubsgeld der Arbeitnehmerin wurde im vorliegenden Fall unabhängig davon gezahlt, ob sie nun in Urlaub fuhr oder nicht. Dadurch, dass diese Zahlung zuverlässig erfolgte und als tatsächliches Arbeitsentgelt anzusehen sei, konnte eine Verrechnung legitim stattfinden.
Mindestlohn & Sonderzahlungen: Know-how für Arbeitgeber im Überblick
Durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes sind nun genaue, zweckmäßige Prüfungen von etwaigen Sonderzahlungen für den Arbeitgeber erforderlich. Arbeitnehmer freut das weniger. Bislang verbucht die Einführung vom Mindestlohn eine positive Bilanz. So stiegen die Löhne im Westen Deutschlands um etwa 3.4%, im Osten um über 5%. Dennoch gibt es noch immer rechtliche Hürden zu überwinden.
Auch beim Mindestlohn gibt es neben entsprechend arbeitgeberfreundlicher Rechtssprechung Möglichkeiten den Mindestlohn zu umgehen.
Weihnachts- und Urlaubsgeld: Weihnachts- und Urlaubsgeld sind häufig angewandte Methoden zur Anrechnung von Sonderzahlungen auf den Mindestlohn. So wurde in einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelt, dass Sonderzahlungen stückweise mit dem Normallohn abgegolten werden sollten (Servicekraft im Restaurant). Fraglich ist allerdings, ob es sich hierbei nicht um eine Umgehung des Mindestlohngesetzes handle. Eine vollständig eindeutige Tendenz, ob gerichtliche Verfahren zum Mindestlohn und Sonderzahlungen eher arbeitnehmer- oder arbeitgeberfreundlich ausfallen, gibt es nicht. Abhängig vom zuständigen Arbeitsgericht, entscheiden Richter nach Einzelfall anders.
Jährliche Zusatzzahlungen wie eben das Weihnachts- oder Urlaubsgeld sind ebenso wenig auf den Mindestlohn anzurechnen wie Sachleistungen – zum Beispiel ein Firmenwagen. Sie stehen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit geleisteter Arbeit.
Leistungsboni: Leistungsboni hingegen, die in direktem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stehen, können auf das Lohnentgelt angerechnet werden. Durch den unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung sind entsprechende Boni daher mindestlohnwirksam.
Neuregelungen und Anstieg des Mindestlohns ist weiterhin zu erwarten
Seit dem 01.01.2017 ist der gesetzliche Mindestlohn auf 8.84 Euro von vormals 8.50 Euro gestiegen. Auch hier gibt es neben positiven Stimmen bspw. von Seiten ver.dis zur grundsätzlichen Verbesserung der Arbeitnehmersituation auch negative Resonanz. Bislang brachte die Erhöhung der Mindestlohngrenze u.a. Langzeitarbeitlosen oder Geringqualifizierten keinen Vorteil. Diese sehen sich gegenüber steigenden Mindestlöhnen immer größeren Hürden gegenüber, die den (Wieder-)Einstieg in die Arbeitswelt erschweren. Was der Anstieg um 0.34 Cent seit Anfang 2017 an Erfolgen bringt, wird sich zeigen.
Schätzungen zufolge könnte der Mindestlohn 2019 bei über 9.00 Euro liegen. Verhandlungen und Entscheidungen zu neuen Lohnuntergrenzen stehen derzeit noch aus – werden aber sowohl von Arbeitgeber, als auch Arbeitnehmer-Seite erwartet!
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